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Der erste Entwurf, die Zweireichelehre, stammt von dem 1963 verstorbenen1 Münchener Professor des öffentlichen Rechtes Johannes Heckel* (geb. 1889 als Pastorensohn in Kammerstein/Franken), der als lutherischer Rechtshistoriker in viel jährigen Forschungen die Rechtsgedanken Luthers gesammelt und zu einem bewunderungswürdigen System vereinigt hat, das trotz seines geschlossenen systematischen Aufbaus zugleich zutiefst dualistisch ist. Es erweckt geradezu den Eindruck eines universalen juristischen Weltbildes in der klaren Rechtssprache des Mittelalters, aber gefüllt mit dem neuen Inhalt der Theologie Martin Luthers.
Johannes Heckel wollte nicht eine eigene, neue Rechtslehre schaffen; er wandte sich vielmehr zurück zu Martin Luther, um auf rechtshistorischem Wege dessen Rechtstheologie zu ergründen. In entsagungsvoller vieljähriger Arbeit (1937-1962) erstand so ein Gebäude der Rechtstheologie, dessen klare Architektonik Heckel als den großen Rechtsdogmatiker ausweist. Man darf sein Werk nicht nur als Lutherdeutung verstehen, — viel wichtiger dürfte sein, ob er auch auf die Probleme der Gegenwart eine Lösung anzubieten weiß. Man kann sogar annehmen, daß er nicht weniger beabsichtigte, als mit historischen Mitteln eine systematische Antwort auf die Fragen zu geben, die der Kirchenkampf den evangelischen Kirchen gestellt hat2. Es sollte also nicht verwundern, wenn der bedeutende Theologe und Kirchenhistoriker Ernst Wolf urteilt, daß sich Heckels Forschungen durch eine geradezu
1) Vgl. die Nachrufe: Gru.ZevKR 1964/65 1 ff.,
Chronik 19 ff., ZRG 1964 XV ff.; H. Krause (1964).
*) Zur Zitation: Grundsätzlich wurden die Belege nicht
dem Sammelband „Wort” entnommen, um die jeweilige Entstehungszeit
deutlicher hervortreten zu lassen.
2) Gru. ZRG 1964 XXIII f., Chronik 23. Namentlich He.s
Forschungen zum Widerstandsrecht sind hier zu nennen. Sie sind
zugleich ein vornehmer Widerruf gewisser früherer Äußerungen
(vgl. Gru. ZRG 1964 XXIX f.).
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„erregende Aktualität” auszeichnen3. Es darf hinzugefügt werden, daß Heckels Rechtslehre auch in ökumenischer Sicht äußerst bedeutsam ist. Denn ob seine Deutung Luthers zutrifft oder nicht — eine Frage, über die hier nicht zu befinden ist4 —, in jedem Falle ergeben sich neue und überraschende Gesprächsmöglichkeiten, nicht nur zwischen der lutherischen und der reformierten5, sondern auch zwischen der lutherischen und der katholischen Rechtstheologie.
Schon Heckels Rechtsanthropologie räumt einige verbreitete Mißverständnisse über Luthers Erbsünden- und Rechtfertigungslehre aus (unten II); dies ist um so bemerkenswerter, als sie die Basis abgibt für eine weithin augustinisch konzipierte Zweireiche- (III) und Rechtslehre (IV) mit stark christologischem Akzent; aus ihr werden sodann die Folgerungen für die Kirche (V) und ihr Recht (VI) gezogen. Eine Betrachtung der rechtlichen „Denkform” Luthers (VII) und der Aktualisierung der Lehren Heckels durch seinen Schüler Siegfried Grundmann (VIII) beschließt das erste juristische Kapitel evangelischer Rechtstheologie der Gegenwart. Einige einleitende Beobachtungen zur Entwicklung und Methode Heckels sowie zum Stand der Erforschung der Rechtslehre Luthers sollen das Verständnis des Folgenden erleichtern.
Die Rechtslehre Johannes Heckels ist in engem Zusammenhang mit seiner Erforschung der Rechtstheologie Luthers allmählich entstanden. Dabei ging er historisch vor. Er fing beim „katholischen Luther”6 an und begleitete ihn in seiner Entwicklung zum Reformator. Die Hauptstadien Heckels sind bezeichnet mit den drei Abhandlungen „Recht und Gesetz, Kirche und Obrigkeit in Luthers Lehre vor dem Thesenanschlag von 1517” (1937), „Initia iuris ecclesiastici Protestantium” (1950) und „Lex charitatis” (1953).
3) Ernst Wolf ZevKR 1955 251; „grundlegende und
aufregende juristische Untersuchung” (I 7) „von geradezu
grundlegender Bedeutung für diesen Problemkreis der
Lutherforschung” (I 193 A. 54).
4) Es ist vielleicht nicht überflüssig zu betonen, daß
die vorliegende Untersuchung J. Heckel und nicht M. Luther
gewidmet ist.
5) Gru. Chronik 23; ÖAfKR 1965 292.
6) Vgl. K.A. Meissinger, Der katholische
Luther.
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Die erste der genannten Studien behandelt die Rechtsauffassungen Luthers bis zum Jahre des Thesenanschlags 15177 — sie ist übrigens wegen gewisser Unvollkommenheiten8 nicht in die Gesammelten Aufsätze Heckels aufgenommen worden. — In der zweiten geht Heckel den Anfängen der neuen Rechtskonzeption Luthers nach, wie sie sich in den Ablaßthesen und anderen gleichzeitigen Schriften abzeichnet. — In der „Lex charitatis” schließlich zeigt sich das fertige Gebäude, wie es Luther — nach Heckel — seit 1525 im wesentlichen nicht mehr verändert hat9.
Diese Veröffentlichungen geben nicht nur drei Abschnitte des Werkes Luthers wieder; sie bezeichnen zugleich die drei Phasen der Entwicklung Heckels. Vereinfacht könnte man sagen: Gehört der erste Aufsatz trotz seiner vielen Funde noch einer traditionellen Sicht Luthers an, so betont der zweite in äußerster Schärfe den Dualismus Luthers, besonders in der Kirchenlehre10; erst die „Lex charitatis” bringt den wohlabgewogenen Ausgleich.
7) Es trägt für die Rechtsfrage nichts bei, ob
Luther die Thesen tatsächlich angeschlagen oder sie nur dem
Erzbischof von Magdeburg (u.a.) zugesandt hat. (Vgl. zu dieser
Kontroverse E. Iserloh, dazu H. Volz, ferner den Überblick von E.
Zettl 110 und K. Honselmann — wobei übrigens Iserloh die Thesen
teils als [vom heutigen Standpunkt] rechtgläubig, teils als noch
unentschieden bezeichnet; anders noch He. Init. 32 A. 113, 77 A.
325 f., vgl. H. Bornkamm 1960 47 ff.).
8) Vor allem ist die Zweireichelehre (im folgenden
„ZRL”) zwar gesehen (vgl. RuG 343, ebenso Einbruch 125), aber als
Grundlage des Rechtsdualismus Luthers noch nicht erkannt. Daraus
erklärt sich, daß trotz vieler Einzelbeobachtungen die
Rechtssystematik noch nicht aufgedeckt ist, so daß die
Naturrechtlichkeit in Zweifel gezogen, die zwei Rechte der beiden
Reiche nicht unterschieden werden usf. Die systematische
Bedeutung der ZRL wird erstmals bemerkt in Cura religionis . . .
(1938), wenn sie auch noch nicht terminologisch von der
Regimentenlehre abgehoben wird. Das hängt damit zusammen, daß
auch Luther Reiche- und Rechtslehre nicht von vornherein
verbindet (vgl. Lex 30). (Im folgenden sind die systematischen
Differenzen zwischen RuG [1937] und Cura fortlaufend angemerkt,
wobei im einzelnen nicht immer angegeben werden kann, ob es eine
Änderung der Konzeption He.s oder Luthers ist.)
9) Init. 38 f., Lex 30, V/S 72, ähnlich Ernst Wolf I
53 u.a.; anders z.B. K. Holl 360 ff., F.E. Cranz 59, 169 u.ö.
(dazu W. Trusen ThRv 1962 95 ff., aber auch B.A. Gerrish 1962 113
A. 6), G. Hillerdal ThLZ 1959 920 f., P. Althaus (s.u. 63 46),
was eng mit der anderen Streitfrage zusammenhängt, ob Luthers
reformatorische Theologie sich in wichtigen Punkten geändert
habe.
10) Der herkömmlichen Ansicht entspricht es, wenn He.
in Init. noch die allgemeine Kirche und ihr Recht zur „Welt” im
theologischen Sinne zählt, obwohl er ihr Recht zugleich
eigenständig sein läßt.
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In der Folgezeit vertieft J. Heckel seine Lehre11 in drei Hauptrichtungen: In historischer Hinsicht vergleicht er die Lutherkonzeption mit Gratian12 und Marsilius von Padua13; die Abweichungen Melanchthons sieht er als nicht so bedeutend an14, wohl aber die der lutherischen Orthodoxie15. Auch die Rechtsfrage des christlichen Widerstands wird wiederholt behandelt16. Das weist auf den Bereich der Sozialethik — ein Gebiet, das Heckel besonders am Herzen lag. Die Verantwortung der Christen für die Gesellschaft aus dem Liebesgebot ist „Luthers Lieblingsthema” als praktischer Theologe17! Doch die Grundkonzeption bleibt unverändert die der „Lex charitatis”.
Die Methode Heckels läßt sich aus den Texten erschließen; gelegentlich hat sich der Autor auch selbst dazu geäußert18. Er prüft mehrmals (!) das Gesamtwerk Luthers, auch scheinbar situationsgebundene und polemische Aussagen19, auf die tragenden Voraussetzungen. Er verbindet die rechtliche, die rechtsgeschichtliche und die theologische Methode, da er nur so als Rechtshistoriker dem Rechtstheologen Luther gerecht werden kann. Jedes andere Vorgehen hätte notwendig die Aufgabe zum Scheitern gebracht. Dadurch findet er einige sichere Fundamentalsätze20, von denen er wieder auf unklare Stellen zurückschließt21. So fügt sich ein im wesentlichen lückenloses System aus wenigen
11) Hervorzuheben sind namentlich „Das Decretum
Gratiani und das deutsche evangelische Kirchenrecht” (1955) mit
wichtigen stillschweigenden Korrekturen an RuG (1937), ferner „Im
Irrgarten der Zweireichelehre” (1957) (Auseinandersetzung mit P.
Althaus und seiner ZRL, „dialektischer” Kirchenbegriff) und
„Kirche und Kirchenrecht nach der Zweireichelehre” (1962) zur ZRL
als Kirchenrechtstheologie.
12) Das Decretum Gratiani... (1955).
13) Marsilius von Padua und Martin Luther (1958).
14) Cura, Mel.; dazu bes. Lex 181 ff., WS 43.
15) AS 51 ff., Lex 183.
16) Außer in Lex bes. WO (1954), WS (1956).
17) NR 35; vgl. allgemein NR, Lex, AS, u.ö.
18) Vgl. WO 168, Grat. 500.
19) Ein Paradebeispiel ist Heckels Analyse des
passiven und aktiven geistlichen und leiblichen Widerstandes,
s.u. 90 f.
20) „Den juristischen Goldgehalt”, IZ 39.
21) Beispiele: IZ 28 f. (civis mundi), 30 f.
(weltliches Regiment Adams), KuK 269 (das „weltliche”
Kirchenrecht).
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zugleich juristischen und theologischen Grundgedanken zusammen, das sich in dieser Geschlossenheit bei Luther nicht findet22. Um ein Bild zu gebrauchen: Heckel projiziert das „dreidimensionale” Gebäude Luthers auf die „zweidimensionale” Fläche seiner Fragestellung und erhält so einen systematischen „Grundriß” der lutherischen Rechtsauffassung.
Dieses Verfahren bietet den Vorteil, eine großartige Zusammenschau der Rechtstheologie Luthers zu erreichen; es muß aber einen doppelten Preis für diese „abstrahierende” und „projektive” Methode zahlen, der m.E. nicht zu hoch ist: den Preis einer gewissen Reduktion der vielschichtigen Aussagen Luthers, zum einen; einer gewissen scheinbaren und echten Widersprüchlichkeit im Detail, zum andern, die aus der nicht immer systematisierbaren Mehrdimensionalität der Aussagen Luthers resultiert.
Aus der Anlage der vorliegenden Arbeit droht ein gefährliches Mißverständnis der Rechtslehre Heckels. Der Rechtsdogmatiker Heckel darf nicht vom Historiker und Lutherforscher Heckel isoliert werden. Aber Lutherforschung ist nicht Gegenstand dieser Arbeit. Ihr geht es nicht primär um den historischen Luther, auch nicht um seine Aktualisierung, sondern zunächst und in erster Linie um Johannes Heckels Systematik, um seinen originären Beitrag zur heutigen Rechtstheologie. Es wird — zugegebenermaßen einseitig — nur der dogmatische Aspekt aus Heckels Werk herausgehoben. So sehr auch versucht wurde, den historischen Hintergrund seiner Rechtstheologie sichtbar zu machen, so tritt dennoch durch die aktuelle Blickrichtung die historische Seite zurück.
Es ist dem Verfasser ein großes Anliegen, daß durch diese seine systematische Absicht die historischen Intentionen Heckels nicht übersehen werden. Selbst wenn sich Heckel allzusehr auf den frühen Luther gestützt hätte und es weiterer Quellenstudien bedürfte, die historischen Thesen Heckels zu erhärten, so ist es doch um so dringlicher und darum unaufschiebbar, daß die aktuelle rechtstheologische Tragweite der Heckelschen Konzeption diskutiert wird.
Ein weiteres mögliches Mißverständnis ist sogleich auszuräumen: Heckels Methode ist ausschließlich rechtstheologisch bestimmt,
22) „Der Rechtshistoriker, der („solche in die Zukunft weisenden Sätze . . . da und dort eingestreut findet” und) sie systematisch verbindet, muß sich klar sein, daß er die Linien schärfer auszieht, als es Luther selbst getan hat und zu tun vermochte”, Grat. 499 f.; schärfer W. Künneth WS 71.
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rechtsphilosophische Fragestellungen sind ihm fremd. Denn „Luther redet nur als Christ zu Christen”. So findet der Rechtshistoriker Heckel zwar ein fertiges Gebäude der Rechtstheologie, aber kein geschlossenes System der Rechtsphilosophie. Das wäre ohnedies — und nun zeigt sich unverhüllt der Rechtsdogmatiker im Historiker — nur „zeitgebundenes Beiwerk” und könnte berichtigt, ja „verworfen werden” 23!
Das hatte und hat man oft übersehen24, wie ein Blick in die Lutherdeutung zeigt.
Der Stand der Erforschung der Rechtslehre Luthers wird am besten durch J. Heckels die „Lex Charitatis” einleitenden Bericht wiedergegeben25.
Über die Rechtsauffassungen des Reformators gab es bis zu den Veröffentlichungen Heckels nur in einem Punkt scheinbare Klarheit: daß es unmöglich sei, über Luthers Rechtsbegriff zur Klarheit zu kommen. Die bekannten groben Ausfälle gegen das kanonische Recht und die Juristen überhaupt26 legten es ohnedies nahe, bei Luther nicht allzuviel zu erwarten. Hatte doch Luther selbst sich aufs bitterste über den verderblichen Einfluß der Jurisprudenz auf die Theologie beklagt27, ja sogar das geistliche Recht 1520 am Elstertor zu Wittenberg feierlich verbrannt28! Außerdem schien die natura deleta jedes Naturrecht in
23) NR 56 (Schlußwort), Lex 19, 183, WS 33;
„Luthers Rechtslehre hängt auf das engste mit seiner Theologie
zusammen (und bildet) eine systematische Einheit”, WS 72, NR 56;
denn „jede in die Tiefe dringende Theologie muß eine umfassende,
ihr eigentümliche Rechtslehre erzeugen”, Lex 47 (weitergehend
Gru. LWB 58; „ein in sich geschlossenes und vollständiges System
einer Rechtslehre”; ähnlich id. AÖR 1959 11, 2RG 1964 XXVII). —
Luther vertritt also den Vorrang der Theologie — wie die
Scholastik, Lex 27, was ein relatives Eigenrecht der Welt nicht
ausschließt, s.u. 46 ff. zum weltlichen Regiment und 99 ff. zum
weltlichen Naturrecht.
24) „Als Rechtsphilosophen fragte man (Luther) aus. Er
aber antwortet . . . als Theologe”, Lex 19, ähnlich WO 157.
Dieser Irrtum liegt etwa dem Vorwurf zugrunde, He.s Rechtslehre
sei nicht praktikabel (s.u. 91 f.); dazu ironisch AS 67: nur
„Weltmenschen” nehmen Ärgernis . . .!
25) Lex 11-19; ähnlich WO 157 f.
26) Lex 87, IZ 43; zum schlechten Ruf der Juristen im
Mittelalter überhaupt vgl. Wolf GRD 71; vgl. aber A. Stein DRiZ
1967.
27) AS 49 u.ö.; Luthers Abneigung ist also religiös
motiviert, RuG 296 f.
28) Aber Luther meinte etwas ganz anderes: Er
verbrannte das kanonische Recht seiner Zeit, aber nicht das Recht
überhaupt, und noch weniger das Kirchenrecht!, ➝
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der Wurzel unmöglich zu machen29. Zwar fand man um die Jahrhundertwende30 bei Luther viele Stellen, die zu Vieler Überraschung von einem Naturrecht sprachen; aber je nach Vorentscheidung erkannte man darin mittelalterliche Restbestände31 oder den großen Überwinder des Naturrechts32 — jedenfalls aber nichts, was geistlich relevant gewesen wäre. Denn alles Recht kann nur weltlich sein33. An diesem Grunddogma wagte niemand zu rütteln.
Heckel aber stößt alles um: Die Mär vom „unjuristischen Luther” ist aufzugeben. Luther wäre ein theologischer Stümper gewesen, wenn er in Glaubensbegriff und Kirchenlehre zu neuer Klarheit gelangt wäre, ohne auch die Rechtsidee zu reformieren. Denn „in der mittelalterlichen Kirche durchdrangen und stützten sich Glaube und Recht gegenseitig”; eines konnte nicht ohne das andere erneuert werden. Das Rechtsproblem hat eine „zentrale Bedeutung” für die Theologie Luthers. Glaube und Recht hängen innerlich zusammen: in der Rechtfertigung des Sünders — anders ausgedrückt: in der theologischen Anthropologie34.
➝ Grat. 489 f. mit Lex 21; dazu Th. Heckel 1961 112 f.,
121-130, mit H. Boehmer 7 ff., G. Holstein 1928 84 f. gegen R.
Sohm I 460 ff., W. Elert I 224 und H.M. Müller InfBl 116.
29) Z.B. katholisch: H. Rommen 62; evangelisch: H.
Thielicke ThE Nr. 1886, und je eine Legion anderer.
30) E. Ehrhardt, La notion du droit naturel chez
Luther (1901). He. weist auf den fördernden Einfluß der ersten
Sozialenzykliken hin, Lex 15.
31) Wie Ehrhardt dann E. Troeltsch, G. Holstein u. a.
(Lex 16); ähnlich übrigens auch He. noch RuG 333!
32) K. Holl 243 ff. rühmt das als weltgeschichtliches
Verdienst (WO 157, Lex 16); R. Niebuhr, dem sich J. Messner
anschließt, tadelt es als sittliches und politisches Versagen (WO
157; kritisch zu Niebuhr auch D. Lange).
33) So zuletzt noch z. B. J. Ellul, W. Schönfeld, H.
Liermann, E. Brunner u.v.a. — He. wirft Sohm sogar Verfälschung
der Quellen vor (RuG 291): „Nur eine Mißhandlung der Quellen
konnte Sohm, um von anderem zu schweigen (!), es erlauben, die
klare Gleichsetzung von ius divinum oder Wort Gottes in den
Schmalkaldischen Artikeln” in das Gegenteil zu verkehren.
34) Init. 3, 8 f., SA Init. 474, AS 1956 28, IZ 38 f.,
Lex 18-21, 26 f., Grat. 492 f., NR 41 f., 55, AS 50, ZRL 1944,
Th. Heckel 1961 126; ähnlich schon RuG 285 ff., 290 f., 306; vgl.
Ernst Wolf ZevKR 1951 103, ZevKR 1955 225 f., II 196; II 18 f.:
Die Rechtfertigungslehre ist Mitte der theologischen
Anthropologie und Ekklesiologie. — Zu den Rechtskenntnissen
Luthers vgl. SA Grat. 494 ff. (a.M. H. Liermann, Der
unjuristische Luther; Dombois RdG 956 f. u.v.a.), genau wie die
Theologen den „unsystematischen” Luther begraben haben (IZ 39,
Ernst Wolf II 196; He. anders noch RuG 300 mit F. Kattenbusch).
Das soll nicht heißen, daß Luther nicht recht sorglos mit
hergebrachten Begriffen umgegangen sei und häufig sehr ad
hominem oder rem argumentiert habe. Wohl aber will
He. damit sagen, daß hinter allen Ausführungen Luthers eine
präzise (Rechts-)Theologie steht, wenn sie auch oft genug nicht
➝
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Sie ist die theologische Basis für die „rechtstheologische Grundformel”35, die Zweireichelehre, die sich deshalb an die Anthropologie anschließen wird36.
➝ gesehen wurde, weil man in dem traditionellen
mittelalterlichen Begriffsapparat des neuen Inhalts nicht gewahr
wurde (vgl. RuG 297 f., Lex 19 und AS 1956 28 f. zur
„sinnvariierenden” Methode Luthers).
35) Ernst Wolf FS Smend II 451; He. KuK 224.
36) Auch He. geht in seinen Abhandlungen diesen
methodischen Weg (wenngleich er nicht jedesmal die Anthropologie
voranstellt). Das entspricht dem ontologischen Aufbau seiner
Rechtslehre, dem diese Darstellung folgt. — Auf der
Erkenntnisebene liegen die Dinge freilich anders. Hier ist die
lex Christi die Mitte, von ihr aus ist zu entfalten —
ein durchaus gangbarer Weg, auf den He. selbst hinweist (s.u. 81
f. 118 f. [b 3]) und den etwa Wolf beschritten hat (s.u. 290 ff.
331 351 ff.).