8. Die Siebenmänner.

Die Apostelgeschichte (c. 6) erzählt, daß in Jerusalem nach einer gewissen Zeit, angeblich auf Antrag der Zwölf, von der Gemeinde sieben Männer gewählt und von den „Aposteln” zum „Dienen an den Tischen” bestellt worden seien, um die Klagen der Hellenisten (d.h. der in Jerusalem

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wohnenden Diasporajuden) über Vernachlässigung ihrer Witwen bei den Unterstützungen zu beseitigen. Da diese sieben Männer sämtlich griechische Namen tragen, so gehörten sie wahrscheinlich selbst zu den Hellenisten. Wurden sie nur zur Pflege der hellenistischen Witwen eingesetzt oder aller Witwen? Hatten die Zwölf bisher selbst diese Tätigkeit ausgeübt (daß ihre Regierung sich auch auf die ökonomische Verwaltung bezog, ist die wahrscheinlich richtige Meinung des Lukas; denn die freiwilligen Gaben werden „zu ihren Füßen” niedergelegt, s. AG 4, 35. 37) oder machte sich jetzt erst ein besonderer „Tischdienst” notwendig? Diese Fragen bleiben unbeantwortet; aber viel empfindlicher als diese Lücke ist es, daß die Sieben als „Tischdiener” sofort wieder verschwinden, dagegen einer von ihnen, „Stephanus” als großer Wundertäter und Disputant hervortritt, der die erste Verfolgung entfesselt und der erste Märtyrer wird, ein anderer ebenfalls als Wundertäter und als Apostel (Evangelist) das Evangelium nach Samaria und Philistäa trägt, um sich dann — wie es scheint definitiv — in Cäsarea niederzulassen (AG 8, 40; 21, 8. 9). Unter solchen Umständen ist es ganz unmöglich, die wirkliche Natur des Amts dieser Sieben und das Motiv ihrer Einsetzung festzustellen („Diakonen” im späteren Sinne waren sie jedenfalls nicht; denn der Diakonat ist kein selbständiges Amt); es bleibt hier also der Kombination der weiteste Spielraum. Man kann „Bischöfe” in ihnen sehen, aber auch die Möglichkeit besteht und liegt viel näher, in ihnen hellenistische Rivalen der Zwölfe zu erblicken, die die Autorität der Zwölfe letztlich nicht erschüttert, aber die christliche Sache mächtig gefördert haben, weil sie sich im Geiste Jesu gegen den Tempel wandten und weil sie die Samariter- und ihre Anhänger die Heidenmission begannen. Diese Auffassung hat eine gewisse Stütze an der merkwürdigen Tatsache, daß die von Stephanus entfesselte

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Verfolgung die Zwölf nicht betroffen (AG 8, 1) und daß sowohl Paulus als auch die jerusalemische Tradition über Stephanus geschwiegen hat. Ist die Siebenzahl bedeutungsvoll? Hat sie etwas mit dem siebenfältigen Geiste zu tun? Non liquet.


Harnack, A. (1910)