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Josaphat sprach zu den Richtern:
Sehet zu, was ihr tut! denn ihr haltet das Gericht nicht den Menschen, sondern dem Herrn; und er ist mit euch im Gericht.
Darum laßt die Furcht des Herrn bei euch sein und hütet euch und tut’s; denn bei dem Herrn, unserm Gott, ist kein Unrecht noch Ansehen der Person noch Annehmen des Geschenks.
2. Chronica 19, Vers 6/7

Semper medii sumus
(Luther)

 

Vorwort

Bei dem Unternehmen einer Strafrechtsreform in Westdeutschland geht es um weit mehr als um die Wiederaufnahme jahrzehntelanger Reformbestrebungen. Es geht um die Frage, ob wir zu einem gemeinsamen und zulänglichen Verständnis eines so wesentlichen Rechtsgebietes und zu seiner verbindlichen Gestaltung imstande sind. Einer jeden Strafrechtsordnung liegt — mit oder ohne zulängliche Reflexion — ein bestimmtes Menschenbild, damit zugleich aber auch ein Geschichtsbild zugrunde. Danach sind wir also zuallererst gefragt. Wenn ich nach zwei Jahrzehnten der Tätigkeit in der Strafrechtspflege zurückschaue, so kann ich mich eines zwiespältigen Gefühls nicht erwehren. Ich habe sowenig wie irgendein anderer Jurist Veranlassung, die Männer herabzusetzen, denen wir unsere Ausbildung verdanken. Die wundervolle geistige Klarheit bedeutender Hochschullehrer und hoher Richter, die schon allein ästhetisch etwas Besonderes darstellt, steht als geistige Leistung für sich. Dennoch kamen die menschlichen Probleme, die uns alsbald vor die Füße geworfen wurden, in dieser Jurisprudenz eigentlich nicht vor. Was es mit dem Menschen auf sich habe, wurde durch Verweisung auf die Norm, die sittliche wie die positive, allzu selbstverständlich vorausgesetzt. So konnte zuweilen beim juristischen Praktiker das Gefühl aufkommen: „Ihr laßt den Armen schuldig werden, dann überlaßt ihr ihn der Pein.” Diese Lücke hat die Rechtsphilosophie nicht auszufüllen vermocht. Ich fürchte vielmehr, daß sie hinter den Erkenntnissen und Fragen der Zeit zurückbleibt. So habe ich mich selbst auf den Weg machen müssen, um einen Beitrag zu liefern.

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Zu Fragen des Strafrechts habe ich mich in den letzten Jahren in einer Reihe von Schriften und Aufsätzen geäußert:
1. Krise des Strafrechts — Krise des Richteramts, im Sammelband „Gerechte Ordnung”, Band 26 der Schriftenreihe der Evangelischen Akademie Bad Boll (mit Grewe, Mezger, Walz). Tübingen 1948.
2. Politische Gerichtsbarkeit. Der Irrweg der Entnazifizierung und die Frage des Verfassungsschutzes; mit einem Nachwort von Bundestagspräsident Dr. Hermann Ehlers ✝. Gütersloh 1950.
3. Strafrecht und menschliche Existenz. Hochland Band 46 Heft 4 S. 346ff. (April 1954).
4. Der Tod im Recht. Bemerkungen zum Problem der Todesstrafe. Hochland Band 48 Heft 3 S. 247ff. (Februar 1956).
über die Stellung des Richteramts innerhalb der Staatslehre speziell in:
5. Strukturelle Staatslehre, Kapitel 5 S. 59ff. Berlin 1952.
6. Politischer Humanismus und was weiter? S. 57ff. (Manuskriptdruck der Evangelischen Akademie der Pfalz, 1953).
7. Politische und christliche Existenz, in „Macht und Recht”, Beiträge zur lutherischen Staatslehre der Gegenwart, S. 115ff., 143ff. Berlin 1956.
Einen großen Teil dieser einzeln entwickelten Gedanken habe ich in die vorliegende größere Darstellung einbezogen.

Hemer 1957.

Hans Dombois