Das Wenige, was man daneben von lokalen Gewalten erfährt, ist sehr verschieden. In Bezug auf die lykaonischen Gemeinden sagt Lukas (AG 14, 23), Paulus und Barnabas
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hatten κατ᾽ ἐκκλησίαν dort unter Gebet und Fasten Presbyter eingesetzt, und ebenso erzählt er (AG 20, 17. 28), Paulus habe die Presbyter der Gemeinde von Ephesus berufen und sie ermahnt, auf die Herde auch zu haben, in welcher ὑμᾶς τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον ἔθετο ἐπισκόπους, ποιμαίνειν τὴν ἐκκλησίαν τοῦ θεοῦ, ἣν περιεποιήσατο διὰ τοῦ αἵματος τοῦ ἰδίου [man beachte, daß auch hier die Einzelgemeinde Darstellung der Gesamtgemeinde ist und daß sich Lukas daher in Bezug auf die Lokalorganisation genau so ausdrückt, wie Paulus 1 Ko 12, 28 in Bezug auf die Gesamtorganisation; aber man darf daraus nicht schließen, daß Lukas oder Paulus auch umgekehrt geschrieben hätte: „Bestellet euch Apostel, Propheten und Lehrer”]. In dem 1. Thessalonicherbrief bittet er die Gemeinde, zu erkennen τοὺς κοπιῶντας ἐν ὑμῖν καὶ προϊσταμένους ὑμῶν ἐν κυρίῳ καὶ νουθετοῦντας ὑμᾶς und sie um ihres Werkes willen liebend besonders hoch zu halten (c. 5, 12f.). Die folgenden Verse scheinen sich dann an eben diese Fürsorger zu richten („Ermahnt die Unordentlichen, tröstet die Kleinmütigen”, usw.); aber sicher ist das nicht, und man erkennt auch nicht, von welchem Satze an der Apostel sich wieder an die Gesamtheit richtet. Im Galaterbrief ist ein lokales Amt überhaupt nicht erwähnt (doch s. den allgemeinen Satz 6, 6: κοινωνείτω ὁ κατηχοῦμενος τὸν λόγον τῷ κατηχοῦντι ἐν πᾶσιν ἀγαθοῖς), und auch nicht in den so umfangreichen Korintherbriefen. Hier ist selbst dort, wo es sich um die Aufrechterhaltung der gehörigen Ordnung und des Anstandes in den Versammlungen handelt, und bei einem halben Dutzend ähnlicher Gelegenheiten, wo man die Appellation an ein lokales Amt sicher erwartet, ein solches nicht genannt. Neben den Aposteln, Propheten und Lehrern sind nur in der Gemeinde wirksame Charismen (I, 12, 28f.) aufgeführt, unter ihnen ἀντιλήμψεις und κυβερνήσεις. Ihre Inhaber erscheinen somit nicht in der persönlichen (relativen)
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Überordnung über die Gemeinde wie jene λόγον λαλοῦντες. Immerhin ist aber die Unterscheidung einer hilfleistenden, also diakonalen Funktion und einer leitenden von Wichtigkeit. Im Römerbrief steht es ähnlich. Die Organisierung des Leibes der Gemeinde kommt lediglich durch Charismen zu stande; unter ihnen wird nacheinander genannt die Prophetie, die Diakonie, der Lehrende, der Tröstende, der Mitteilende, der Vorstehende (ὁ προϊστάμενος, wie in 1 Thess.), der in Barmherzigkeit Tätige. Hier ist also sogar der Prophet und Lehrer unterschiedslos eingeordnet [auf den Wechsel von Tätigkeit und Person ist schwerlich Gewicht zu legen]; zu beachten aber ist, daß auch hier neben dem Lehren Diakonie und Vorsteherschaft unterschieden sind (12, 6ff.). Sonst wird noch in dem Brief eine gewisse Phöbe διάκονος τῆς ἐκκλησίας τῆς ἐν Κενχρεαῖς genannt, die da προστάτις πολλῶν καὶ ἐμοῦ αὐτοῦ geworden sei (16, 1), ferner werden Hausgemeinden in Rom unterschieden (16, 3ff.). Im Kolosserbrief wird der Gemeinde aufgetragen, dem Archippus zu sagen: βλέπε τὴν διακονίαν, ἣν παρέλαβες ἐν κυρίῳ, ἵνα αὐτὴν πληροῖς. Aus dem Philemonbrief (V. 2) sieht man, daß Archippus, dem hier eine Note zu teil wird, zur Hausgemeinde des Philemon gehörte, die man nicht mit der ganzen Kolossergemeinde identifizieren darf. Aber seine διακονία kann sich nur auf die ganze Gemeinde beziehen, und wenn ihn Paulus (Philem. 2) seinen und des Timotheus συνστρατιώτης nennt, so muß sie erheblich gewesen sein; worin sie jedoch bestand, bleibt dunkel; denn διακονία kann einen ganz allgemeinen Sinn haben, so daß man auch die Wortverwaltung darunter verstehen kann, aber auch den speziellen Sinn der dienenden Hilfleistung. Bemerkenswert ferner ist, daß dem Archippus die διακονία in einem feierlich-kultischen Akt übertragen worden ist; denn nur das können die Worte ἣν παρέλαβες ἐν κυρίῳ besagen. Es ist also AG 14, 23 zu vergleichen. In dem
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sog. Epheserbrief (einem Zirkularschreiben nach Laodicea und anderen kleinasiatischen Gemeinden) erscheint die Gesamtgemeinde auf dem Grund der Apostel und Propheten auferbaut, denen das Geheimnis Christi offenbart ist (2, 20; 3, 5). Es wird aber bei der Schilderung des Besitzes der Gesamtgemeinde (4, 11) auch eines lokalen Amtes gedacht und dasselbe mit den Aposteln, Propheten und Lehrern verknüpft. Wie zu erwarten, findet es — die ποιμἐνες — seine Stelle neben den Lehrern, die ja in der Regel einer Gemeinde angehörten. Die Hinzufügung von „Evangelisten” zu Aposteln und Propheten erklärt sich aus einem uns nicht ganz durchsichtigen Motiv, welches die Differenzierung des Apostolats veranlaßt hat, obgleich derselbe auch nach Paulus nicht auf die Zwölfe beschränkt ist („Evangelisten” finden sich im NT noch AG 21, 8 [Wirstück] und 2 Ti 4, 5; dazu s. Euseb., h.e. III, 37; Apost. Kirchenordnung c. 19; Tertull. de praescr. 4; de corona 9; Hippol., de antichr. 56). „Evangelisten” können nur solche Missionare sein, die aus irgend welchem Grunde auf den Ehrentitel „Apostel” keinen Anspruch hatten. Die Gemeinden, an welchen der Epheserbrief gerichtet ist, waren nicht von Paulus gegründet, sondern wahrscheinlich von Glaubensboten, die von ihm abhängig waren. In dieser Abhängigkeit bezw. in der bloß lokalen Missionswirksamkeit dieser Männer mag es begründet sein, daß sie den Titel „Apostel” nicht erhielten. Der Philipperbrief ist dadurch ausgezeichnet, daß hier der Adresse (πᾶσιν τοῖς ἁγίοις ἐν Χρ. Ἰ. τοῖς οὖσιν ἐν Φιλίπποις) die Worte hinzugefügt sind: σὺν ἐπισκόποις καὶ διακόνοις. Man beachte, daß sie nicht gleichwertig neben der Gemeinde stehen, daß der Artikel fehlt, und daß eine Zweiteilung gegeben ist. Wer sie sind und warum sie genannt sind, kann man mit Wahrscheinlichkeit aus dem Inhalt des Briefes ablesen. Der Brief ist ein Dankschreiben für die Spenden, welche die Gemeinde dem Apostel wiederholt und soeben
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wieder geschickt hat. Die Annahme liegt nahe, daß eben deshalb „Bischöfe und Diakonen” genannt sind. Daraus folgt, daß sie an der Aufbringung und Übersendung der Spenden besonders beteiligt waren, und daß dies zu ihrem Amte gehörte. Die Zweiteilung unterstützt diese Annahme; denn „διάκονοι” an zweiter Stelle und ohne einen die Dienstleistung näher bezeichnenden Genetiv kann nur Dienende im eigentlichen Sinne, also Diener im Verwaltungsdienste bezeichnen. Dann aber müssen „ἐπίσκοποι” neben diesen Ausführenden führende Administrativbeamte sein. Das Wort als Funktions- und Amtsbezeichnung ist seinem Ursprung und Inhalte nach so vieldeutig, wie die Bezeichnung οἱ πρεσβύτεροι. „Presbyter” kann einfach den Alten gegenüber dem Jungen bezeichnen; es kann ein Ehrentitel sein (durch welchen sowohl persönlichen Vorzüge als die Eigenschaften, eine ältere, autoritative Periode zu repräsentieren [= Traditionszeuge] markiert werden); es kann aber auch das gewählte und förmlich eingesetzte Mitglied eines Rates (Gerusia) bezeichnen. Der Gebrauch des Wortes in seinen verschiedenen Bedeutungen innerhalb der christlichen Gemeinden kann aus der Synagoge — das liegt hier am nächsten — oder aus den städtischen Verfassungen stammen oder spontan entstanden sein. Ebenso können die Episkopen aus der LXX stammen; sie können den städtischen Verwaltungen nachgebildet, sie können aber auch — und das ist hier das Wahrscheinlichste — spontan entstanden sein. Immer bedeutet das Wort einen Aufseher, Kurator, Superintendenten; aber worauf sich die Aufsicht bezieht, darüber enthält es nichts. Es können Seelen sein (dann ist das Wort = ποιμένες [s. 1 Pt 2, 25: τὸν ποιμένα καὶ ἐπίσκοπον τῶν ψυχῶν ὑμῶν, AG 20, 28: ἐπισκόπους ποιμαίνειν τὴν ἐκκλησίαν, 1 Clem. 59, 3: τὸν παντὸς πνεύματος κτίστην καὶ ἐπίσκοπον] und gleichbedeutend mit προστάτης τῶν ψυχῶν ἡμῶν, l.c. 61, 3): es können aber auch Gebäude, ökonomische
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Angelegenheiten und dergl. sein, oder dieses und jenes zugleich. Der fehlende Artikel an unserer Stelle läßt vermuten, daß die philippischen Bischöfe und Diakonen für Paulus nicht als bestimmte Einzelne, sondern als Gruppe in Betracht kamen.
Mit diesen Stellen ist das Material, welches wir und Bezug auf die älteste Periode der Heidenkirchen (lokale Ämter anlangend) besitzen, erschöpft. Man könnte nur noch hinzufügen, daß die korinthische Krisis, wie sie aus dem 2. Korintherbriefe hervorgeht, sich als ein Versuch der Gemeinde darstellt, sich der Obedienz des Apostels zu entziehen. Aber eine Spannung zwischen der lokalen Organisation und der universal-apostolischen ist, wenn sie auch mit Grund vermutet werden darf, hier nicht das primäre gewesen, sondern unter dem Einfluß der überhohen Apostel hat sich innerhalb der durch Cliquenwesen gefährdeten Gemeinde eine Clique gegen den Apostel erhoben und drohte die ganze Gemeinde für sich zu gewinnen. Alle Cliquen gruppierten sich aber um apostolische Männer (richtige Auffassung der Lage in 1 Clem. 47), d.h. die noch mangelnde lokale Selbständigkeit der Gemeinde (bei allem Anspruch auf dieselbe) ist ganz deutlich.
Das zusammengestellte Material ist weder einstimmig noch erlaubt es direkte Schlüsse auf die Entstehung der einheitlichen Gemeindeverfassung, wie wir sie in der nach-hadrianischen Zeit fast überall finden. Vor allem aber läßt sich an den wichtigsten Stellen nicht ausmachen, ob es sich lediglich um regelmäßige freie Leistungen oder schon um Amtsfunktionen handelt (s. z.B. I Thess. 5, 12f.). Wir müssen also zusehen, ob sich aus den Urkunden der mittleren Zeit (Vespasian bis Hadrian) Beobachtungen gewinnen lassen, welche ein Licht nach rückwärts und vorwärts werfen.