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In der ökumenischen Diskussion ist „Institution” zu einem Schlüsselwort geworden, das in nuce die ganze Problematik der Begegnung der Kirche mit der Welt, ja der Kirchen untereinander (und vor allem mit der römischen Kirche) enthält. Darum verdient es alle Aufmerksamkeit, wenn ein Rechtstheologe vom Range Dombois’ eine Institutionentheorie vorlegt, die, in vielen interdenominationellen Gesprächen geprüft, die vielfältigen theologischen, soziologischen und juristischen Fragestellungen auf das zentrale Problem der theologischen Rechtsanthropologie zurückführt.
Ein historischer Überblick soll zunächst in die Gesprächssituation einführen (unten 1); er führt zur Frage nach der theologischen Begründung der Institution (2) in der trinitarischen Anthropologie und in der Heilsgeschichte. Entscheidend ist der soziologische Beitrag (3); er durchbricht das antiinstitutionelle Vorurteil der Theologie, vermag aber nicht zum anthropologischen Fundament (4) in der Institutionalität des Menschen durchzudringen. Die heilsgeschichtliche Betrachtung erbringt einen überraschenden Zugang zur „Institution Kirche” (5). Die abschließenden Bemerkungen (6) zeigen die Bedeutung dieser Institutionslehre auf dem Hintergrund verschiedener verwandter Versuche und verweisen auf einige wenige offene Fragen.
Die Institutionentheorie Hans Dombois’ ist nicht im Alleingang entwickelt worden; sie ist zu einem guten Teil Ergebnis der in der Evangelischen Kirche in Deutschland und in der Ökumene geführten Gespräche um das Problem des Rechts (unten a), in denen er freilich, was die Institutionen betrifft, die treibende Kraft gewesen zu sein scheint. Im Rahmen dieser Verhandlungen schlug Dombois durchaus einen eigenen Weg ein (unten b). Der allgemeine Untergrund ist die Neubesinnung
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auf das Recht seit dem Kirchenkampf, die in eigenartigem Kontrast steht zu dem immer noch vorherrschenden antiinstitutionellen Vorurteil (unten c) nicht nur in der evangelischen Theologie.
Die Entwicklung der Institutionenlehre steht im engeren Zusammenhang mit der rechtstheologischen (und soziologischen) Diskussion vor allem nach dem zweiten Weltkrieg1. Den weiteren Rahmen bildet die Kontroverse um die „Schöpfungsordnungen”2. Parallel dazu wurde das Verhältnis von „Institution” und „Ereignis” zu bestimmen versucht3. All dies ergab sich aus der Notwendigkeit, die frühere Stellung der Evangelischen Kirche zum Recht zu überprüfen. Das eigentliche Problem der Institutionen wurde in mehreren Abschnitten gefördert.
J. Ellul hatte die Institutionen (Ehe, Staat usf.) als eines der drei Elemente des Rechts in der Schrift bezeichnet4. Auch die offiziellen Verhandlungen auf den drei Konferenzen von Göttingen und Treysa 1949/1950 hatten das Thema am Rande berührt. Das Göttinger Rechtsgespräch wurde unter dem Titel „Kirche und Recht” 1950 veröffentlicht.
Die von der EKD berufene Eherechts- (später Familienrechts-)Kommission stieß bei ihren Forschungen ebenfalls auf das Phänomen der Institution, das bald selbständig zum Gegenstand weiterer Untersuchungen durch eine gemischt juristisch-theologische Kommission in Hemer im Christophorusstift gemacht wurde5. Das — unabgeschlossene — Ergebnis des Gesprächs von 1955 wurde in „Recht und Institution” veröffentlicht. Dabei ging es zunächst um die Ehe, dann um den Staat. Vor
1) NRE 4, EltR 73, zur soziologischen
Komponente s.u. 571 ff.; einen zuverlässigen Überblick gibt Ernst
Wolf RuI 9 ff.
2) RuI 60 f.; Ernst Wolf RuI 9, 24 ff., RuI 71 These
2.
3) S.u. 607 f.
4) J. Ellul 1948 56 f. (1.); Do. NRE 3 f., EltR 73
f.
5) ÖR 1958 15, RuI 7, EltR 74, RdG 672 A. 1, 897, 935
A. 33, ZEE 1963 317, 321; dazu die Berichte Kirche und Recht 1950
(vgl. Ernst Wolf RuI 10-16) und RuI 1956. Das Göttinger
Rechtsgespräch 1949 wurde im Auftrag der EKD von einem kleinen
Kreis qualifizierter Theologen und Juristen geführt (u.a. H.
Brunotte, F. Delekat, H. Vogel, H.H. Walz, O. Weber, Ernst Wolf;
H. Coing, H. Dombois, L. Raiser, U. Scheuner, R. Smend); die
erste (deutsche) Treysakonferenz 1950 beschäftigte sich mit
„Bibel und Naturrecht”, die zweite (ökumenische, ebenfalls 1950)
mit dem Thema der Bedeutung der Kirche für die menschliche
Rechtsordnung — zu ihrer Vorbereitung ist z.B. Erik Wolfs Die
menschliche Rechtsordnung ➝
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allem stellte sich heraus, daß die Institutionen gemeinsame Merkmale aufweisen, also nicht unverbundene Einzelgrößen sind6.
Bei diesen Arbeiten war Dombois von Anfang an führend beteiligt7. Er gab mehrere einschlägige Veröffentlichungen heraus8 und nahm auch selbständig Stellung9; vom Modell der Ehe ausgehend, das auch weiterhin bestimmend blieb, schritt er fort über die Behandlung des Staates als Institution zur institutionalen Theorie der Kirche im „Recht der Gnade”10. Ein abschließender Sammelband mit den Stellungnahmen der beteiligten Gesprächspartner ist in Vorbereitung11.
Zwar steht bislang ein von allen Seiten anerkanntes Ergebnis noch nicht fest. Dombois hofft gleichwohl, daß er wenigstens „erste Ansätze eines neuen Verständnisses” vermittelt habe. Es besteht sogar allgemeine Übereinstimmung darüber, daß jetzt schon bedeutende Ergebnisse für die Rechtstheorie erzielt worden sind12.
Auf ökumenischer Ebene wurde das Gespräch in der Faith and Order Commission „Institutionalismus” geführt und durch mehrere Veröffentlichungen gefördert13. Ordentliche deutsche Teilnehmer waren H.H. Schrey und H. Dombois, ferner W.-D. Marsch als Berater14.
➝ entstanden. Obige Kommission wurde zunächst von F.K.
Schumann geleitet und tagte im Christophorusstift in Hemer seit
1951 (EltR 74). Auf diesen induktiven Ausgang von der Praxis legt
Do. einigen Nachdruck (ZEE ebd.). Das Hemersche Rechtsgespräch
1955 kam auf Initiative Do.s als inoffizielle (ZEE 1963 321 gegen
R. P. Calliess) Fortsetzung von „Göttingen” zustande. An ihm
nahmen teil G. Gloege, H.H. Schrey, F.K. Schumann, Ernst Wolf; H.
Dombois, U. Scheuner, H. Simon u.a.
6) EltR 75 f. u.ö. — wobei man von einer bestimmten
Zahl von Institutionen auf eine offene Vielfalt überging und
schließlich zur Institutionalität des Menschen als der
anthropologischen Grundlage gelangte.
7) Kirche und Recht 3, RuI 7 ff., ZEE 1963 317.
8) Es sind vor allem die Arbeiten zum Eherecht (Ehe,
FamR).
9) FamR 132-142, RuI 7 f., 60 ff., 71 f., ÖR 1958, RdG
passim, ferner an vielen Stellen über sein ganzes Schrifttum
verstreut.
10) „Schulfall” Ehe: ZevKR 1956 50, ÖR 1958 15, RdG
902; zum Staat vgl. MuR 5, 197 ff., zur Kirche nach RdG: ZEE 1963
317.
11) Auch die Wissenschaftliche Buchgesellschaft hat
einen (anderen) Sammelband unter dem Titel „Institution und
Recht” angekündigt (WdF 172, hg. R. Schnur).
12) RdG 893.
13) World Council of Churches Study Commission on
Faith and Order on Constitutionalism; z.B. The Old
and the New 1961, Institutionalism and Church Unity (1963),
Institutionalismus 1963. — Zum „Institutionalismus” vgl.
auch ÖR 1958. Zu diesem Themenbereich zählen nicht nur die
Institutionen, sondern auch die non-theological factors
der Kirchentrennung (vgl. H.-H. Schrey MPTh 1959) und vieles
andere.
14) KidZ 1963 79, The Old and the New 1961 (Appendix
II).
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Dombois beginnt auf der Linie der traditionell-lutherischen „Schöpfungsordnungen”: Die (noch statisch verstandenen) Institutionen sind Schöpfungs- bzw. Erhaltungsordnungen, mit denen Gott die gefallene Schöpfung vor der Zerstörung bewahrt. Sie sind „personalistisch”, weil sie auf dem personalen Gebot Gottes beruhen, und zugleich ein „soziologisches Urelement”15.
Neben ihnen gibt es ein christologisches Nächstenrecht, das den ersten und den dritten Glaubensartikel verbindet, in Formulierungen, die stark an Erik Wolfs „Recht des Nächsten” erinnern16.
Die rechtssoziologische Sicht kommt in der „Strukturellen Staatslehre” (1952) stärker zum Ausdruck. Neben die bisherigen zwei „Urelemente” des Rechts: institutio/Schöpfung und consensus/Wahl tritt ein weiteres: ordinatio/Hinordnung. Sie alle sind noch getrennt17 und werden erst später zur institutionalen Rechtstheorie vereinigt.
Wesentliche Eigentümlichkeiten der späteren Institutionentheorie finden sich aber in „Naturrecht und christliche Existenz” vom gleichen Jahr. Das anti-institutionelle Vorurteil wird energisch zurückgewiesen; vor allem aber erscheint der institutionale Dualismus von institutio (konkreter schöpferischer Akt) — Institution (fertiges Ergebnis dieses Aktes), — wenn auch noch nicht im „Vorgang” verknüpft. Hauptinstitutionen sind Ehe, politische (Königtum!) und Sachherrschaft (Eigentum), dazu die Kirche. Die Institution und ihr Träger sind noch unterschieden gedacht, wenn auch in der Realität „unlösbar verbunden”18.
Der (im Sinne M. Webers) „soziologische” Ansatz wird weitergeführt. Das institutionale Rechtsdenken gehört zum traditionalen,
15) SS 21, GRE 51-54, bes. 51, 53 f.; dazu die
Thesen MuR 199 f. ordinationes Gottes. Zum Unterschied
vgl. F. Lau RGG V 1492 ff., W. Künneth 1934 28 ff.
16) S.u. 618 ff. 64422.
17) PG 14, SS 79-89, GRE 53. — Zu den beiden ersten
Urelementen vgl. schon Maine (1875), „der, von Savigny
beeinflußt, die Lehre von der Entwicklung des Rechts aus einem
gegebenen Status zum vereinbarten contract . .
. behauptete” (Wolf NRL 183 f.).
18) NRE 13 f., 18 f., 57, SS 79 ff., Hochland 1953/54
348 f., MuS 77f.
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„charismatischen” Rechtstypus; das Recht ist göttlich verliehene, legitime Macht, die durch reale Traditionsakte weitergegeben wird; es ist Schöpfungsrecht19. Zwar wird die institutionale Dimension im Recht der Neuen Schöpfung schon beachtet; die Eschatologie kann aber noch nicht eingebaut werden 20.
In zwei große Bereiche wird das Recht aufgeteilt. Beide sind nun Institutionsformen! Und zwar sind es — nicht mit Dombois’ Worten — Institutionen des Beharrungstyps und des Wandlungstyps21.
Die „Schöpfungsordnungen” werden jetzt mit Kritik bedacht. Entgegen einer „positivistischen” Ordnungslehre ist nach den „Wurzeln der Institutionen” zu forschen. Auch der Zusammenhang wird gesehen: die Institutionen bilden eine „große Stufenfolge”22, je nach Existentialität, von der Kirche herab über „sehr verschiedenartige Zwischenstufen” (wie z.B. den Staat) bis zum bloßen Konsensualvertrag. Der qualitative Unterschied zwischen der den ganzen Menschen erfassenden personalen und der nur Teilaspekte realisierenden transpersonalen Institution wird erst später hervorgehoben23.
Nicht alles von diesem weit ausgreifenden Entwurf geht in die (Statik und Dynamik) verbindende „Institution als Vorgang” ein. Dieser Begriff erscheint zuerst in der Institutionsdiskussion um die Ehe24. Der
19) NRE 13, 34, SS 10; anders zu Recht und
Macht FS Wendland 136.
20) NRE 14 ff., 25 f., 32, 37, 40, 62 (5.); sie
erscheint nur negativ: NRE 35-37.
21) Erstere sind religionssoziologisch in der
Schöpfung, soziologisch in der Macht, juristisch (und
theologisch) im Status begründet; letztere entsprechend im Bund,
Kampf und consensus, NRE 58 in einer gewissen Spannung
zu oben bei A. 19. Auch die bekannte Tönniessche Unterscheidung
zwischen Gesellschaft: und Gemeinschaft wird eingearbeitet,
ebenso diejenige G. van der Leeuws zwischen Bund und Gemeinschaft
(vgl. van der Leeuw PhdR 270 ff.), NRE 47 ff., 58 ff. Die
Beiziehung der Theologie, der Religions- und allgemeinen
Soziologie entspricht dem schon früher entwickelten Programm (GRE
9 ff. [1946], 21 ff. [1947]).
22) NRE 41 f., 57; „Hierarchie” NRE 57, 59; der
Hierarchie-Gedanke ist aufgegeben Mischehe 181, wohl nach dem
Gespräch von Hemer, RuI 67, wegen der drohenden Nähe zum
katholischen ordo!
23) Der Sache nach in NRE 53, Hochland 1953/54 349
(vgl. MuS 77 f.: personaler Status — funktionale
sekundäre Ordnungen); der Bezeichnung nach in MuR 199 im
„Bericht”: transpersonaler Staat; vgl. auch MuS 78; schließlich
systematisch in ÖR 1958 18 ff.
24) FamR 126 f., 132 f.; sachlich vorbereitet ist er
in den Forschungen über Verlöbnis und Trauung.
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hier ebenfalls einschlägige „Status”, der ebenfalls eine lange Entwicklung mitgemacht hatte, verbindet sich mit dem „Vorgang”: Im Vorgang der Institution führt der Akt (der Annahme eines Status) in einen Status. Akt und Status gehören zusammen.
In „Das Problem des Naturrechts” wird die Absonderung gegenüber den „Ordnungen” weitergeführt. Die „Wurzel” der Institutionen wird in den Grundbezügen entdeckt. Damit kann die Institution an der ganzen Heilsgeschichte teilhaben25.
Im „Recht der Gnade” gelingt nun die Synthese der Institutionen mit der Gnaden- und Rechtslehre: Die Institution ist die Klammer zwischen Recht und Gerechtigkeit, Status- und Zweckrecht, nunmehr: Gnaden-und Gerechtigkeitsrecht26. Die in „Recht der Gnade” begonnene Anwendung der Institutionentheorie auf die Kirche wird in „The Church as Koinonia and Institution” 1963 weitergeführt. Der Artikel „Institution” im Evangelischen Staatslexikon bringt eine Zusammenfassung und Weiterbildung des bisher Erreichten.
Besonders in der evangelischen Theologie ist die Institutionsvorstellung das „negative Tabu”, das „traditionelle Schreckbild”, geboren aus der Angst vor der „Institution Kirche”. Auch in der katholischen Theologie steht es nur vordergründig besser. Was sind die Gründe in der evangelischen Theologie? Im Hintergrund stehen die unbewältigten Erfahrungen, die zur Reformation geführt haben; aber auch der gemeinchristliche Spiritualismus. Dazu kommt, daß „meist . . . die römische Kirche als die vollendete Institution schlechthin (erscheint), die mit
25) Vgl. NRE 34 f., 42, 199 ff.; GRE
77 ff., 80 ff.; RuI 62. Der Hergang ist etwas
vereinfacht; in FamR 126 f., 132 f. werden „consensualer
Rechtsakt” und „konstitutive Publizität” zum zweiaktigen Vorgang
(i.w.S.) verbunden, ebd. 127 durch „Akt und Status” und in RdG
902 ff. (= teilweise Übernahme von FamR 132 ff.) durch „Vorgang
(i.e.S.) und Zustand” ersetzt.
26) RdG 908 u.ö., dazu MuR 201, MuS 40 f., 48. — Ob
die Institution im RdG bereits in eine allgemeine Rechtslehre
ein- und untergeordnet wird, wofür etwa ein Blick in das
Inhaltsverzeichnis spräche, kann noch nicht entschieden werden. —
Ergänzend s.u. 618 ff. 621 ff.
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einem Gemisch aus Furcht, Ablehnung und Bewunderung betrachtet wird”. All dies führte zu einem Zerrbild des Institutionsbegriffs27.
„Institution” wird entweder „vulgär” als nur formaler Rahmen, meist auch noch als geist- und lebensfeindlicher, verhärteter, von allen Bezügen abstrahierter Apparat verstanden28. Wenn es gut geht, ist sie verfügbares Werkzeug, Mittel zum Zweck29, objektiviertes Gefüge, statisches Element, das allenfalls „ὡς μή” gebraucht werden kann. Wenn es nicht gut geht, ist sie eine dämonisch-faszinierende Macht, die als ein in dieser Weltzeit unvermeidliches Übel im Zaum gehalten werden muß30.
Das bedeutet, daß die Institution von ihrem Mißbrauch her ausgelegt wird. Ihr Wesen kommt nicht in den Blick. Juristisch heißt das: Sie wird mit der Anstalt verwechselt31.
So tritt die Institution fälschlich auf die Seite des (theologischen) „Gesetzes”, das die individuelle Freiheit des Christenmenschen zu ersticken droht. Sie ist die verwerfliche Sicherung, die den Glauben tötet. Eine traditionell anti-institutionelle Theologie der Gnade verstärkt diese Tendenz 32.
Das ist nur möglich auf Grund einer falschen Anthropologie. Sie zeigt sich im Bereich der Institution in der verbreiteten Gegenüberstellung
27) FamR 132, MuS 90, RdG 86 f., 195, 895, 898,
926 f. Aber auch K. Marx, M. Weber, K. Mannheim sind Gegner der
Institution, insofern sie das „Ausgeliefertsein an
institutionelle Mächte” betonen, RdG 899. — Die
Kanonistik verwendet zwar vielfach den
Institutionsbegriff, steht seinem Wesen aber doch fremd
gegenüber, FamR 133, RdG 900, 923, 937 A. 45. Sie setzt ihn
positivistisch voraus, RdG 923 (z.B. Y. Congar; gegen die
Trennung von Institution und Gemeinschaft mit Recht K. Mörsdorf
z.B. FS Schmaus II 1435) und vermischt ihn mit der
transpersonalen Institution, RdG 931 (3.), letztlich weil das
Wort Gottes nur als Gesetzgebungsakt gesehen wird, RdG 923; die
katholische Soziallehre sieht die Institution allein von ihrem
Zweck her und vergißt so ihre existentielle Bedeutung, EltR 76
(2.). — Diese Kritik ist berechtigt, da die katholische Lehre von
der Institution sich einseitig auf die soziologische Diskussion
stützt und es mit ihrer naturrechtlichen (bei der Kirche: mit
ihrer gottesrechtlichen) Stiftung bewenden läßt, vgl. statt
vielem N. Greinacher in: HPast 1415-448.
28) NR 204, FamR 133, ÖR 1958 13, RdG 895, 898 (H.
Thielicke, D. Bonhoeffer), 903.
29) NR 204, RdG 895 ff. (H. Wehrhahn, W. Maurer). —
Ebenso übrigens J.Messner 428 als Vertreter der katholischen
opinio communis.
30) RdG 898 f., 912 ff.
31) ÖR 1958 17, RdG 72 (H. Wehrhahn), 195, 898 (E.
Stammler, vgl. 78, 193), 920. Zur Anstalt als „transpersonaler”
Institution s. u. 579 ff.
32) ÖR 1958 18, RdG 195 (7.), 898 f., 901 f., 913,
917.
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von (absoluter) Person und Institution33; von Subjekt und Objekt also34, Außen und Innen, Form und Inhalt, Akt und Sein; in falschen Entgegensetzungen wie Institution und Wort, Institution und Dienst, Institution und Funktion. Kurz: der negativ verzerrte Begriff wird mit inkommensurablen Gegenbegriffen versehen35.
Selbst wo man die Institution positiver wertet, verfällt man der Versuchung „begrifflichen Denkens”, was aber erkenntnistheoretisch nicht angeht. So erörtert z.B. W. Maurer nicht das Problem des instituere, sondern nur seine Legitimität; J.L. Leuba vermeidet es zwar, zur Dualität von Institution und Ereignis einen Oberbegriff zu bilden, setzt aber einen ungeprüften Institutionsbegriff thetisch voraus, ebenso J. Heckel; K. Barth überbetont das Ereignis und zerstört so die Dualität, J. Ellul schließlich läßt die Institution ohne theologische Begründung36.
33) RdG 86 f. A. 38 (E. Brunner), 895 (H.
Thielicke), 913, 935 A. 32 (E. Kinder), 912 ff., 931, FamR 132
allg.
34) RdG 895, 900; wenn das Subjekt (Person) betont
ist, wird die Institution zum notwendigen Übel; wenn das Objekt
(Institution), wird sie zum Dämon: RdG 912.
35) FamR 132, ÖR 1958 17, RdG 896 ff. (W. Maurer), 912
f. Dabei ist die Funktion als wertneutral oder positiv, die
Institution negativ vor-verstanden (RdG 898 f.). — Vgl. J.
Messner 428 i. V. m. 657: Institutionen sind Mittel zur Erfüllung
von Funktionen der Gesellschaft.
36) NRE 41, RdG 894 ff.; zu J. Ellul NRE 3 ff., EltR
74 (2.); ebenso Ernst Wolf RuI 24 f.; W. Maurer RdG 896 ff.; J.L.
Leuba RdG 895, 901; K. Barth RdG 895 f., 901, 935 A. 25, das
Moment geschichtlicher Vermittlung fehle und die Spannung
zwischen Institution und Ereignis werde aufgelöst, RdG 46-49,
332, 901 (dazu K. Barth 1956 25 „die biblisch gesicherte
Reihenfolge evenement-institution” einerseits, OdG 18
[gegen E. Brunner] andererseits); J. Heckel RdG 896, aber zu
Unrecht, s.o. 227 f.; und E. Stammler RdG 898 f. — Außerdem wären
z.B. zu nennen: H.H. Schrey (Kirche als Institution und Verein,
FS Wendland 170-185); er nimmt teilweise die Anregungen des
Institutionengesprächs auf, unterscheidet aber unter
soziologischem Gesichtspunkt zwischen Institution und Verein als
konstitutivem ekklesiologischen Dualismus, u.a. gegen K. Holl (II
44-67), der angeblich zwischen institutioneller Kirche des
Judentums und spiritualer Kirche des paulinischen
Heidenchristentums differenziert habe (aber: Holl sprach von der
Jerusalemer Gemeinde als Anstalt, nicht als Institution; er
betont, daß anstaltliche Elemente auch in die spirituale
Konzeption Pauli übernommen worden seien! Holl II 54, 62 f.). —
Ferner R. Wittram (Bedeutung und Gefahren des Institutionellen in
der Kirche, MPTh 1965 257 ff., 265): „Institution, eine jener
ambivalenten Einrichtungen, die zwar überpersönlich und
versachlicht, immer aber auch der Verantwortung von Menschen
anvertraut sind . . .”. — Zu J.L. Leuba s.u. 607; vgl. nun auch
P. Althaus (s. oben 18719). — Positiv entwickelte
Ansätze Do.s weiter W.-D. Marsch (unter Rezeption u.a.
marxistischer Gedanken [bes. E. Blochs]) und T. Rendtorff 1966,
freilich mit wesentlichen Divergenzen. — Zur Kirche als
„Institution zweiter Ordnung” „gesellschaftskritischer Freiheit”
vgl. J.B.Metz 1968 107 ff. 122 ff. (unabhängig vom
EKD-Gespräch).
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Die Kritik der herkömmlichen Abwertung der Institution ergab als deren Wurzel eine falsche Anthropologie. Entsprechend ruht, positiv gesehen, die Institutionentheorie auf der theologisch begründeten Anthropologie1, wie sie eingangs geschildert wurde.
Im einzelnen handelt es sich bei den hier zunächst beizuziehenden theologischen Aussagen um die Trinitätslehre, verbunden mit der analogia relationis K. Barths, sowie um das theologische Verständnis der Geschichte.
Der Ausgangspunkt zum Verständnis der Institution ist die trinitarisch geprägte und in Christus erhellte Relationalität des Menschen: Gott hat den Menschen in Bezüge „eingesetzt”. Daraus folgt seine „Institutionalität”. „Die Institutionalität . . . als eine Kategorie sozialen und geschichtlichen Seins” ist als Existential anzusprechen; sie ist die relationale „Grundverfaßtheit” konkreter geschichtlicher Existenz. Institutionalität und Relationalität sind also nicht das gleiche. Zugleich ist die Institutionalität die anthropologische Grundlage der Einzelinstitutionen; denn die Institution ist die „Form” der Relation, „Vorgang” und Verfaßtheit des Vorgangs in einem.
Gott bedient sich der Institutionalität nicht weniger als der Logos der Sprache: In Christus hat er die menschliche Institutionalität auf sich genommen2.
So löst sich die vieldiskutierte3 Streitfrage nach der göttlichen „Stiftung” der Institutionen, die beachtlichen exegetischen Schwierigkeiten
1) RuI 62.
2) RdG 901, 908, 925, EStL 799 f., dazu unten 574
ff.
3) In der evangelischen Diskussion werden die
Institutionen teils als nur-mensch-liche „Einrichtung”, teils als
infralapsarische „Erhaltungsordnung” trotz und wegen der Sünde,
teils als supralapsarische „Schöpfungsordnung” betrachtet (etwa
P. Brunner 17-19) und damit in den beiden letzteren Auffassungen
ihr göttlicher Ursprung („Stiftung”) implizit bejaht. Dabei wird
durchgängig nicht zwischen Institutionen verschiedener Qualität
unterschieden, sondern nur vor ihrer Entartung gewarnt. Eine
Änderung bahnt sich unter soziologischem Einfluß an. Dagegen wird
die Institution der Erlösungsordnung (Kirche) aus den oben
erwähnten Gründen übergangen, von wenigen Ausnahmen abgesehen
(vgl. oben A. 36 und vor allem „Hemer” These 3 [RuI 71]).
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begegnet. Dombois bejaht zunächst, daß es sich um göttliche Stiftung handle. Aber es ist eine indirekte Stiftung: Sie ist in der Schöpfung des bezughaften Menschen notwendig enthalten als seine „Institutionalität” und kann, wie die Relationalität, durch die Sünde nicht völlig zerstört werden4. Gestiftet ist die Institutionalität, nicht die Institution.
Weil die Institutionen im Wesen des Menschen verankert sind, teilen sie seine Geschichtlichkeit und sein Schicksal durch die Heilsgeschichte. Sie haben teil an Fall und Erlösung, sind also sowohl supra- wie infralapsarisch. Auch das heilsgeschichtliche Geschehen vollzieht sich in institutionellen Vorgängen. Damit ist schon die institutionelle Theorie der Kirche begründet, wie noch ausführlicher gezeigt werden muß. Dann wird auch die christologische Sicht der Institutionen hervortreten.
Es erklärt sich auch ihre Dauer in der Geschichte, ihr rätselhaftes Beharrungsvermögen: Sie sind gegründet im Wort Gottes, nicht in einer vordergründigen soziologischen Gegebenheit. Und weil sie auf dem Worte Gottes aufruhen, haben sie eine „Bildfähigkeit” auf Christus hin5.
Dies gewährleistet dem Juristen die Unverfügbarkeit der Institutionen. Sie können deshalb nicht gänzlich beseitigt oder aufgehoben
4) ÖR 1958 15 allgemein, RdG 919, 929 für die
Kirche, RdG 920 für die „weltlichen” Institutionen, RdG 929: aber
nur sofern sie „personale” Institutionen sind, was für RdG 933
u.a. zu beachten bleibt. Die Ableitung aus dem 4. Gebot (d.h.
hier: aus der lutherischen Dreiständelehre) lehnt Do. ab, RdG
919. — FamR 139 wird die Schöpfung (mit K. Barth!) als
Bundesschluß Gottes mit dem Menschen gedeutet: Er ermöglicht die
Kommunikation überhaupt und damit die Institutionen. Deswegen hat
es wenig Sinn, „biblizistisch” nach formellen Stiftungsakten in
der Offenbarung zu suchen. Vielmehr „schafft (Gott) Tatsachen,
die sich auf den Menschen beziehen, ihn in Anspruch nehmen, und
damit zugleich ihm Lebensmöglichkeiten eröffnen, die er ergreifen
kann und soll”, RdG 927 f. — In den Ausdrücken „Stiftung”,
„göttliche Anordnung” (Barmen, 5. These), „Mandate” (D.
Bonhoeffer) sieht Do. mehr oder minder geglückte Versuche, dieses
Phänomen begrifflich zu fassen. Anders noch EltR 76 (1.)
„Ergebnisse eines speziellen Aktes göttlicher Setzung und
Anordnung”; ähnlich ÖR 1958 15.
5) NR 204, RuI 62, FamR 139 f., RuI 62, FuK 29, ÖR
1958 15, RdG 195 (8.), 922 nach der von G. Gloege verfaßten (RuI
62) These 4 aE. des Hemerschen Gesprächs (RuI 72), 924; zum Staat
MuR 102 f., EltR 83 f.; auch der Dekalog enthält institutionelle
Vorgegebenheiten und ist insoweit auch heute von Belang, Strafe
170 f. (dazu wieder den Tagungsbericht RuI 63 und ebd. 72 These 6
d).
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werden, obwohl sie der ständigen Konkretisierung durch den Menschen bedürfen. Selbst bloße „Benützung” als handhabbares Mittel (das also auch wieder zur Seite gelegt werden kann) ist nicht möglich6.
Gleichwohl unterliegen sie, wie der Heilsgeschichte, so auch der allgemeinen Geschichtlichkeit mit ihrer Dialektik von Chance und Abfall. Sie sind in weitem Umfang veränderlich, zum Guten wie zum Bösen, — also auch der Gefahr der Verhärtung ausgesetzt7. Dies wird durch die Soziologie bestätigt.
Die Ergebnisse der soziologischen Institutionenforschung A. Gehlens1 („eine der bedeutsamsten Leistungen gegenwärtiger deutscher Philosophie”)2 und H. Schelskys sind für Dombois eine wichtige Bestätigung und Ergänzung seiner juristischen Institutionentheorie; denn die Forschungen der anthropologisch orientierten Soziologie haben erwiesen, daß die theologische Institutionskritik ihr „Thema verfehlt”, ihren Gegenstand gar nicht getroffen hat. Die Institution ist nicht ausschließlich das alles verzehrende Ungeheuer. Sie ist vielmehr „von
6) Hemer RuI 67, 72 (These 5 c), EltR 76 f., ÖR
1958 16, RdG 906, 927, 932. Darin liegt zugleich ihre
Existentialität, s.u. 576 ff.
7) NRE 13, FamR 133, MuS 97, 163 (These 23), ÖR 1958
18 f., RdG 903, 914 ff., 920 f., 924. Die Gefährdung ist immer
zweifach: Verrechtlichung und Verwilderung (OU 88, RdG 42).
Dieser Gedanke K. Barths wird von Do. vielfach und nicht nur für
die Kirche aufgenommen.
1) Dazu F. Jonas und R.-P. Calliess 1962 18 ff. — Der
juristische Institutionsbegriff ist
von Do. aufs ausführlichste herangezogen worden, was die Ehe (und
das Eigentum, in NRE und GRE auch, was das Sachenrecht) betrifft;
zum Staat und für die Institution überhaupt ist die
Integrationslehre R. Smends entscheidend wichtig; dagegen fehlen
bislang Untersuchungen über die juristische Person und, von
neueren Rezensionen abgesehen (ZevKR 1966/67), über die
kanonistische Ehelehre. — Im übrigen wirft der juristische
Begriff der Institution zusammen mit der Soziologie das
institutionelle Problem neu auf (ÖR 1958 15, RdG 897, EStL 798
f.), wobei der juristische Begriff enger (und präziser, RdG 925;
a. M. sind die Soziologen!, z.B. N. Luhmann 12 Anm. 14) ist als
der soziologische (und der kirchenrechtliche am engsten), RdG
925. Schließlich FamR 132 ff., RdG 902-909. Zur pädagogischen
institutio s.u. 598 71.
2) So in der Ankündigung von „Institution und Recht”
(oben 56311); „eine der größten Leistungen der neueren
deutschen Anthropologie”, R. Schnur in der Einleitung zu M.
Hauriou 1965 5.
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Natur aus” voll positiver Möglichkeiten, die allerdings der Entfaltung bedürfen3.
Geht man mit der modernen Anthropologie davon aus, daß der Mensch die instinktungesicherte, aber weltoffene „Frühgeburt” ist, dann bedarf er der Festlegung, um gemeinschaftlich existieren zu können. Diese Festlegungen sind die Institutionen. Damit ist der Mensch einerseits ihr Schöpfer, andererseits treten sie ihm gegenüber als relativ selbständige Macht auf; zugleich ist er durch die Sprache immer schon innerhalb des institutionalen Gefüges. Dombois ergänzt sinngemäß: Der Mensch macht, hier wie überall, aus seiner Not ein Kunstwerk, aus der Instinktungesichertheit — die Institution4.
Die Institutionen übersteigen damit den Menschen und sind ihm Halt und Aufruf: Die Institutionen sind die Formen, in die „eingewickelt” Inhalte die Einzelexistenz überdauern. In ihnen werden „hohe Gedanken und Entscheidungen” tradierbar. Forms are the food of faith. Zugleich bedarf es der Geister, die den „eingewickelten" Geist zu neuem Leben erwecken: Institutionen sind „Raum der Entscheidung und gesteigerter Verantwortung”5.
Damit werden die Institutionen zur „dauernden Möglichkeit geistiger Entfaltung”, zum „Appell von oben”, zur „chronischen Herausforderung”, sich ihrer innerlich zu bemächtigen. Werden sie mangels solcher verantwortlicher Annahme zur Last6, versteinern sie also, dann wäre es ein Irrweg, sie einfach abstreifen zu wollen; es gibt nur das Vorwärts positiver Weiterentwicklung7.
3) KuD 1957 74, RdG 897 f., 912 ff. — Do.
beruft sich für die theologische Relevanz der Aussagen Gehlens,
Schelskys (und des [in MuS 10 f.] ungenannt gebliebenen A.
Portmann) auf M. Greiffenhagen. Vgl. auch W. Pannenberg 1962 6
ff.; wichtige Ergänzungen bringt die amerikanische
Religionssoziologie der Gegenwart (zum Problem der Kirche).
4) MuS 10 f., FuK 32, ÖR 1958 14 f., RdG 909 ff.,
church 107 f. nach M. Greiffenhagen (zur Kirche!).
5) ÖR 1958 17 f., RdG 911 ff. mit A. Gehlen und H.
Schelsky, MuS 10 f. „Lebenshilfen zum Ausgleich der Unterbilanz
an Selbsterhaltungsvermögen”; „sein großer tradierbarer Besitz an
. . . Ordnungen ist also nicht verzichtbar, sondern konstitutiv
und lebensnotwendig”. Damit wird die spätere
traditio-Struktur des Kirchenrechts ermöglicht!
6) Auch durch „Überlastung des Instituts” (ZevKR 1956
54 f. wieder mit A. Gehlen, H. Schelsky).
7) RdG 911 mit M. Greiffenhagen.
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Die soziologische Institutionsforschung hat damit nicht nur den Irrtum der „Verfügbarkeit” der Institutionen ausgeräumt, sondern auch den entgegengesetzten Irrtum der „Metaphysizierung”. Untrennbar sind in der wirklichen Institution beisammen Form und Inhalt, Subjekt und Objekt, ja sogar Person und „Institution". Die Soziologie hat „die aufgeklärte wie die protestantische Kritik an der institutionellen Kirche . . . nun endgültig ad absurdum geführt”8.
Diese Ergebnisse kehren im folgenden bei der Institutionenlehre Dombois' wieder. Freilich verkennt er nicht, daß die unbedachte Übernahme der Soziologie ähnliche Gefahren heraufbeschwören würde wie die Übernahme des philosophischen Idealismus im vorigen Jahrhundert. Denn der Soziologie ist alles Institution, „vom Steinzeitbeil bis zur UNO”. So überdeckt sie zwar den ganzen Bereich der Daseinsvorsorge, kann aber als Erfahrungswissenschaft weder das anthropologisch-theologische Fundament in der Institutionalität zureichend berücksichtigen noch andererseits Grenzüberschreitungen vermeiden9.
Die theologischen und soziologischen Ansätze zu einer Theorie der Institution werden nun mittels der Anthropologie vertieft und erweitert. Alle bisher aufgeführten anthropologischen Grundbegriffe werden zu einer vollständigen „impliziten” Definition „komplementär” vereint.
Dabei gibt die „Relation” Auskunft über das Wesen und die Zahl der Institutionen (unten a); die „Existenz” zeigt ihre Sinnhaftigkeit,
8) RdG 87 A. 38, 899 f., 911 f. (Form und
Inhalt: A. Gehlen), 933.
9) ÖR 1958 14, RdG 909 ff., 925, 928, 931 f. mit M.
Greiffenhagen, EStL 979. — Der von der Soziologie neuerlich
festgestellte Institutionenabbau, der vielleicht schon
radikale Formen angenommen hat”, wird nicht mit W.D. Marsch als
notwendige Folge der Entgötterung durch das Christentum gedeutet
(RdG 919, 932 [„Institutionsverlust”]. Gemeint ist die zunehmende
Rückbildung der Institutionen in der Neuzeit seit der
Reformation, „Verkleinerung des Menschenbildes”, die
Primitivisierung ohne zureichende Gegenkräfte, RdG 913 mit A.
Gehlen und M. Greiffenhagen). Denn dieser Hypothese widersprechen
zwei Drittel der Kirchen(rechts)-geschichte, in der ein
„unvergleichlicher Reichtum an Institutionen” wuchs und blühte,
NRE 14, RdG 933. Do. gibt keine positive Sinndeutung dieses
geschichtlichen Phänomens, obwohl für ihn „große” geschichtliche
Prozesse immer auch positiv sind (negative Deutung: vgl. NRE
14).
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aber auch Bedrohtheit (b); die „Person” bringt eine erste Unterscheidung von „personaler” und „transpersonaler” Institution (c); die grundlegende Dualität von institutio und status wird als die Struktur der Institution erkannt (d), wobei das oben vermißte „integrierende Substrat” der Komplementarität sichtbar wird (d 1 d); zwanglos schließen sich hier so wichtige Einzelfragen an, wie das Verhältnis der Institution zu Tradition, Freiheit und Bindung (Verpflichtung). Der Themenkreis der Geschichtlichkeit (e) führt zur zweiten Unterscheidung von geistlicher und weltlicher Institution, damit zur „Institution Kirche” (unten 5).
Das geschichtliche Handeln in Beziehungen führt notwendig zu konkreten „Lebensformen”. Diese Formen (Gestaltungen) sind nichts anderes als die Institutionen. Institution ist die konkrete Form oder Verfaßtheit der Beziehung. Die Begründung liegt in der typischen Struktur des personalen Handelns, das sich notwendig auswählend und einordnend innerhalb der Bezüge bewegen muß. Darum kann man statt dessen auch sagen: Die Institution ist die typische Struktur geschichtlichen Handelns1.
Wegen der „normativen” Wirkung der so entstehenden Strukturen gehört die rechtliche Dimension notwendig zur Institution. Dombois nennt die Institution geradezu den „rechtlichen Ausdruck” der Relation, ihre „Verfassung”. Auch das ist in der Relationalität des Menschen grundgelegt2, denn die Institution steht wegen ihrer „Gemeinschaftlichkeit” gleichsam auf der Gemeinschaftsseite der Bezüge. Sie drückt den „öffentlichen Charakter” der menschlichen Existenz aus und
1) SS 3, FamR 137 ff., RdG 906 ff., oben 503
569 f. — „Institution” heißt bei Do. darum in (geschichtlicher)
Reihe 1. die „vorgegebene” (leere) Institution, in die man
eintritt; 2. der „Vorgang” des Instituierens
(institutio); 3. das Resultat des Vorgangs
(status), d.h. diese aktuierte Institution (4. ferner
die Institution als Genusbegriff, vgl. dazu FamR 133, church
109). Näheres im folgenden.
2) FamR 135, RuI 57, These 5 a ebd. 72, EltR 79, ÖR
1958 15, 17, RGG II 330, RdG 96, 905, 907 (3.) f. Daraus erwächst
dann folgerichtig die Verfassung im (materiellen) juristischen
Sinn, SS 23. Ähnlich, doch ohne die juristische Zuspitzung H.D.
Wendland KuD 1956 299 f., 302.
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ist darum wesentlich („konstitutiv”) öffentlicher Natur, indem sie dem Menschen eine Rechtsrolle (oder anders: seinen [Rechts-]Status) in der Gesellschaft zuweist. Fast zwangsläufig entsteht so aus Existenzbezügen institutionelle (Rechts-)Wirklichkeit3.
Was die Zahl der Institutionen anlangt, so gibt es — und muß es nach dem bisher Ausgeführten geben — so viele Hauptinstitutionen wie Grundbezüge. In der Tat entsprechen den drei bzw. vier Grundrelationen Gott — Mensch — Frau bzw. Mitmensch — Sache die drei bzw. vier wichtigsten Institutionen: die Kirche als die Institution in das Gottesverhältnis — sie genießt eine Sonderstellung unter den Institutionen —, die Ehe als das Verhältnis zum andern Geschlecht, der Staat als die Verfaßtheit der politisch-geschichtlichen Existenz (und als Inbegriff der Statusrechte), schließlich die Sachherrschaft („Eigentum”) als der Bezug zur beherrschten Welt4. Dagegen ist das Recht nicht selbst eine Institution5!
3) Dazu die wichtige Analyse der „Drittbezüge”
RdG 90-97; RuI 25, MuS 76, RdG 176, 931 (4.); z.B. die Rollen RdG
428 f., 779. — Zur Öffentlichkeit: RdG 264, 468; nicht nur der
„öffenlichkeitsanspruch”!, vgl. NRE 38-40; für die Ehe: FamR 120
ff., 132 ff., RdG 516; für das gottesdienstliche Handeln aus dem
Verkündigungscharakter die (nur beschränkte) Öffentlichkeit: RdG
363 f.; Öffentlichkeit ist nicht Publizität, CrE 24; die
Öffentlichkeit institutioneller Vorgänge folgt auch aus der
Eigenständigkeit der Institutionen, vgl. das Verhältnis
Kirche-Staat.
4) NR 204; zur Kirche MuS 97, RdG 894-939, unten 599
ff.; Ehe: NRE 14, Ehe, FamR, MuS 97, Mischehe, RdG 515, 660, 902,
908, 919 (entsprechend jeder statusrechtliche Kontrakt, RdG 904);
Staat: NRE 14, FamR 137, MuS 97, RdG 904 f., 907 ff.; Eigentum:
ebd. und Sache (dazu die Kritik an R.P. Calliess ZEE 1963
320-325) — die Institutionalität ist streitig, RuI 66. Ob der
Staat oder auch die Kirche „die” Institution für den
Nächstenbezug ist? Der Soziologe wird auch auf die vielfältigen
Gruppenbildungen innerhalb der Gesellschaft hinweisen; auch die
politische Gemeinde wäre zu berücksichtigen. Aber Do. hat die
Institutionenlehre nicht zu einer „Theologie der Gesellschaft”
ausgebaut (hierzu vgl. etwa T. Rendtorff FS Wendland 154 ff. und
H.D. Wendlands Arbeiten zu diesem Thema). — Ab church 110 f.
beruhen die Institutionen neben den Relationen auch auf den
needs bzw. Substraten (s.u. 588).
5) „Hemer” RuI 67 — obwohl Do. sagt, daß das Recht
Relation ist; sogar „Bezugsverfassung” nennt er es, RdG 37. Der
innere Grund ist, daß das Recht eine Dimension der Wirklichkeit
ist, die alle Relationen (und damit Institutionen) durchzieht. —
Zur Strafe als („negative”) Institution RuI 67, MuS 97, 163
(Thesen 22 f.).
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Da das System der Bezüge gottgestiftet, ihre Verbindung die menschliche Existenz ist, stehen auch die großen Institutionen nicht isoliert nebeneinander, sondern in Relation zueinander. Das ist der Ansatz für eine Antwort auf die viel erörterte Frage nach dem gegenseitigen Verhältnis der Institutionen6.
Auf diese Fragen näher einzugehen, würde zu weit führen. Nur so viel sei angeführt: Die Institutionen bilden weder einen hierarchischen Stufenbau, noch bestehen sie isoliert voneinander. Ihr Verhältnis entspricht vielmehr dem der Relationen. Sie sind einander zugeordnet in der institutionalen Existenz. Sie ergänzen und begrenzen einander, aber widersprechen einander nicht. So sind sie voneinander geschieden, weisen je eine spezifische Eigenart auf und hängen dennoch zusammen.
Überblickt man das Verhältnis von Relation und Institution, so sieht man ein doppeltes Geflecht von Beziehungen. Beziehungen münden in Institutionen, und Beziehungen verbinden Institutionen. Die menschliche Existenz realisiert sich geschichtlich in einem relational-institutionalen Gefüge. Die Wirklichkeit ist institutionell verfaßt7!
Existenz und Institution sind untrennbar8. Dies läßt sich sowohl an der Institutionalität der Existenz wie an der Existentialität der Institution sehr schön zeigen.
Der Existenzvollzug führt unweigerlich zur Institution. Der Mensch kann nicht umhin, in den Beziehungen zu Gott, Frau, Mitmensch und
6) MuS 154 für die Statusrechte, EltR 90
allgemein; vgl. RuI 65 f. „Institutionentafel”; die
offengelassene These 6 c (ebd. 72; EltR 75) wird damit auf die
Anthropologie reduziert; FamR 132 f., RdG 903 zum „Standort” der
Institution. Näheres zum Verhältnis der Relationen findet sich zu
Kirche und Staat (zuletzt RdG 1019 ff.), Ehe und Kirche, Ehe und
Staat (nach der Sohmschen Unterscheidung von Eheschließung und
Trauung, in Ehe, FamR, Mischehe; ferner anhand des Elternrechts,
EltR 73 ff. [78]).
7) Meth. 343, SS 22, ZevKR 1956 50, MuS 151, EltR 76
(1.), RdG 515, 925, 928, zur „Hierarchie” s.o. 56522.
Rechtsfolge: Pflicht zur Kooperation (EltR 99, Mischehe 181), zu
„bundesfreundlichem Verhalten” (Strafe 167, RdG 876 mit Hinweis
auf R. Smends Integrationslehre) und das Verbot der
Grenzüberschreitung (s.o. 570 f. „Unverfügbarkeit”).
8) EltR 76 (2.), RdG 908.
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Sache zu leben. Dieses Leben ist aber stets ein geschichtliches Geschehen mit einer bestimmten Struktur, die beim Gottesbezug naturgemäß anders ist als etwa beim Geschlechterbezug. Diese Struktur bildet die Vollzugsgestalt der Bezüge, was aber dasselbe ist wie die Institution oder wenigstens ihr Kern. Die Institution ist die Lebensform der menschlichen Existenz; nicht nur, weil sie aus dem Existenz Vollzug entsteht, sondern auch umgekehrt, weil sie die Existenz trägt und erhält. Denn die wesentlichen Existenzentscheidungen können nur Bestand haben, wenn sie sich in institutioneller Form ausprägen. (Man vergleiche Ehe und Konkubinat!) Darum konnte oben die Institutionalität als die relationale Grundverfaßtheit der menschlichen Existenz bestimmt werden. Und weil der Mensch in einer Mehrheit von Bezügen und Institutionen existiert, folgt hieraus die „institutionelle Mehrdimensionalität” menschlicher Existenz9. Man darf also zusammenfassen: Die Institution ist ein Existential des Menschen.
Diese innere Zusammengehörigkeit von Existenz und Institution zeigt sich auch auf der Seite der Institution. Im Entstehen und Bestehen trägt sie „existentiellen Charakter”.
Die Institutionen stehen nicht fertig bereit. Sie „entstehen” nicht nur aus existentiellen Akten, sondern werden auch in ihrem „Bestehen” fortwährend durch existentielle Akte erhalten, erweitert oder abgebaut. Es „gibt” sie nicht unabhängig vom Existenzvollzug.
Da die Institutionen die Lebensformen der Bezüge sind, beziehen sie sich auf das, „was den Menschen unbedingt angeht”. Sie zielen darauf ab, „den Menschen in seiner Ganzheit” zu erfassen und anzufordern. Dieser „Tiefgang” der Institutionen schließt es nicht nur aus, sie als bloßes Mittel zu gebrauchen; sie haben auch eine umfassende „Existenzbindung” mit einer Fülle von Einzelverpflichtungen zur (rechtlichen) Folge10.
Aus der doppelten Existentialität der Institution folgt ihre Sinnhaftigkeit: Sie bietet dem einzelnen die Möglichkeit, die Grundbezüge
9) EltR 93, Mischehe 181, RdG 916; OU 73 für
kirchliches Bekennen!
10) NRE 57, EltR 76, ÖR 1958 16, RdG 906-909, 917, 919
ff., 932; nicht existenzphilosophisch!, oben 488 f., gegen W.
Schweitzer RGG VI 164 f.
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„ordnungsgemäß” zu realisieren. Wegen der Einheit von Person und Sache (= Institution!) wirkt die „ordnungsgemäße” (also verantwortliche) Realisierung der Bezüge zurück: Die Institution formt, prägt und erhält den Menschen. Damit ermöglicht und bewahrt die Institution die schöpferische Erfüllung des einzelnen wie das Leben der Gemeinschaft. Da sie als geformte Relationalität sogar selbst Gemeinschaft stiftet, läßt sie den einzelnen die ihm als Individuum gesteckten Grenzen überwinden11.
Trotz oder vielmehr wegen ihrer Existentialität ist die Institution ambivalent. Die Soziologie hat gezeigt, daß sowohl die völlige Beherrschbarkeit der Institution durch den Menschen wie die völlige Unterjochung des Menschen durch die Institution irrige Annahmen sind. Ihr Aufbau ist eine schwere Kunst, ihre bewußte Pflege ist sowohl existentiell notwendig als auch Zeichen hoher Kultur, würdig der Bemühung der Besten; umgekehrt zerfällt sie, wo sie nicht mit Verantwortung übernommen und weitergebildet wird, und wird zur Bedrohung für den Menschen. Je nachdem ermöglicht oder versperrt sie Leben. Sie steht stets zwischen Chance und Abfall. Rechter Umgang mit der Institution ist letztlich Glaubenssache12.
Mit dieser existentiellen Auffassung stellt sich Dombois bewußt gegen die landläufige Meinung, die die Institution vom Zweck oder der Funktion her sieht. Freilich sind die Institutionen nicht gleichermaßen bedeutsam, nicht gleichrangig. Darum entscheidet die Existentialität der Institution über ihren Rang. Nimmt man die Relationalität hinzu, so erkennt man, was ihre Existentialität ausmacht. Je „mehr” an Relationalität in ihr Gestalt gewonnen hat, desto lebensnotwendiger und
11) RdG 651 (Ehe), 908 f., 911, 913, 927 f.
„Sinn” (bzw. Telos) und „Zweck” (bzw. Funktion) der Institution
sind also zu unterscheiden (RdG 909, 912).
12) RdG 155 A. 2, 899 f.; vgl. RdG 910 f.: Institution
als Kunstform (vgl. Burckhardts „Staat als Kunstform”). Vgl. FamR
133, RdG 903: man muß das Haus (der Institution) mit Leben
erfüllen, sonst verfällt es; RdG 902: weil die Institution immer
auch abstirbt, muß die neue Institution beständig von der alten
„gereinigt” werden (semper reformanda!).
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darum existentieller ist sie. Je totaler der Mensch in ihr seine Existenz verwirklichen kann, um so höher steht sie. Damit ist ein wichtiges Kriterium zur Gliederung der institutionellen Wirklichkeit gewonnen13.
Aus der menschlichen Relationalität folgte die Institution als Bezugsverfassung, aus der menschlichen Existentialität die Sinnhaftigkeit, aber auch Ambivalenz der Institution. Die Personalität des Menschen schließlich führt zur Erkenntnis, daß jede einseitig „sachhafte” oder „funktionale” Interpretation der Institution schon im Ansatz verfehlt ist. Freilich setzt diese Einsicht die Kenntnis der „Struktur” der Institution voraus; vor allem muß zunächst die „transpersonale Institution” vorgeführt werden.
Um das Gesamt der gegenwärtigen institutionellen Wirklichkeit erfassen zu können, unterscheidet nämlich Dombois zwischen „personaler” und „transpersonaler” Institution14. Die personale Institution verfaßt den Menschen als ganzen. Sie beruht auf den Grundbezügen. Die transpersonale Institution dagegen ist nicht göttlich gestiftet; sie realisiert nur Teilaspekte menschlichen Existierens, wie etwa ein Verein. Sie ist deshalb nur Mittel zu einem Zweck, den man genau bestimmen kann15.
Man darf also Institution und transpersonale Institution nicht gleichsetzen, wie dies gemeinhin geschieht. Eine mächtige geschichtliche
13) RdG 905,917 ff.; vgl. FamR 135 ff., ferner
anschließend zur transpersonalen Institution. Das Kriterium der
Existentialität ermöglicht es, die unterschiedlichen
soziologischen, juristischen und kirchenrechtlich-theologischen
Institutionsbegriffe aufeinander zu beziehen, RdG 925. So auch
These 5 d (RuI 72, 67).
14) So meist, z.B. RdG 916 ff. (im folgenden abgekürzt
pI bzw. tpI). Statt dessen auch personale bzw. „funktionale”
Institution, RdG 371, church 105; Institution „erster” bzw.
„zweiter Hand”, FamR 138 f., RdG 906; „primäre" bzw. „sekundäre”
Institution, z.B. RdG 695, 783 (oben 575 auch „Hauptinstitution”
für die pI). — Die Unterscheidung stammt, wie Do. selbst andeutet
(RdG 783, church 115), aus dem Bereich der Soziologie. H. Freyer
79 ff. behandelt die „sekundären Systeme”, ihre Bezeichnung als
„transpersonal” findet sich bei G. Radbruch (RPhil 152 ff.), der
selbst auf die Unterscheidung zwischen
institution-personne und institution-chose der
französischen Institutionentheorie (M. Hauriou) und darauf
hinweist, daß letztere im Dienste ersterer (!) steht (ebd. 152 A.
2).
15) FamR 138 f., RdG 371, 897, 906, 909, 918 f.,
church 105.
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Entwicklung zur transpersonalen Institution verleitet freilich dazu. Bis ins hohe Mittelalter hinein gab es nur personale Institutionen; Person und Sache sind noch nicht getrennt, sondern ein lebendiges Gefüge16. Dann aber kommt der Mensch der Neuzeit: Er versteht sich als autonomes Subjekt, dem die Institution als Objekt gegenübertritt. Institution löst sich von der Person. Sie wird zum „Es”. Die personale Institution wird „sekundär überformt” zur transpersonalen Institution. Der Mensch in ihr ist nicht mehr personale Rolle in einem Gesamtgefüge, dieses konstituierend, sondern untergeordnetes Organ zur Erfüllung institutioneller Funktionen. Die Institution wird schließlich selbst funktionale Form, also zweckhaft-rational überformt und ausgerichtet17.
Die entpersönlichte Institution tendiert nun in zwei Richtungen. Entweder will sie eine „Idee” „verwirklichen”, als ihr Mittel; dann wird sie zur ungeschichtlichen „Anstalt”. Oder sie wird zur Körperschaft, zur Organisation, dem verfügenden, planenden Zugriff unterworfen, dem immer mehr vorherrschenden Typ des Verkehrsrechtes entsprechend18.
Beide Formen der transpersonalen Institution haben mit der personalen Institution noch weithin die Struktur gemeinsam; aber ihre Existentialität ist geringer, weil sie, von den Bezügen gelöst, verfügbar geworden sind. Darum ist auch ihre Rechtsstruktur labiler. Die Folgen
16) ÖR 1958 18, RdG 906, 926 f.; Do. führt das
für den Staat aus: Die Institutionen sind konkret dadurch
charakterisiert, daß sie so sehr mit der Person des Amtsträgers
verbunden sind, daß dessen Tod zwar nicht die Institution völlig
aufhebt, daß aber deren Kontinuität durch Neuinstitution des
Amtsträgers, also durch personalen Rechtsakt, aktiv fortgesetzt
werden muß (ÖR 1958 19, RdG 915 f.). Vgl. die Hinweise aus M.
Heckel und E. Hassinger für den mittelalterlichen Staat RdG 936
f. A.40/41: Imperium . . . ut accidens inseparabile
Imperatoriae Maiestati inhaeret; Übergang vom
„Personenverbandsstaat” (Th. Mayer) zum „institutionellen
Flächenstaat”. Für die Kirche vgl. die Hinweise auf das den
Reformatoren so anstößige altertümlich-„personale” kirchliche
Finanzwesen, RdG 926, 937 A. 46.
17) Hochland 1953/54 349, MuS 77 ff., RdG
371, 783 f., 927, 931 (4.). Beginn ab dem 12. Jh.: MuS 90;
Zusammenhang mit Spiritualisierung: ebd., und mit
Subjekt-Objekt-Spaltung: RdG 915, 918, 931; souveräner Staat,
Konsensehe, absolutes Eigentum, Schuldstrafe, körperschaftliches
Kirchenverständnis, Vordringen der absoluten Ordination sind die
Folgen davon (MuS 90, ÖR 1958 19, u.ö). Eine gegenläufige
Entwicklung ist die Ausbildung nachgeordneter presbytergeleiteter
Gemeinden RdG 783 ff.
18) RdG 906, 916 f. u.o. 56731.
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sind drohende Anarchie, Auseinanderfall der nunmehr institutionell ungeborgenen Beziehungen, damit Gemeinschaftslosigkeit. Der Vereinseitigung antworten der Protest des Individualismus und der des existentialistischen „Personalismus”, die beide aus der Institution auszuziehen versuchen, natürlich ohne dem Übel steuern zu können19.
Ist denn die transpersonale Institution ein Übel? Ja und nein. Ja, insofern es nicht geschehen darf, daß die transpersonalen gänzlich die personalen Institutionen überfremden; die personalen Institutionen sind so tief anthropologisch verankert, daß stets ein Mindestbestand vorhanden sein muß, wenn nicht der Mensch selbst gefährdet sein soll: die Bezüge selbst werden verzweckt, d.h. aber entpersonalisiert und damit zerstört. Aber gleichwohl nein!; denn auch die transpersonalen Institutionen haben ihr relatives Recht. Sie sind Ausformungen der Institutionalität des Menschen, insofern sie untergeordnete Zwecke institutionell verwirklichen.
Also keine Trennung in „gute” und „weniger gute” Institutionen! Vielmehr geht es um das rechte Verhältnis beider. Personale und transpersonale Institution verhalten sich wie Person und Sache, Person und Funktion. Sie sind untrennbar. Es gibt keine personale Institution ohne „sachhafte” transpersonale Institution, so wenig wie „personale” Entscheidung ohne sachlichen Gehalt.
Freilich können sich transpersonale Institutionen organisatorisch verselbständigen, wie es seit dem Mittelalter in großem Maßstab (und darum mit geschichtlicher Notwendigkeit) geschieht. Doch wo die Zu-und Unterordnung zu den bzw. unter die personalen Institutionen zerstört wird, ebenso wo der in jeder transpersonalen Institution vorhandene personale Kern versachlicht oder ausgeschieden wird, dort handelt es sich um folgenreiche Fehlentwicklungen, die „nach vorn” durch neue Gestaltungen überboten werden müssen.
Demnach müssen zunächst die personalen Primärstrukturen gepflegt und voll ausgebildet werden; die sekundären transpersonalen sollen in diesen Rahmen gefügt werden. Die bewußt durchgehaltene personale
19) RdG 905, 909, 917 f. Rechtsfolge der geringeren Existentialität: Die aus der Institution folgenden Verpflichtungen (vgl. Ehe!) sind nicht mehr weithin vorgegeben, sondern in weitem Umfang veränderlich (vgl. Gesellschaftsrecht! — zu ergänzen: und bedürfen der Festlegung).
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Institution ermöglicht die legitime transpersonale Institution als Antwort auf die vielfältigen organisatorischen Notwendigkeiten des modernen Lebens.
So können dann transpersonale Institutionsformen in, aus und neben personalen Institutionen bestehen; funktionale Formen und Zwecke haben so ihren legitimen Platz innerhalb und außerhalb personaler Institutionen20.
Der Rückbezug der Institution auf die Anthropologie führt zu einer umwälzenden Entdeckung. Es ist die Einsicht, daß — vereinfacht gesagt — die Entstehung der Institution in den Begriff der Institution aufgenommen werden muß. Wenn nämlich die Institution „Bezugsverfassung” ist, dann weist sie auch die typische Struktur der Bezüge auf, und aus demselben Grund ist sie auch unaufhebbar und unverfügbar. Diese Struktur ist zweiaktig, weil sie zugleich die Struktur jedes personalen Handelns ist, und sie ist unumkehrbar, weil sie geschichtlichem Handeln entstammt. Diese unumkehrbare Doppelstruktur ist schon bekannt; es ist der Zweitakt von Aussonderung und Einordnung. Hier liegt der Kern der Institution21 und damit der Kern der Institutionslehre Dombois’.
20) RdG 371, 916-919, 925, 927 ff. Die Lösung
des Problems pI-tpI im Text ist eine Verallgemeinerung der
Ansätze in church 105, 115 f. (i.V. mit oben 496 ff. 553 f. zu
Person und Sache, Person und Funktion, sowie unten 602 f.) zur
tpI als wesentlichem (indispensable) Bestandteil der
Kirche. — Do. nennt als personalen Kernbestand der pI — mit
Heckel — nur Ehe und Kirche, RdG 919; beim Staat liegt es
schwieriger, worauf hier nicht näher einzugehen ist. Personale
Elemente in der tpI sind Amt und Gliedschaft, RdG 918, 930,
church 109. Die Funktion (z.B. der Kirche) wird realisiert im
institutionellen Vorgang, RdG 897; „rationale Zweckgesichtspunkte
(haben) nur noch eine Teilbedeutung”, EltR 76 (2.), RdG 918. Auch
die von der Soziologie festgestellte „Mehrzwecklichkeit” der
Institutionen besteht in diesem Rahmen zu Recht, EltR 76, RdG
901, 909. Näheres zur Kirche als pI und tpI
sogleich.
21) RdG 928; unaufhebbare „Primärstruktur”, da sie auf
den Relationen aufbaut, RdG 927. Demnach gibt es im
institutionellen Bereich Struktur: 1. die die einzelne
Institution begründet, 2. integriert und 3. mit anderen in Bezug
bringt. Alles zusammen ist „die” Struktur der Institution.
„Struktur” heißt hier, im Einklang mit ➝
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Damit ist ein mehrfacher Fortschritt erreicht. Die Institution ist nicht mehr nur statisch, sondern zugleich dynamisch. Sie ist nicht mehr allein „sachhaft” und „funktional”, sondern noch mehr personal und geschichtlich. Akt und Sein, Subjekt und Objekt sind nicht mehr geschieden. Der in Bezügen existierende Mensch nimmt wieder seinen beherrschenden Platz ein. Die Institution ist ein „Vorgang”, der von einem „Akt” in einen „Status” führt (d 1). Die humanisierte Institution ist also weder allmächtiger Apparat noch bloße Funktion (d 2); sie birgt vielmehr die Freiheit in sich (d 3).
Institution ist Vorgang. Die Institution ist derjenige Vorgang, in dem man „jemand jemandes” wird, indem man also jemand „zugeordnet” wird, sei es dem Ehepartner oder dem Land usf.; oder in der geistlichen Institution, Christus selbst und seiner Gemeinschaft. Da dieser Vorgang aus personalem Handeln entsteht, personales Handeln aber „zweiaktig” ist, aussondernd und einordnend, ist auch dieser Vorgang der Institution zweiaktig: zuerst ein Akt des Abscheidens vom bisherigen, dann ein ihn konkretisierender Akt hinein in einen neuen Status — seien es Verlöbnis und Trauung bei der Ehe oder die Aufnahme des verlorenen Sohnes im Evangelium und seine Neueinsetzung in die Rechte des ältesten Sohnes! Dieser Grundvorgang ist Grundlage der einzelnen Institutionen. Sie haben deshalb gleiche Struktur, im Entstehen und im Bestand. Aber auch die Institutionen untereinander stehen in gegenseitiger Zuordnung, sind also ebenfalls strukturiert22.
➝ der allgemeinen Bedeutung bei Do., Gegliedertheit und
Sinnzusammenhang der Glieder (RdG 439), also auch „legitimes
Gefüge” (RdG 894, 900), oder (im Hinblick auf den soziologischen
Begriff): „freie Stabilisierung notwendiger Lebensvollzüge im
geschichtlichen Wechsel” (EStL 798). Darüber hinaus gehört zur
Struktur der Institution ihr Vorgangscharakter (RdG 902 f., 928
Einrichten-Einrichtung). Da das Recht eng mit den mitmenschlichen
Bezügen, Rollen und Handlungen verknüpft ist, hat die
Strukturuntersuchung auch mit rechtlichen Mitteln vorzugehen, RdG
439 (gemeint: rechtsgeschichtliche und -phänomenologische
Betrachtungsweise).
22) SS 21, MuR 100, MuS 87, 163 (22.), RdG 419, 901
ff.; näheres im Gnadenrecht. Bei jedem Institutionsvorgang
handelt es sich um zwei Partner, denen man zugeordnet
wird (und die zusammenfallen können im Bereich des öffentlichen
Rechts): der einzelnen Person (oder mehreren) und der
Gesamtrechtsordnung, RdG 906.
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Zum weiteren Verständnis ist es noch erforderlich, einen Blick auf die Geschichtlichkeit dieses Vorgangs zu werfen. Die Institution ist „ein geschichtlicher Vorgang hin auf das im Status Begegnende”, bei der Eheschließung genauso wie etwa bei der Einbürgerung. Die Institution „ist” nicht, sie „wird”! Im Vorgang der Instituierung gewinnt geschichtliche Gestalt, was „vorher” nur als leere Hülle vorhanden ist. Dombois vergleicht die Institution mit einem leeren Haus, das erst durch seine Bewohner bezogen und ausgestattet werden muß und so erst wird, was es ist. Geschichtlichkeit der Institution heißt damit auch Verantwortlichkeit der in sie Eintretenden23!
Dombois sieht also den Vorgang des Instituierens und den Zustand des Instituiertseins zusammen. Vorgang und Zustand sind komplementär. Es wäre falsch, wenn man diese „Wirkeinheit” „kausal” auflöste — als ob der instituierende Akt die bis dahin nicht existierende Institution ins Dasein höbe, oder als ob umgekehrt die für sich bestehende Institution die völlige Unterwerfung des Menschen verlangte. Person und Institution, Subjekt und Objekt dürfen auch hier nicht getrennt werden24. Vielmehr hat die Institution zwei Aspekte: Sie hat eine Akt-und eine Statusseite; sie ist „Einrichten” (institutio) und „Einrichtung” (status); vielleicht kann man zusammenfassen: Die „Institution” ist
23) NR 204, RdG 449, 908, 917; Institution als
Prozeß: RdG 468, 921, church 109; zum „Haus” s.u.
59666.
24) FamR 126, RuI 64, ÖR 1958 16, EltR 76 (3.), RdG
448, 899 f., 906 ff., 912, church 109 f.; RdG 187 i. V. m. 904
wird der institutionelle Vorgang mit dem „Statuskontrakt” M.
Webers parallelisiert. — Subjekt-Objekt-Spaltung von Person und
Institution führt entweder zum Aktualismus oder zur absoluten,
souveränen Institution, RdG 905 f.; jedenfalls wird die
Geschichtlichkeit verkannt, vgl. RdG 449. — Aus der Personalität
und Geschichtlichkeit der Institution als Vorgang folgt ihre
Nichtdefinierbarkeit (in dem oben 544 ff. ausgeführten Sinn und
aus den dort angegebenen Gründen; vgl. FamR 135, RuI 61, Kathol.
298, EltR 76 [2.], ÖR 1958 16, RGG II 330, RdG 178, 511, 905,
917, z.B. Ehe 660, Strafe: Mus 101 ff., 163 [22.], Gnade RdG 178
f.; einen Oberbegriff zu bilden ist unstatthaft, RdG 515), selbst
wenn vom „Rechtsbegriff” (RdG 87) oder „Wesen” der Institution
gesprochen wird (RdG 896 f.) und ihre Merkmale positiv
beschrieben werden müssen (EltR 75 u.ö. — implizite Definition,
z.B. RdG 178 f. [Gnade], MuS 103 [Strafe]). Der
Institutionsvorgang enthält personale Entscheidung mit
prinzipiell unvoraussehbaren geschichtlichen Folgen. Dazu kommt
bei der Kirche als Institution ihr auch dem Denken unverfügbares
Geheimnis (Kathol. 297 f.). Damit muß auch eine juristische
Definition wegen prinzipieller Unzulänglichkeit unterbleiben (RuI
61 [ALR]; EltR 75).
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der „Ort”, wo sich die institutio des Menschen in einen status vollzieht25.
Nun wäre es ein schwerer Fehler, die beiden Aspekte der Institution mit den beiden Gliedern des institutionellen Vorgangs gleichzusetzen; also die Aussonderung als Akt, die Einordnung als Status zu verstehen. Das verbietet schon die Sprache, erst recht die komplementäre Denkform Dombois’. Vielmehr muß man den ganzen Vorgang erst von der Aktseite, dann wieder den ganzen Vorgang von der Statusseite her betrachten26.
Die Aktseite ist primär27. Damit wird die herkömmliche Betrachtungsweise umgekehrt. Aber die Umkehrung folgt aus der Gestiftetheit der Institution. Sowohl die menschliche Institutionalität als auch die einzelnen Institutionen sind — wenn auch mittelbar — göttlich gestiftet.
Darum tragen sie den Charakter der „Verleihung”, der Gabe, des gewährenden Angebots. Das ist ihr „Gnadencharakter”28.
25) FamR 127, 132 f., RdG 902 f., 920 (Kirche);
vgl. auch 928, 937 A. 47. Zur „Einrichtung” s.u.
59665. Damit soll auch, was nicht übersehen werden
sollte, eine Brücke zwischen reformierter und lutherischer
Soziallehre geschlagen werden. Erstere ist mehr an dem „Akt”,
d.h. der „Entscheidung” (und am „Bund” Gottes), letztere mehr an
der Gegebenheit („Status”) der „Ordnungen” interessiert —
Glaubensentscheidung und Glaubensgehorsam. Institution als Akt
und Status im Vorgang verbindet beides (FamR
136, NR 204, EltR 76 [3.], RdG 905 f.); zur Begründung im
(Schöpfungs-)Bund vgl. FamR 139.
26) Diese Dualität von institutio und
status begründet die Institution. Im Vollzug der
Institution („Vorgang”: ich trete in sie ein und aktuiere sie
damit) „ist” sie Institution („Zustand” aus — Smendscher —
Integration), RdG 903 f., 907 f., unten 608 ff. Freilich muß man
zugestehen, daß Do. einem das Verständnis nicht leicht macht.
Spricht er von Akt und Status, so oft gleichsinnig von Vorgang
(i.e.S.!) und Zustand; anderswo oder ebenda heißt es dagegen, daß
der Vorgang (nun i.w.S.!, s.o. Exk. XI 523 f.) Aussonderung und
Zuordnung umfasse, schließlich drittens, daß Vorgang (i.e.S.) und
Zustand gleich Ausgrenzung und (jetzt: „fertiger”) Zuordnung sei.
„Zuordnung” kann also den Akt wie den Status bezeichnen; auch die
Aussonderung hat jedoch eine Statusseite, wie der erste Akt der
Ehe, das Verlöbnis, beweist (vgl. dazu z.B. RdG 448 f., 902).
27) RdG 903, 907 (1.). — Daß es sich bei Do. nicht um
einen Aktualismus handeln kann, ist klar.
28) RdG 903, 921. Von hier aus ist die Institution
gerade nicht „Gesetz”, „Forderung”, Nötigung (ebd.). Sie steht
vielmehr dem lutherischen „Beruf(ung)s”gedanken nahe (EltR mit
Hinweis auf R. Smend; eher negativ: NRE 18 f.).
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Dieses in der Institutionalität des Menschen und mittelbar in den Institutionen selbst ruhende göttliche Angebot bedarf der beständigen menschlichen „Annahme”. Diese ist Hingabe der Existenz, Entscheidung. Der Gnadencharakter der Institutionen findet soziologisch darin seinen Ausdruck, daß sie „vorgeprägte geistige Formen” sind; ihre Annahme „vollzieht die geistige Entscheidung, die in ihnen liegt, als Erbe einer Tradition nach”. Damit erlangt die Institution fortwährend ihre konkrete Wirksamkeit, ihre „Erfüllung”. Die Annahme „vollzieht” die Institution. Der Annahmeakt — man vergleiche wieder die Eheschließung oder die Annahme der Staatsbürgerschaft — „instituiert” in einen neuen „Status”. „Im Vollzug ereignet sich personale Institution”29.
Die Annahme gleicht dem Betreten eines Hauses, das durch das Betreten, um das Bild fortzuführen, erst zum „Haus”, Wohnraum wird und ständig mit Leben gefüllt werden muß; — oder der stets sich erneuernden Pflanze, die nicht versteinern darf30.
Der instituierende31 Akt der Annahme führt in einen neuen „Status”, somit in die „Institution”, nunmehr im gebräuchlichen Sinn des Wortes. Dieser Annahmeakt geschieht „in progressiver Geschichtlichkeit”, ist also ein unumkehrbarer und darum bedingungsfeindlicher „Vorgang”. Wegen der Relationalität geschichtlichen Handelns ist er zugleich ein „kommunikatorischer . . . Vorgang hin auf das im Status Begegnende”, um es noch einmal zu wiederholen32.
29) FamR 132 f., NR 204, RdG 903, 911, 928
(gilt wegen Strukturgleichheit auch für die weltliche
Institution); „Hemer” These 5b (RuI 72). Zur Annahme ÖR 1958 16;
sie ist terminus technicus und bezeichnet einen „Akt . .
. der Entscheidungscharakter hat”, „in einen übergeordneten
Zusammenhang” hineinnimmt, durch den man sich hingibt, wenn auch
nicht völlig preisgibt (RuI 64, RdG 286, 864), und zwar desto
mehr, je existentieller (relationaler) die Institution ist. —
Damit wird sichtbar, daß es letztlich um die christliche
Grundhaltung gegenüber der geschaffenen Welt geht, wie es in der
Maxime zum Ausdruck kommt: „Nicht Eigentümer, sondern Verwalter
der Dinge!” — Parallele zur Soziologie: RdG 925.
30) Unten 59666.
31) Auch: institutionale, RdG 602 f.
32) FamR 127, RdG 468,657,847,902,907(1.),917, oben
584 f.; bedingungsfeindlich: FamR 133 f., RdG 903 f., 908 f. —
Die Komplementarität (privater) Konsens — (öffentlicher) Status
wird in RdG durch die von Akt und Status ersetzt; die
Unterscheidung privat — öffentlich verschwindet (vgl. FamR 127,
132 f. gegen RdG 902 f.).
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Wem oder was man begegnet, soll sogleich gesagt werden; vorher ist festzuhalten, daß der Status nichts anderes ist als das Ergebnis geschichtlich-verantwortlichen Handelns, oder, mit Dombois, das „durchhaltende personale Zuordnungsverhältnis”33, sei es von Mann und Frau in der Ehe oder von Staatsbürger und Gemeinschaft im Staat.
Der Status ist nun „Ort der Begegnung” in zweifacher Hinsicht. Erstens begegnet man dort, entsprechend den Grundrelationen, Gott, dem mitmenschlichen Du und der Sachwelt. Zweitens findet man in ihm vorgeformt den Erfahrungsschatz früherer Entscheidungen, die nach verantwortlicher Aufnahme und Weiterbildung verlangen. Person und Sache gehören also auch hier zusammen34.
Abgekürzt kann man behaupten: Status ist Gemeinschaft. Oder, was das gleiche bedeutet: Status ist der „existentielle Ort” des Menschen, zugleich sein Rechtsstand und Rechtszustand35.
Von daher versteht man, daß der Status „wesentlich Zuordnung, Rolle in einem Handlungsgefüge, Relation” ist. Zugleich aber ist er „kontinuierliches Sein", ein rechtliches Herrschaftsverhältnis mit einem „Standort”, der in bestimmbarem Verhältnis zu anderen „Orten”, d.i. Institutionen, steht.
Der Status ist selbst nicht unstrukturiert, da er „wesentlich Zuordnung” ist; er enthält „eine vielfältig beschreibbare Fülle neuer . . . Bezüge”, die rechtlich erfaßt werden können. Vor allem aber bringt der Eintritt in einen Status rechtliche Verbindlichkeiten mit sich36, wie noch im Kirchenrecht entfaltet wird.
Damit ergibt sich die dialektische Struktur der Institution, die in der Doppelbedeutung des Wortes37 selbst zum Ausdruck kommt. Betrachtet man die Institution vom Akt her, so begründet die Annahme die
33) RdG 91 (1 b), 105 (für das
Repräsentationsverhältnis), 903.
34) MuS 16, RdG 909 ff., 917, 920; darum gibt es einen
dreifachen Status, entsprechend den Grundbezügen, MuS 126, 150
f.
35) NRE 34 f., OU 51, MuS 76, 107, RdG 170
„existentielle Lage”; RdG 176, 468, 657 (= Rechtsstatus). Zur
dreifachen Bedeutung von „Status”: NRE 46 (sie wird später
verschmolzen; in der ersten Bedeutung SS 48, MuR 100). Das ist
nicht mit dem dreifachen Status zu verwechseln!
36) FamR 133, NR 204, MuS 87, 126, 154, RdG 170, 179,
196, 657, 903, 931 (4.). Do. sieht also den Zwangs- und
Verpflichtungscharakter der Institution durchaus, ordnet ihn aber
unter, RdG 876. Status als Zuordnung: vgl. die Bemerkungen zu M.
Weber GRE 188 f.
37) Institutio und status =
Institution als Einsetzen und Einsetzung, RdG 902 f.
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Institution (als Geschehen). Sieht man sie vom Zustand her, so wirkt die Annahme als bloße Einordnung in ein bestehendes Gefüge38.
Die Einheit dieser Dialektik von Vorgang und Zustand in der Institution kann nicht in ihr selbst liegen. Um sie nachzuweisen, nimmt Dombois soziologische, rechtshistorische und theologische Erwägungen zu Hilfe. Entsprechend ist die Einheit, vielleicht besser: Verknüpfung, auf drei Ebenen begründet.
da) Substrat
Zunächst liegt jeder Institution — immer nach Dombois primär als
Vorgang, sekundär als Zustand gemeint — ein sie integrierendes
(sächliches) Substrat zugrunde39: der Ehe die
Sexualität, dem Staat die Herrschaft, dem
Sachbezug der ökonomische Besitz und Erwerb. Das
Substrat der Kirche aber ist Christus40.
db) Communicatio
Sodann geht jeder Einzelinstitution, jedem institutionellen und
jedem Rechtsakt eine „Vergemeinschaftung höherer Art” voraus, die
jene erst ermöglicht und trägt (aber nicht verursacht!), nämlich
die — letztlich sakralrechtliche — „rechtschaffende
communicatio”, als der für den Rechtsverkehr
unerläßliche Friedensraum. Das ist für die Ehe das
connubium, für den Handel das commercium, für
das politische Rechtshandeln (z.B. Paßausstellung) die
völkerrechtliche Anerkennung41.
38) Vgl. RdG 865, 909 f. genau entsprechend der
soziologischen Analyse M. Greiffenhagens.
39) Integration ist hier als soziologischer Begriff
verwendet; auch die Soziologie unterscheidet zwischen
persönlichem und sächlichem Substrat der Institution.
40) RdG 901. In church 110 f. als die drei
Grundbedürfnisse (needs: sexual, political, economic —
wobei das „religiöse Bedürfnis” fehlt!) — ein soziologisches
Element, aber mit dem theologischen Hintergrund der
Dreiständelehre, hier als status oeconomicus, politicus,
ecclesiasticus (RdG 267 und unten 60521, dazu
Wolf OdK 74 f., 387 ff.).
41) NRE 46 f., Ehe 100 f., NR 202, FamR 139, OU 49,
52, ÖR 1958 16, RdG 421, 907; ähnlich sprach E. Troeltsch (453 A.
208) von (bei ihm jedoch metajuristischen)
„Gemeinschaftsfundamenten”. — Näheres zum connubium: Ehe
100-106. Die Vergemeinschaftung trägt also selbst Rechtscharakter
(vgl. Ehe 100 f., 105, oben 486 f.,
unten 634 642 u.ö.; RdG 105 = personale Zuordnung; NR 202, FamR
139 = ➝
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dc) Bund Gottes
Dies deutet schon auf die dritte Begründung. Der personale
„Garant” jeder Institution ist die Gottheit. Sie ist der
„transzendierende Dritte”, der „dritte Mann”, der stiftend und
gewährend Institution ermöglicht42.
Damit sind Institution und Recht, nun endgültig christlich
gesprochen, im rechtsstiftenden Bund Gottes mit dem Menschen
begründet. Darum ist das „vorauslaufende Gnadenhandeln Gottes”
der objektive Grund jeder personalen Vergemeinschaftung. Mit
anderen Worten: Die freie Zuwendung Gottes, das ist der
Gnaden-Vorgang, ist der materiale Grund des
Institutionsvorganges; oder gleichbedeutend: das „unverfügbare
tertium”, nämlich Christus und sein Heiliger Geist, ist
Grund der Kirche und ihres Rechts43.
Zugleich wird eine wichtige Ergänzung des oben zur Denkform
Ausgeführten sichtbar. Dort wurde behauptet, die Komplementarität
könne nicht das letzte Wort zur Sache sein; auch sie müsse von
einem nicht komplementären materialen Dritten erst ermöglicht
werden44. Hier ist dieses Dritte. Es ist der Bund
Gottes mit dem Menschen, auf den schon die Schöpfung abzielte und
der in Christus seinen Höhepunkt findet.
➝ vorgegebene Beziehung; RdG 106 bei der Repräsentation,
736 bei der Buße). Diese religionshistorisch kaum bestrittene
These (vgl. für die atl. berith-Kategorie W. Schilling
119; O. Eichrodt I passim; G. v. Rad I 143 ff.) ist zugleich eine
Grundlage für die von Do. vorgenommene Ausweitung des
Rechtsbegriffs auf das institutionale Recht! Die interessante
Genese dieses Gedankens wird aus GRE 141 sichtbar. Dort erscheint
das gute alte Recht als dem Herrscher vorgegeben, im Einklang mit
der gemeinmittelalterlichen Auffassung (vgl. nur F. Kern); diese
historische Form gilt zwar nicht mehr für das heutige Recht, aber
die darin enthaltene „Struktur” ist für Do. erhalten
geblieben.
42) FamR 138, NR 204, MuS 126, RdG 906 (Treugeber,
dritter Mann und Garant — vgl. MuS 77 der Richter als
dritter Mann im Prozeß!), 929 f.; gegen Souveränität und
Garantieunbedürftigkeit der Institution: FamR 138, RdG 906. So
ist die Eheschließung unter religionswissenschaftlichem Aspekt im
ἱερὸς γάμος der Gottheit verankert; die Landaneignung
ursprünglich eine kultische Handlung usf.
43) GRE 141, FamR 142, NR 202, 204, OU 49, 52, ÖR 1958
16, RdG 190 gratia praeveniens bzw. „vorauslaufende
Gnade Gottes”, 289, 771, 925. Die Institutions- und die
Pneumalehre verbinden sich damit im Geist als dem Garanten der
Objektivität der Kirche vor der Subjektivität des Menschen (s.o.
470 und unten 70116). Auf die existentielle Bedeutung
dieses Abschnitts kann nur hingewiesen werden: Die den Menschen
formende und zusammenhaltende Kraft der Institution kommt aus
dieser dreifachen Quelle.
44) Vgl. oben 558 f. (3.).
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Durch die Entdeckung der institutionellen Struktur stellt sich das verbreitete Verständnis der Institution als „sachhaft” und „funktional” als Mißverständnis heraus.
Person und Sache können nicht mehr getrennt werden45. Die Doppelstruktur der Institution zeigt, daß jede personale Entscheidung (der erste Akt des Institutionsvorgangs) in einen auch sachhaft zu verstehenden Status führt, ja daß diese Entscheidung selbst sachlichen Gehalt hat, insofern immer schon für oder gegen eine institutionell vermittelte Tradition entschieden wird, sei es durch verantwortliche Übernahme oder durch Abänderung.
Auch der zweite Akt, die Zuordnung der Person in einen Status, begründet keine „absolute”, „herrschaftliche” Unterordnung der „Person” unter die „Sache” Institution, weil der durch die Zuordnung begründete Status selbst einen neuen Freiheitsraum schafft46. Person und Sache sind in der Institution komplementär verbunden. Es gibt keine Verwirklichung der Person außerhalb der Institution 47.
Wie oben schon gezeigt wurde, gibt es die Funktion „als” Ehemann, Richter usw. nur innerhalb der personalen Bezüge. Damit ist auch schon die verbreitete Gleichsetzung von Institution und Funktionalität überwunden. Die Institution „hat" zwar Funktionen in der Gesellschaft, erschöpft sich aber nicht in ihnen; sie ist zuerst und vor allem personale Relation, personales Handeln, Bezugsverfassung. Weil sie auf den Bezügen und auf dem geschichtlich verantwortlichen Handeln der Person aufbaut und nicht auf der Funktion, darum wird in ihr die Einmaligkeit und Verantwortlichkeit der Person gewahrt und nicht zur
45) An sich folgt das schon aus der
Interpretation des Sachbezugs als „Verlängerung des personalen
Lebensraums”, oben 484.
46) Rechtliche Begründung: unten 674 f.
47) FamR 136, EltR 93, RdG 915; dazu oben 580 Wj
hierher gehört auch wieder die Überwindung der Spaltung
(autonomes) Subjekt — (institutionell-sachhaftes) Objekt, RdG 899
f., 912 und unten A. 49.
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Auswechselbarkeit des Organs herabgewürdigt. Immer tritt diese unverwechselbare Person in ihrer Totalität in die Institution ein48.
Freilich gilt das zunächst nur, wenn man die personale Institution betrachtet, und nicht ihre Entartungsform, die transpersonale Institution. Doch auch in ihr finden sich, wie schon erwähnt, personale Elemente, nämlich im Eintritt (Gliedschaftsproblem) und in ihren Ämtern; das Personale ist in ihr also nicht völlig verschwunden, obgleich es besonderer Pflege bedarf.
Dieses Verständnis der Institution zerstört auch die Irrlehre, die erst die Funktionalisierung und Versachlichung der Institution hervorgerufen hat: die Autonomie des Individuums. Der Mensch lebt in der Institution als „Zwischenexistenz”; begrenzt, aber auch geborgen im Gefüge der institutionellen Beziehungen, die ihm verantwortlich übergeben sind. Es steht ihm auch nicht frei, das institutionelle Band wieder aufzulösen, als ob es nie bestanden hätte — weder in falscher Askese, noch in mißverstandener liberaler oder christlicher Freiheit: geschichtliche Vorgänge sind unumkehrbar. Freilich bleibt die Institution stets „offen” für neuen personalen Einsatz; die Kontinuität der Institution besteht nicht in ihr selbst, sondern im Menschen, der sie vollzieht49.
Wenn die Rede von der „personalen” und nicht nur funktionalen Institution kein bloßes Gerede sein soll, dann muß die Institution in Entstehung und Bestand den für die Person unabdingbaren Freiheitsraum bieten. Zunächst aber: Was heißt Freiheit?
aa) Freiheit und Determination
Man kann Freiheit und Determination nicht alternativ
gegenüberstellen. Sie sind untrennbar miteinander verschlungen.
Blickt man auf die Vergangenheit, so erscheint alles determiniert
zu sein; sieht man in
48) RdG 903, 919. Die Folgen für die Amtslehre
sind weittragend; Amt und Amtsträger sind eng verbunden.
49) RdG 895, 914 f., 931 (4.); FamR 137: „Jedes dieser
Verhältnisse hat seine Unlösbarkeit darin, daß der Mensch an
seinem Partner oder für ihn handeln muß: Im Gemeinwesen
stellvertretend in der Geschichte, in der Ehe als
Geschlechtsgemeinschaft, im Verhältnis von Mensch und Sache in
deren Beherrschung und Nutzung.”
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die Zukunft, so scheint alles der freien Entscheidung offenzustehen50. Im „Recht der Gnade” wird dieser Gedanke durch die Bundestheologie vertieft: Das „supplementäre” Verhältnis von Determination und Freiheit (und ebenso von Verantwortung und Freiheit) ist begründet durch die von Gott ausgehende Vergemeinschaftung mit dem Menschen, die ihn in Freiheit setzt — dies in unumkehrbarer Folge51.
ab) Die intentionale Freiheit
Institution und Freiheit sind keine gleichwertigen Begriffe.
Vielmehr enthält die Institution ein Moment der Freiheit. Diese
„Freiheit in der Determination” findet sich zunächst im
personalen (und damit „freien”) Akt der Annahme der Institution.
Die Institution steht ja nicht „fertig” bereit; es „gibt” sie
nicht unabhängig vom verantwortlichen Vollzug der Existenz. Sie
bedarf zu ihrer Entstehung eines freien Aktes der Annahme, sie
bedarf verantwortlicher Gestaltung. Die Institution ist also,
ungenau ausgedrückt, eine Möglichkeit des Menschen, eine Potenz,
die aktualisiert werden muß52.
Da die Annahme der Institution ein gesamtmenschlicher Akt ist,
bedarf sie auch der entsprechenden subjektiven Intention. Sie ist
ein „intentionaler Akt”. Damit wird der Eintritt in die
Institution zur verantwortlichen Übernahme der eigenen Existenz
im institutionalen Gefüge der Bezüge.
Es gibt also den völlig „freien" Annahmeakt gar nicht, sondern
nur eine „intentionale Freiheit”53, weil die
Institutionen „im Grundriß”
50) ZevKR 1956 47, OU 136, MuS 120. Die
Alternative wäre „kausales Denken”, MuS 61 f.! (Ähnlich E.
Seeberg 1924 121 und V. Berning 1964 25 f.; unten A. 54.)
51) FamR 138, RdG 218; in MuR 116 „komplementär”, vgl.
KuD 1957 74, RdG 271 Antinomie. Dazu die weiterführenden Gedanken
W. Pannenbergs KuD 1958 270 ff. — In RdG tritt der theologische
Freiheitsbegriff in den Vordergrund, unten 674 f.
52) FamR 133, NR 204, RuI 61, RdG 903, 908, 921, 933,
church 119, EStL 798.
53) FamR 137 f.; NR 204, MuS 163 (23.) „realer Vollzug
und subjektiver Glaube”. Die Intention entspricht dem
juristischen animus; sie ist die „innere Seite”, die
Bereitschaft, von dem intendierten Status und allen seinen Folgen
sich bestimmen zu lassen, aber auch diesen personal zu erfüllen
und dadurch zu verändern — bei der geistlichen Institution also
der Glaube. Nicht aber kann die Intention über die Rechtsfolgen
verfügen — FamR 133 f., RuI 61, RdG 904, 907 f., 921, EStL 979;
Intention/animus (RdG 904) z.B. als Besitzer,
Besitzdiener oder Dieb einer Sache — der juristische Aspekt des
oben von der Soziologie aufgewiesenen geistigen Nachvollzugs der
Institution. Dazu RdG 921: „Denn was ist Intention? Es ist der
Glaube die innere Seite des intentionalen Aktes: dieser aber als
Ganzes ist die konkrete Selbstbestimmung oder das Bestimmtwerden,
sich Bestimmenlassen zu einem zu intendierenden Status.”
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vorgegeben sind54. Zudem würde durch die unbeschränkte Freiheit die Dialektik von Freiheit und Determination zugunsten des souveränen Subjekts aufgegeben. Nichtannahme der Institution ist also Existenzverfehlung, gestaltende Annahme aber schafft einen neuen Raum der Freiheit.
Dombois faßt darum zusammen: „Der Mensch steht in einem dialektischen Verhältnis zur Institution: Er steht ihr frei gegenüber wie notwendig in ihr. Er kann weder an ihr vorbeigehen noch darf er in ihr aufgehen — gerade dann gehen Mensch und Institution miteinander zugrunde”55.
Es besteht also ein vierfacher „Ort” der Freiheit — und damit der
Verantwortung — innerhalb der institutionellen Welt:
1. im Akt der Annahme als Wahl zwischen verschiedenen
Institutionen;
2. als Wahl zwischen verschiedenen Konkretionen der gleichen
Institution;
3. als Freiheit, eine schon erwählte Institution zu
gestalten56;
4. als eschatologische Freiheit des
Institutionsverzichtes57.
54) S.u. 595 f., „Hemer” These 5, W. D. Marsch
RGG III 784. Ähnlich V. Berning 1964 25 f.: „Gegenüber der
Vergangenheit, die sich in . . . Institutionen in die Gegenwart
erstreckt, ist der Mensch nur bedingt frei, nicht nur in der
Annahme eines ihn überkommenden Geschickes, . . . auch in der
ursächlichen Stiftung neuer Schöpfungen steht er vor der
Bewältigung vergangener Art des Wirkens . . . Im gegenwärtigen
Dasein vermag der Mensch . . . Strukturen zu erkennen, aus denen
er Wirkungen in die Zukunft hinein gestalten kann . . . in
ständiger Auseinandersetzung zwischen Eingefügtheit . . . und
schöpferischem Neubeginn . . .” Darum polemisiert Do. gegen den
„logischen Taschenspielertrick” der „aus ideologischen Gründen
geschaffenen Fiktion”, es gebe einen freien Eintritt in den Staat
(Staatsvertragstheorie!), SS 22, NRE 57, übersehen von Grundmann
ThLZ 1963 809 A. 14; vgl. FamR 136 die Warnung vor der
„Überbewertung der Freiheit”, ebd. 137 die „Unausweichlichkeit
des Institutionellen”, sowie RdG 911 die Unmöglichkeit, in den
„Urzustand der Freiheit” zurückzukehren. NRE 53 wird darum (gegen
H. Coing) die Berechtigung des Staates bejaht, zum Wehrdienst zu
verpflichten. — Die Frage der Freiheit wurde schon auf der Tagung
in Hemer erörtert, RuI 64. Sie ist jetzt für die Kirche
weiterentwickelt worden durch J.B. Metz 1968 123 ff.:
Muß nicht Freiheit institutionalisiert werden, wenn sie
gesellschaftskritisch wirksam werden soll?
55) EStL 798; RdG 200, 905, 932 f., 917 geschichtslose
Existenz — 174 (3 b), 177 f. neuer Freiheitsraum durch
Restitution (gilt wegen Strukturgleichheit auch für die
Institution). Anthropologische Begründung aus der Weltoffenheit
des Menschen MuS 10 f., RdG 910 f. im Gegensatz zum Tier.
56) FamR 133 ff., 138, RuI 63 f., RdG 903 ff. Akt der
freien Selbstbestimmung.
57) S.u. 598 72. Sie ist keine innerweltliche
„Existenzverfehlung”, sondern höchste Existenzerfüllung.
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ba) Tradition
Der institutionelle Freiheitsraum als Supplementarität von
Bindung und Freiheit wird deutlicher sichtbar am Verhältnis der
Institution zu Tradition und Verpflichtung.
Die personale „Gabe” Gottes, die in dem institutionellen Vorgang
angenommen wird, ist nichts anderes als das Traditionsgut aus der
Vergangenheit (und insofern zugleich „sachhaft”!). Da es
naturgemäß „tot”, weil vergangen ist, muß es im intentionalen Akt
der Annahme zu neuem Leben erweckt werden. Tradition als
Gegenstand ist Ballast; Tradition als „Vorgang” dagegen
lebensnotwendig58.
Die Übernahme geschieht also nicht sklavisch, sondern als
personaler Akt mit einem prinzipiell nicht im voraus festlegbaren
„Anteil” an kontingenter Entscheidung. In der Übernahme wird das
Traditionsgut — das aus den Entscheidungen der Vergangenheit
entstanden und bei jeder Institution verschieden ist -
reproduziert, „vergegenwärtigt” und verändert. Damit ist die
Institution eine Aufforderung, das in ihr schlummernde
Erfahrungsgut schöpferisch zu neuem Leben zu erwecken, es zu
„gestalten” und so selbst neuen Lebensraum zu schaffen. Das Alte
wird neu aufgenommen und dadurch verwandelt. Die Institution wird
durch Rezeption der Tradition weitergebildet. Weil aber Form und
Inhalt der Institution nicht zu trennen sind, ist auch die
Institution in ihrer konkreten, geschichtlich bedingten
Ausformung selbst Traditionsgut, das verantwortlicher Übernahme
und Fortbildung bedarf59.
bb) Verpflichtung
Die juristische Entsprechung des in der Institution
bereitliegenden Traditionsgutes ist der Inbegriff von
Verpflichtungen, die durch Eintritt in die Institution
zwangsläufig übernommen werden. Sie können
58) SS 21 f., FuK 32, RdG 911, 922. — Das
traditionale Element steht anfangs im Vordergrund: z. B. SS 79
ff., NRE 43-61. — Naturgemäß sind neu-instituierende Vorgänge
weniger „traditionsgebunden” (vgl. das „kirchenstiftende” Tun
Jesu, unten 599 f.); hier geht es nun um die „bestehende”
Institution (vgl. SS 89 Entstehung-Erhaltung der
Institution).
59) Meth. 343, SS 21 f. (Bild von der
„aktiv”-personalen Befruchtung des „passiven” Traditionsgutes),
RdG 155 A. 2, 909 ff., 914 f. — Zur Traditionsübernahme als
„Annahme” einer „Erbschaft” s.o. 585 f. Angesprochen ist die
institutionelle Seite von Tradition und Sukzession, also
mittelbar die zentralen kirchenrechtlichen Anliegen!
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nur als Ganzes angenommen oder zusammen mit der Institution abgelehnt werden. Die Annahme ist also bedingungsfeindlich. Sie trägt deshalb den Charakter eines Wagnisses, ja des Opfers60. Die Verpflichtungen selbst sind nur innerhalb enger Grenzen variabel, da sie soziologisch als „Rollenerwartungen” anzusprechen sind. Die Institution ist „verfaßte Wirklichkeit, in welcher die Verpflichtung gegenüber dem Nächsten konkret gestaltet ist”. Damit trägt die Struktur der Institution — die in ihr zusammengefaßten Bezüge und die Bezüge zu anderen Institutionen — selbst wieder verpflichtenden Charakter.
Nicht aber ist der Inbegriff der aus der Institution erwachsenden Verpflichtungen schon die Institution selbst. Denn Norm und Recht sind nicht identisch; die Institution entsteht selbst aus Rechtsverhältnissen nicht-normativer Art61.
Die Geschichtlichkeit der institutionalen Wirklichkeit zeigt sich an mehreren Phänomenen: an dem Verständnis der Institutionen als „Vorgang” (das schon zur Erklärung der Struktur vorweggenommen wurde), an der Wandelbarkeit der Institutionen (e 1) und an ihrer Verwandlung durch Christus zur „geistlichen Institution” (e 2).
Die „dynamische” Sicht der Institution als Vorgang stellt naturgemäß die Probleme der Geschichtlichkeit und der Kontinuität der Institution mit aller Schärfe. Was „an” der Institution ist wandelbar, was bleibt? Es läßt sich ja nicht bestreiten, daß die Institutionen in der Rechtsgeschichte wesentlichen Änderungen unterlagen62.
Die Antwort ist in den anthropologischen Voraussetzungen bereits mit enthalten. Es ist das oben dargelegte Verhältnis von Struktur und Geschichte. „Vorgegeben” — und damit menschlichem Zugriff entzogen
60) NRE 49 f., FamR 137; zur „Existenzbindung”
s.o. 577; „Nachbarschaft, Steuern und Brandgefahr”, FamR 133, RdG
903; Kirche (!), OU 73; Unterhalt aus Eheschließung, RdG 909.
Bedingungsfeindlichkeit: s.o. 58632.
61) ZevKR 1956 50, MuS 151, RdG 909, EStL 800. Das
gilt wieder in erster Linie für die pI; je weniger
Verpflichtungen, desto weniger existentiell, desto weniger
Institution, RdG ebd.
62) RuI 63, 72 (6 b), RdG 914-918; vgl. 651
„unendliche Wandelbarkeit . . . und eine Fülle von rechtlichen
Gestaltungen”.
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— ist nur das Problem, die Grundrelation, damit die Doppelstruktur der Institution, ihr „Grundriß”63. „Die Institutionen sind der rechtliche Ausdruck typischer Beziehungsformen, die weitgehend gestaltungsfähig, aber in ihrem Grundriß vorgegeben sind”64. Wandelbar dagegen — und damit verfügbar — ist die Institution als „Einrichtung”65, also genau das, was man gemeinhin unter Institution versteht.
Das paßt nur scheinbar nicht recht zu den Bildern, mit denen Dombois dies veranschaulicht; sie stecken der Wandlungsfähigkeit enge Grenzen. Institutionen gleichen Häusern, die man frei beziehen, aber nur in bescheidenem Maße umgestalten kann; ihr Grundriß, ihre Gesamtkonzeption bleibt gleich. Oder: „Sie sind wie Pflanzen, die man setzen, beschneiden und auch verkümmern lassen kann, deren Ausgangsformen aber vorgegeben sind.” Vor allem ist auch vorgegeben der mit jeder Institutionsübernahme mitgegebene Pflichtenkreis66. Aber das erste Mal spricht Dombois von der Wandlungsfähigkeit überhaupt, das zweite Mal (bei den Bildern) nur von der viel geringeren Variationsbreite, die beim einzelnen Akt der Annahme einer bestimmten Institution besteht. Es bleibt also bei der weitestgehenden Variabilität: „Proteusartig wandeln sich die Institutionen: Der institutionelle Charakter als solcher bleibt, ohne daß er rein herausgelöst werden kann”67.
63) RuI 61, 63, 72 (5 a), FamR 137, ÖR 1958 15
f., RGG II 330, RdG 908, oben 582 ff. mit 530 ff.; ferner zu
Kontinuität und Kontingenz unten 657 f. 666 ff. — Daher die
Notwendigkeit der Strukturforschung, RdG 896, 928. Church 109 f.
ergänzt: Dauernd sind nicht nur die Struktur, sondern auch die
needs hinter der Institution (s.o. 588 40).
64) FamR 135, RdG 905, übernommen als These 5 a: RuI
72; ebenso Ernst Wolf II 199. Vorgegeben ist damit also auch der
Annahmeakt, der Geschehenscharakter und die Chance für den
Menschen, RdG 651, 914, 928.
65) RdG 902 f., 928 m. A. 47 (937 ff.) mit Hinweis auf
Erik Wolf, der „Ausrichtung” vorzieht (für die Kirchenleitung).
Vgl. allgemein RdG 936 A. 34 (Rechtseinrichtungen). Der übliche
kirchenrechtliche Begriff der „Werke und Einrichtungen” ist
spezieller; Einrichtung heißt dann (soziologische) Anstalt (G.
Wasse 15 A. 75); für das Verhältnis zur Rechtsanstalt: RdG 938 f.
— Diese weitgehende Veränderlichkeit wird übersehen von E.
Fahlbusch EKL II 345, der darum Do. in die Nähe Stahls rückt und
deshalb die Bejahung eines vorgegebenen Grundrisses als
ideologische Sicherung versteht; darauf basiert M. Bergmans
Vermutung (RDC 1967 67 f.), es handle sich um eine Form falschen
Konservativismus’. — Richtig dagegen M. Heckel 1963 264 f. m. A.
110.
66) „Haus” zum erstenmal in GRE 170 für den
Gottesdienst; übertragen auf die Institution: FamR 133 = RdG 903;
„Pflanze”: FamR 135, RdG 905, 920 f.; allgemein: FamR 133, RuI 61
ff., 72, RdG 903; Pflichten: FamR 134, RdG 904 u.ö.
67) EStL 798. Vgl. aus dem Verhandlungsbericht RuI 63:
„Ob sich die konstanten und variablen Faktoren reinlich
voneinander scheiden lassen, wurde bezweifelt.”
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Aus der Institutionalität der menschlichen Existenz ergab sich die Dauer der Institution durch die Heilsgeschichte. Sie ist mit dem Menschen „gestiftet” und ebenso wie er durch den Fall bedroht und gestört. Was aber geschieht mit den Institutionen beim Kommen Christi? Christus wird zur „Mitte” der institutionalen Existenz des Christen. In seiner Person und von ihm her werden die Institutionen des alten Äons zugleich „erfüllt und aufgehoben” in der neuen „Hausgemeinschaft des Heils”68.
Das führt zur zweiten Unterteilung. Jetzt ist zwischen „geistlicher” und „innerweltlicher”, „neuer” und „alter” Institution zu unterscheiden (was nicht das gleiche ist wie personale und transpersonale Institution; die geistliche Institution kann beides sein)69.
Die christologische „Erfüllung” der alten Institution durch die neue geschieht dadurch, daß Gott sich der anerschaffenen menschlichen Institutionalität und der darin enthaltenen Bildfähigkeit auf Christus hin bedient. Christus nämlich „nahm . . . die Institutionalität des Menschen als seine Struktur an” und verwandelt sie dadurch von Grund auf, „nicht weniger als Leiblichkeit und Sprache”. Er wird das primäre integrierende Substrat der Institution. Die „alten” Substrate verschwinden nicht; im Zusammenhang des alten Äons bewahren sie den alten Menschen bis zum Gericht; im neuen Äon sind sie eingeordnet in den neuen christologischen Zusammenhang. Die dadurch eingetretene Radikalisierung ergibt die neue „Herrschaftsform der diakonia” in der Kirche und die christliche Ehe70.
68) RdG 901 als Anspielung auf die
Gesetz-Evangelium-Problematik (aber es bleibt die zweipolige
Ellipse [für Kirche und Staat]; der Staat verschwindet
nicht).
69) Oder „pneumatische Institution”, RdG 902. Die
geistliche ist die Institution im engsten Sinn, zugleich die
kirchenrechtliche Institution, RdG 928. — Eine weitere
Unterscheidung bringt church 118: Innerhalb der geistlichen
Institution (Kirche) gibt es personale (z.B. Taufe) und
transpersonale Institutionen (z.B. Vermögensverwaltung): erstere
geschieht mit geistlichen Mitteln zu geistlichem Zweck, letztere
mit weltlichen Mitteln zu geistlichem Zweck (s.u. 602f.). —
Übrigens findet sich entfernt Verwandtes bei Y. Congar HthG II 14
f. (Kirche als göttliche Institution, Zweiaktigkeit von Erwählung
und Sendung, Status und Rollen innerhalb der Institution).
70) NR 204, RdG 651, 900 f., 920. Die primäre
Zuordnung gilt also Christus, RdG 902. Deshalb kann der Apostel
unbefangen die gegebenen Ordnungen bestätigen — weil sie
verwandelt sind (NRE 40; vgl. Rom 3.22 f., Eph 5.21-6.9, Kol
3.18-4.1 usf.). Zur Bildfähigkeit s.o. 570, RdG 901 f., 920,
925.
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Zwar haben geistliche und weltliche Institution „gleiche” (Doppel-) Struktur; doch der inhaltliche Unterschied besteht in Christus. Die neue Institution ist prinzipiell begründet und ermöglicht durch die personale Zuwendung Gottes in Christus, also durch ihren „Gnadencharakter”. Dadurch ist sie im besonderen Maße „personale” Institution, selbst wo ihr transpersonale Elemente nicht fehlen. In Christus wird man durch geistliche Vorgänge der geistlichen Institution zugeordnet (instituiert). Deren Aufgabe ist es, den Menschen unsträflich zum Tage Christi zu führen. Dieses eschatologische Ziel ist zugleich ihre gegenwärtige Mitte, nämlich die Gnade des neuen Äons in Christus71.
Der Christ realisiert seine neue Existenz in Christus in der Fortsetzung des instituierenden Verhaltens Jesu und damit in der Kirche als dem „Inbegriff” der Institutionen des neuen Äons. Dadurch wird er instandgesetzt, den Anforderungen der alten Institutionen auf neue Weise zu begegnen; kraft seiner eschatologischen „Existenz vor Gott” in der Kirche hat er die Wahl, Eigentum, Ehe und politische Macht verantwortlich zu übernehmen oder auf sie zu verzichten. Beides ist Glaubensakt — auch die Annahme der Institution, wenn sie zur neuen Institution verwandeln soll. Das ist die innerweltlich nicht mögliche Dialektik von „Institutionsverzicht und Institutionsübernahme”72.
71) RdG 901, 925. — Innerweltliche
Institutionen haben nur immanente „Zwecke” und daher ihr
Schwergewicht in der Gegenwart, RdG 820, 901, 909. — Die
(analog!) gleiche Struktur folgt aus der menschlichen
Institutionalität, die zu analogen instituierenden „Vorgängen”
führt, RdG 925 f., auch 174 (3 b), 418. Freilich gilt das nur für
die pI. Auch hier ist Strukturforschung notwendig, RdG 924;
besonders für die Sakramente, RdG 752. Im personalen,
relationalen und Gnadencharakter berühren sich rechtliche und
pädagogische institutio (Einübung), z.B. bei
Calvins Christianae religionis Institutio (näheres FamR 133, MuS
154, EltR 91, RdG 936, church 106, EStL 797).
72) FamR 137 (RuI 67, 72 [6 g] zur Frage des
„Austritts” aus der Institution), RdG 901, 924; GRE 143: Die
Grundrelationen der Kirche (Wort- und Sakramentsverwaltung)
„können immer nur in Christo . . . vollzogen werden . . . (d.h.)
in der Kraft des kyrios”. (Im Glauben) annehmend
verwandelt der Christ auch die alten Institutionen; ihr neues
personales Substrat wird Christus. Damit fällt auch die Trennung
zwischen göttlicher Stiftung und menschlicher Annahme in der
Institution: Beide sind notwendig in der Institution als Vorgang
miteinander verbunden, RdG 932 f. — Zur „Institutionsaskese” FamR
137, RdG 267, 270 — womit Do., wie nebenbei, eine existentielle
Neuinterpretation der klassischen drei Mönchsgelübde Armut —
Keuschheit — Gehorsam gibt. Der geistliche Institutionsverzicht
ist keine „Existenzverfehlung”, da er (selbstverständlich!)
wieder in einen neuen (geistlichen) Status führt (anders z.B. W.
Maurer 1963 23: Eine Nonne im öffentlichen Predigtamt wäre ein
Verstoß gegen göttliches Recht!).
|599|
Die gesamte Institutionslehre wird also auf Christus bezogen; es handelt sich um eine (i.w.S.) christologische Institutionentheorie73. Zugleich ist damit die institutionale Theorie der Kirche begründet.
Die Kirche als (geistliche) Institution weist ebenfalls die institutionelle Doppelstruktur von institutio und status auf; sie ist Stiftung und Institution, komplementär verbunden im (gottesdienstlichen) Vorgang1.
So gelangt Dombois unversehens und ohne Möglichkeit des Ausweichens auf die äußerst schwierige und nicht weniger umstrittene Frage nach dem Kirchenstiftungsakt Christi. Er versucht in der Tat eine Antwort, obwohl ihm die Schwierigkeit dieses Unterfangens nicht unbekannt ist, indem er von den Ergebnissen des Institutionengesprächs ausgeht. Um es vorwegzunehmen: Dombois vertritt die „mittelbare” Stiftung der Kirche durch Christus2.
„Jesus stellte sich . . . in die institutionelle Tradition des auserwählten Volkes. Und trotzdem vollzog er einen radikalen Bruch, indem er zugleich ab ovo neu instituierend wirkte. Er stiftete und gründete nichts außerhalb seiner selbst — er machte vielmehr die Menschen, die ihm glaubten, zu den seinigen, indem er sie sich zuordnete.”
Er tritt also in die Relationen menschlichen Existierens ein, richtet seinen Auftrag aus, indem er zur Umkehr ruft; er schart Menschen um sich und begründet durch dieses sein Verhalten — man könnte sagen, ob er will oder nicht — die „Institution Kirche”. Er tat dazu nur das, was
73) Auch die alte Institution ist
christologisch, wegen der Strukturgleichheit = (!) Bildfähigkeit
auf Christus hin (das innere Ziel der Schöpfung ist
Christus!).
1) Die Strukturgleichheit (oben 59871) ist
nur nicht menschlicher Selbstmächtigkeit erreichbar, RdG 920; es
geht immer die gratia praeveniens voraus, oben 588 f.
und unten 601 f. (ohne Widerspruch zu 6015!).
2) Ebenso Wolf OdK 29. Diese mittelbare Begründung der
Institution Kirche durch das Tun Jesu erklärt, weshalb Do.
einerseits die Gestiftetheit der Kirche auch als Institution und
ein andermal die Unangemessenheit solcher Fragestellung behaupten
kann; ÖR 1958 16, RdG 919, 929 gegen 479, 281 „Die Frage ist
falsch gestellt”; ähnlich CrE 16. Die Rechtsform der Stiftung
Christi ist die der Stiftung von Todes wegen, s.u. 629 f.; zu
ihrer Abgrenzung von der Anstalt ebd. und oben 580; schließlich
RdG 354 A. 6.
|600|
sein Auftrag verlangte; er übernahm, was er zu seiner Ausrichtung nötig hatte (Johannestaufe, Nahrung usf.), und ließ außer acht, was dazu nicht erfordert war: Frau, Macht, soziale und politische Verhältnisse überhaupt. „Seine eschatologische Existenz . . . übernahm nicht die Erhaltung dieser Welt.”
Wie ist die Struktur dieses Verhaltens Jesu, das sich instituierend auswirkte? Er wählte Menschen aus, machte sie „durch Umgang, Lehre, Mahlgemeinschaft, aber auch ausdrücklich zu seinen ,Freunden’”, beauftragte sie, identifizierte sich mit ihnen, indem er sie bevollmächtigte3. Man erkennt wieder den zweiaktigen „Vorgang”: Auswahl und Einordnung in einen neuen Zusammenhang, der selbst wieder eine eigene Struktur hat.
Die Kirche ist der Inbegriff geistlicher Institution, ja sogar selbst im Wesen (!) eine Institution, aber nur unter bestimmten Voraussetzungen.
Die erste Voraussetzung besteht darin, daß nicht die ganze Realität der Kirche zur Diskussion steht, sondern ihre „institutionale Dimension”, d.h. ihre „Struktur” und legitime Rechtsgestalt. Freilich wird der Anspruch erhoben, daß dies ihre innere Mitte und ihr zentraler Kern ist.
Die zweite: Die Kirche ist „neue” Institution (des neuen Äons), und zwar primär personale, erst sekundär und untergeordnet transpersonale Institution.
Die dritte: Auch „Institution Kirche” ist noch ungesicherte Redeweise. Genauer muß man sagen, sie sei der Inbegriff der Institutionen, die den Menschen dem Leib Christi zuordnen.
Wenn man diese drei Voraussetzungen beachtet, dann allerdings ist die Kirche die „wahre”, die geistliche, ja sogar die „Institution schlechthin”, die „Hauptinstitution”; denn sie ist vor allen anderen in einzigartiger Weise ausgezeichnet4.
3) RdG 900 f., Zitate ebd.
4) Kathol. 297 f., ÖR 1958 16 f., RdG 420 ff., 894,
897, 904, 919 f., 924 f.: „Es wird sichtbar, daß dieser Begriff
der Kirche nichts nimmt, aber Entscheidendes verständlich macht”;
902: die pneumatische Institution ist der Kirche „innerster,
immer wieder zu erbittender Lebensvorgang”, ferner oben 579 ff.
597 ff.
|601|
Die institutionelle Besonderheit besteht in ihrem (theologischen) Gnadencharakter. Die Gabe, die in ihr angenommen wird, ist Gott selber. In Christus nimmt Gott die menschliche Institutionalität an, so daß Christus selbst instituierend, neu Institution begründend handelt, wie soeben ausgeführt5.
Christus setzt das instituierende Geschehen fort im gottesdienstlichen Handeln der Christen, dem opus proprium der Kirche, das ihr Christus aufgetragen hat6. Dieses geistliche Tun ist die primäre „Institution”: in Wort und Sakrament ereignet sich Scheidung von der Welt und Zuordnung zu Christus; in einem weiteren Sinne wirkt jedes kirchliche Handeln instituierend, da es das Evangelium verkündet7. Im Gottesdienst kommen Relationalität und Personalität des Menschen zu ihrer Erfüllung. Wird das im Leben der Kirche beachtet, dann ist die Gefahr der Versachlichung und Funktionalisierung nicht zu fürchten.
„Kirche” ist der Inbegriff dieser institutionellen Vorgänge. Damit nun nicht die Kirche in lauter Einzelakte zerfällt, muß ihr „konstitutiver Zusammenhang” sichtbar werden8. Er besteht in ihrer Relationalität;
5) RdG 864, 921, 925 f. Damit klärt sich eine
schwierige Stelle i.S. der Inkarnationstheologie: „Wer die
fides ex auditu vertritt, muß auch die gratia ex
institutione vertreten”, RdG 926: Wie der gottgewirkte
Glaube ins menschliche Ohr eingeht, so die Gnade in die
menschliche Institutionalität — und damit in die (neue)
Institution.
6) RdG 211, 281 „auftragsgemäßes Handeln”; OU 32, RdG
901 f., 928. Es geht um das Verständnis der Geschichtlichkeit.
Das Leben und Handeln Jesu ist „geschichtlich”, d.h. aber auch
„gegenwärtig bedeutsam”; als gegenwärtig bedeutsames Handeln
bedarf es notwendig einer leibhaftigen Form: Die Kontinuität der
Kirche als personale Zuordnung (Institution) zu Jesus ist
einfache Folge der allgemeinen Geschichtlichkeit (RdG 354 A. 6),
theologisch gesprochen der Inkarnation, — rechtlich ausgedrückt
in der Repräsentation.
7) RdG 926, 928; Predigt: 371, 897, 922; Sakrament:
752; also Taufe, 925, 928; Abendmahl, 928; Ordination, 925 u. a.
bzw. Amt, 515, 925; Buße, 752 ff.; Rekonziliation, 925 f. bzw.
Schlüsselgewalt, 928 (weil „eingesetzt”), schließlich überhaupt
geistliches Handeln im Kernbereich, 925; dagegen ist
priesterliches Handeln als solches nicht institutional begründet,
Priest. 74, RdG 746 (weiter geht aber die Aufzählung Grundmanns
ThLZ 1963 809!). Zur Eucharistie als Verkündigung vgl. H.R.
Schlette PuM 1959.
8) RdG 920, Marburg 55. — Die Institutionalität der
Kirche war in Hemer nicht allgemein akzeptiert worden, RuI 65.
Dagegen nun Do. ÖR 1958 20: Die institutionelle Betrachtung zeigt
den Zusammenhang der divergierenden Probleme der Kirche.
Schwieriger wird freilich die Abgrenzung der institutionalen
Vorgänge im Amtsrecht, RdG 928.
|602|
die Kirche wird im doppelten (vertikalen und horizontalen) Bezug zu Gott und Mitmensch „konstituiert”. Im gottesdienstlichen Handeln werden diese Bezüge aktuiert; so entsteht die Struktur der Institution Kirche. Im Gottesdienst gewinnt die Grundrelation Gott-Mensch mitmenschliche Gestalt9.
Dank der zuvorkommenden Gnade Gottes, sola gratia, „vollzieht sich die Institution des Menschen in den . . . Status vor Gott”. Das ist die eigentliche „Funktion” der Kirche, nichts darüber hinaus, und nur insoweit ist sie wahre Institution. Sola fide, durch einen Akt der Annahme, des Glaubensgehorsams, tritt der Mensch in sie ein, wird in der Taufe in sie instituiert. Garant ihres Bestandes sind Tod und Erhöhung des Menschensohnes, in Christus aber Gott selbst. Durch ihre Existenz bezeugt sie aber der Welt Gott als den Garanten und objektiven Grund aller menschlichen Vergemeinschaftung10.
Nun können auf Grund des Verständnisses der Kirche als eines instituierenden Vorganges nicht mehr Person und Sache getrennt werden; die „Institution Kirche” darf nicht mehr dem Einzelchristen gegenübergestellt werden, und ebensowenig der Urkirche oder der pneumatischen Gemeinschaft der Herzen. Vielmehr gewinnt die exegetische Einsicht juristische Gestalt, daß das gottesdienstliche Handeln die Gemeinde auf erbaue11.
Eine zweite, in den Augen Dombois’ noch größere Gefahr droht der Institution Kirche; nicht nur, daß sie in zusammenhanglose Einzelakte der „Verwaltung von Wort und Sakrament” zerfällt, sondern daß sie
9) OU 32, Kathol. 297 f., ÖR 1958 16 f.; RdG
797: „Kirche lebt konstituierend im Gegenüber von Oben und Unten
wie vom Miteinander”, in der „Lebensform der Relationalität”; GRE
143: Die gemeine Grundrelation der Kirche ist die der
Verkündigung und des Hörens des Wortes, wie des Gebens und
Empfangens der Sakramente — im Anschluß an die Darlegung der
Barthschen analogia relationis!; GRE 146: der „genuine
Dualismus” und „die Dialektik dieser (scil. doppelten)
Relation”.
10) FamR 142, MuS 126, Kathol. 297 f., ÖR 1958 16 ff.,
RdG 920, 897 („die Funktion der Kirche [liegt] im Vorgang der
Institution”, scil. in den Leib Christi; ähnlich 924 f.).
11) OU 32 f., ÖR 1958 13 f., RdG 281, 926-930. — Außer
auf E. Käsemann (ÖR 1958 14, RdG 281) kann sich Do. vor allem auf
H. Schlier (1953 passim) berufen, der diese These energisch
verfochten und weithin Anerkennung gefunden hat. Gegen
Do. und H. Schlier bejaht eine Kirche aus „Verkündigung als
Vorgang” auch H. Diem III 120 f., 317.
|603|
zur transpersonalen Institution wird, als Anstalt oder Kollektivsubjekt mißverstanden12.
Meist fragt man dann mit einer gewissen Ratlosigkeit, wieviel „an” Institution von der institutionslos vorgestellten Kirche legitimerweise rezipiert werden darf, ohne daß der Geist ausgelöscht wird. Aber damit fängt man am falschen Ende an. Es geht um die Verwandlung weltlicher Institutionen, die geschehen soll, wenn die pneumatische Institution Kirche der Welt begegnet13. Primär ist deshalb der personal-institutionelle Kern, der die Verwandlung allein bewirken kann, also das geistliche Geschehen von Wort und Sakrament. Der rechtmäßige Ort der transpersonalen Institution ist der „weitere Lebensbereich” der Kirche, z.B. die Vermögensverwaltung. Die personale Institution geschieht mit geistlichen Mitteln (methods), die transpersonale mit weltlichen Mitteln, aber zu geistlichem Zweck; die personale steht direkt im geistlichen Dienst, die transpersonale indirekt. In der personalen schließlich geschieht das opus proprium der Kirche, in der transpersonalen ihr opus alienum — oder anders: Die personale Institution Kirche ist die geistliche Kirche, die transpersonale diese Kirche in ihrer Verflochtenheit mit der Welt.
Verderblich ist nur, wenn die transpersonale Institution den inneren Bereich der Kirche umzuformen beginnt. Dann wird die transpersonal überformte Kirche zum Vehikel des menschlichen Sicherheitsstrebens und schließlich gar zum getreuen Abbild des Staates14.
12) RdG 902, 920; 281, 929: „Uberperson”,
„Verbandspersönlichkeit”; also juristische bzw. moralische Person
im üblichen Sinn. Auch die „organologische” Interpretation (des
19. Jh., aber auch einiger katholischer Autoren) hilft nicht, da
sie nur die tpI als gegeben voraussetzt, RdG 931.
13) RdG 901 f. — der „christokratische” Gedanke im
institutionellen Gewände!
14) RdG 901 f., 917, 927 f., church 114 f., 118.
Transpersonale Uberformung kündigt sich an im Zerfall der
potestas ecclesiastica in pot. ordinis und
pot. iurisdictionis, mit der daraus folgenden, bis heute
andauernden katholischen Unsicherheit bezüglich
des Verhältnisses von ius divinum und ins
humanum, und dem entspr. evangelischen Versuch, ganz ins
ius humanum auszuweichen, und in der lutherischen
Ekklesiologie, die tpI zwar zu akzeptieren, aber als „äußeres
Kirchenwesen” abzuwerten, RdG 925-930, dazu ÖR 1958 18 f., RdG
695.
|604|
Die institutionelle Verbindung von Person und „Sache” im
gottesdienstlichen Vorgang als der Lebensmitte der Kirche löst
die alte Streitfrage, ob die „Gnadenmittel” Wort und Sakrament
die communio sanctorum erzeugten oder umgekehrt die
communio die Gnadenmittel hervorbringe. Mit W. Elert ist
die communio im Gottesdienst beides: communio
der sancti und communio der
sancta15. Person und Sache sind hier wieder
komplementär.
Auch für kirchliche Teilstrukturen erweist sich die
institutionale Zusammenschau von Person und Sache als fruchtbarer
Ansatz; so zunächst für das zentrale Verhältnis von Wort und
Sakrament: Im sakramentalen Vorgang fallen personale
Kommunikation und ihr Inhalt in eins16. Ein weiteres
Mal insistiert Dombois: Es war ein unsinniges Unterfangen des
fälschlich so genannten Personalismus, wenn man um der
Einzigartigkeit des Gottesverhältnisses willen die Welt
versachlichte, um das Gottesverhältnis als nur-personal
beschreiben zu können17.
Auch das Verhältnis von Kerygma und Sakrament kann von daher
näher bestimmt werden. Zwar sind Wortverkündigung wie
Sakramentsvollzug institutionelle Vorgänge, da sie von der „Welt”
scheiden und dem neuen Gottesvolk einordnen; aber entgegen dem
Vorurteil vom „sachhaften” Sakrament gegenüber dem „personalen"
Kerygma hat die alte Kirche „ihr transpersonales Kontinuum im
apostolischen Kerygma, ihre personale Aktualität im
Sakrament(svollzug) gesehen”18.
Eng damit verwandt ist das Traditions- und Sukzessionsproblem.
Auch beim Traditionsvorgang kann das personale tradere
vom Tradierten nicht abgetrennt werden: beides wirkt der eine
Herr. Das gleiche gilt für die apostolische
Nachfolge19.
15) CrE 32 f., 54, RdG 37 f., 443, 470 A.
10.
16) RdG 468 f., 472 A. 31. Entsprechendes gilt für das
Verhältnis von Person und Amt, RdG 252, 567, d.h. sachlich: das
Problem der relativen Ordination, 566 f.
17) RdG 791, 885 gegen eine einseitige
Kerygmatheologie.
18) OU 67 f. u.ö.: komplementäre Seiten des einen
geistlichen Vorganges; RdG 244. Das ist freilich nicht die
einzige Bedeutung von κήρυγμα im NT, vielleicht aber doch die
wichtigste. Vgl. G. Friedrich ThW III 714-716. Bezeichnenderweise
aber kommt das Verb κηρύσσειν viel häufiger vor, das nun
tatsächlich genau das in semitischer Denkweise wiedergibt, was
Do. mit der Verbindung von Person und Sache meint: das
Proklamieren durch den Herold (Person!) des Königs, in dem sich
das ereignet, was ausgerufen wird (Sache!): die Machtergreifung
Gottes, die Gottesherrschaft, G. Friedrich ebd. 702 f., H.
Schlier 1953 26 ff.
19) OU 52, RdG 791 f., 817, 819, 822 f.
|605|
Da die herkömmliche „Ordnungsmetaphysik” (der „Schöpfungsordnungen”, unten a) nicht das Problem der Freiheit zu lösen vermochte, umgekehrt der personalistische Aktualismus („Institution und Ereignis”, unten b) die Dauer und Rechtsverbindlichkeit der Institution nicht verständlich machen konnte, unternimmt Dombois deren komplementäre Anliegen mit den juristischen Mitteln der weiterentwickelten Integrationslehre R. Smends (unten c) in seiner Institutionentheorie bewahrend aufzuheben20, selbstverständlich ohne nun mit einem Schlage alle Detailfragen beantworten zu können (unten d).
Dombois sieht seine Institutionstheorie zunächst als eine „neue Lehre von den (Schöpfungs-)Ordnungen”, „zwischen Naturrecht und Positivismus”. Der Ertrag der Institutionenlehre besteht gegenüber den „Schöpfungsordnungen” in folgendem: Die herkömmliche „Ordnungsmetaphysik” ist nur eine „Scholastik zweiter Hand”, weil sie das Phänomen der Institutionen mit traditionellen Denkmitteln zu bewältigen sucht21.
Zwar beziehen sich die Ordnungs- wie die Institutionenlehre zu einem Gutteil auf die gleichen Sachverhalte (Ehe, Staat, Kirche usf.). Aber Dombois’ Institutionentheologie kommt der Sache näher in einer Reihe von Punkten, die zugleich ihre Vorteile gegenüber den „Ordnungen” sind.
1. Die Institution (Ehe usw.) wird nicht mehr allein mit dem ersten Glaubensartikel begründet, sondern beruht ebenso in der Christologie
20) Vgl. EStL 799.
21) NRE 40, NR 200, FamR 136, RdG 515, 906, 988, EStL
797; zur Schöpfungsordnung s.o. 287 f.3 564 f., zum
kath. Ordnungsbegriff neuestens J.Rief ThQ 1966 129 ff. — Die
lutherische Stände- und die katholische Naturrechtslehre sollen
damit in ihrem „berechtigten Anliegen” aufgenommen werden (EltR
76-85, 90, RdG 267, EStL 800). Kritik der Ständelehre (zuerst NRE
17-20, ferner ausführlich EltR 77-83. Die Institutionenlehre ruht
nicht mehr, wie die Ordnungslehre, allein auf der Ehe und dem 4.
Gebot: EltR 86 f.), der Naturrechtslehre, und zwar sowohl der
scholastischen wie der rationalistischen (zuerst NRE, dann NR
u.ö.).
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und Eschatologie. Sie begleitet den Menschen durch die Geschichte
(heilsgeschichtliche Sicht). Barthsche und lutherische
Ansätze finden so ihre Verbindung22.
2. Die anthropologische Begründung der Institutionen in der
Institutionalität und Relationalität des Menschen vermag besser
als die „positivistische” Ordnungslehre beides, die Zusammenhänge
und den Eigenstand der Institutionen, zu zeigen23
(anthropologische Sicht).
3. Diese Institutionenlehre stimmt mit einer personalen Denkform
besser überein und wahrt die Freiheit des Menschen24
(personale Sicht).
4. Die „Institution als Vorgang” drückt die Dynamik der
Institution besser aus als die eher statische Ordnungslehre
(dynamische Sicht)25.
5. Die sozialen Wirklichkeiten werden durch diese
Institutionenlehre besser berücksichtigt als durch die immer
etwas unrealistischen „Ordnungen” (soziologische
Sicht).
6. Die „Ordnungen” stehen zumeist auf der Seite des „Gesetzes”;
dieses wird mit dem juristischen „Recht” gleichgesetzt, das
allgemein als normative Verpflichtung verstanden wird;
demgegenüber vermag der Rechtsbegriff der Institution sowohl die
Nähe wie den Unterschied der Institution zum normativen Recht
begreiflich zu machen (juristische Sicht)26.
22) RdG 667, ZEE 1963 318, 322, oben 570 f. Die
Institution ist also Schöpfungs-, Erhaltungs- und Heils„ordnung”
in einem.
23) NRE 40 ff. — „Es gibt also nicht Ordnungen als
einen Sammelbegriff unerforschlicher Verfügungen Gottes, auf
Grund derer der Mensch in strukturell unerkennbare, gehorsam zu
vollziehende Beziehungen hineingestellt ist” (NRE 59). Ferner RdG
515: zwar „Singularität” der Institutionen, RdG 907: aber nicht
isolierte „Gegenstände”.
24) S.o. A. 23; KuD 1957 74, FS Karrer 400, RdG 908,
ZEE 1963 322, EStL 799. Damit grenzt sich Do. nach zwei Seiten
ab: Die Institutionen sind kein Spezialfall eines „Oberbegriffs
Institution” (RdG 515 und oben 555 zum begrifflichen Denken); sie
sind auch keine „Gegenstände” unabhängig vom Menschen (RdG 907
[3.] und oben 548 ff. zur Subjekt-Objekt-Spaltung).
25) NR 204, EltR 76 (3.), RdG 899, ZEE 1963 322;
angedeutet NRE 18, KuD 1957 74. Die dynamische Betrachtung trat
allgemein in den Vordergrund (MuR 197 [I], Verhandlungsbericht
RuI 61).
26) GRE 54, RdG 899, 908 mit Hinweis auf E. Brunners
Unterscheidung von Gebot (= Recht) und Ordnung; ferner s.u. 671
ff. zu Institution und Recht.
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7. Die Kirche kann in die institutionelle Betrachtung einbezogen werden, in die Ordnungslehre nur bedingt (kirchenrechtliche Sicht).
Wäre es allzu vermessen, diese Institutionenlehre — trotz der erwähnten Reserve Dombois’ gegen das traditionelle katholische und evangelische Naturrecht — gleichwohl als einen höchst wertvollen Beitrag zu einem „heilsgeschichtlichen Naturrecht” zu bezeichnen?
Die Dualität Institution-Ereignis bezeichnet ursprünglich das statisch-sachhafte Element in der Kirche im Gegensatz zur personalen Lebendigkeit der Gnade bzw. dem unverfügbaren Einbruch des Geistes. Sie hat eine bemerkenswerte Entwicklung in der evangelischen Theologiegeschichte hinter sich, die zugleich die fortschreitende Bewältigung des personalistischen Aktualismus in der Ekklesiologie anzeigt. Die einzelnen Etappen verbinden sich mit den Namen R. Sohm — K. Holl — J.L. Leuba — H. Dombois.
Sohm hatte ausschließlich das „Ereignis” betont, das Christliche nur im Charismatischen sehen können; Holl wies aber schon 1921 darauf hin, daß „das Institutionelle” nicht nur in der Jerusalemer Urgemeinde, sondern, wenn auch untergeordnet, in den paulinischen Missionsgemeinden vertreten war27. Leuba ging mit seinem bekannten Buch „Institution und Ereignis” einen Schritt weiter und zeigte, daß „Institution” und „Ereignis” durchgängige Strukturelemente des Neuen Testaments sind. Dabei bezeichnet „Institution” den heilsgeschichtlichen Strukturzusammenhang zwischen Altem und Neuem Testament, „Ereignis” den Neuansatz des Evangeliums, beide notwendig, beide nicht aufeinander reduzierbar; anders ausgedrückt: Das Evangelium ist „die ereignishafte Durchbrechung des institutionellen Zusammenhangs des alttestamentlichen Volkes Gottes” mit dem neuen Gottesvolk28.
Den vorläufigen Abschluß dieser Entwicklung bildet Dombois' Institutionenlehre. Mit der Unterscheidung von alter und neuer Institution vermag er aufzuweisen, daß der Rechtsbegriff der Institution
27) S.o. 56836.
28) RdG 289, 332; 222 stellt pointiert gegenüber
Institution/Gerechtigkeit/Pflicht — Ereignis/Gnade/Freiheit;
K. Barth folgert die Uberordnung des „Ereignisses”, vgl. wieder
56836.
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sowohl die Statik der „Institution” wie die geistliche Dynamik des „Ereignisses” umfaßt — umgekehrt, daß die Gnade sowohl „Institution” wie „Ereignis” ist in einem: Die Gnade (Christi Handeln) ist Institutionsvorgang. Auch die alte Institution wird verwandelt in den neuen Äon mit einbezogen: Christus nimmt in der Inkarnation auch die menschliche Institutionalität an.
Damit ist der Dualismus von Institution und Ereignis „aufgehoben” in der Institutionalität des Menschen. Er wird zu einem rechtsanthropologischen Grundphänomen29.
Bisher trat die Verbindung dieser Institutionenlehre zur Rechtswissenschaft30 noch nicht deutlicher in Erscheinung. Gleichwohl ist sie auf juristischem Boden erwachsen. Ihre Vorfahren sind nicht in der französischen Institutionenlehre (M. Hauriou, L. Duguit, G. Renard) zu suchen31, auch nicht — trotz unleugbarer Ähnlichkeiten — in der deutschen Romantik Savignys und Stahls32. Vielmehr bestehen — außer zu J. Ellul — enge Beziehungen zu der Integrationslehre R. Smends. Schon die Terminologie weist darauf hin („Vorgang”, „sittliche Integration”), auch die wiederkehrende Erwähnung der Verdienste Smends um die Staatslehre33.
29) RdG 222, 868, 901, 928. Auch das „Ereignis”
trägt Rechtscharakter, weil es instituiert. Vgl. RdG 368 den nur
„relativen Gegensatz von Leitung und Epiphanie”.
Innerhalb der Gnade gibt es „Herkommen" (vom stiftenden
Tun Jesu) und „Zukommen” (des Geistes), RdG 380, was aber vereint
ist im erhöhten Herrn, in dem die Vergangenheit uns zu-kommt (RdG
214 ff.); bei der Predigt: RdG 373; beim Abendmahl: RdG 389; bei
der Ordination: RdG 787. „Institution” und „Ereignis” sind also
nicht nur Antithesen, sondern stehen zugleich in innerem
Zusammenhang, ÖR 1958 14; sie sind „supplementär”, wegen des
Vorrangs der institutio durch Gott. — Vielleicht darf
man noch einen Schritt weitergehen. Bei Do. ist der letzte Grund
der Institution (und des Dualismus von Institution und Ereignis)
die Relationalität des Menschen. Das ist seine Institutionalität
(vgl. church 108). Aber ist der Mensch nicht selbst Institution,
„Institution und Ereignis”? — Oder anders: göttliche Stiftung
und gottgebene Aufgabe; paulinischer Indikativ und
Imperativ; oder mit J. Heckel status und vita?
(s.o. 22827).
30) Die theologische bleibt außer Betracht (z.B. H.U.
v. Balthasar 1963 201 ff.).
31) EStL 798 f., M. Bergman RDC 1966 37. — Zum
mittelbaren (?) Einfluß s.o. 57914, zum Verhältnis
Gehlens zu Hauriou vgl. Jonas 13 ff., zu Hauriou selbst R. Schnur
in M. Hauriou 1965 11 ff.
32) Anders E. Fahlbusch EKL II 345. Dazu R.-P.
Calliess 1962 29 ff.
33) Zutreffend W. Schweitzer RGG VI 164 f. — Do. hat
bei R. Smend mit der Dissertation „Formelle oder absolute
Staatslehre” (Göttingen 1950) summa cum ➝
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Diese bestehen nach Dombois vor allem in der Überwindung des alten statischen Staatsbegriffs. Der Staat stellt sich in seinen Ämtern dar; er „besteht” nicht als objektiv Vorgegebenes, sondern vollzieht sich in den Integrationsakten (jedes Handeln, das den Staat zum Staat macht: Gesetzgebung, Rechtsprechung, Verwaltung usf.), in Akten der „Verfassung”, im ständig sich erneuernden Plebiszit als dem „dynamisch-politischen Grundvorgang” staatlichen Lebens34.
Damit ist für den Staat die Subjekt-Objekt-Spaltung überwunden; der politisch Handelnde im Staat vollzieht nicht (nur-deklaratorisch) den Gesamtwillen, sondern integriert (auch-konstitutiv) den Gesamtwillen wieder in seinem Tun („Rückkopplung”). Smend hat die Rechtswissenschaft gelehrt, den Staat als „Vorgang” zu verstehen, der in einer Kette integrierender Einzelakte lebt und auf einen Status hinführt35.
Diese methodischen Einsichten, und darin besteht der Unterschied zu Smend, verallgemeinert Dombois auf alle Institutionen36; er gibt der
➝ laude promoviert. Sie ist erweitert unter dem
Titel „Strukturelle Staatslehre” erschienen (SS 4). Auf die
Integrationslehre geht Do. darin ausdrücklich im Schlußkapitel
(SS 89-91), im übrigen laufend ein. Zur Terminologie: Vorgang:
Exkurs XI 523 f.; Strafe als sittliche Integration (Richteramt 91
f., PG, genauer MuS 162 [ 13.]: wechselseitige Restitution);
Rechtsprechung: SS 59; Prozeß: Hochland 1953/54 351 f.; zur
„Gestaltungsaufgabe” = Integration: RuI 72 (IV f); zu Smend
allgemein: zuerst erwähnt PG 7, dann SS 89 ff., Quatember 1953/54
208, FamR 133, MuR 114 ff., OU 129, Strafe 167, RdG
(Personenverzeichnis). Smend selbst unterscheidet zwischen
persönlicher, funktionaler und sachlicher Integration des
staatlichen Lebens, vgl. SS 89 f. Vgl. schließlich Smend 1968 500
ff. zu Do.
34) SS 89, FamR 133, OU 129 = RdG 914 = 946, 907,
914.
35) FamR 133, MuR 114 ff. („politisch” steht hier in
einem weiteren Sinne, nach dem Vorgange M. Webers, U. Scheuner FS
Smend II 225; Begründung MuR 100). Weitere Erkenntnisse aus der
Integrationslehre: Der Staat „ordnet” nicht nur, sondern
gestaltet sich selbst positiv, RdG 1035; das bedeutet
rechtstheologisch, daß das „Gesetz” („Schwertgewalt”) nicht nur
schreckt, sondern auch bindet und integriert, RdG 876, gegen eine
verbreitete lutherische Auffassung. — Ferner Quatember 1953/54
208: Der Staat ist nicht aus dem Volke abzuleiten.
36) FamR 133, RuI 61 (Tagungsbericht), 64 Verkehr als
ehelicher Integrationsakt!, 67, übernommen in „Hemer” These 6 f
(RuI 72), RdG 907. — Ein tieferer Unterschied wird freilich
nirgends ausdrücklich ausgesprochen: Das „konsensuale” Element
der Integrationslehre ist dem „liberalen Konservativen” Do. eher
suspekt; erst nach und nach wird es in die Institutionslehre
eingebaut; vgl. die kritische Haltung zur Demokratie (Meth. 340,
GRE 56, OU 35, Quatember 1953/54, bedingt bejaht Strafe 167),
Einflüsse C. Schmitts (MuR 113, 122; vgl. dazu GRE 78 f., 142)
und den Strukturvergleich von institutioneller Monarchie und
konsensualer Demokratie (SS 79 ff., 82 ff.: institutio
in Verbindung mit Monarchie, consensus i. V. m.
Demokratie, sowie NRE 58 ff.: Schöpfungs- und konsensuale
Institutionen).
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Integrationslehre das bei Smend von der Kritik37 — wohl zu Unrecht — vermißte anthropologisch-theologische Fundament, hebt die ihr immanente Dialektik von Freiheit und Gebundenheit heraus und löst sie von der Smendschen Wertlehre. Sodann wendet Dombois diese Erkenntnisse auf die Kirche an, was Smend selbst schon vorgeschlagen und G. Holstein aufgenommen hatte, bildet sie weiter für das Kirchenrecht und seine Grundlegung38. Das gottesdienstliche Geschehen ist der kirch(enrecht)liche Integrationsvorgang.
Man darf sogar so weit gehen festzustellen, daß Dombois’ Institutionentheorie selbst eine abgewandelte und vertiefte Integrationslehre ist39. Das Denken in integrierenden, voneinander abhängigen „Vorgängen” ist ihm ebenso selbstverständlich wie das „dialektische” Denken für Erik Wolf.
Die Begründung der Institutionenlehre auf der theologischen Anthropologie ist ein unaufgebbarer Fortschritt, der nicht nur für die evangelische Rechtstheologie Beachtung verdient. Nicht weniger bedeutsam ist die implizierte (philosophisch-)anthropologische Institutionentheorie, die das Wagnis unternimmt — radikaler als es der soziologischen Forschung möglich ist —, die Institution vom Menschen aus zu deuten und sie so zu humanisieren. Namentlich die geradezu geniale Reduktion auf die Grundbezüge ist hier zu nennen.
Freilich sind mit diesem großen Wurf noch nicht alle Detailfragen beantwortet.
37) J. Messner 667 kritisiert an der
Integrationslehre nur, daß ihr die Begründung in einem
verbindlichen Menschenbild abgehe, so daß sie für beliebige
Inhalte mißbraucht werden könne.
38) FamR 133, OU 129, RdG 946; implicite OU
32 f.; R. Smend 1955 273 ff., G. Holstein 1928 347 ff., Grundmann
oben 244. Freilich tut Do. damit das, was er sonst als die
Kardinalsünde des Kirchenrechtlers tadelt, nämlich
staatsrechtliche Gedankengänge auf das Kirchenrecht übertragen,
ohne sie ausführlich auf ihre geistesgeschichtlichen
Voraussetzungen zu überprüfen (vgl. z.B. Meth. 339, 341 und OU 42
[1 a]: „Wir müssen . . . die politischen Begriffe aus dem
Kirchenrecht tilgen”).
39) Was z.B. oben zum Begriff des Vorgangs (Exk. XI
523 f.) ausgeführt ist, könnte weithin als Struktur der
Integration verstanden werden (vgl. MuR 114, Strafe 167).
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1. Die Strukturbetrachtung zeigte bisher nur den gleichen
(analogen) Aufbau der Institutionen. Es wurde aber noch nicht
deutlich, wo die Grenze der Variabilität der Institutionen
liegt40; ebenso, worin die Unterschiedenheit der
Institutionen untereinander besteht; schließlich wie ihre
Rangfolge konkret zu umschreiben ist.
Diese Frage ist von doppeltem rechtlichen Belang. Aus der
Variabilität der Einzelinstitution und der Unterschiedlichkeit
der Institutionen voneinander folgt die Variabilität und die
Unterschiedlichkeit der rechtlichen Regelung der
Einzelinstitution wie der Institutionen
untereinander41.
2. Was den „freien” intentionalen Akt der Annahme der Institution anlangt, so scheint es nicht möglich zu sein, im gleichen Sinn vom „freien” Eintritt in den Staat und vom „freien” Eintritt in die Ehe zu sprechen42. Auch die Möglichkeit oder Unmöglichkeit des Austritts aus einer Institution (Staat, Ehe, Kirche) ist noch nicht befriedigend erörtert43.
3. Einen Rest des Zweifels hinterläßt auch die doppelte Zweigliedrigkeit der Institution. Sie ist einerseits ein geschichtlicher Vorgang, zusammengesetzt aus den beiden Akten des Aussonderns und Einordnens. Sie ist andererseits institutio in einen status. Wie verhalten sich die vier Glieder zueinander44?
40) Die Auskunft, der „Grundriß” der
Institution sei „unverfügbar” (oben 595 f.), wobei Grundriß
gleich (Doppel-)Grundstruktur zu verstehen ist, berücksichtigt
noch nicht die prinzipielle geschichtliche Unabgeschlossenheit
der Strukturen, damit auch des „Grundrisses”. Zu weit geht
freilich die Kritik E. Fahlbuschs und M. Bergmans (oben aaO. 596
65).
41) Der Weg dazu wäre eine phänomenologische Analyse
der Verschiedenheit der Relationen mit den zugrundeliegenden
Grundbedürfnissen (oben 58840) sowie der darauf
beruhenden typischen Vorgänge. Vgl. die wichtigen Ansätze in
„Hemer” RuI 66 zum Eigentum.
42) Abgesehen vom Sonderfall des die
Staatsbürgerschaft begehrenden Staatenlosen. Vgl. SS 21, dazu RuI
64. Die Dialektik von freiem Konsens bzw. Akt und gebundenem
Status wurde auch an der Ehe zuerst entwickelt (vgl. FamR 125
ff., 132 ff., RdG 902 ff.); vorher wurde versucht, „freie”
Institutionen den Schöpfungsinstitutionen gegenüberzustellen und
sie „heilsgeschichtlich” miteinander zu verbinden (NRE 59 u.ö.).
Diese Vorgeschichte erklärt einige der Unangepaßtheiten (M.
Bergman RDC 1967 65 f.).
43) Vgl. die Ansätze RuI 67, 72 (6 g), RdG 90 ff.,
church 112; die eschatologische Möglichkeit des
Institutionsverzichts ist keine christliche Besonderheit, sondern
ein allgemeines religiöses Phänomen.
44) Oben 58526 wurde eine Lösung versucht,
die allerdings stark hypothetischen Charakter trägt.
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4. Ein besonders wichtiges Kapitel ist die — zunächst sehr zu begrüßende und außerordentlich fruchtbare — Unterscheidung zwischen personaler und transpersonaler Institution. Aber ist letztere überhaupt noch eine echte Institution? „Je weniger Existentialität, desto weniger Institution”45 — woraus folgen würde: Die transpersonale Institution hat mangels Existentialität keine eigenständige Bedeutung — wenigstens, wenn Dombois’ weitere Ausführungen erschöpfend wären. Er spricht nur von den Gefahren und der geschichtlichen Unvermeidbarkeit der transpersonalen Institution, nur andeutungsweise jedoch von der positiven Sinndeutung.
Wegen dieser Unterbewertung kann Dombois auch nicht angeben, wo die Grenze der personalen Institution ist, wo sie ihr Recht verloren hat. Auch die Beziehung zwischen transpersonaler und personaler Institution kann noch nicht zureichend umschrieben werden. Gern würde man näher erfahren, wieweit es legitimerweise transpersonale Institutionen innerhalb oder gesondert von personalen Institutionen gibt, und worin das Recht der transpersonalen Institution innerhalb der Kirche besteht, zudem wie überhaupt die Institutionen in der Institution zu bewerten sind. Schließlich, welche sind die spezifischen Gefährdungen der personalen Institution? Oder gibt es sie nicht, kann es sie nicht geben? Das wäre doch wohl eine zu glatte Lösung46.
Die Beantwortung dieser Fragen ist für das Kirchenrecht wie für das Recht überhaupt von entscheidender Tragweite. Von der positiven Sinndeutung der transpersonalen Institution hängt nicht nur die geistliche Legitimität desjenigen Teils des Kirchenrechts ab, der auf der transpersonalen Institution beruht, sondern auch die Legitimität der gesamten Rechtsentwicklung des Mittelalters und der Neuzeit47.
45) FamR 137, RdG 909, oben 578 ff.
46) Vgl. oben 581 f., — ohne daß damit alle Probleme
gelöst wären. Denn wenn sich pI und tpI verhalten wie Person und
Sache, dann kann das nur analoge Redeweise sein, weil ja
beide Institutionsformen personale und sachhafte
Elemente umfassen. Die lutherische Dreiständelehre wendet auf die
soziale Wirklichkeit von heute das zu kleine Modell der Familie
an, EltR 78 ff.; nimmt nicht Do. selbst das zu kleine Modell der
Ehe für die institutionelle Wirklichkeit? Dieses Verfahren hat
freilich den Vorzug großer Klarheit gegenüber den verwaschenen
Konturen des soziologischen Begriffs; der Nachteil liegt darin,
daß kompliziertere soziale Systeme nicht mehr erfaßt werden.
Vielleicht liegt die Ursache der Abwertung der tpI in der
„konservativen” Herkunft dieser Unterscheidung (H. Freyer; RdG
783, church 115).
47) S.u. 680. — Freilich bietet erst der angekündigte
Bd. II des RdG die Gelegenheit zur Erörterung des
„transpersonalen” Kirchenrechts (Teile des Ämterrechts?).