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Teil II
Kirchenrecht
als
liturgisches und bekennendes Recht
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Die Erwägungen über den Rechtscharakter rein personaler Bezüge (Kap. II/1) haben gezeigt, daß das Recht nicht auf zweckhaft-ordnender Setzung basiert, sondern genetisch sehr viel tiefer ansetzend von Akten der Erwählung und Aussonderung seinen Ausgang nimmt.
Die vollkommene Herausgenommenheit eines solchen Zweierverhältnisses findet ihren gemäßen Ausdruck in dem Worte, welches der Liebe zu Gott wie zum anderen Geschlecht möglich ist: Wenn ich dich nur habe, was frage ich nach Himmel und Erde!? Nur einer Notwendigkeit unterliegt diese Freiheit — daß sie nämlich jemandem sich gegenüber sieht, jemanden findet und hat, den sie so lieben und liebend ergreifen kann.
Was aber die Vollkommenheit und Freiheit der Liebe von Person zu Person ausmacht, eben das ist zugleich die Not des gefallenen Menschen: daß er nicht selbst an sich selbst zu tun vermag, was zu den entscheidenden Dingen seines Lebens gehört. Dies ist eine unserem Leben unaufhebbar eingestiftete Tatsache. Sie hat mit der unvermeidlichen funktionalen Teilung menschlichen Lebens nichts zu tun. Denn Zeit, Mühe und natürliche Begabung vorausgesetzt, könnte man die Funktionen für sich selbst ausüben und vollziehen.
In jener über die Funktionen hinausgreifenden Angewiesenheit aber gründet das Wesen des Priestertums. Denn Priestertum besteht darin, daß ein anderer vollzieht, was der Mensch an sich selbst nicht zu vollziehen vermag — und was auch der Priester selbst nicht an sich vollziehen kann. Insoweit und hier ist jeder Priester Laie — in diesem Tun ist jeder Laie Priester, wofern er eben jenes Transfunktionale am Nächsten tut.