19. Klerus und Laien.

Im 2. Jahrhundert stellt sich der Unterschied von Klerus und Laien allmählich fest, der eine natürliche Folge der Entwickelung ist, aber terminologisch den Einfluß der jüdischen Unterscheidung von Priestern und λαός aufweist. Ὁ λαϊκὸς ἄνθρωπος τοῖς λαϊκοῖς προστάγμασιν δέδεται, heißt es schon 1 Clem. 40, 5. Hiernach liest man in der Apost. KO. 7: ὁ λαϊκὸς τοῖς λαϊκοῖς πράγμασι περιπειθέσθω ὑποτασσόμενος τοῖς παρεδρεύσουσι τῷ θυσιαστηρίῳ. Clemens Alex. Strom. III, 12: κἄν πρεσβύτερος ᾖ κἄν διάκονος κἄν λαϊκός, V, 6: λαϊκὴ ἀπιστία. Bei Tertullian häufig, z.B. de fuga 11: „cum ipsi auctores, i.e. ipsi diaconi et presbyteri et episcopi fugiunt, quomodo laicus intellegere poterit etc.”; de bapt. 17; de praescr. 41; de exhort. 7; de monog. 11; Hippolyt bei Euseb. V, 28, 12: ὑπὸ τοὺς πόδας οὐ μόνον τῶν ἐν κλήρῳ, ἀλλὰ καὶ τῶν λαϊκῶν. Ep. Clem. ad Jacob. 5: οὕτως ἑκάστῳ λαϊκῷ ἁμαρτία ἐστίν. Der Laie ist Laie, weil er nicht durch die Ordination aus dem „Volk” herausgehoben ist (s.u.).

Nach AG 1 ist die erste Wahl in der Gemeinde durchs Los (κλῆρος) erfolgt. Aber die Erzählung ist ganz singulär (darum wohl geschichtlich); von hier aus erklärt es sich also nicht, daß „Klerus” technisch geworden ist. Ferner noch in 1 Pt 5, 3 ist κλῆροι so gebraucht, daß man erkennt, das Wort könne damals noch nicht technisch gewesen sein (es bezeichnet an d. St. nicht Kleriker, wie einige Ausleger wollen, sondern fast das Gegenteil; denn es steht synonym zu ποίμνιον, s.o.). Ganz neutral is auch AG 17, 4: προσεκληρώθησαν τῷ Παύλῳ. Den Ursprung des technischen Gebrauchs erkennt man in Stellen wie AG 1, 17 (τὸν κλῆρον τῆς διακονίας). Κλῆρος ist das Los (im eigentlichen und im

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übertragenen Sinn), durch welches man etwas gewinnt, sodann das Gewonnene (ein Anteil, ein Platz, ein Amt) selbst, endlich bezeichnet es die Gruppe derer, die einen Anteil (ein Amt) erhalten haben. Die Einschränkung auf die kirchlichen Beamten ist in ihrem Werden erst durch (Clemens Alex.), (Irenäus), Tertullian und Hippolyt bezeugt; noch in dem Brief von Lyon (Euseb. V, 1) wird mehrmals vom κλῆρος τῶν μαρτύρων gesprochen. Immerhin aber lehrt jene Bezeugung, daß spätestens um 180 die Unterscheidung (Klerus und Laien) sich auch terminologisch überall einbürgerte. Clemens, Quis dives 42: κλήρῳ [hier noch nicht = Kleriker] ἕνα γέ τινα κληρώσων τῶν ὑπὸ τοῦ πνεύματος συμαινομένων. Iren. I, 27, 1: ἐπὶ Ὑγίνου ἔνατον κλῆρον τῆς ἐπισκοπῆς διαδοχῆς ἀπὸ τῶν ἀποστόλων ἔχοντος. III, 3, 2: τὴν ἐπισκοπὴν κληροῦται Κλήμης. III, 3, 3: τὸν τῆς ἐπισκοπῆς κλῆρον ἔχει Ἐλεύθερος. Hippol. l.c.: οἱ ἐν κλήρῳ ... οἱ λαϊκοί. Hippol., Philos. IX, 12: ἤρξαντο ἐπίσκοποι καὶ πρεσβύτεροι καὶ διάκονοι δίγαμοι καὶ τρίγαμοι καθίστασθαι εἰς κλήρους (aber noch im allgemeinen Sinn c. Noët. 1: ἔκβλητος γένηται κλήρου ἁγίου). Tertull., de monog. 12: „Unde enim episcopi et clerus? ... monogami in clerum ... allectio in clerum ... extollimur et inflamur adversus clerum”. Testam. Levi 8: κλῆρος μέγας ὑπὲρ αὐτὸν οὐ γενήσεται. Daß Klerus rund = Kleriker ist, läßt sich also zuerst für die römische Gemeinde feststellen; denn Karthago hat seinen Sprachgebrauch von Rom. Dem griechischen κλῆρος entspricht sachlich der lateinische „ordo”. Tertullian braucht das Wort in einem weiteren Sinn („ordo ecclesiae”) an mehreren Stellen, z.B. de monog. 11, aber in der Bedeutung „clerus” steht es de idolol. 7 („adlegantur in ordinem ecclesiasticum”), de exhortat. 7 („ordo et plebs”, „ordinis consessus”, „ecclesiasticus ordo”), de exhort. 13 („ecclesiastici ordines”), de monog. 12 („ordo monogamorum” [ironisch] ... „ecclesiastici ordines”). Der Klerus (ordo) gründet sich auf die

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„Ordination” (weiterer Gebrauch im Murat. Fragment [„ordinatio ecclesiasticae disciplinae”] und bei Tertullian. Das Wort begegnet in dem engeren Gebrauch zuerst bei Tertull., de praescr. 41: „ordinationes haereticorum temerariae”. Noch Tertullian weiß, daß der Unterschied von Klerus und Laien nicht auf Christus oder die Apostel zurückgeht, sondern eine (spätere) kirchliche Einrichtung ist; de exhort. 7: „Differentiam inter ordinem et plebem constituit ecclesiae auctoritas et honor per ordinis consessum [das auf besonderen Plätzen sitzende Presbyterkollegium] sanctificatus”. Zu diesem „honor” vgl. das „οἱ τετιμημένοι” in Didache 15, die διπλὴ τιμή in 1 Ti 5, 17, die „τετιμημένη λειτουργία” 1 Clem. 44, 6 und die τιμὴ ἡ καθήκουσα l.c. 1, 3; dazu Clem., Strom. VI, 14, 107: τετιμημένοι κριταί τε καὶ διοικηταί (von den kirchlichen Beamten), Ign. ad Smyrn. 9, 1: ὁ τιμῶν ἐπίσκοπον ὑπὸ θεοῦ τετίμηται etc. Zu dem „ordo” gehörten nicht nur Bischöfe, Presbyter und Diakonen, sondern alle, welche eine Ordination empfingen (Tertull., de praescr. 41), also z.B. auch die Lektoren und die angestellten Witwen (über die niederen Weihen s.u.). Alle Kleriker heißen bei Tertullian (de fuga 11) auch „auctores”; doch ist dieses Wort so wenig technisch geworden wie „ἡγούμενοι” (aber s. in Beziehung auf letzteres den klösterlichen Sprachgebrauch im Orient).


Harnack, A. (1910)