Der unentbehrliche, unersetzliche Begriff der universalen Kirche muß erst freigemacht werden, da er von einer anderen Bedeutung her beschlagnahmt worden ist. In der Lehre von der Kirche, die als Ekklesiologie
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Luthers von Johannes Heckel und seinen Schülern vertreten und begrifflich ausgeformt worden ist, wird die ecclesia universalis (permixta), die manifeste Kirche der Gläubigen und der getauften Scheinchristen, der ecclesia spiritualis, der Kirche der wahrhaft Gläubigen gegenübergestellt. Die ecclesia universalis ist ihr gegenüber nur die Schauseite, das Ackerfeld der ecclesia spiritualis der vere credentium.
So gewiß nun das Verhältnis der getauften Namenschristen zu den Glaubenden in der Kirche ein legitimes ekklesiologisches Problem darstellt, so gewiß bedeutet diese Begriffsbestimmung eine Verkürzung des Begriffs der universalen Kirche. Der Kirchenbegriff wird gespalten. Der hohen Sublimierung der ecclesia spiritualis der Glaubenden, die nur Gott bekannt sind, einer eschatologischen Größe, die erst das Urteil des Richters bestimmt, steht die äußere ecclesia universalis gegenüber, in der ununterscheidbar alles nebeneinander lebt. Sowohl der ecclesia universalis wie der ecclesia spiritualis wird demgemäß von Grundmann, dem Systematiken dieser Lehre, die Verfaßbarkeit abgesprochen.118 Der Begriff der ecclesia universalis wird ein rein relativer und Kontrastbegriff. Verfaßbar ist allein die ecclesia „particularis”. Das Verhältnis von ecclesia spiritualis und universalis wird als „dialektische Identität” bezeichnet. Die kirchenrechtlichen Merkmale der Kirche iuris divini (Amt, Schlüsselgewalt, Taufe, Abendmahl) werden als Grundordnung jedoch der ecclesia spiritualis zugewiesen, obwohl sie ja für alle Glieder der ecclesia universalis gelten, die alle vermöge der Ununterscheidbarkeit ihres Glaubens oder Unglaubens an ihnen teilhaben. Die Kirchenrechtslehre wird damit ausschließlich an die ecclesia particularis verwiesen und auf sie beschränkt. In diesem Begriff verschwindet dann der Unterschied zwischen (gottesdienstlich versammelter) Gemeinde und historischer Teilkirche, Regionalkirche, während die universale Kirche im Sinne des Bekenntnisses aus dem Horizont kirchenrechtlicher Erwägung ausgeschlossen wird.
Die Fatalität solcher Begriffsbildungen liegt nicht in erster Linie in ihnen selbst, sondern weit mehr in der Verdickung der Vorentscheidungen, um nicht zu sagen Vorurteile, auf denen sie beruhen, wie zugleich der weittragenden Konsequenzen, die sich aus ihrer Annahme ergeben, der Früchte, an denen man sie erkennen könnte. An die Stelle der Begründung und kritischen Erwägung tritt entweder die angebliche Evidenz oder die Autorität Luthers; eine Haftung für die Folgen oder wenigstens deren Prüfung wird in der methodischen Form einer Gesinnungsethik ausgeschlossen. — Fatal ist auch die Beschlagnahme unersetzlicher Begriffe für bestimmte begrenzte Anliegen. Wie soll denn, wenn ecclesia universalis wesentlich ecclesia sub specie permixtionis ist, überhaupt noch angesprochen werden, was die Bekenntnisse unter „allgemeiner Kirche” meinen?
Indem aber das partielle Problem der ecclesia permixta zum grundlegenden gemacht, und die ecclesia universalis abgewertet, ihr Begriff
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ausschließlich von diesem Problem her gebildet wird, ist die unmittelbare Folge ein grundsätzlicher Partikularismus. Ein radikales Desinteresse an allen Fragen, Strukturen und Perspektiven setzt ein, in denen die universale Dimension der Kirche sichtbar wird.
Ebenso kann aber auch die Möglichkeit gemeinen Kirchenrechts, wie wir es bei gewissen Autoren feststellen, im Zuge dieses Desinteresses begründungslos verneint werden.119 Dieser Partikularismus, durch sein konstitutives Desinteresse unangreifbar, ist nicht nur die Verneinung eines deduktiven Apriorismus, sondern selbst eine sachliche, geschichtlichen Position mit den ihr eigenen Konsequenzen. Die Dissimilation der eigenen geschichtlichen Kontingenz ist eine seiner Deckungen.
Diese Fehlleitung hat einen älteren und einen jüngeren Grund. Der ältere Grund liegt in der Aussage der CA Art. VII Abs. 2, dem berühmten „satis est…”. Die hier vollzogene Gegenüberstellung des „consensus de doctrina” (et de administratione sacramentorum) mit der Gleichförmigkeit der Riten ist im grundsätzlichen Sinne unzulänglich, im praktischen Sinne von begrenzter Berechtigung. Die römische Kirche hat durch lange Zeitläufe und in sehr verschiedenen Gebieten, von England bis Byzanz, versucht, die Riten zu unifizieren — auch gegen sehr begründeten theologischen Widerspruch. Sie hat das unter Duldung kleinerer Restbestände im eigenen Gefüge, wie des ambrosianischen und mozarabischen Ritus auch durchgesetzt, so daß ihre Haltung und ihr Selbstverständnis so gesehen werden mußte. Die älteren Versuche tragen die Züge eines archaischen Ritualismus, die jüngeren die Merkmale eines romanistischen Zentralismus, in dem dann die religiöse Motivation gegenüber dem Ordnungsgehorsam deutlich zurücktritt. Dabei setzte die nach dem großen Schisma auf sich selbst beschränkte lateinische Kirche ihren eigenen Romanismus mit der Kirche überhaupt, der universalen Kirche gleich. Dieser Romanismus war, wie heute auch katholische Theologen erkennen, ein gerade durch seine universalistische Verkleidung gefährlicher Partikularismus, der sich hinter der Konkretion der Geschichte versteckt. Trotz dieser Latinisierungstendenzen, die bis in die Gegenwart höchst wirksam waren, hat die römische Kirche doch bei den Unionsversuchen von 1274 und 1438 nicht daran denken können, die Eigenständigkeit der ostkirchlichen Lebensformen grundsätzlich in Frage zu stellen. Andererseits stand in der Reformation die Freigabe anderer gottesdienstlicher Formen neben der lateinischen Messe angesichts des radikalen Streits um deren theologisches Recht niemals zur Debatte. Der Protest richtet sich gegen eine eigengesetzliche weiterwuchernde Frömmigkeit, die sich etwa in der immer neuen Schaffung von Kirchenfesten durch päpstliche Verordnung auswirkt. Deshalb wird auf die Grundverrichtungen der Kirche — Predigt und Sakramentsverwaltung — verwiesen. Infolge der Bestreitung eines gesamtkirchlichen Mißbrauchs wurde es erforderlich, eine
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Aussage über die Einheit des Handelns der Kirche zu machen. Hier wurde den menschlich wandelbaren Kultusformen die ein für allemal gültige göttliche Beauftragung entgegengesetzt, dann aber auch der autoritativen Verordnung der durch die Überzeugungskraft des Evangeliums selbst bewirkte Konsens. Es fragt sich jedoch, ob dieser Antithese ein schwärmerisches Element, die Vorstellung einer Freiwilligkeitskirche ohne Autorität und strikte Ordnung innewohnt. Denn alsbald hat die lutherische Kirche selbst die für die Gesamtkirche abgelehnte unitas rituum partikular für die einzelnen, rein politisch abgegrenzten Territorien mit großer Härte durchgesetzt. Der Pfarrer, der gegen die neuen Kirchenordnungen und liturgischen Formen theologische Bedenken oder individuelle Sondermeinungen hatte, sollte und mußte aus Amt und Land gehen. Diese Strenge wurde nunmehr gerade damit gerechtfertigt, daß diese Ordnungen ja nur äußere seien, so daß man ihre Verbindlichkeit nicht in Frage stellen dürfe. Was also gesamtkirchlich als ius divinum bestritten wurde, wurde partikularkirchlich als ius humanum praktiziert. Der Satz trägt also zur Frage der unitas ecclesiae nichts aus. Von wem und auf welche Weise der für ausreichend erklärte consensus zustandegebracht wird, wird ebensowenig gesagt, wie die Frage gestellt wird, wer also die Verkündigung der Kirche konkret verantwortet. Die Formulierung, daß der consensus genüge, läßt die Frage völlig offen, ob dieser wünschbare Zustand des Konsenses auch ernstlich erforderlich und zu erstreben sei, oder ob mangels eines solchen jede partikulare Kirche sich im Stile des Reichstagsabschieds von 1530 so verhalten könne, wie sie es sich zu verantworten getraue — eine Verantwortung, die bis zum jüngsten Tag suspendiert ist.
Die Aussage bleibt ganz im Horizont der deutschen Erfahrung. Es genügt sich so zu einigen, wie Theologen und Vertreter der Reichsstände sich in der Bekenntnisbildung trafen. Selbstverständlich steht dieser Konsens dem Beitritt dessen offen, der sich überzeugen läßt. Aber wenn dieser Konsens fast schon mit den nationalen Grenzen auch an die seinigen stößt, so hat es damit alsbald sein Bewenden. Das satis ist defensiv und partikularistisch.
Schriften einzelner Reformatoren, insbesondere Luthers, die thematisch in diese Lücke eintreten, und ihrerseits nun wieder in hohem Maße interpretationsbedürftig sind, haben nicht die verpflichtende Kraft von Bekenntnisschriften erlangt, in denen ein consensus ecclesiae sich verantwortlich artikuliert und festlegt. So enthält das verbindliche Bekenntnis der lutherischen Kirche keine Antwort auf die Frage, die in der Existenz einer Kirche lag, die sich, im höchsten Maße geistlich, theologisch und menschlich korrumpiert, doch immer berechtigt und verpflichtet gewußt hat, das Handeln der universalen Kirche in allen ihren Gliedern zu prüfen und zu verantworten. Dieser jedenfalls historisch möglichen Form der Einheit der Kirche gegenüber enthielt die CA im Ganzen und Art. VII
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im Besonderen keine Antwort, keine Alternative. Die stillschweigende Folge blieb die Verweisung auf die zufällige, partikulare Eigenständigkeit der meist durch die Identität des weltlichen Regiments zusammengehaltenen Kirchengebiete. Während bis zur Formula Concordiae (1580) wenigstens die innerlutherischen Lehrstreitigkeiten in Deutschland geklärt wurden, hat sich vor- und nachher keine Hand gerührt, um außerhalb dieser Gemeinsamkeit die unitas ecclesiae im consensus nach CA VII herzustellen, auszulegen, zu gewährleisten. Sie war ein akademischer und platonischer Begriff geworden — und bot dazu von vornherein die Voraussetzung.
Das zweite Hindernis ist ein neuprotestantisches. Es wird in der Formulierung Grundmanns sichtbar, daß die „ecclesia spiritualis” allein durch ein Band geistlicher Art, nämlich den Glauben, vereint, integriert werde. Daß dieser Satz ekklesiologisch nicht ausreicht, zeigt schon CA V „ut hanc fidem consequamur institutum est ministerium ecclesiasticum”. Das Amt steht hier für Auftrag und Vollmacht der Kirche überhaupt. Sie ist, nach einem glücklichen Wort Pirsons, „die notwendige Institution, in der die Verkündigung verantwortet wird”.120 Dem entspricht auch die Aussage Art. VII über die ecclesia perpetuo mansura. Da die Gläubigen durch die Verkündigung der Kirche hervorgebracht werden und diese weiterzutragen haben, kann ihr Glaubensstand nicht das alleinige und zentrale Merkmal sein, von dem her der Kirchenbegriff zu bestimmen ist. Die dialektische Verklammerung von Verkündigung und Glauben im Kirchenbegriff wird aufgelöst zur Gemeinschaft von Glaubenden, denen eine Grundordnung iuris divini gegeben ist. Aus der Gemeinde der Heiligen, die durchs Wort Gottes geheiligt sind, wird eine Gemeinsamkeit der Subjekte. Das Kriterium des Glaubensstandes führt durch seine Partikularität in diesem neuprotestantischen Verständnis zu einem ebenso partikularen wie subjektivistischen Kirchenbegriff. Das erweist sich zugleich daran, daß die Taufe ihre kirchenrechtliche Bedeutung verliert. Da es getaufte Namenschristen gibt, kann die Taufe als ein über den äußeren nachweisbaren Akt hinaus pneumatisch und kirchenrechtlich bedeutsamer Vorgang sozusagen extrapoliert werden. Ihr Vollzug ist zwar geboten und zugleich eine Rechtsbedingung der Kirchengliedschaft. Gleichwohl grenzt sie nur die ecclesia universalis permixta von den Heiden ab, ist aber für die ecclesia proprie dicta ohne Bedeutung, da sie den Glauben nicht verbürgt. Das in der Dogmen- und Liturgiegeschichte so oft verhandelte Thema des Verhältnisses von Taufe und Geist wird durch den Glaubensbegriff ersetzt und überdeckt.
Das ist weder mit der paulinischen noch mit der lutherischen Tauflehre zu vereinen. Für Paulus ist unzweifelhaft die Taufe reale Einverleibung in den Leib Christi. Er selbst läßt sich nach seiner Bekehrung taufen. Für ihn gibt es keinen Gegensatz zwischen Wort und Sakrament im Sinne des „Innen” und „Außen”. Er hat „die Spannung zwischen beiden nicht
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empfunden und nicht als Problem angefaßt”.121 Es ist sicherlich unbiblisch, von der Heilssuffizienz des Glaubens her die Taufe zu einem gestifteten und zu wahrenden, aber wiederum für die Kirche und den Christen nicht konstitutiven Ritus werden zu lassen. Die Taufe als unwiederholbares und unaufhebbares Geschehen begründet auf alle Fälle eine geistliche Kirchengliedschaft, auch wenn sie nicht im Glauben aktualisiert wird. Das zeigt sich insbesondere darin, daß sie jederzeit im Glauben realisiert werden kann und soll. Die Definition der Taufe als „Siegel des Personalstatuts”122 beschränkt sich auf eine kognitive und konfirmatorische Bedeutung. Die Aufhebung der Dualität von Glaube und Taufe, deren Spannung uns deutlicher geworden ist, führt entgegen der allgemeinen Lehre der Kirche — nicht allein der reformatorischen — dazu, daß der Glaube die Wirksamkeit der Taufe konstituiert (und daher dann auch die Kirche). Im Gegensatz dazu ist nach biblischem Verständnis das pneumatisch-reale Band der Taufe die vorgegebene Gemeinsamkeit, von der her der unabweisbare Anspruch der Christen auf gegenseitige Anerkennung als Christen in der Universalität der Kirche sich unmittelbar begründet — höchst bedeutsam etwa in der Frage der Mischehe. Wird dagegen dieses Miteinander von Glaube und Taufe aufgehoben, so wird wegen der Untrennbarkeit des fides, qua und der fides, quae creditur die Kirche zur Schule, in der ein methodisch-hermeneutischer oder sachlich-theologischer Ansatz oder eine explizite Dogmatik als geschlossenes System kirchentrennend wird. Die Subjektivität einer historisch-kontingenten Gruppe oder des je Einzelnen wird für das Evangelium bestimmend und macht die schlüssige Bildung eines Kirchenbegriffs unmöglich. Die neukantische Verengung des Glaubensbegriffs ist weit verbreitet und wirksam. Hier verbindet sich der ältere, bürgerlich-historisch mit dem neueren existentialistischen Liberalismus. Die in Barmen (These III) formulierte Erkenntnis, daß Bekenntnis und Ordnung nicht getrennt werden können, und die ihr zugrundeliegende geschichtliche Erfahrung des Kirchenkampfs wird nicht frontal bestritten, aber in ihren Ergebnissen umgangen und außer Kraft gesetzt. Der Kirchenkampf wird aus einer fruchtbaren Erfahrung zu einer Wunde, die von den gewohnten Vorstellungen wieder überwachsen wird und höchstens noch lästige Narbenschmerzen hinterlässt.
Es ist mißlich, sich dem Vorwurf des bekenntnisrechtlichen Positivismus auszusetzen und sich auf Art. IX CA, die Lehre von der Heilsnotwendigkeit der Taufe, zu berufen. Dennoch wird an diesem Punkte das Problem und die Umleitung deutlich. Gerhard Ebeling hat in seinem schon früher angeführten Vortrag mit konfessionsvergleichender Absicht diese Heilsnotwendigkeit der Taufe bestritten, um die Folgerichtigkeit des Gegensatzes der Schulen als ausschließender Kirchenbegriffe durchhalten zu können.123 Die lutherische Theologie und Kirche hat trotz Infragestellung des Bekenntnisses nicht vermocht, mit der erforderlichen neuen Begrifflichkeit die Fragen zu klären und hier Grenzen zu ziehen.
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Die Folgen für das hier allein interessierende Problem der universalen Kirche sind durchschlagend. Obwohl die oben aufgezählten signa ecclesiae allgemeingültig und göttlichen Rechts sind, gibt es für Grundmann kirchenrechtlich nur ecclesiae particulares, wobei dieser Begriff Gemeinde und Partikularkirche in eins wirft.
Folgerichtig müßte es jedoch, von jenem theologischen Interesse her gedacht, zwei verschiedene Begriffe der ecclesia universalis geben: eine proprie dicta sive spiritualis vere credentium mit den übereinstimmende Merkmalen göttlichen Rechtes, und die ecclesia universalis permixta. Die Latenz der Heiligen — dieser verbindende Gedanke wird aaO nicht angeführt — führt zur Latenz der Kirche. Daß etwa gerade die Namenschristen als Träger außertheologischer Bindungen gegen die wahre unitas ecclesiae diese zur Partikularität, zur menschlichen Spaltung veranlassen, davon ist nicht die Rede: Denn dann müßte ja gerade die ecclesia spiritualis mit größter Dringlichkeit nach der Einheit als einem Signum und Prüfstein des ecclesia proprie dicta streben. Trotzdem bleibt sich nach diesem Verständnis grundsätzlich partikular.
Hier liegt entweder ein immanenter Widerspruch oder wir sind zu der Auslegung genötigt, daß die Internität und Latenz des Glaubens zu einer grundsätzlichen, unaufhebbaren Partikularität führt. Wie sich der Einzelne zu der Glaubensgemeinschaft verhält, wird dann zu einem weiteren Problem. Der universale Wahrheitsanspruch des partikularen, historischen Bekenntnisses wird dadurch zwar nicht aufgehoben, aber durch seine objektive Unentscheidbarkeit neutralisiert. Diese Partikularkirche weist auf eine radikale Subjektivität individueller oder historisch-kollektiver Art zurück, deren Gefälle sich erst allmählich durchsetzt, also in der Reformation selbst noch nicht erkennbar ist. Man muß also erst durch Offenlegung der Lücken in der Ekklesiologie wie durch Durchbrechen der Sperren den Weg für eine Klärung des Begriffs der universalen Kirche freimachen.
Der Antrieb dazu ist freilich nicht durch eine theologische und kirchenrechtliche Denkbewegung gewonnen worden, sondern durch ein kirchengeschichtliches Ereignis. Wenn die Kirche sich nicht bewegt, bewegt sich auch die Theologie nicht. Dieses Ereignis ist die Entstehung und Ausbreitung der ökumenischen Bewegung. Mit einer beschämenden Langsamkeit, erst Jahrzehnte, nachdem die modernen Verkehrsmittel eine umfassende Kommunikation ermöglichten, haben die Christen in aller Welt auch den Trieb gezeigt, sich über traditionelle Grenzen hinweg zu begegnen und zusammenzuschließen. Eine der Linien dieser Arbeit ist von vornherein die an Fragen von Glauben und Kirchenverfassung gewesen. Die in partikularer Selbstbeschränkung lebenden Kirchen wurden genötigt, sich nicht nur mit einem reichen Bestände fremder, anstößiger Traditionen, sondern auch mit dem Problem der Einheit und Universalität der Kirche selbst auseinanderzusetzen.