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Dokumentarischer Anhang

 

 

a) Thesen zur Kirchengemeinschaft vom 4. Mai 1970

1. Lutherische, reformierte und aus ihnen erwachsene unierte Kirchen sind in ihrem Verständnis von Kirchengemeinschaft darin verbunden, daß sie gemeinsam bestimmte Kennzeichen als für Kirchengemeinschaft notwendig erachten, andere Kennzeichen als zur Kirchengemeinschaft nicht notwendig ansehen.

2. Notwendig für die Einheit der Kirche ist die Übereinstimmung in der rechten Lehre des Evangeliums und in der rechten Verwaltung der Sakramente.
„Dies ist genug zu wahrer Einigkeit der christlichen Kirchen, daß da einträchtiglich nach reinem Verstand das Evangelium gepredigt und die Sakramente dem göttlichen Wort gemäß gereicht werden.” (CA VII)
„Überall, wo wir wahrnehmen, daß Gottes Wort lauter gepredigt und gehört wird und die Sakramente nach der Einsetzung Christi verwaltet werden, läßt sich auf keinerlei Weise daran zweifeln, daß wir Kirche Gottes vor uns haben.” (Institutio IV, 1, 9)

3. Was rechte Verkündigung des Evangeliums bedeutet, haben die Bekenntnisse zentral in der Lehre von der Rechtfertigung des Sünders zum Ausdruck gebracht: Gott nimmt den Sünder, der sich durch den Heiligen Geist seiner Gnade im Glauben erschließt, um Christi willen bedingungslos in die Gemeinschaft seiner Kinder auf.
Diese Annahme schließt unabtrennbar die Erneuerung des Lebens für den einzelnen und die Gemeinde ein. Das haben vor allem die reformierten Väter betont
Die Annahme wird immer neu im Glauben allein empfangen, d.h. daß die persönliche und gemeinschaftliche Gestalt der Heiligung Frucht, nicht aber Bedingung der Rechtfertigung ist. Das haben vor allem die lutherischen Väter betont.
Die Rechtfertigungsbotschaft, wie sie in den reformatorischen Bekenntnissen bezeugt ist, hält das Bekenntnis des Neuen Testaments zu dem gekreuzigten und auferstandenen Jesus von Nazareth als dem Heil für die Welt fest und stellt heraus, daß es Gott selbst ist, der durch seinen Sohn im Heiligen Geist dieses Heil wirkt. Diese Botschaft vermag auch heute die Übereinstimmung in der rechten Verkündigung des Evangeliums zu begründen.

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Die theologische Ausgestaltung der Rechtfertigungslehre in der reformatorischen Dogmatik stellt jedoch die Aufgabe, den Glauben an das Evangelium (insbesondere den kommunikativen und eschatologischen Charakter der Rechtfertigungsbotschaft) neu zur Aussage zu bringen.

4. Ihre besondere Gestalt findet die Rechtfertigungsbotschaft in der Heiligen Taufe und im Heiligen Abendmahl. Die Übereinstimmung in der rechten Verwaltung der Sakramente ist gegeben, wenn diese dem Evangelium gemäß gebraucht werden. Das ist der Fall, wenn die Sakramente nicht als selbstwirksame Heilsmittel, sondern als leibhafte Gestalt der Gnadenzusage, die den Glauben weckt und stärkt, gespendet werden.
Die lutherischen Väter betonen um der Zuversicht des Heilsglaubens willen mit Recht, daß dabei mit dem realen Empfang des Sakraments der reale Empfang der Heilsgabe des Sakraments zusammenfällt.
Die reformierten Väter betonen mit Recht, daß die Sakramentshandlung das Heil aus der freien Gnade des verheißenden Herrn wirkt, das allein im Glauben empfangen wird.
Die Begriffsmittel, mit denen die altlutherische und die altreformierte Dogmatik ihr berechtigtes Zeugnis von Taufe und Abendmahl ausgearbeitet haben, sind heute nicht mehr zureichend. Die gegenwärtige Situation des Glaubens erfordert neue Aussageformen.

5. Die reformatorische Kirchen stimmen darin überein, daß der Dienst der Verkündigung des Evangeliums (2. Kor. 5, 18) die grundlegende Lebensfunktion der Kirche ist. Sie schafft eine Gemeinde, die in konkreten Diensten und Ordnungen ihre leibliche Gestalt gewinnt. Die Ausgestaltung der Kirchenordnung ist dem freien Gehorsam des Glaubens überlassen. Dies haben vor allem die lutherischen Väter betont. Die Ausgestaltung der Kirchenordnung hat der Botschaft des Evangeliums gemäß zu geschehen. Dies haben vor allem die reformierten Väter betont.
Kirchengemeinschaft schließt den Konsensus darin ein,
a) daß zur wahren Einheit der Kirche eine organisatorische Gleichheit bzw. Vereinigung nicht notwendig ist;
b) daß die Zugehörigkeit zur Kirche Jesu Christi im Glauben an das Evangelium und im Empfang der Sakramente und in keiner anderen Bedingung begründet ist.

6. Der Glaube an den lebendigen Gott, der den Sünder rechtfertigt, fordert dazu auf, in der Gegenwart das Evangelium neu zu bezeugen. Die Dogmatik der altprotestantischen Väter hat durch die Unterscheidung von theologia patriae und theologia viatorum selbst geltend gemacht, daß der begriffliche Ausdruck des Glaubens in dieser Weltzeit überholbar ist und künftiger, besserer Belehrung geöffnet bleiben muß.

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Die Einsicht in die Wichtigkeit und zugleich in den Stückwerkcharakter theologischer Erkenntnis verpflichtet zu fortgehender theologischer Arbeit auf der gemeinsamen Grundlage des reformatorischen Zeugnisses von der Rechtfertigung. Dabei sollen sich die lutherischen und die reformierten Kirchen die traditionellen Lehrdifferenzen im Lichte des gewonnenen Konsensus als nicht mehr kirchentrennend verdeutlichen.

D. Dr. Wilhelm Niesel
Dr. Gerhard Nordholt
Dr. Joachim Staedtke
D. Udo Smidt
Hermann Greifenstein
Dr. Georg Kretschmar
Dr. Dr. Wenzel Lohff
D. Wolfgang Metzger

D. Heinrich Meyer
Dr. Ernst-Wilh. Wendebourg
Dr. Werner Danielsmeyer
D. Hans Graß
Karl Herbert
Dr. Wolfgang Heidland
Dr. Erwin Mülhaupt
 

 

b) Leuenberger Entwurf einer Konkordie vom September 1971

Der folgende Text ist von einer Versammlung bevollmächtigter Vertreter lutherischer, reformierter und unierter Kirchen in Europa am Ende von Beratungen angenommen worden, die vom 19. bis 24. September 1971 in Leuenberg (Schweiz) stattgefunden haben.

 

Lutherisch-reformierte Gespräche auf europäische Ebene
Vorversammlung in Leuenberg/Basel, September 1971
Konkordie reformatorischer Kirchen in Europa

(Entwurf)

Die dieser Konkordie zustimmenden lutherischen, reformierten und aus ihnen hervorgegangenen unierten Kirchen sowie die ihnen verwandten vorreformatorischen Kirchen der Waldenser und der Böhmischen Brüder stellen aufgrund ihrer Lehrgespräche unter sich ein gemeinsames Verständnis des Evangeliums fest, das ihnen Kirchengemeinschaft ermöglicht.
Sie leiten dabei ihr Verständnis der Kirchengemeinschaft von den reformatorischen Kriterien her. Demnach ist für die wahre Einheit der Kirche die Übereinstimmung in „der rechten Lehre des Evangeliums” und in „der rechten Verwaltung der Sakramente” notwendig und ausreichend; denn die Kirche ist allein auf Jesus Christus gegründet, der sie durch seine Zuwendung in der Verkündigung und in den Sakramenten sammelt und sendet.

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I. Der Weg zur Gemeinschaft

Angesichts wesentlicher Unterschiede in der Art des theologischen Denkens und des kirchlichen Handelns sahen sich die reformatorischen Väter um ihres Glaubens und Gewissens willen trotz vieler gemeinsamer Aspekte nicht in der Lage, Kirchengemeinschaft zu verwirklichen. Mit dieser Konkordie erkennen die beteiligten Kirchen an, daß sich ihr Verhältnis zueinander seit der Reformationszeit gewandelt hat.

1. Gemeinsame Aspekte im Aufbruch der Reformation

Aus dem geschichtlichen Abstand heraus läßt sich heute deutlicher erkennen, was den Kirchen der Reformation trotz aller Gegensätze in der Grundausrichtung ihres Zeugnisses gemeinsam war: Sie gingen aus von einer neuen befreienden und gewißmachenden Erfahrung des Evangeliums. Durch das Eintreten für die erfaßte Wahrheit des Evangeliums sind die Reformatoren gemeinsam in Gegensatz zur kirchlichen Überlieferung jener Zeit geraten. Übereinstimmend haben sie deshalb bekannt, daß Leben und Lehre an der ursprünglichen und reinen Bezeugung des Evangeliums in der Schrift zu messen sind. Übereinstimmend haben sie die freie und bedingungslose Gnade Gottes im Leben, Sterben und Auferstehen Jesu Christi für jeden, der dieser Verheißung glaubt, bezeugt. Übereinstimmend haben sie bekannt, daß Handeln und Gestalt der Kirche allein von dem Auftrag her zu bestimmen sind, dieses Zeugnis in der Welt auszurichten, und daß das Wort des Herrn jeder menschlichen Gestaltung der christlichen Gemeinde überlegen bleibt. Dabei haben sie gemeinsam mit der ganzen Christenheit das in den altkirchlichen Symbolen ausgesprochene Bekenntnis zum dreieinigen Gott und zur Gott-Menschheit Jesu Christi aufgenommen und neu bekannt.

2. Veränderte Voraussetzungen heutiger kirchlicher Situation

In einer vierhundertjährigen Geschichte sind für die Kirchen der Reformation insbesondere die theologische Auseinandersetzung mit den Fragen der Neuzeit, die historisch-kritische Schriftforschung und die kirchlichen Erneuerungsbewegungen wirksam geworden. Diese Faktoren führten die Kirchen zu neuen, ähnlichen Formen des Denkens und Lebens. Diese Entwicklung wurde verstärkt durch die gemeinsame Auseinandersetzung mit den Herausforderungen der Neuzeit, die auch zu nennen, quer durch die Konfessionen verlaufenden Gegensätze führten. Die Bewältigung der geistigen und gesellschaftlichen Anforderungen in der Neuzeit war mit den Denkformen des 16. und 17. Jahrhundert allein nicht mehr möglich. Dies veranlaßte die Kirchen vor allem seit den Erweckungsbewegungen im 19. Jahrhundert, das biblische Zeugnis wie die reformatorische Bekenntnisse in

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neuer Weise für die Gegenwart zu aktualisieren. Auf diesem Wege haben sie gelernt, das grundlegende Zeugnis der reformatorischen Bekenntnisse von ihren geschichtlich bedingten Denkformen zu unterscheiden und es im Blick auf die Herausforderungen der Gegenwart in neuer Gestalt aufzunehmen. Weil und insofern die Bekenntnisse das Evangelium als das lebendige Wort Gottes in Jesus Christus bezeugen, schließen sie den Weg zu dessen verbindlicher Weiterbezeugung nicht ab, sondern eröffnen ihn und fordern auf, ihn in der Freiheit des Glaubens zu gehen.

 

II. Das gemeinsame Verständnis des Evangeliums

Im folgenden beschreiben die unterzeichneten Kirchen ihr gemeinsames Verständnis des Evangeliums.

1. Die Rechtfertigung als die Botschaft von der freien Gnade Gottes

a) Das Evangelium ist die Heilsbotschaft von Jesus Christus. Sein rechtes Verständnis haben die reformatorischen Väter in der Lehre von der Rechtfertigung zum Ausdruck gebracht.
b) In dieser Botschaft wird Jesus Christus bezeugt
als der Menschgewordene, durch den Gott sich mit dem Menschen verbunden hat; als der Gekreuzigte und Auferstandene, der das Gericht Gottes auf sich genommen und darin die Liebe Gottes zum Sünder offenbar gemacht hat; und als der Kommende, der der Welt ihre Zukunft eröffnet.
c) Gott ruft durch sein Wort im Heiligen Geist alle Menschen zu Umkehr und Glauben und spricht dem Sünder, der glaubt, seine Gerechtigkeit in Jesus Christus zu. Wer dem Evangelium vertraut, ist um Christi willen gerechtfertigt vor Gott und zum Dienen bereit. Er lebt in täglicher Umkehr und Erinnerung zusammen mit der Gemeinde Gottes im Dienst an anderen, in der Gewißheit, daß Gott seine Herrschaft vollenden wird. So schafft Gott neues Leben und setzt inmitten der Welt den Anfang einer neuen Menschheit.
d) Diese Botschaft macht die Christen frei zu verantwortlichen Dienst an der Welt. Sie sollen eintreten für irdische Gerechtigkeit und Frieden unter den einzelnen Menschen und unter den Völkern. Dies erfordert von ihnen, daß sie mit anderen Menschen nach vernünftigen, sachlichen Kriterien suchen und sich an ihrer Anwendung beteiligen. Sie tun dies im Vertrauen darauf, daß Gott die Welt erhalten will, und in Verantwortung vor seinen Gericht.
e) Mit diesem Verständnis des Evangeliums nehmen wir die gemeinsame Überzeugung der reformatorischen Bekenntnisse auf, daß die ausschließliche

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Heilsmittlerschaft Jesu Christi die Mitte der Schrift und die Rechtfertigung als die Botschaft von der freien Gnade Gottes Maßstab aller Verkündigung der Kirche ist.

2. Verkündigung, Taufe und Abendmahl

Das Evangelium wird uns grundlegend bezeugt durch das Wort der Apostel und Propheten in der Heiligen Schrift Alten und Neuen Testamentes. Die Kirche hat die Aufgabe, dieses Evangelium weiterzugeben sowohl durch das mündliche Wort in der Predigt und im Zuspruch an den Einzelnen als auch durch die Taufe und das Abendmahl. Durch Verkündigung, Taufe und Abendmahl ist Jesus Christus im Heiligen Geist gegenwärtig. So wird den Menschen die Rechtfertigung in Christus zuteil, und so sammelt der Herr seine Gemeinde.

a) Taufe
In der Taufe schenkt uns Jesus Christus durch sein Wort die Vergebung der Sünden und ewiges Leben. Er erneuert uns durch seinen Heiligen Geist und beruft uns in seine Gemeinde. Gott ruft uns täglich aus dem alten Leben in die Nachfolge Christi.

b) Abendmahl
Im Abendmahl schenkt sich Jesus Christus, der Auferstandene, in seinem für alle in den Tod gegebenen Leib und Blut durch sein verheißendes Wort mit Brot und Wein. Er gewährt uns dadurch Vergebung der Sünden und befreit uns zu einem neuen Leben aus Glauben. Er läßt uns neu erfahren, daß wir Glieder an seinem Leibe sind. Er stärkt uns zum Dienst an den Menschen.
Wenn wir das Abendmahl feiern, verkündigen wir den Tod Christi, durch den Gott die Welt mit sich selbst versöhnt hat. Wir bekennen die Gegenwart des auferstandenen Herrn unter uns. In der Freude darüber, daß  der Herr jetzt zu uns gekommen ist, warten wir auf seine Zukunft in Herrlichkeit.

 

III. Die Übereinstimmung angesichts der Lehrverurteilungen der Reformationszeit

Die Gegensätze, die von der Reformationszeit an eine Kirchengemeinschaft zwischen den lutherischen und reformierten Kirchen unmöglich machen und zu gegenseitigen Verwerfungsurteilen geführt haben, betrafen die Abendmahlslehre, die Christologie und die Lehre von der Prädestination. Wir nehmen die Entscheidungen der Väter ernst, können aber heute folgendes gemeinsam dazu sagen:

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1. Abendmahl

Im Abendmahl schenkt sich Jesus Christus, der Auferstandene, in seinem für alle in den Tod gegebenen Leib und Blut durch sein verheißendes Wort mit Brot und Wein. So gibt er sich  selbst vorbehaltlos allen, die Brot und Wein empfangen, den Glaubenden zum Heil, den anderen zum Gericht.
Die Gemeinschaft mit Jesus Christus in seinem Leib und Blut können wir nicht vom Akt des Essens und Trinkens trennen. Ein Interesse an der Art der Gegenwart Christi im Abendmahl, das von dieser Handlung absieht, ist in Gefahr, den Sinn der Abendmahlshandlung zu verdunkeln.
Wo solche Übereinstimmung besteht, sind die früheren Verwerfungen in der Abendmahlslehre gegenstandslos.

2. Christologie

In dem wahren Menschen Jesus Christus hat sich Gott selbst zum Heil in die verlorene Menschheit hineingegeben. Im Verheißungswort und Sakrament macht er uns Jesus als Gekreuzigten und Auferstandenen gegenwärtig. Im Glauben an diese Selbsterschließung Gottes in seinem Sohn sehen wir uns vor die Aufgabe gestellt, das Interesse an der Unversehrtheit von Gottheit und Menschheit Jesu (reformierte Tradition) und das Interesse an seiner völligen Personeinheit (lutherische Tradition) angesichts des Scheiterns traditioneller Denkformen neu zur Geltung zu bringen.
Deshalb können wir heute die früheren Verurteilungen nicht mehr nachvollziehen.

3. Prädestination

Im Evangelium wird die bedingungslose Annahme des sündigen Menschen durch Gott verheißen. Wer darauf vertraut, darf des Heils gewiß sein und Gottes Erwählung preisen. Über die Erwählung kann deshalb nur im Blick auf die Berufung zum Heil in Christus gesprochen werden.
Der Glaube macht zwar die Erfahrung, daß die Heilsbotschaft nicht von allen angenommen wird, er achtet jedoch das Geheimnis von Gottes Wirken. Er bezeugt zugleich den Ernst menschlicher Entscheidung wie die Realität des universalen Heilswillens Gottes. Das Christuszeugnis der Schrift verwehrt uns, einen ewigen Ratschluß Gottes zur definitiven Verwerfung gewisser Personen oder eines Volkes anzunehmen.
Wo solche Übereinstimmung besteht, sind die früheren Verwerfungen in der Prädestinationslehre gegenstandslos.

4. Folgerung

Mit diesen Feststellungen bezeichnen wir die von den Vätern vollzogenen Verwerfungen nicht als unsachgemäß. Sie treffen jedoch heute die Lehre des

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Partners nicht mehr. Damit sind sie kein Hindernis für unsere Kirchengemeinschaft.

5. Unterschiede kirchlichen Lebens

In unseren Gemeinden bestehen beträchtliche Unterschiede im Blick auf die Gestalt des Gottesdienstes, die Ausprägungen der Frömmigkeit und die kirchlichen Ordnungen. Diese Unterschiede werden in den Gemeinden oft stärker empfunden als die traditionellen Lehrgegensätze. Dennoch vermögen wir nach dem Neuen Testament und den reformatorischen Kriterien der Kirchengemeinschaft in diesen Punkten keine kirchentrennenden Faktoren zu erblicken.

 

IV. Herstellung und Verwirklichung der Kirchengemeinschaft

Mit der Kirchengemeinschaft zwischen den bekenntnisverschiedenen Kirchen wird die im 16. Jahrhundert entstandene und bis heute andauernde Trennung aufgehoben, Gemeinschaft an Wort und Sakrament gewährt und eine möglichst große Gemeinschaft in Zeugnis und Dienst an der Welt erstrebt.

1. Herstellung der Kirchengemeinschaft

Auf Grund des festgestellten zwischenkirchlichen Konsensus erklären die Kirchen in der Bindung an die sie verpflichtenden Bekenntnisse oder unter Berücksichtigung ihrer Traditionen:
a) Die unterzeichnenden Kirchen stimmen im Verständnis des Evangeliums, wie es im Teil 2 Ausdruck gefunden hat, überein.
b) Die in den Bekenntnisschriften ausgesprochenen Lehrverurteilungen betreffen den gegenwärtigen Stand der Lehre der unterzeichnenden Kirchen nicht mehr. Vorhandene Unterschiede in kirchlicher Lehre, Ordnung und Lebensform haben keine kirchentrennende Bedeutung.
c) Die unterzeichnenden Kirchen erkennen einander als Kirche Jesu Christi an, indem sie sich Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft gewähren. Diese schließt die gegenseitige Anerkennung der Ordination und die Ermöglichung der Interzelebration ein.
Mit dieser Erklärung ist die Kirchengemeinschaft hergestellt.

2. Verwirklichung der Kirchengemeinschaft

Die Kirchengemeinschaft erfährt ihre Verwirklichung im Leben der Kirchen und gemeinden, verlangt von ihnen gemeinsame Ausrichtung von Zeugnis

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und Dienst und das Bemühen um Stärkung und Vertiefung der gewonnenen Gemeinschaft.

a) Zeugnis und Dienst

Das Evangelium von Jesus Christus gewinnt in der Welt an Glaubwürdigkeit, wenn die Kirchen es in Einmütigkeit bezeugen. Das Evangelium befreit und verbindet die Kirchen zum gemeinsamen dienst. Er gilt dem Menschen mit seinen Nöten und der Beseitigung ihrer Ursachen. Die Bemühung um Gerechtigkeit und Frieden in der Welt verlangt von den Kirchen zunehmend die Übernahme gemeinsamer Verantwortung.

b) Theologische Weiterarbeit

Als zwischenkirchlicher Konsensus läßt die Konkordie die verpflichtende Geltung der Bekenntnisse in den beteiligten Kirchen bestehen. Die im Zentralen gewonnene Übereinstimmung verpflichtet die Kirchen, in kontinuierliche Lehrgespräche einzutreten.
Das gemeinsame Verständnis des Evangeliums, auf dem die Kirchengemeinschaft beruht, muß weiter vertieft, überprüft und ständig aktualisiert werden. Es ist weiterhin Aufgabe der Gespräche, Lehrdifferenzen, die zwischen den beteiligten Kirchen nicht kirchentrennend sind, aufzuarbeiten (z.B. hermeneutisches Verständnis von Schrift, Bekenntnis und Kirche, Gesetz und Evangelium, Taufpraxis, Amt und Ordination, Kirche und Gesellschaft, Zwei-Reiche-Lehre und Königsherrschaft Christi) und sich neu auftauchenden Problemen zu stellen.
Auf Grund ihres gemeinsamen Erbes müssen die reformatorischen Kirchen sich mit Tendenzen theologischer Polarisierung auseinandersetzen, die sich gegenwärtig abzeichnen. Die damit verbundene Probleme greifen weiter als die Lehrdifferenzen, die einmal den lutherisch-reformierten Gegensatz begründet haben.
Es wird Aufgabe der gemeinsamen theologischen Arbeit sein, die Wahrheit des Evangeliums gegenüber Entstellungen abzugrenzen.

c) Organisatorische Folgerungen

Durch die Erklärung der Kirchengemeinschaft werden kirchenrechtliche Regelungen von Einzelfragen zwischen den Kirchen und innerhalb der Kirchen nicht vorweggenommen. Die Kirchen werden jedoch bei diesen Regelungen die Konkordie berücksichtigen.
Allgemein gilt, daß die Erklärung der Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft und die gegenseitige Anerkennung der Ordination nicht die in den Kirchen geltenden Bestimmungen für die Anstellung im Pfarramt und für die Ausübung des pfarramtlichen Dienstes berühren.

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Die Frage eines organisatorischen Zusammenschlusses einzelner beteiligter Kirchen kann nur in der Situation entscheiden werden, in der diese Kirchen leben. Bei der Prüfung dieser Frage sollten folgende Gesichtspunkte beachtet werden:
Eine Vereinheitlichung, die die lebendige Vielfalt der Verkündigungsweisen, des gottesdienstlichen Lebens, der kirchlichen Ordnung und der diakonischen wie gesellschaftlichen Tätigkeit beeinträchtigt, würde dem Wesen der mit dieser Erklärung eingegangenen Kirchengemeinschaft widersprechen. Andererseits kann aber in bestimmten Situationen der Dienst der Kirche um des Sachzusammehangs von Zeugnis und Ordnung willen rechtliche Zusammenschlüsse nahelegen. Organisatorische Konsequenz aus der Erklärung der Kirchengemeinschaft dürfen sich auf Minoritätskirchen nicht negativ auswirken. Ihre Entscheidungsfreiheit muß voll respektiert werden.

d) Ökumenische Aspekte

Indem die reformatorischen Kirchen die Kirchengemeinschaft unter sich herstellen, handeln sie us der Verpflichtung heraus, der Einheit der Kirche Jesu Christi zu dienen. Sie verstehen eine solche Kirchengemeinschaft im europäischen Raum als einen Beitrag auf dieses Ziel hin.
Sie erwarten, daß die Überwindung ihrer bisherigen Trennung sich auf die ihnen konfessionell verwandten Kirchen in Europa und in anderen Kontinenten auswirken wird, und sind bereit, mit ihnen zusammen die Möglichkeiten weiterer Kirchengemeinschaft zu erwägen.
Diese Erwartung gilt ebenfalls für das Verhältnis des Lutherischen Weltbundes und des Reformierten Weltbundes zueinander.
Ebenso hoffen sie, daß die Herstellung der Kirchengemeinschaft untereinander der Begegnung und Zusammenarbeit mit anderen Kirchen einen neuen Anstoß geben wird.

 

Einschlägige Veröffentlichungen des Autors:

1. Das Recht der Gnade — Ökumenisches Kirchenrecht I, Luther Verlag, Witten, 1. Auflage 1961 (vergriffen), 2. Auflage 1969.
2. Evangelium und soziale Strukturen, Luther Verlag, Witten 1967.
3. Hierarchie — Grund und Grenze einer umstrittenen Struktur, Verlag Herder, Freiburg 1971.
4. Völker — Lehmann — Dombois, Ordination heute, in: Kirche zwischen Planen und Hoffen, Johannes Stauda Verlag, Kassel 1971.