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Anmerkungen

 

Zu den einleitenden Bemerkungen

1 Hierzu sei neben vielem anderen auf die Schrift F. v. Hippels „Vorbedingungen einer Wiedergesundung heutigen Rechtsdenkens”, Marburg 1947, hingewiesen.

2 der etwa gegenüber den politischen Kräften ungeachtet gewisser justizstaatlicher Neigungen z.B. des Bonner Grundgesetzes festzustellen ist.

3 Beispielsweise sei auf die antinazionalsozialistische Gesetzgebung, das Kontrollratsgesetz Nr. 10 und neuere Bestimmungen zum Schutz gegen eine Radikalisierung des politischen Lebens wie etwa Art. 9, II und 21, II BGG mit der sich anschließenden Gesetzgebung hingewiesen. Als Hinweis darauf, wie sehr man doch auch gerade auf das Recht seine Hoffnung wirft, ist etwa der Erfolg des Buches „The Anatomy of Peace” von Emery Reves interessant, dessen Quintessenz in dem Satz „Friede ist gleichbedeutend mit der Existenz von Recht und Gesetz” besteht.

4 Vgl. z.B. AG Wiesbaden, Urt. v. 15. 11. 1945 mit Anm. v. H. Kleine in SJZ 1946 Nr. 2 S. 36; KG. Urt. v. 24. 8. 1946 mit Anm. v. R. Lange in DRZ 1947 Heft 6 S. 198 ff.; OLG Saarbrücken, Urt. v. 21. 5. 1947 mit Anm. v. H. Coing in DRZ 1947 Heft 10 S. 341 ff.; OLG Frankfurt, Urt. v. 12. 8. 1947 mit Anm. v. G. Radbruch in SJZ 1947 Nr. 11 Sp. 621 ff.; LG Bonn, Urt. v. 29. 10. 1947 mit Anm. v. Schack in MDR 1948 Heft 5 S. 153 ff.; OHG Köln, Urt. v. 5. 3. 1949 mit Anm. v. H. Welzel in MDR 1949 Heft 6 S. 370 ff. Vgl. andererseits § 1, II der VO Nr. 165 der Brit. Mil. Reg. (VOBL. BZ. 1948 S. 263), in dem die Nichtanwendung einer gesetzlichen Vorschrift aus Gesichtspunkten der Billigkeit oder auf Grund übergesetzlicher Grundsätze den Verwaltungsgerichten untersagt wird.

5 Wie er etwa in dem wohl mehr verzweifelten als „brutalen” (wie Mausbach meint) Ausspruch Nietzsches „nichts ist wahr, alles ist erlaubt” Ausdruck findet.

6 Nur einige neuere Beispiele: G. Radbruch in der „Vorschule der Rechtsphilosophie” S. 109: „So ist die Idee eines übergesetzlichen Rechts, an dem gemessen auch positive Gesetze als gesetzliches Unrecht sich darstellen können, nach einem Jahrhundert des juristischen Positivismus wieder mächtig auferstanden.” — G. Boehmer in „Das Naturrecht und die europäische Privatrechtsgeschichte”, Ztschr. f. d. ges. Handl. u. Konk.-Recht, Bd. 112 S. 173: „Wir leben, wie jeder Jurist, ja jeder denkende Mensch weiß, in einer erneuten Renaissance des Naturrechts.” — J. Sauter in „Die philosophischen Grundlagen des Naturrechts”, S. 221: „So haben wir denn heute tatsächlich eine Auferstehung des Naturrechts.” Ebenso spricht H. Lehmann in seinem Aufsatz „Die Wirkungsstärke des Naturrechts”, Raape-Festschrift, S. 371 von einer Renaissance des Naturrechts und H. Thieme meint in „Das Naturrecht und die europäische Privatrechtsgeschichte”, das Naturrecht sehe einer „neuen Morgenröte” entgegen. Endlich sei auf die Buchtitel „Die ewige

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Wiederkehr des Naturrechts” von H. Rommen und — um auf eine entsprechende Entwicklung in Frankreich hinzuweisen — auf „La renaissance du droit naturel” von J. Charmont aufmerksam gemacht.

7 Vgl. Th. Würtenberger „Wege zum Naturrecht in Deutschland 1946 bis 1948”, Arch. f. Rechts- und Sozialphilos. (1949) S. 109, wo er dies jedenfalls für das profane Naturrecht feststellt.

8 In Umkehr der von G. Radbruch in seinen „Grundzügen der Rechtsphilosophie” (1914) noch aufgestellten These, „daß Werturteile nicht der Erkenntnis, sondern des Bekenntnisses fähig sind”, mit der die Grundüberzeugung des Relativismus formuliert wird.

9 Diesen Ausdruck hat R. Stammler in „Wirtschaft und Recht nach der materialistischen Geschichtsauffassung” (1896) S. 185, geprägt.

10 H. Welzel „Vom irrenden Gewissen” S. 5.

11 In dem ganz allgemeinen Sinn, daß es eine erforschbare Seinsordnung außerhalb des Bewußtseins gebe.

12 Während in der abendländischen Tradition unter Metaphysik bisher das spekulative Denken eines transzendenten, unserer Anschauung nicht unmittelbar gegebenen Seins verstanden wurde, wird nunmehr von einer „Metaphysik des Erkennens” (N. Hartmann) oder bei M. Heidegger von einer „Metaphysik der Subjektivität” gesprochen. (Vgl. „Über den Humanismus” S. 9).

13 „Innerhalb der Rechtsphilosophie gibt es nur einen fundamentalen Gegensatz, das ist der zwischen Positivisten und Naturrechtlern.” E.D. Hoelscher in „Sittliche Rechtslehre”, Band 1 S. 254.

14 D.h. das bis zum Abschluß dieser Arbeit (Ende 1950) erschienene; die Literaturübersicht wurde später ergänzt.

15 Dieser in sich nicht widerspruchsfreie Begriff soll um seiner allgemeinen Gebräuchlichkeit willen auch hier zur Unterscheidung von theologisch und philosophisch fundierter Naturrechtslehre beibehalten werden. Was er im einzelnen bedeuten soll, wird später darzulegen sein.

16 1. Aufl. Leipzig 1936, 2. erw. Aufl. München 1947.

17 In seiner Polemik gegen das Naturrecht in „Jurisprudenz und Rechtsphilosophie” (1892).

18 „Auch das miserabelste Recht ist, falls es in formeller und konstitutioneller Beziehung korrekt ist, Recht, aber man sollte es lieber heute als morgen abschaffen.” So Bergbohm a.a.O. S. 272. Kohler meint dazu in seiner „Rechtsphilosophie” S. 53, Bergbohm habe mit seinem Buch nur die „völlige Unnahbarkeit” des Rechtspositivismus dargelegt.

19 Vgl. hierzu den von K. Larenz gegebenen Überblick: „Das Problem der Rechtsgeltung” (1929).

20 Nicht nur derjenige, der sich zu einem Naturrecht zeitlos gültigen Inhalts bekennt, wird die Frage, ob die materiale Gerechtigkeit oder die in der Positivität wurzelnde Rechtssicherheit (der Formwert des

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Rechts) der vorgehende Wert sei, gegen die Ansicht des Rechtspositivismus entscheiden. So sind etwa die Gewährung eines mehr oder weniger weitgehenden Widerstandsrechtes oder eines materiellen Prüfungsrechtes zwar die sich primär anbietenden rechtspolitischen Wege, auf denen man einem Naturrecht gegenüber dem positiven Recht Wirksamkeit verschaffen wird; aber sie sind der Naturrechtslehre nicht vorbehalten.

21 Der Ausdruck „Naturrecht mit wechselndem Inhalt” ist in dieser Hinsicht nicht weniger irreführend als der nicht unzutreffende, aber terminologisch doch ganz unpräzise Satz Belings, daß jeder normative Rechtsbegriff „ein Fenster zum Naturrecht” habe.

22 Hierher gehören als der Marburger Richtung des Neukantianismus nahestehend z.B. R. Stammler, H. Kelsen, C.A. Emge, A. Verdroß, O. Tesar und F. Kaufmann — mehr der süddeutschen Schule folgend E. Lask, G. Radbruch (bis 1932) und M.E. Mayer.

23 Diese Auffassung wird in der Literatur noch am ehesten mit der Naturrechtslehre in Verbindung gebracht, zumal sich ihre Vertreter ausdrücklich als Metaphysiker bezeichnen (so z.B. J. Kohler, F. Berolzheimer, J. Binder, K. Larenz und W. Schönfeld). Die Hegelsche Metaphysik hat aber mit dem Naturrecht als einem absoluten, übergeschichtlichen Normensystem insofern nur noch sehr wenig zu tun, als Hegel eine dynamische Metaphysik geschaffen hat, die zwar in genialer Weise dem Geschichtsmoment Rechnung trägt, damit aber zugleich ihren kontinuierlichen, normgebenden Charakter einbüßt.

24 Ansatzpunkte für normatives, teleologisches Denken boten eine Fülle von Einzelproblemen: im Straf recht das Problem der „materiellen Rechtswidrigkeit” und des Unrechtsbewußtseins, im Zivilrecht die Substantiierung der Generalklauseln, im Staatsrecht etwa das Problem der Grundrechte und des Staatsbegriffs, wie überhaupt im gesamten Bereich des Rechts das Problem der Auslegung und Begriffsbildung.

25 Die im sog. „Methodenstreit” ausgetragen wurde und im ganzen eine Entwicklung von kantischem Formalismus zu einer wertbezogenen, teleologischen Methode erkennen läßt. Zum Ganzen vgl. E. Schwinge: „Der Methodenstreit in der heutigen Rechtswissenschaft”, Bonn 1930.

26 So wörtlich H. Mitteis in seinem erw. Vortrag „Über das Naturrecht” S. 38 und Walter G. Becker in „Die symptomatische Bedeutung des Naturrechts”, Arch. f. d. zivil. Praxis, 150. Bd., 2. Heft, S. 123.

27 H. Thieme „Das Naturrecht u. die europ. Privatrechtsgeschichte”, Basel 1947; G. Boehmer „Das Naturrecht u. die europ. Privatrechtsgeschichte", Ztschr. f. d. ges. Handels- u. Konkursrecht, Bd. 112, S. 73 ff. Der Versuch Roemers („Naturrecht vor 150 Jahren u. heute” in Kiesselbach-Festschrift 1947 S. 157 ff.), der der Naturrechtslehre Fichtes zu neuem Ansehen verhelfen will, ist schon durch die Wahl des Gegenstandes zu begrenzt, als daß er hier näher behandelt werden könnte.

28 Berlin 1948.

29 Wenn er etwa feststellt, daß die Konsequenz das höchste „naturrechtliche Prinzip" sei, an Hand dessen bestimmte Grundaxiome (wie z.B. die Anerkennung des Wertes der Persönlichkeit, des Lebens, des

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Eigentums usw.) zur Rechtsordnung zu entfalten seien und andererseits meint, daß das den („transzendentalen”) Rechtsbegriff inhaltlich ausfüllende positive Recht sein Korrektiv im Naturrecht finde, das wiederum nichts anderes als der Ausdruck der (dem Rechtsbegriff gegenüber „transzendenten”) Rechtsidee sei, und ferner, daß diese Orientierung des positiven Rechts an der Rechtsidee „über die rein logische, über die psychologische, ja sogar über ontologische hinaus zur „deontologischen” Rechtsbetrachtung” führe, so sind damit Aussagen gemacht, die kaum zu vereinbarenden Grundvorstellungen zu entsprechen scheinen oder deren mögliche Übereinstimmung jedenfalls nicht recht deutlich wird. Vgl. hierzu a.a.O. S. 32 ff., insbes. S. 34 und 37.

30 „Naturrecht und Völkerrecht”, Verhandlungen des 8. Dtsch. Soziologentages, Schriften der dtsch. Gesellschaft f. Soziologie, 1. Serie, VIII. Bd. (1948) S. 136 ff.

31 In Raape-Festschrift 1948, S. 371 ff.

32 A.a.O. S. 374. Vgl. R. Stammler „Wirtschaft und Recht” (1896) S. 575.

33 Wenn Lehmann gleichwohl an späterer Stelle meint, daß den aus der formalen Rechtsidee abzuleitenden Prinzipien „wie etwa das suum cuique” doch eine „gewisse inhaltliche Bestimmtheit” zukomme, insofern als sie Gesetzgebung und Rechtssprechung bestimmte, absolut („naturrechtlich”) gültige Schranken auferlege, so beruht diese Meinung auf einem unscharfen Gebrauch der Begriffe „formal” und „material” — eine Ungenauigkeit, auf die an späterer Stelle zurückzukommen sein wird.

34 Vgl. die oben S. 3 Anm. 2 zitierte Stelle aus der „Vorschule der Rechtsphilosophie” S. 109.

35 F. v. Hippel „Gustav Radbruch als rechtsphilosophischer Denker” SJZ Jg. V, Nr. 7, Sp. 463 ff. mit Forts. Nr. 8, Sp. 574 ff., insbes. Sp. 579 ff.

36 Vgl. etwa den vielzitierten Aufsatz „Gesetzliches Unrecht u. übergesetzliches Recht” in SJZ Jg. 1 Nr. 5 S. 105 ff.

37 In Festschr. für Rudolf Laun, Hamburg 1948.

38 In Arch. f. d. zivil. Praxis, 150. Bd., 2. Heft, S. 97 ff.

39 Vgl. a.a.O. S. 121: „Naturrecht wird . . . nicht verstanden als irgendein transzendentales System überpositiver Rechtssätze in einem direkten Sinne . . . wohl aber symbolisch als ein Inbegriff von historisch geschehenen, positiv registrierbaren, in Rechtsakten zum Ausdruck gelangenden Erkenntnissen von Menschen, welche von dem Gedanken einer effektiven Rechtsbesserung motiviert und dirigiert sind, um damit dem Bedürfnis, ein nach logischen und ethischen Maßstäben unbefriedigendes Recht ohne Rücksicht auf seine staatliche Sanktionierung bei seiner konkreten Anwendung durch die dazu berufenen Menschen nur in verbesserter und befriedigenderer Gestalt zur Wirkung gelangen zu lassen, Rechnung zu tragen.”

40 „Von der angeblichen Unverbindlichkeit der Jurisprudenz”, Tübingen 1948.

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41 A.a.O. S. 43.

42 O. Veit: „Die geistesgeschichtliche Situation des Naturrechts”, Merkur, 1. Jg. (1947), Heft 3, S. 390 ff., und K. Larenz „Zur Beurteilung des Naturrechts”, Forschungen und Fortschritte, Bd. 21-23, Jg. 1947, S. 49 ff.

 

Erster Abschnitt: Teil A

1 Deren Kulminationspunkt wohl Bergbohms „Jurisprudenz und Rechtsphilosophie” (1892) darstellt.

2 Vgl. P. Tischleder „Die Staatslehre Leos XIII.”, München-Gladbach 1925 und O. Schilling „Die Staats- und Soziallehre des Papstes Leo XIII.”, Köln 1925.

3 V. Cathrein „Recht, positives Recht und Naturrecht”, 2. erw. Aufl. Freiburg 1909 (Erweiterung der betr. Abschnitte seiner „Moralphilosophie” v. 1904). Ders. „Naturrechtliche Strömungen in der Rechtsphilosophie der Gegenwart”, Arch. f. Rechts- und Wirtsch.-Philos., Bd. XVI (1922/23) S. 54 ff.; v. Hertling „Ziel und Methode der Rechtsphilosophie”, Philos. Jahrb. 1895, S. 126 ff.; J. Mausbach „Naturrecht und Völkerrecht”, Freiburg 1918, und „Katholische Moraltheologie”, München 1927; O. Schilling „Christliche Sozial- und Rechtsphilosophie”, München 1933; vgl. ferner G. Mauser „Das Naturrecht in thomistischer Beleuchtung”, Freiburg 1944. Vgl. ferner Steinbüchel „Die philosophische Grundlegung der Kath. Sittenlehre”, Düsseldorf 1947. Weitere Literatur bei Wünsch „Evangelische Ethik des Politischen”, S. 98 Anm. 1. — Weiterhin gehört auch die ausführliche Darstellung des alten Naturrechts (bis zum deutschen Idealismus) von J. Sauter „Die Grundlagen des Naturrechts” (Wien 1932) hierher, da sie sich in ihrem Urteil vorwiegend am Thomismus orientiert.

4 Einen gedrängten Überblick über die Naturrechtslehre bei Thomas gaben in jüngster Zeit u.a. P. Ottenwälder in „Zur Naturrechtslehre des Hugo Grotius”, Tübingen 1950; H. Welzel in „Vom irrenden Gewissen”, Tübingen 1949, und Ernst Wolf „Die Frage des Naturrechts bei Thomas v. Aquin u. Luther”, Vortrag in Treysa 1950. Die Beobachtung, daß sich die kath. Philosophie neuerdings verschiedentlich vom Thomismus zu entfernen beginnt, kann hier nicht berücksichtigt werden. Hinsichtlich der kath. Rechtsanschauung ist er nach wie vor Grundlage der herrschenden Doktrin.

5 Nur zwei Beispiele: „Wie das Dasein Gottes, so sind auch die Existenz, die Unsterblichkeit und die Bestimmung der Seele nicht lediglich Postulate der Vernunft, sondern beweisbare Wahrheiten, beweisbar auf Grund vernünftiger Erwägung und Reflexion.” O. Schilling „Chr. Soz.- u. Rechtsphilos.”, S. 66 und Cathrein in „Recht, pos. Recht u. Naturrecht”: „Was die menschliche Natur ist und wesentlich zu ihr gehört, das können wir aus der täglichen Erfahrung wissen. Ebensogut als wir aus der Erfahrung wissen was ein Pferd, eine Blume . . . können wir auch mit voller Sicherheit wissen, was der Mensch sei.” (S. 232). Und in dem Abschnitt „Philos. Begründung des Naturrechts”: „Die erste Begründung findet das Naturrecht in seiner unbedingten Notwendigkeit für die menschl. Gesellschaft. Für jeden, der an Gott glaubt, ist es klar,

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daß der Schöpfer den Menschen nicht auf die Erde setzen konnte, ohne ihnen das zur Erhaltung und Entwicklung allgemein Notwendige zu geben. Zu diesem allgemeinen Notwendigen gehört aber das Naturrecht.” (S. 236 ff.)

6 Die Geschlossenheit der derzeitigen kath. Rechtsphilos. wird u.a. von O. v. Schweinichen betont („Der Begriff der Rechtsnorm in der deutschen Philos. der Gegenwart”, Arch. f. Rechts- und Soz. Philos., Band XXXIII, S. 253 ff., insbes. S. 328 ff.). Er beurteilt die Darstellung Rommens als „moderne Summa” der kath. Naturrechtsbemühungen und nimmt sie dementsprechend gleichfalls zur Vorlage seiner diesbezüglichen Untersuchungen. Vgl. ferner die umfangreiche Darstellung von Messner „Das Naturrecht — Handbuch der Gesellschaftsethik, Staatsethik und Wirtschaftsethik”, Innsbruck — Wien 1950. Auf weniger grundlegende Äußerungen aus jüngster Zeit soll nur am Rande hingewiesen werden: A. Süsterhenn u. V. Rüfner „Wir Christen u. die Erneuerung des staatlichen Lebens” (1948); A. Süsterhenn „Das Naturrecht”, Die Kirche in der Welt, 1947, S. 55 ff. und „Der Durchbruch des Naturrechts in der deutschen Verfassungsgesetzgebung”, Gegenwartsprobleme des Rechts, NF Heft 1 (1950) S. 43 ff.; G. Stadtmüller „Das Naturrecht im Lichte der geschichtlichen Erfahrung” (1948); G. Küchenhoff „Naturrecht u. Christentum” (1948); P. Tischleder „Das Notwehrrecht gegen die Tyrannei”, Frankf. Hefte, 3. Jahrg. 1948, Heft 1, S. 59 ff. u. C. Bauer „Naturrecht und christliche Weltgestaltung”, Hochland, 40. Jg. (1948) S. 472 ff. Beiträge nach 1950 siehe erw. Literaturübersicht.

7 Rommen a.a.O. S. 171. Oder: „Die Methaphysik ist die Voraussetzung und die Krone der Rechtsphilosophie, deren Objekt das Naturrecht ist” (S. 197). „Sein und Sollen müssen im letzten Grunde zusammenfallen” (S. 173).

8 Ganz entsprechend der aller Metaphysik (im traditionellen Sinne) zugrunde liegenden Unterscheidung von zwei Welten oder Seinsarten, der Wesenswelt der Dinge an sich u. der Erscheinungswelt, der intelligiblen und sensiblen Welt (kosmos noätos und aisthätos).

9 „In dieser Auffassung werden daher die logischen Verhältnisse der Begriffe unmittelbar zu metaphysischen Beziehungen; die formale Ordnung der Welt erhält reale Bedeutung.” Windelband a.a.O. S. 243.

10 Charakteristisch für den scholastischen Realismus ist der „ontologische Gottesbeweis” des Anselm von Canterbury. Er ist „der natürliche Abschluß einer Lehre, welche das Sein der Wahrnehmungsdinge auf ein Teilhaben an Begriffen zurückführt und innerhalb der Begriffe selbst wieder eine Rangordnung der Realität nach Maßgabe der Allgemeinheit ansetzt”. Windelband a.a.O. S. 247.

11 Rommen a.a.O. S. 180.

12 Rommen läßt sich anläßlich dieser Feststellung auf das Problem der Willensfreiheit mit Recht nicht ein. Ob er das Bewußtsein der Willensfreiheit als Phänomen hinnimmt, oder ob er sie schon in den Begriffen „Sittlichkeit”, „Sollen” usw. als notwendig mitgedacht annimmt, kann hier dahingestellt bleiben.

13 Vgl. Rommen a.a.O. S. 185. An anderer Stelle sagt er: „Alles Wirkliche bewegt sich auf seine Wesenheit hin . . . So liegt in der Wesenheit die Norm, im Sosein das Ziel und das Gute ist das volle Sein. Gut aber ist folglich alles Seiende, insoweit es wirklich Sein ist.

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Da aber offenbar das Gute auch sein soll, so folgt: Sein und Sollen fallen im metaphysischen Bereich zusammen” (S. 183).

14 Rommen a.a.O. S. 178.

15 A.a.O. S. 186 u. 188. — Der vielzitierte, neuerdings nicht mehr auf Grotius, sondern auf Vasquez und Suarez zurückgeführte Satz „die lex naturalis gilt, auch wenn es Gott nicht gäbe” (vgl. Ottenwälder „Zur Naturrechtslehre des Hugo Grotius”, S. 102 u. 119) entspringt der gleichen, lediglich säkularisierten Grundauffassung, nach der die lex naturalis verselbständigt ist und nicht mehr als Partizipation der vernünftigen Wesen an der lex aeterna gesehen wird.

16 Thomas anerkannte also die Realität des göttlichen Willens, hielt ihn jedoch als an die ihm überlegene Weisheit Gottes gebunden. Dies galt dem Nominalismus als mit dem Begriff des ens perfectissimum nicht verträglich: der Wille Gottes sei in jeder Hinsicht als souverän zu denken. Zum Ganzen vgl. etwa Windelband a.a.O. S. 276 ff. insbes. S. 279.

17 Zum Begriff „Natur” bei Rommen: „Die absolut und an sich betrachtete Natur ist es, die von allen Einzeldingen ausgesagt wird als ihr Sosein, ihre Form, ihre Wesenheit, ihre Natur” (a.a.O. S. 177). Rommen gebraucht also den Ausdruck „Natur” im Sinne von „Wesen”, also entsprechend der antiken Unterscheidung von physei u. thesei. Der Naturbegriff ist hier demnach als philos. oder theolog. Normbegriff gemeint u. insofern dem naturalistischen oder naturwissenschaftlichen Naturbegriff entgegengesetzt.

18 Ganz zugespitzt bei Rommen a.a.O. S. 182: „Es gibt keine Faktizität des Rechts. Rechtsgrund ist nur, daß in einem Faktischen ein Wesensein nach Verwirklichung strebt.”

19 Rommen a.a.O. S. 178.

20 Die von Rommen behandelte Frage des Verhältnisses der Sinne zum Intellekt bedarf hier keiner näheren Erörterung. Es sei hier nur der Hinweis Rommens festgehalten, daß — da die Wirklichkeit dem Intellekt vorgegeben sei — alle Erkenntnis von einer ständigen Orientierung an der sinnlichen Wirklichkeit ausgehen müsse. Das sei dem „Deduktionsfanatismus” des späteren Rationalismus entgegenzuhalten. Andererseits aber sei damit nicht einem „erfahrungsstolzen” Empirismus das Wort geredet, der über die vordergründige Tatsächlichkeit zu den metaphysischen Wesenheiten vorzudringen weder für möglich noch für notwendig halte. Vgl. a.a.O. S. 176.

21 Rommen a.a.O. S. 179.

22 Rommen a.a.O. S. 185.

23 Rommen a.a.O. S. 191. — Ganz anders der voluntaristische Nominalismus, nach dem das Gute auf dem bis zur Willkür freien Willen Gottes beruht. Darum könne es auch nur durch übernatürliche Offenbarung bekannt werden. — Es ist deutlich, daß mit diesem entgegengesetzten Verständnis Gottes als eines „ganz anderen”, d.h. mit der radikalen Trennung des Göttlichen von allem „Natürlichen” zugleich auch die Trennung von Glauben und Wissen erfolgt ist, die sich — nicht zuletzt über die Reformation — ausgewirkt und das abendländische Denken bis heute bestimmt hat. Denn diese Trennung leitete den

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Säkularisationsprozeß der nachfolgenden Zeit ein, innerhalb dessen sich dann der scholastische Gegensatz auf anderer Ebene wiederholt: je nachdem, ob Vernunftoptimismus oder Skepsis vorherrscht, findet man eine more geometrico verfahrende Naturrechtslehre oder Positivismus vor.

24 So z.B. a.a.O. S. 186. — Das Problem ist darüber hinaus jedoch zentral für die Auseinandersetzung mit den von protestantischer Seite vorliegenden Äußerungen zur Naturrechtsfrage und bedarf daher schon hier eines ausdrücklichen Hinweises.

25 Das ist Vernunft und Gewissen. Beide bilden bei Thomas insofern eine Einheit, als unter Gewissen lediglich die Erkenntnis Gottes sub ratione boni verstanden wird. Vgl. Windelband a.a.O. S. 280.

26 Vgl. die Hinweise bei Wünsch a.a.O. S. 103 ff.; Windelband a.a.O. S. 270 ff.; Brunstädt „Allgemeine Offenbarung”, S. 12 ff., u. Brunner „Das Gebot und die Ordnungen”, Exkurs S. 600 ff.

27 Vgl. Cathrein a.a.O. S. 222 ff.: „Alles, was sich aus diesen beiden Grundgeboten (gemeint ist: „Jedem das Seine” und „Tue niemandem Unrecht”) durch notwendige Schlußfolgerungen herleiten läßt, und zwar unabhängig von jeder übernatürlichen Offenbarung und unabhängig von jeder positiven göttlichen oder menschlichen Anordnung gehört zum Naturrecht im eigentlichen Sinne.”

28 „Wir Christen und die Erneuerung des staatl. Lebens” S. 23.

29 Zum Ganzen vgl. Cathrein a.a.O. S. 225 u. 235; Wünsch a.a.O. S. 99 ff.; Brunner „Das Gebot u. die Ordnungen”, Exkurs S. 607.

30 So groß die Spannungen innerhalb der alten Naturrechtslehre von Augustin bis Thomas auch immer gewesen sein mögen, zwischen ihren derzeitigen Vertretern besteht eine weitgehende Übereinstimmung im Sinne der aristotelisch-thomistischen Konzeption, die hier darum allein Berücksichtigung findet.

31 Die von Rommen a.a.O. S. 208 ff. behandelte Frage des Verhältnisses von Sittlichkeit und Recht gehört nicht im engeren Sinne zum Thema. Es muß hier der Hinweis genügen, daß dieses Verhältnis für Rommen wie für jeden Naturrechtler nicht durch die Unterscheidung von Zwangsgebot und Gewissensgebot bestimmt sein kann. Diese Unterscheidung, bei der man dann folgerichtig nur dem Zwangsgebot rechtliche Geltung zugesteht, führt notwendig zur Vernichtung des Naturrechts. Nach der katholischen Lehre hebt sich das rechtliche Sollen vom ethischen Sollen vielmehr dadurch ab, daß es sich auf die Verwirklichung einer bestimmten Tugend innerhalb der Hierarchie sittlicher Werte richtet, eben die der Gerechtigkeit, der zwangsweise Durchsetzung angemessen sei im Gegensatz zu den höheren, der Individualität des personhaften Menschen erst voll Rechnung tragenden sittlichen Werten. Umgekehrt aber sei unsittliches Recht eine contradictio in adjectu. (Vgl. Rommen a.a.O. S. 219.)

32 Der ewige Gottesplan, der um seiner Unveränderlichkeit willen lex aeterna genannt wird, „ist Ordnung des Müssens für die unfreie, Ordnung des Sollens, sittl. Ordnung für die freie, vernünftige Kreatur.” Rommen a.a.O. S. 189.

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33 Die Forderung der Allgemeinverbindlichkeit und Evidenz der Naturrechtssätze weist nach Welzel („Vom irr. Gew.” S. 8) auf die berühmte Naturrechtsdefinition in Nic. Eth. V, 6 1134 b 18 zurück. Andererseits macht Ottenwälder a.a.O. S. 101 auf den Einfluß der Ulpianischen Definition „jus naturale est, quod natura omnia animalia docuit” und im Zusammenhang damit auf den unbestritten großen Anteil der Stoa an allem späteren Naturrechtsdenken aufmerksam. Der Definition des Ulpian gegenüber bedeutet die Definition des Thomas eine Einschränkung: „lex naturalis (und damit auch jus naturale) nihil aliud est, quam partieipatio legis aeternae in rationali creatura” (S. Th. II, 1 qu. 91 a 2).

34 Übereinst. Rommen a.a.O. S. 225 u. Cathrein a.a.O. S. 222. Schilling a.a.O. S 56 läßt wohl zutreffend nur das suum cuique (genauer in der Formulierung Ulpians: „justitia est constans et perpetua voluntas jus suum cuique tribuendi”) gelten, da sich aus ihm das neminem laedere unmittelbar ergebe. Der zweite Satz ist als der ins Rechtliche übertragene oberste Satz der Ethik zu erkennen, dem Thomas allein strenge Allgemeinheit zusprach: „das Gute ist zu tun, das Böse ist zu lassen.” Weitere, diese Urnorm nur variierende Formeln können hier außer Betracht bleiben.

35 So Rommen a.a.O. S. 226. Vgl. aber andererseits a.a.O. S. 232, wo er den Ausdruck „inhaltlich” in dem von uns gemeinten Sinne gebraucht und die Inhaltlichkeit des Naturrechts nur im Hinblick auf den Dekalog gelten lassen will.

36 Vgl. „Recht, positives Recht u. Naturrecht” S. 50 u. 56.

37 Vgl. Rommen a.a.O. S. 226 ff. und 228. Cathrein a.a.O. S. 227 rechnet auch den Satz „pacta sunt servanda” hierher, während ihn Rommen a.a.O. S. 229 zu den weiteren Konklusionen zählt. Als denknotwendiger Rechtsinhalt gilt auch die Personhaftigkeit des Menschen (vgl. Rommen a.a.O. S. 233 ff.), aus der Menschenwürde, Ehre, Freiheit und Eigentum gefolgert werden. Sie ist wie alle Grundprinzipien positivierungsbedürftig unter der Bedingung ihrer Unabdingbarkeit.

38 Cathrein a.a.O. S. 229 ff.: „Es handelt sich bei dem Naturrecht . . . um die von selbst allen Menschen einleuchtenden obersten Rechtsgrundsätze und die notwendigen Schlußfolgerungen daraus, wie sie im wesentlichen auf der zweiten mosaischen Gesetztafel enthalten waren und ein Gemeingut aller vernünftigen Menschen bilden.”

39 Rommen a.a.O. S. 250. Es ist Rommen daran gelegen, immer wieder darauf hinzuweisen, daß die weiteren Normen nicht durch reine Deduktion, sondern nur unter gleichzeitiger Berücksichtigung von Erfahrung bestimmt werden können. Dadurch wird jedenfalls jede Überanstrengung des Naturrechtsgedankens vermieden, der die säkularisierte Naturrechtslehre des 17. und 18. Jahrhunderts schließlich erlag. (Vgl. hierzu Rommen a.a.O. S. 222 und 231 ff.).

40 So Thomas, zit. bei Rommen a.a.O. S. 231. Vgl. hierzu auch Rommen a.a.O. S. 250 und 254 ff. Ganz entsprechend Cathrein a.a.O. S. 225 und 230 ff. Das positive Recht stellt somit die notwendige „nähere Bestimmung” der Naturrechtssätze im engeren Sinne dar, denen es jedoch nie widersprechen darf.

41 Der Gedanke der Teleologie der Geschichte stammt aus der Patristik (zunächst im Sinne von Heilsgeschichte gedacht) und wurde erstmalig

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von Thomas mit der für die griechische Philosophie zentralen Teleologie der Natur in einen systematischen Zusammenhang gebracht. Vgl. hierzu die Hinweise bei Windelband a.a.O. S. 275.

42 Cathrein a.a.O. S. 226, entsprechend Rommen a.a.O. S. 230 ff., Mausbach a.a.O. S. 70, Schilling a.a.O. S. 60.

43 Ganz abgesehen von der später noch zu erörternden Frage, ob an dem hier zugrunde liegenden, mit dem Begriff der „analogia entis” bezeichneten dogmatischen Standpunkt festgehalten werden kann.

44 Vgl. Rommen a.a.O. S. 222.

45 Brunner spricht von dem Fehlen einer „Transformationsformel” („Das Gebot und die Ordnungen”, Exkurs S. 603 ff.). Ob es im übrigen richtig ist, daß man — wie Brunner ebenda behauptet — in der kath. Naturrechtslehre ursprünglich (d.h. vor Thomas) zwischen einem absoluten und relativen Naturrecht unterschieden habe (mit dem ersten ist das dem Urständ entsprechende, mit dem zweiten das der sündig gewordenen Welt angepaßte gemeint), mag dahingestellt bleiben (Wünsch a.a.O. S. 202 Anm. 1 bezweifelt es), denn diese Unterscheidung tritt bei den neueren Vertretern der kath. Lehre nicht mehr auf. Zur Unterscheidung Brunners vgl. ferner unten S. 66.

46 Daß man mit Rücksicht auf die vom Historismus gegen das klassische Naturrecht vorgebrachten Einwendungen in der modernen katholischen Lehre geneigt ist, auf die Problematik des Geschichtsmoments (Entwicklung des sittlichen Bewußtseins usw.) stärker einzugehen, sei hier nur am Rande bemerkt, da diese Tendenzen das thomistische Naturrecht in seinen Fundamenten unberührt lassen. Vgl. hierzu u.a. die Bemerkungen Stadtmüllers in „Das Naturrecht” S. 34 ff.

47 Auf den neuerdings von G. Küchenhoff (in „Naturrecht und Christentum” 1948) gemachten Versuch, „ein über das bisherige Naturrecht der kath. Lehre hinausgehendes, es aber als Wurzel beibehaltendes Liebesrecht zu entwickeln” (K. spricht in diesem Sinne von einem „getauften Naturrecht”, vgl. a.a.O. S. 6), soll hier gleichfalls nicht eingegangen werden. Abgesehen von den inneren Widersprüchen dieses Versuchs handelt es sich dabei ausdrücklich um eine Ergänzung und Umdeutung des Naturrechts von dem positiv offenbarten christl. Liebesgebot her (vgl. a.a.O. S. 71), ein Vorhaben, dessen Möglichkeit hier nicht zur Erörterung steht.

 

Erster Abschnitt: Teil B

1 Zürich 1943.

2 Neben E. Brunner wäre noch P. Althaus zu nennen, der das Rechtsproblem zwar nicht unmittelbar oder doch nicht mit der Ausführlichkeit Brunners behandelt, dessen Lehre von den Schöpfungsordnungen aber auf der gleichen Linie wie die Stellungnahme Brunners liegt (vgl. „Theologie der Ordnungen”, 2. erw. Aufl. Gütersloh 1935 u. „Grundriß der Ethik. Neue Bearbeitung der Leitsätze zur Ethik”, Erlangen 1931).

3 „Das Gebot und die Ordnungen”, Tübingen 1932.

4 Zürich 1943.

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5 Vgl. hierzu Brunner „Natur und Gnade — zum Gespräch mit K. Barth”, 2. Aufl., Tübingen 1935, und K. Barth „Nein! Antwort an E. Brunner”, München 1934, ferner die zu diesem Streit stellungnehmende Schrift von F. Brunstäd „Allgemeine Offenbarung”, Halle 1935.

6 Zum derzeitigen theologischen Gespräch über die Möglichkeit eines „evang. Naturrechts”, vgl.: K.H. Becker „Vorbemerkungen zur Frage einer evang. Rechtsethik”, Evang. Theol., Jg. 1948, S. 303 ff.; P. Brunner „Der Christ in den zwei Reichen”, Für Kirche und Gemeinde, Jg. 1949, S. 62 ff.; F. Delekat „Kirche und Recht”, Theol. Lit. Ztg., Jg. 1949, Nr. 20, Sp. 599 ff.; ders. „Kirche, Recht und Rechtsbewußtsein”, Evang. Welt, Jg. 1949, S. 27 ff.; M. Dibelius „AT und NT als Quelle sozialer und politischer Lehre”, Heidelberg 1947; O. Dibelius „Vom ewigen Recht”, Berlin 1950; de Dietrich „The biblical Basis of Law”, The Student World, Jg. 1943, S. 276 ff.; Dodd „Naturrecht in der Bibel”, Genf; J. Ellul „Die theol. Begründung des Rechts”, München 1948; Härder „Die Christusbotschaft und das Recht”, Jahrb. der Kirchl. Hochschule, Berlin 1950; F. Horst „Naturrecht und AT”, Evang. Theol., Jg. 1950, S. 253 ff.; H. Liermann „Christentum und Rechtswissenschaft”, Jahrb. des Martin-Luther-Bundes, Jg. 3 (1948), S. 229 ff.; ders. „Zur Geschichte des Naturrechts in der evang. Kirche”, Festschr. für Bertholet, S. 294 ff.; R. Mumm „Jesus Christus der Herr allen Rechts”, Zeichen der Zeit, Jg. 1948, S. 255 ff.; ders. „Um eine evang. Begründung des Rechts”, Junge Kirche, Jg. 1949, S. 73 ff.; Nygren „Christentum und Recht”, Theol. Lit. Ztg., Jg. 1949, Nr. 22, Sp. 642 ff.; van Oyen „Biblische Gerechtigkeit und menschliches Recht”, Genf 1950; U. Scheuner „Zum Problem des Natur-rechts nach evang. Auffassung”, „Kirche und Recht”, Göttingen 1950, S. 27 ff.; W. Schulze „Protestantismus und Naturrecht”, Begegnung, Jg. 1948, III/22; F.K. Schumann „Die Frage der Menschenrechte in der Sicht des christl. Glaubens”, Hemer 1949; Sträter „Der evang. Christ und das Recht”, Evang. Welt, 4. Jg. (1950), Nr. 22; Törnvall „Der Christ in den zwei Reichen”, Evang. Theol., Jg. 1950, S. 66 ff.; H.H. Walz „Die bibl. Botschaft von der Gerechtigkeit Gottes und unser Recht”, Gerechte Ordnung, S. 7 ff., Tübingen 1948; H. E. Weber/Ernst Wolf „Gerechtigkeit und Freiheit”, Theol. Exist. heute, NF 8, München 1949; H. Wenz „Christologisches Naturrecht und Wirtschaftsordnung”, Evang. Theol., Jg. 1948, S. 275 ff.; Erik Wolf „Richtiges Recht und evang. Glaube”, Die Nation vor Gott, 5. Aufl. 1937, S. 243 ff.; ders. „Rechtsgedanke und biblische Weisung”, Forsch, der Evang. Akad., Tübingen 1947; ders. „Zur Frage der Autorität der Bibel für die Rechtsordnung”, Junge Kirche, Jg. 1949, S. 287 ff.; ders. „Die Weisung der Heiligen Schrift für die menschliche Rechtsordnung”, Genf 1949/50; Ernst Wolf „Naturrecht und Gerechtigkeit”, Evang. Theol., Jg. 1948, S, 233 ff.; ders. „Rechtfertigung und Recht”, Kirche und Recht, Göttingen 1950, S. 5 ff.; Bericht über „Die Treysaer Konferenz 1950 über das Thema Gerechtigkeit in bibl. Sicht”, Genf 1950. Zur Kritik Brunners, vgl. ferner H. Ryffel „Emil Brunners Buch über die Gerechtigkeit”, Arch. f. Rechts- und Sozialphilos., Band XXXVIII (1949), Heft 2, S. 259 ff. Beiträge nach 1950 siehe erw. Literaturübersicht.

7 Daß Brunner mit seinem Buch u.a. die Nebenabsicht verfolgt, dem Mangel an einer protestantischen Gerechtigkeitslehre entgegenzuwirken, den er für gewisse Schwächen der protestantischen Kirche verantwortlich macht, sei hier nur angemerkt. Insoweit hat sein Versuch nur innerkirchliche Bedeutung.

8 Vgl. „Gerechtigkeit” S. 3 ff.

9 Vgl. „Gerechtigkeit” S. VII ff.

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10 Brunner begrenzt sein Thema auf die Frage nach der Gerechtigkeit als Rechtsbegriff: mit dem Begriff der Gerechtigkeit meine er nicht wie der Sprachgebrauch des griechischen Altertums oder der Bibel den Inbegriff alles Guten und aller Tugenden oder die wahrhafte Frömmigkeit, sondern ein Verhalten, das zwar dem Bereich des Sittlichen angehöre, diesen aber in seiner Tiefe nicht erschöpfe. Er beruft sich hierbei auf Aristoteles, der die Gerechtigkeit erstmalig ausdrücklich in dieser dem „suum cuique” des römischen Rechtsdenkens durchaus entsprechenden Einschränkung bestimmt habe. Vgl. „Gerechtigkeit” S. 15 ff. u. Anm. 6 S. 313.

11 Vgl. „Gerechtigkeit” S. 36 u. S. 64 ff.

12 „Gerechtigkeit” S. 101 ff.

13 Barth hat sich allerdings zu der speziellen Frage der Rechtsgestaltung nur am Rande geäußert. So in der weniger systematischen als politischen Schrift „Christengemeinde u. Bürgergemeinde” und der grundlegenden Studie „Rechtfertigung und Recht”. Er wird jedoch an dieser Stelle als Hauptrepräsentant einer „dialektischen Theologie” genannt, unter deren Einfluß die meisten der in der bezeichneten Richtung gemachten Äußerungen der letzten Zeit stehen. So z.B. Erik Wolfs „Biblische Weisung als Richtschnur des Rechts” oder die von L. Duguit und Barthscher Theologie beinflußte Schrift J. Elluls „Die theologische Begründung des Rechts”. Es muß jedoch im Hinblick auf die Ausführungen im 2. Abschnitt dieser Arbeit vorgreifend bemerkt werden, daß die Stellungnahme Barths zu den hier in Betracht kommenden systematischen Grundfragen nicht einheitlich ist; während seine Polemik gegen Brunner („Nein! Antwort an Emil Brunner”) und auch die oben gen. Schrift „Christengemeinde u. Bürgergemeinde” noch von dem Pathos des dialektischen Standpunkts, d.h. der radikalen Trennung von „Natur” und „Gnade”, zwischen denen gleichsam nur eine punktuelle Berührung im geschichtlich geoffenbarten Wort Gottes stattfinden soll, beherrscht wird, wird mit seinem programmatisch gehaltenen Aufsatz „Rechtfertigung und Recht” schon eine neue Sicht des Rechtsproblems eröffnet, deren theologischer Grund die in seiner Dogmatik (III, 1) entwickelte Lehre von der „analogia relationis” ist. Mit dieser Lehre tritt er aus seiner — wenn man so sagen darf — rein negativen Haltung zum Vernunftproblem heraus. Der unterschiedlichen Haltung Barths entsprechend wird hier zunächst nur seine vom Gegensatz zu Brunner bestimmte Auffassung zu Wort kommen, soweit dies zur Verdeutlichung der Brunnerschen Position dienlich erscheint. Auf die Bedeutung der Lehre von der analogia relationis wird indessen erst im 2. Abschnitt hingewiesen werden.

14 a.a.O. S. 29. Damit ist freilich der Naturrechtsweg grundsätzlich abgeschnitten, was Barth auch mehrfach ausdrücklich sagt (vgl. a.a.O. S. 22 ff.).

15 „Gerechtigkeit” S. 10

16 „Gerechtigkeit” S. 59 ff. Vgl. auch „Das Gebot und die Ordnungen” S. 449: „Der Staat kann nicht und soll nicht nach dem Gesetz der Liebe regiert werden — denn das hebt seinen Begriff auf — sondern nach seiner eigenen Gesetzlichkeit . . .” Ebda. S. 246: „Das im Glauben vernommene Gebot weist an, sachgemäß zu handeln. Die Liebe ist hier (im Bereich staatlichen Handelns) nicht konstitutives, sondern regulatives Prinzip. Es gilt nicht direkt . . .”

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17 „Gerechtigkeit” S. 153.

18 „Gerechtigkeit” S. 66 u. 67.

19 Vgl. hierzu Rom. 2, 11 ff., insbes. 2, 15.

20 Vgl. „Gerechtigkeit” Anm. 19, S. 316.

21 Der Auffassung Brunners würde widersprochen sein mit jeder Art von Gleichsetzung, etwa wie sie Holl bei Luther zu finden meint: für Luther sei das natürliche Sittengesetz mit dem christlichen Liebesgebot identisch, insofern als er das Faktische nur insoweit als „Naturgesetz” anerkenne, als es vor dem Maßstab des christlichen Liebesgebotes bestehen könne (vgl. die Darstellung der Kontroverse Troelsch-Holl bei Wünsch a.a.O. S. 126 ff.). Trotz allen Streits um die Bedeutung des Naturrechtsgedankens bei Luther scheint jedenfalls eindeutig zu sein, daß Luther den Begriff der lex naturae und dementsprechend des ius naturale zwar der gelehrten Tradition entnommen, ihn aber sehr abweichend nicht als Vernunftprinzip, sondern als Ausdruck für ein konkret-historisch verstandenes und als solches den Menschen „ins Herz geschriebenes” Ordnungsgebot Gottes gebraucht hat. Zum Naturrechtsgedanken bei Luther vgl. insbes. die kritische Untersuchung Ernst Wolfs „Die Frage des Naturrechts bei Th. v. Aquin u. bei Luther”. Vgl. hierzu ferner die Hinweise Brunners auf Calvin und Zwingli in „Gerechtigkeit”, Anm. 13 u. 19, S. 314 ff., sowie die Übersichten in „Das Gebot u. die Ordnungen”, Exkurs S. 608 u. „Offb. u. Vern.”, Kap. 21, S. 317 ff.

22 Die Bedenken, auf Grund deren Brunner für seine Lehre die Bezeichnung „Naturrecht” vermeiden möchte, sind vorwiegend taktischer Art und sollen hier außer Betracht bleiben, zumal er selbst diesen Ausdruck gleichwohl häufig verwendet. Vgl. „Gerechtigkeit” S. 105 ff. u. S. 120.

23 Vgl. „Gerechtigkeit” S. 20 ff., ferner S. 151: „Die Gerechtigkeit gehört in die Ordnungswelt, nicht in die Personwelt.”

24 Ohne irgendeine Beziehung zu einer Urordnung, die als eine ideale gedacht oder als eine in der Schöpfung angelegte geglaubt wird, sei — so meint Brunner — der Sinn des Wortes „gerecht” nicht zu verstehen.

25 Brunner verwendet diesen Ausdruck im Sinne einer abstrakten obersten Wertnorm, eines nicht realisierbaren Allgemeinen.

26 „Gerechtigkeit” S. 57 ff.

27 „Gerechtigkeit” S. 61.

28 Zur Veranschaulichung der Art und Weise, in der Brunner für das Bestehen einer generellen Norm von den empirischen Gegebenheiten her argumentiert, seien folgende Stellen aufgeführt: „Der Mensch hat das Recht, . . . durch seiner Hände Arbeit sich seinen Lebensunterhalt zu gewinnen. Der Mensch ist so geschaffen, daß er sein Leben dem Boden abgewinnen muß.” (a.aO. S. 73) „Zu den ursprünglichen, in der Schöpfung begründeten Menschenrechten gehört auch das Recht jedes Menschen auf eine ihm gemäße Entwicklung.” (a.a.O. S. 74) „Die natürlichen Gemeinschaftsformen (Ehe, Familie) sind keine Zweckprodukte des Menschen, sondern ursprüngliche Ordnungen des Schöpfers, Stiftungen, die in der natürlichen Anlage jedes Menschen präformiert sind.” (a.a.O. S. 78) „Zu den unbedingten Freiheitsrechten gehören nur

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diejenigen, ohne deren Gewährung der Mensch das, wozu der Schöpfer ihn geschaffen hat, was er ihm mit seiner geschöpflich-konkreten Natur zugleich als Aufgabe und Möglichkeit gesetzt hat, nicht erfüllen könnte.” (a.aO. S. 76) An diesen Stellen fällt der unterschiedliche Gebrauch des Begriffes „Natur” oder „natürlich” auf: einmal gebraucht Brunner ihn im Sinne von empirischer, konkreter Gegebenheit, zum anderen im Sinne normativer Wesenheit. Auf den Grund dieser vermeidbaren Unklarheit im Sprachgebrauch Brunners wird noch zurückzukommen sein. Im folgenden soll der Begriff nur im zweiten Sinne verwandt werden.

29 Nikolaus v. d. Cues stellte s. Z. dem Gradualismus der Thomistischen Lehre den Satz entgegen: „finiti et infiniti nulla est proportio”; vgl. den Hinweis bei Mitteis in „Über das Naturrecht” S. 14.

30 So ausdrücklich in „Offenbarung und Vernunft” S. 81 (in Erwiderung der Barthschen Stellungnahme zum Problem der Schöpfungsoffenbarung in „Kirchliche Dogmatik” II, 1 S. 107-141). Vgl. ebenda S. 68: „Was Gott schafft, darin manifestiert er sich auch . . . Das Geschaffene trägt . . . den Stempel seines Urhebers. Darum ist die neuerdings heftig disputierte Lehre von der analogia entis keine Spezialität der kath. Kirche, sondern gemeinkirchliches Bekenntnis . . .”
Dem oben bezeichneten „zwar-aber” entspricht es, wenn Brunner zwischen einer „formalen” und einer „materialen” Gottebenbildlichkeit unterscheidet und meint, formal (d.h. als Personhaftigkeit) sei die imago durch den Abfall der Schöpfung unangetastet, nur material sei sie — allerdings gänzlich — verloren. Damit ist im Grunde nichts anderes gesagt, als wenn die kath. Lehre feststellt, die Substanz, die wesenhafte Natur, sei erhalten und nur accidentaliter verändert, so daß nun nicht Identität, aber eben doch Analogie zwischen Existenz und vollkommenem Wesen bestehe. Indessen will Brunner mit dieser wenig glücklichen Unterscheidung von Form und Inhalt (die, wie unmittelbar ersichtlich, nicht in dem von Kant gemeinten Sinne zu verstehen ist, sondern vielmehr den Unterschied von Angelegtheit oder Möglichkeit („Abbildlichkeit”) einerseits und Fähigkeit oder Verfügungsmacht („Ur-bildlichkeit”) andererseits bezeichnen soll) lediglich das Mißverständnis ausschließen, als handle es sich nach seiner Auffassung bei der Sünde um einen sich quantitativ und damit nur relativ auswirkenden Tatbestand — eine Vorstellung, die dann allerdings sehr mißverständlich von einem „Rest” unzerstört wesenhaften Seins sprechen lasse. Vgl. hierzu „Offenbarung und Vernunft” S. 70 ff. und „Natur und Gnade” S. 10 ff. Es muß hier genügen, die Problemlage bei Brunner in diesem Punkt angedeutet zu haben. Entscheidend ist, daß er bei der Gleichung Naturrecht = Schöpfungsordnung (vgl. „Gerechtigkeit” S. 105 ff.) an ein ontisch gegebenes, normatives Allgemeines denkt, das jedenfalls als Gegenstand der Erkenntnis in seiner unverändert ursprünglichen Gestalt der empirischen Welt zugrunde liege.

31 Vgl. „Gerechtigkeit” S 105 ff.

32 Vgl. hierzu „Gerechtigkeit” S. 106.

33 A.a.O. S. 318.

34 Vor allem Rom. 1, 20: „Denn sein unsichtbares Wesen wird seit der Erschaffung der Welt von seinen Geschöpfen mit der Vernunft wahrgenommen.” So die Übersetzung Brunners in „Offb. u. Vern.” S 69. Vgl. ferner Rom. 2, 14 u. 15.

35 Vgl. „Offb. u. Vern.” S. 62.

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38 So unter Hinweis insbes. auf Rom. 1, 21. VgL hierzu „Offb. und Vern.” S. 66 ff., 72 ff. u. 80. Ferner „Natur und Gnade” S. 55 ff. u. 18 ff., „Das Gebot und die Ordnungen” S. 607 und weniger präzis in „Gerechtigkeit” S. 108.

37 „Offb. u. Vern.” S. 319.

38 Vgl. hierzu das entsprechende Kapitel in „Offb. u. Vern.” S. 59 ff. Brunner fordert geradezu die Anerkennung der Schöpfungsoffenbarung — selbst wenn sie nicht durch die Schrift bezeugt — als Voraussetzung der Verantwortlichkeit des Menschen. Ohne sie könne ja von einem schuldhaften Nichterkennen gar nicht die Rede sein. Vgl. insbes. „Offb. u. Vern.” S. 66 ff. u. 77, ferner „Natur u. Gnade” S. 10 ff. u. 18 ff.

39 „Der Mensch ist in abbildlicher Weise das, was Gott urbildlich ist.” So in „Natur und Gnade” S. 11.

40 Vgl. „Offb. u. Vern.” S. 71.

41 Unter Hinweis auf Rom. 1, 20 und 2, 15. Brunner wehrt mit Recht den Einwand ab, daß die Kenntnis des wahren Sittengesetzes ganz unsicher sei, weil nur wenige zu ihr vordrängen; denn es geht hier — wie schon an früherer Stelle gesagt wurde — ausschließlich um die Frage der prinzipiellen Möglichkeit rationaler Erkenntnis des Sittengesetzes.

42 Vgl. „Offb. u. Vern.” S. 72 u. 320 ff.

43 In einer von den Reformatoren gebrauchten Formulierung: der Vernunft sei grundsätzlich die Erkenntnis des Inhaltes der zweiten, nicht aber der ersten Tafel des Dekalogs möglich. Vgl. „Offb. u. Vern.” S. 72, ferner S. 320 ff.

44 „Offb. u. Vern.” S. 323.

45 „Offb. u. Vern.” S. 321.

46 „Offb. u. Vern.” S. 68.

47 Die Unterscheidung von formaler und materialer Erkenntnisfähigkeit durchzieht die ganze Brunnersche Lehre: es gibt ein unzerstörtes formales humanum, aber der Mensch kann sich selbst nicht sicher erkennen; es gibt einen im Menschen waltenden göttlichen Logos, aber Gott selbst kann durch ihn nicht erkannt werden; es gibt eine analogia entis, aber sie taugt nicht als Erkenntnisprinzip; es gibt „objektiv” eine Schöpfungsoffenbarung, aber sie ermöglicht keine natürliche Theologie. Auf diese Feststellungen kann im einzelnen nicht eingegangen werden, so sehr auch der in ihnen zum Ausdruck kommende Widerspruch die Gerechtigkeitslehre B.’s im tiefsten bestimmt.

48 Vgl. „Offb. u. Vern.” S. 72 ff. u. 80 sowie „Gerechtigkeit” S. 108. Bei Brunner ist Glaube „der Akt, in dem die Offenbarung oder Selbstmitteilung Gottes empfangen wird, und in dem sich diese im Subjekt des Menschen verwirklicht”. Vgl. „Offb. u. Vern.” S. 35 ff. Über die grundsätzliche Bedeutung des Glaubens für das Erkenntnisproblem wird später noch eingehend zu handeln sein.

49 Z. B.: „Man kann die Ehe biologisch, soziologisch, historisch verstehen; aber dann versteht man sie nicht als etwas Seinsollendes, sondern als ein Faktisches. Von der bibl. Offenbarung her aber wird die

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Ehe als eine Setzung Gottes, des Schöpfers erkannt.” „Gerechtigkeit” S. 62.

50 Auf dieser Linie liegt u.a. auch die Lehre J. Elluls.

51 Im Sinne der Aussage P. Tillichs, daß die christliche Dogmatik „die verbindliche Rede von dem sei, was jedermann unbedingt angehe.” Ungedruckte Vorlesung über Dogmatik, Marburg 1948.

52 Dabei soll von der Forderung Brunners nach einer im Naturrechts normen fixierten, „absoluten Gerechtigkeit” (als Zwischeninstanz zwischen der wahren Gotteserkenntnis und einer konkret anwendbaren „relativen Gerechtigkeit”), die in der Barthschen Lehre keinen Raum hat, zunächst abgesehen werden.

53 Denn: „das (geschichtlich geoffenbarte) Gebot Gottes macht nichts anderes offenbar, als den bereits in der Schöpfung inkorporierten Willen Gottes.” „Gerechtigkeit” S. 137.

54 Das zweifellos berechtigte, praktische Bedenken, daß damit für die Grundlegung des Rechts an eine Instanz appelliert wird, die dem Abendland als gemeinsamer Wert gerade weithin verloren gegangen ist, kommt für unsere Untersuchung nicht in Betracht. Vielmehr geht es hier nur um den grundsätzlichen Einwand, ob hier nicht ein inhaltlich komplexes Glaubensbekenntnis gefordert wird, wo Sacherfahrung notwendig und ausreichend wäre.

55 „Gerechtigkeit” S. 159.

56 „Gerechtigkeit” S. 170.

57 „Gerechtigkeit” S. 170.

58 „Gerechtigkeit” S. 172.

59 „Gerechtigkeit” S. 173.

60 „Gerechtigkeit” S. 175.

61 „Gerechtigkeit” S. 177.

62 „Gerechtigkeit” S. 178.

63 „Gerechtigkeit” S. 204.

64 „Gerechtigkeit” S. 145. Ob übrigens mit diesem von Brunner aufgegriffenen Ausdruck Luthers dessen Meinung über den Dekalog wirklich zutreffend gekennzeichnet ist, ist durchaus bestritten.

65 Die Deutung des Geschichtsmoments ist für die theologisch fundierte Metaphysik Brunners kennzeichnend: „Der Gegensatz von Gesetzesstatik und Geschichtsdynamik ist nur die potenzierte Dialektik von Gleichheit und Ungleichheit” („Gerechtigkeit” S. 115). Die aller Methaphysik (von Hegel abgesehen) zugrunde liegende Annahme eines ansichseienden geschichtslosen Wesens (vgl. den von Brunner gebrauchten Ausdruck „Schöpfungskonstanten”) verträgt sich nicht mit dem Gedanken einer tieferdringenden Geschichtsdynamik. Um aber dem grundlegend geschichtlichen Charakter der christlichen Lehre gleichwohl Rechnung zu tragen, wird über einer „allgemeinen Weltgeschichte” eine Obergeschichte oder

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„Heilsgeschichte” konstruiert, an der man nicht schon durch die Existenz als solche, sondern nur durch den Glauben Anteil gewinne. Auf diese symptomatische Unstimmigkeit alles gegenständlich-metaphysischen Denkens, das Logos und Kronos ebensowenig wie Vernunft und Offenbarung in der Tiefe zu verbinden weiß, kann hier nur hingewiesen werden.

66 „Gerechtigkeit” S. 117 oder ebda. S. 118 „Das relativ Gerechte ist, in der positiven Rechtsordnung, das Bessere als das absolut Gerechte, darum, weil das absolut Gerechte als Rechtsordnung von vornherein nur ein Schein, eine Lüge und eine Vergewaltigung sein könnte.” „Der Rigorismus abstrakter Gesetzlichkeit ist unter allen Umständen etwas Lebensfremdes und das Leben Gefährdendes. Zum wirklichen Leben, wie es nun einmal ist, gehört immer neben der Starrheit des Gesetzes eine gewisse Beweglichkeit und Einmaligkeit” a.a.O. S. 120.

67 „Gerechtigkeit” S. 118.

68 Die von Brunner behandelte rechtspolitische Frage, in welcher Weise ein inhaltliches Naturrecht direkt — also abgesehen von seiner Bedeutung für die Gesetzgebung — zur Geltung zu bringen sei, ohne durch Konkurrenz mit der positiven Rechtsordnung die Rechtssicherheit zu gefährden, muß hier außer Betracht bleiben, obgleich sie heute vielfach zum Angelpunkt der Naturrechtsdiskussion gemacht wird. Daß Brunner ein Widerstandsrecht gegen tyrannisch entartete Staatsgewalt, das dem Rechtsdenken nicht zuletzt auf Grund der reformatorischen Einstellung zur „Obrigkeit” (vgl. Rom. 13) abhanden gekommen war, fordert, sei jedoch angemerkt.

69 „Gerechtigkeit” S. 120. Im Sinne dieses Kompromisses sei z.B. der Staat, der Träger der Rechtsordnung, zwar einerseits als Schöpfungsordnung, andererseits aber als Erhaltungsordnung", d. h. als eine notwendig durch Zwangsgewalt auf das Seinsollende nur hinzielende Gemeinschaftsform zu verstehen.

70 Vgl. „Gerechtigkeit” S. 121 und 129.

71 „Gerechtigkeit” S. 120. An anderer Stelle: „Die Schaffung des Bestmöglichen ist durch nichts anderes bestimmt als durch den Willen, dem wahrhaft Guten nach Möglichkeit, im Rahmen der nun einmal gegebenen Begrenzungen, zur Geltung zu verhelfen.” „Gerechtigkeit” S. 119.

 

Zweiter Abschnitt

1 „Die obersten Grundsätze des Rechts. Ein Versuch zur Neugründung des Naturrechts”, Heidelberg 1947. Vgl. ferner „Um die Erneuerung des Naturrechts”, Universitas (1948), Heft 10, S. 1173 ff. (als Erwiderung auf die Kritik E. Sprangers), „Zur strafrechtlichen Haftung der Richter für die Anwendung naturrechtswidriger Gesetze” in SJZ Jg. 2 Nr. 2 (Febr. 1947) Sp. 65 ff., „Das Grundrecht der Menschenwürde, der strafrechtliche Schutz der Menschlichkeit und das Persönlichkeitsrecht des bürgerlichen Rechts” in SJZ, Jg. 2, Nr. 12 (Dez. 1947), Sp. 641 ff., „Kulturgebundene oder ungebundene Entscheidung im Recht?”, die Wandlung, Jg. 1949 IV/6, S. 508 ff., „Naturrecht als Problem der Juristen”, unveröffentl. Vortrag zur Studienkonferenz der ökumenischen Zentrale „Schrift und Naturrecht”, Treysa 1950 (vorliegend als Manuskript),

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schließlich „Grundzüge der Rechtsphilosophie”, Berlin 1950. Diese jüngste und zugleich umfangreichste Arbeit Coings wurde d. Verf. erst nach Fertigstellung des folgenden Abschnitts zugänglich. Sie stellt aufs ganze gesehen nur eine Fortsetzung und Erweiterung der Gedankengänge dar, die in den hier hauptsächlich zugrunde gelegten „Grundsätzen” ihren ersten Niederschlag gefunden haben. — Zu den Arbeiten Coings ist direkt Stellung genommen worden vor allem von E. Spranger „Zur Frage der Erneuerung des Naturrechts”, Universitas 1948, Heft 4, S. 405 ff. Ferner — mehr orientierend — von F. Wieacker „Zur Erweckung des Naturrechts” in DRZ, Jg. 4, Nr. 4 (April 1949), Sp. 298 ff. E. Fechner „Über einige Neuerscheinungen zum Problem des Naturrechts” in DRZ, Jg. 4, Heft 5 (März 1949), S. 102 ff., Th. Würtenberger „Wege zum Naturrecht in Deutschland 46-48”, Arch. f. Rechts- u. Soz. philos. 1949 S. 98 ff. und U. Scheuner „Das Problem des Naturrechts vom Standpunkt des Juristen.” Unveröff. Vortrag zur Studienkonferenz der ökumenischen Zentrale „Schrift und Naturrecht” 1950. (Vorliegend als Manuskript).

2 „Um die Erneuerung des Naturrechts” a.a.O. S. 1179.

3 Coing bekennt sich („Grundsätze” S. 8 u. 137) zu einer geisteswissenschaftlichen Methode im Sinne Diltheys, d.h. zu einer den Sinn der geistigen Kräfte erschließenden oder „verstehenden” Wissenschaft.

4 Vgl. „Grundsätze” S. 28, wo er sich diese Formulierung M. Schelers („Materiale Wertethik” S. 272) zu eigen macht.

5 Trotz mancher Bedenken gegen den mit Mißverständnissen so stark belasteten Begriff des Naturrechts hält es Coing gleichwohl für „zweckmäßig, den Ausdruck Naturrecht beizubehalten”, um mit ihm die Summe der von ihm gesuchten obersten Rechtsgrundsätze zu bezeichnen. Vgl. „Grundsätze” S. 62 ff.

6 So ausdrücklich in dem Aufs. „Um die Erneuerung des Naturrechts” a.a.O. S. 1178 ff. und dem Vortrag „Naturrecht als Problem der Juristen” S. 10 u. 11. Vgl. Ferner „Grundsätze” S. 63: „Wir suchen den Inhalt eben jenes Normenkomplexes zu ergründen, der — unabhängig von der jeweiligen Einsicht und der Willkür des positiven Gesetzgebers — über und vor allem historischen Recht steht und ihm sein Ziel und Maß gibt, sofern es Recht im wahren Sinn und mehr als bloß zwangsmäßige Friedensordnung sein will.”

7 Vgl. etwa „Grundsätze” S. 28 u. 29.

8 „Grundsätze” S. 11.

9 Vgl. „Grundsätze” S. 18 ff.

10 Sie stellt als die Frage nach dem Vorhandensein und der Erkennbarkeit des „Allgemeinen” das zentrale metaphysische Problem der abendländischen Philosophie dar.

11 Vgl. hierzu N. Hartmann „Ethik” S. 649, wo dieser ausdrücklich sagt, Phänomene hätten nur den Rang von Indizien und könnten daher niemals zu absoluter, sondern lediglich zu mehr oder weniger hoher hypothetischer Gewißheit führen.

12 Ob er überhaupt beseitigt werden kann, d.h. ob der menschlichen Einsicht nicht grundsätzlich Schranken gezogen sind, innerhalb deren

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es keine absolute Erkenntnis gibt, wird erst im Rahmen einer abschließenden Gesamtstellungnahme zu beurteilen sein. Um diese Frage aber geht es schließlich bei jeder absoluten Rechtsethik oder jedem Naturrecht und nichts anderes kann auch Coing meinen, wenn er von dem Erweis übersubjektiv und überzeitlich gültiger Rechtsgrundsätze spricht.

13 „Grundsätze” S. 9.

14 „Grundsätze” S. 19.

15 „Grundsätze” S. 21 ff.

16 Das Rechtsgefühl definiert Coing im Anschluß an Hoche als „das Gefühl der Achtung vor dem subjektiven Recht im anderen” oder als „den gefühlsmäßigen Respekt vor den Ansprüchen, die der fremden Persönlichkeit in einem Gegenseitigkeitsverhältnis zustehen.” Von Rechtsbewußtsein sei hingegen dann zu sprechen, wenn gedankliche Klarheit über die Forderungen des Rechtsgefühls gewonnen sei. Vgl. „Grundsätze” S. 21.

17 „Grundsätze” S. 22 ff.

18 „Grundsätze” S. 24.

19 „Grundsätze” S. 26: „Würden wir das Rechtsbewußtsein anderer Zeiten untersuchen, so würden wir ein ganz anderes Persönlichkeitsideal ausgeprägt finden.”

20 „Grundsätze” S. 28.

21 Vgl. a.a.O. S. 21.

22 „Iustitia est constans et perpetua voluntas ius suum cuique tribuendi. Iuris praecepta sunt haec: Honeste vivere, alterum non laedere, suum cuique tribuere (D. I. I. 10.” Zit. nach Coing a.a.O. S. 29, der diese Gerechtigkeitsdefinition als unübertroffen bezeichnet.

23 Vgl. „Grundsätze” S. 34 ff.

24 „Grundsätze” S. 36.

25 Was mit der noch ganz unsubstanziierten Forderung gegenseitiger Achtung gemeint ist, sagt am einfachsten die sog. „goldene Regel”: „was du nicht willst, daß man dir tu', das füg' auch keinem andern zu.” (Vgl. dazu die pos. Wendung dieses Satzes in Math. 7, 12.) Diese Formel bringt zum Ausdruck, daß man in sich selbst zugleich auch den anderen achten soll. Das ist nichts anderes, als das in dem „suum cuique” enthaltene formale Prinzip der Gleichbehandlung.

28 Wenn Coing das Rechtsgefühl als „die Achtung vor dem subjektiven Recht im anderen” definiert und die Gerechtigkeit als den das Rechtsgefühl bestimmenden Grundwert anspricht, so ist die Forderung gegenseitiger Achtung nicht ein durch synthetisches Urteil gewonnenes Prädikat zum Subjekt Gerechtigkeit und also nicht deren inhaltliche Bestimmung. Größere praktische Bedeutung hat diese Unstimmigkeit bei Coing nicht; er selbst sagt, daß die Frage, was das „suum” sei, von dem Begriff der Gerechtigkeit her ohne nähere Bestimmung durch andere Werte nicht beantwortet werden könne. So a.a.O. S. 36.

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27 Vgl. „Grundsätze” S. 36 u. 39.

28 Damit umschreibt Coing das „Gebiet des gegenseitigen Verkehrs, des Miteinanderhandelns und -umgehens in wirtschaftlichen, aber auch in anderen Bereichen.” Vgl. „Grundsätze” S. 36 u. 38.

20 Vgl. „Grundsätze” S. 36.

39 Vgl. „Grundsätze” S. 37 ff.

31 „Grundsätze” S. 38.

32 N. Hartmann „Ethik” S. 125.

33 Eine Tatsache, die u.a. N. Hartmann eingehend untersucht hat (vgl. „Ethik” S. 523 ff. und 527 ff.) und die schon in der antiken Philosophie unter dem Titel „Einheit der Tugend” behandelt wurde.

34 Es wird an die bekannte Formulierung M. Schelers erinnert, daß das sittlich Gute gleichsam „auf dem Rücken der Handlung”, nicht aber in ihrer Zielrichtung erscheine.

35 Sofern man zugrunde legt, daß sich der sittliche Wille durch die Werthöhe, nicht durch die bei steigender Werthöhe abnehmende Wertstärke bestimmen läßt.

36 „Das differenziertere sittl. Leben kann erst beginnen, wo die roheren Grundbedingungen erfüllt sind. Gerechtigkeit ist aber die auf ihre Erfüllung gerichtete sittliche Tendenz. Sie ist die Vorbedingung aller weiteren Wertverwirklichung . . . Rechtlichkeit ist das Minimum an Moralität, daß aller entfalteten Sittlichkeit vorausgeht.” N. Hartmann „Ethik” S. 384.

37 Als konkretes Beispiel mag die von der Rechtssprechung immer wieder festzulegende Abgrenzung zwischen dem Grundsatz „pacta sunt servanda” (Forderung nach Vertragstreue) einerseits und der — bestimmte Sachverhaltswerte schützenden — clausula rebus sic stantibus (bzw. Eröffnung d. Rücktrittsmöglichkeit bei „Wegfall d. Gesch. grundl.”) dienen.

38 N. Hartmann „Ethik” S. 243.

39 N. Hartmann „Ethik” S. 246.

40 Coing versteht darunter den Problemkreis der Güterverteilung und der Stellung des einzelnen zum Staate. Vgl. „Grundsätze” S. 38 ff.

41 Vgl. „Grundsätze” S. 39 ff.

42 Der Mensch „ist vor allem ein geistig-sittliches Wesen. Er ist fähig, sittlich zu handeln und Träger sittlicher Werte zu sein; er ist Person . . . er ist bestimmt, Persönlichkeit zu werden”. „Grundsätze” S. 39 ff.

43 „Grundsätze” S. 40.

44 Auf das Spannungsverhältnis von Freiheit und Gerechtigkeit weist Coing a.a.O. S. 42 ff. hin.

45 Vgl. „Grundsätze” S. 41-43.

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46 Vgl. „Grundsätze” S. 43 ff.

47 „Grundsätze” S. 44.

48 Coing sagt hierzu ergänzend: „Wir stehen hier an einer Grenze menschlicher Gerechtigkeit. Es ist dieselbe Grenze, die das Recht zur Gewährung von Freiheit nötigt: indem das Recht Freiheit gewährt, muß es Ungleichheit in Kauf nehmen, die, in Anlage und persönlicher Entfaltung begründet, rechtlicher Regelung sich entziehen.” (A.a.O. S. 44). Diese Stelle ist insofern kennzeichnend, als sie zeigt, daß Coing den Begriff der Ungleichheit wie den der Freiheit im letzten Grunde nur negativ versteht. Jede Metaphysik (realistischer oder idealistischer Prägung), die von dem Begriff einer abstrakten, objektiv fixierbaren Wahrheit her denkt, muß notwendigerweise die spezifischen Merkmale der existentia als eine relative Unvollkommenheit begreifen, die — da wir nun einmal in die Existenz hineingestellt sind — zu gewissen Abstrichen von dem mehr oder weniger erkennbaren Bild des „ansich Gültigen” nötigt. „Freiheit” ist in diesem Schema nur der subjektive Spielraum, der notwendig gedacht wird, damit sich das Subjekt zum Guten selbst bestimmen kann, die „Ungleichheit” der empirischen Welt aber nur der Ausdruck dafür, daß sich das wahre Wesen nur in seinen verschiedenen Aspekten, gleichsam in — das Wesen jeweils notwendig unvollkommen ausdrückenden — Spielarten manifestiert.

49 Coing verkennt darum auch, daß diese Unterscheidung als er schöpfend zu denken ist: entweder allen das Gleiche oder Ungleiches, aber nach gleichem Maß. Freilich hat Aristoteles selbst die Frage, unter welchen Umständen die eine oder die andere Art von Gleichheit gerecht sei, noch damit zu beantworten gesucht, daß er sie jeweils verschiedenen Rechtsmaterien zuordnete. Eine Kritik dieses Lösungsversuchs erübrigt sich nach dem eben Gesagten. Vgl. Nik. Ethik V, 2 1131a ff. u. Coing „Grundsätze” S. 48 ff.

50 Zur Vorgeschichte vgl. etwa N. Hartmann „Ethik” S. 572 ff., ebda. S. 89 ff.

51 M.a.W.: Ohne daß die Freiheit in ihrem realen Ansichsein erwiesen werden könnte (hier sind die Grenzen der Vernunft durch die Antinomie von Freiheit u. Kausalität bezeichnet), muß die Freiheit — genauer „das Setzen von Kausalität durch Freiheit” (oder die absolute „Spontaneität” des intelligiblen Subjekts) als ein Vermögen der praktischen Vernunft vorausgesetzt werden, sofern nicht Sittlichkeit „eine chimärische Idee ohne Wahrheit” sein soll. Vgl. Metaph. d. S., S. 89 und 100 ff.

52 „Handle so, als ob die Maxime deiner Handlung durch deinen Willen zum allgemeinen Naturgesetz werden sollte.” Metaph. d. S., S. 56.

53 Kr. d. pr. Vern., S. 105. — Die Inhalte dieser „Ordnung” können freilich nicht eingesehen werden. Aber von hier aus ist das Mißverständnis abzuweisen, es handle sich bei der Kantschen Lehre von der „moralischen Selbstgesetzgebung” um einen Subjektivismus, nach dem der individuelle, empirische Mensch selbst sittlicher Gesetzgeber sein soll. Zwischen diesen beiden Auffassungen besteht genau der Abstand, der zwischen den Begriffen willkürlicher und transzendentaler Freiheit liegt. Für den Bereich der theoretischen Vernunft gilt bei Kant Entsprechendes: hier begegnet er durch die Zugrundelegung des transzendenten Dings-an-sich der subjektivistischen Ansicht, es handle sich bei den

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„Erscheinungen” des Empirischen grundsätzlich nur um „Schein”. Vgl. hierzu die Ausführungen unten S. 131 ff.

54 Vgl. etwa Kr. d. pr. V., S. 39.

35 „Wenn ein vernünftiges Wesen sich seine Maximen als praktische allgemeine Sätze denken soll, so kann es sich dieselben nur als solche Prinzipien denken, die . . . bloß der Form nach den Bestimmungsgrund des Willens enthalten.” Kr. d. pr. Vern., S. 31.

56 „Die Zwecke, die sich ein vernünftiges Wesen als Wirkungen seiner Handlung nach Belieben vorsetzt (materiale Zwecke) sind insgesamt nur relativ . . . und nur der Grund von hypothetischen Imperativen.” Metaph. d. S., S. 63. Es kann hier nicht näher nachgewiesen werden, inwiefern die Meinung Kants, man könne mit Hilfe des kategorischen Imperativs, also allein von der formalen, subjektiven Seite des Sittlichen her, zu allgemeingültigen, inhaltlichen Sätzen der Ethik gelangen, fehl geht. Vgl. die von Kant gewählten Beispiele des Selbstmordes, des lügenhaften Versprechens usw. Metaph. d. S., S. 56 ff. Dazu die besonders anschauliche Kritik von H. Blüher in „Die Achse der Natur” S. 195 ff. — In Wahrheit gelangt Kant zu keinen sittlichen Inhalten, die er nicht — ihm selbst unbewußt — vorher in seine jeweilige Fragestellung schon aufgenommen hätte.
Es ist übrigens eine in diesem Zusammenhang bemerkenswerte Inkongruenz im System, daß Kant zwar Gegebenheiten der sinnlichen Welt, nicht aber solche der sittlichen Welt anerkennt und dadurch in die mißliche Lage kommt, den sittlichen „Stoff” gleichsam aus der leeren Form der praktischen Vernunft herauskonstruieren zu müssen.

57 Vgl. neuerdings Welzel „Vom irrenden Gewissen” S. 15 ff.

58 „Eine reine Gesinnungsethik, die nur auf das Innere blickt und von jeder objektiv sittlichen Materie absieht, ist konsequent gar nicht durchführbar.” Welzel a.a.O. S. 21. Darüber hinaus fehlt uns heute nicht die unmittelbare Anschauung dafür, wie sehr die an sich hohe Idee einer reinen Pflichtethik der Dämonisierung fähig ist.

59 Vgl. Kr. d. pr. Vern., S. 24, 25, 93.

60 Kr. d. pr. Vern., S. 106. Vgl. ferner Metaph. d. S., S. 63 ff.: „Der Mensch und überhaupt jedes vernünftige Wesen existiert als Zweck an sich selbst . . . und zwar als einem solchen, an dessen Statt kein anderer Zweck gesetzt werden kann (dem es bloß als Mittel zu Diensten stehen sollte), weil ohne dieses überall gar nichts von absolutem Werte würde angetroffen werden; wenn aber aller Wert bedingt, mithin zufällig wäre, so könnte für die Vernunft überall kein oberstes praktisches Prinzip angetroffen werden.”

61 Vgl. die Hinweise bei Welzel a.a.O. S. 20 ff.

62 Vgl. die oben zitierten Stellen der Kr. d. pr. Vern., S. 106 und Metaph. d. S., S. 63, sowie die Darstellung bei Windelband-Heimsoeth a.a.O., S. 463 ff., insb. S. 465, ferner Welzel a.a.O. S. 19.

63 Vgl. hierzu die sehr deutliche Anmerkung Welzel a.a.O. S. 27 ff. Anm. 72, auf die noch zurückzukommen sein wird.

64 Aus dem Vernunftbegriff als solchem läßt sich demnach hinsichtlich einer Wesensbestimmung des Menschen immer nur hypothetische

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Gewißheit erlangen und auch nur in dem diesem Begriff eigenen Umfang.

65 Das Wort „Person” (personare) gibt übrigens den schönsten Hinweis darauf, daß es sich hier nicht um etwas handelt, was einen materialen Eigenwert hat.

66 Metaph. d. S., S. 64.

67 Welzel a.a.O. S. 18.

68 A.a.O. S. 27.

69 Vgl. Anm. 71, a.a.O. S. 27.
70 A.a.O. S. 28.

71 Vgl. Anm. 73 a.a.O. S. 28.

72 Anm. 72 a.a.O. S. 27.

73 Der sich hier vielleicht einstellende Einwand, es gehe ja nicht um die Frage, ob ein Mensch aus einem anderen eine Sache machen könne, sondern darum, ob er ihn als Sache behandeln dürfe, wenn sein Verhalten sittlich oder auch rechtlich genannt werden soll, trifft den systematischen Sinn der Argumentation nicht. Der Erpresser, der Arzt, der Menschenversuche macht, der Demagoge, der die Masse mißbraucht und der Unternehmer, der Menschen nur als Produktivkraft benutzt — überhaupt jeder, der einen anderen zu seinem Werkzeug macht, behandelt einen anderen Menschen mehr oder weniger als Sache und nicht als „sittlichen Selbstzweck”. Wie aber kann zur Unterscheidung aller dieser Fälle der Persongedanke als materialer Maßstab dienen, ohne daß das Personsein zu bestimmten empirischen Sachverhalten in engere Beziehung gebracht oder mit ihnen identifiziert würde? Insofern mit diesen Verhaltensweisen der Mensch ausschließlich zum Mittel endlicher Zwecke gemacht wird, verstoßen sie ihrer Intention nach, also in formaler Hinsicht, alle in gleicher Weise gegen das Autonomieprinzip. In materialer Hinsicht aber wird durch alle diese Verhaltensweisen das Personsein des Menschen gleichviel oder gleichwenig berührt.
Darüber hinaus muß die von Welzel vorgeschlagene Verwendung des ethischen Prinzips der Autonomie zur Unterscheidung von nicht mehr verbindlichem „gesetzlichen Unrecht” einerseits und noch verbindlichem „ungerechtem Recht” andererseits in Frage gestellt werden, ganz unabhängig davon, ob man es nun im Sinne Welzels als „material” oder als „formal” bezeichnen will: Die Tötung eines Menschen um des eigenen Vorteils willen ist nach der Vorschrift des § 212 bzw. § 211 StGB rechtswidrig, die Tötung aus Notwehr hingegen nach h. M. auf Grund des § 53,1 rechtmäßig. Als „Strafe” für den Angriff kann die Tötung aus Notwehr wohl kaum aufgefaßt werden, zumal die Angriffshandlung nicht schuldhaft sein muß. Die Tatsache, daß die Notwehr eine Verteidigungshandlung sein muß, schließt ferner weder den echten Handlungscharakter (im Gegensatz zur Reflexbewegung) aus, noch ändert sie etwas daran, daß hier der „Zwangseingriff” in das Leben eines anderen als Mittel der Selbstbehauptung dient. Sollte also der § 53,1 StGB kein „verpflichtendes Recht” sein, weil er den von Welzel genannten „materialen Mindestgehalt jeder Ethik” nicht beachtet? Dieser Ansicht ist weder Welzel noch sonst ein rechtlich denkender Mensch.

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74 Insbesondere in dem Abschnitt „Metaphysik und Ethik” a.a.O. S. 155 ff.

75 Vgl. hierzu H. Blüher a.a.O. S. 207: „Ich bestehe als Person aus vernehmender Vernunft, und diese gebietet mir in der Form des kategorischen Imperativs, was getan werden soll — aber erst, nachdem sie selber empfangen hat.”

76 Das Ergebnis Welzels ist — das mag nach alldem deutlich werden — unvermeidlich, wenn man einerseits einen säkular-einpoligen, im weiteren Sinne des Worts „autonomen” Begriff der Ethik zu entwickeln sucht (weil andernfalls der Wissenschaftscharakter der Ethik aufgegeben werde), andererseits aber, um dem Gebäude der Ethik u. damit zugleich dem des Rechts wenigstens an seiner äußersten Spitze Halt zu verleihen, an einem absoluten Inhalt festhält. Denn würde zugestanden, daß den materialen Prinzipien insgesamt keine strenge Allgemeinheit zukommt, so würden (sofern das Problem aus der Alternative absolut-relativ nicht herausgelöst wird) alle Inhalte eben nur „relativ” gelten — oder, um einen Ausdruck K. Barths zu gebrauchen, „alle Katzen grau sein” — so daß es schließlich belanglos wäre, was wir tun.

77 Dies folgt aus seiner Anerkennung der analogia entis als Realprinzip. Vgl. oben S. 34 ff.

78 Ihre Preisgabe bedeutet nach dem oben Gesagten nicht weniger als die Preisgabe des Versuchs, sich der Wahrheit als eines zeitlos Gültigen rational zu bemächtigen, sich ihrer als einer Summe endgültig feststellbarer Sachverhalte mit absoluter, in sich selbst ruhender Gewißheit zu versichern. Es wäre jedoch ein grundlegendes Mißverständnis, zu meinen, daß hiermit dem „Irrationalen” das Wort erteilt werde: der rein negative Begriff des „Irrationalen” gehört selbst, nicht weniger als die Vorstellung eigenständiger Vernunfterkenntnis, in das in Frage gestellte Denkschema.

79 Vgl. K. Barths „Dogmatik” III, 1 insbes. S. 205 ff., 220 und 226 und die zusammenfassende Darstellung von O. Weber „Karl Barths: Kirchliche Dogmatik”, S. 112 ff., insbes. S. 119 ff. Die hier angedeutete Auffassung Barths knüpft an die Exegese von Gen. 1, 27 an.

80 Wie sehr sich die Auffassung Coings als eine profane Variante eben dieser metaphysischen Grundvorstellung erweist, mag ein Vergleich mit folgender Stelle deutlich machen: „Insofern hat die ,Natur des Menschen’ für uns eine Bedeutung, als wir den Menschen als ein Wesen ansehen, das in die Ordnung der organischen Naturwesen hineingehört, aber gleichzeitig dem Reich der sittlichen und geistigen Werte geöffnet ist, die zu verwirklichen er berufen und verpflichtet ist” („Grundsätze” S. 63).

81 K. Barth. A.a.O. S. 206.

82 „Das tertium comparationis, die Analogie zu Gott und Mensch ist . . . die Existenz im Gegenüber von Ich und Du. Sie ist zuerst für Gott konstitutiv: sie ist es dann auch für den von Gott geschaffenen Menschen. Man denke sie weg, so hat man sowohl das Göttliche aus Gott als auch das Menschliche aus dem Menschen weggedacht.” K. Barth a.a.O. S. 207. Vgl. auch O. Weber a.a.O. S. 119 ff.

83 Nach der Gott nicht ein in sich ruhendes Sein, ein Absolutes ist, sondern selbst „existiert” im Sinne eines Zusammenwirkens von

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Gottvater, Sohn und Heiligem Geist, so daß Aussagen über Gott selbst nur als Aussagen über seine inneren Beziehungen möglich wären. Wie sehr die Relation Gott-Mensch in das trinitarische Geschehen selbst hineingehört, zeigt sich dann mit der Aussage, daß diese Relation in Christus als dem Sohn wirklich vollzogen sei. Vgl. K. Barth, a.a.O. S. 230 u. O. Weber, a.a.O. S. 122. Auf eine Darlegung der sich hieran anknüpfenden theologischen Folgerungen muß hier verzichtet werden (vgl. dazu O. Weber a.a.O. S. 122 ff.). Grundlegend sind vor allem die Texte von Joh. Ev. 17, 22 ff., Ephes. 5, 22 ff. und Gen. 1, 26 ff. Im Hinblick auf die später noch abzuschließende Stellungnahme zum Problem des „christlichen Naturrechts” ist jedoch an dieser Stelle schon ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß mit der Lehre von der anal. rel. der entscheidende Gegensatz von „natürlicher Theologie” und positivistischer „Offenbarungstheologie” gegenstandslos wird.

84 Vgl. etwa den Aufsatz von G. Howe „Das gegenwärtige Gespräch zwischen Theologie u. Physik” in „Glaube und Forschung” S. 149 ff.

85 Unter „Objektivierbarkeit” wird in diesem Zusammenhang die prinzipielle Möglichkeit von Aussagen (im Falle der Physik über das Naturgeschehen) verstanden, „deren Inhalt nicht von den Bedingungen abhängt, unter denen die sie verifizierenden Erfahrungen gewonnen werden.” Der Verzicht auf die Objektivierbarkeit solle jedoch nicht bedeuten, „daß das empirische Subjekt mit seinen Affekten und seinem persönlichen Schicksal in die Physik eingeführt werde”, (insofern bleibt also die Forderung einer „voraussetzungslosen Wissenschaft” voll bestehen) vielmehr nur, „daß in jede Aussage über das Objekt Wissen u. Wollen als Grundfunktionen des Bewußtseins mit eingehen.” Vgl. C.F. v. Weizsäcker „Das Verhältnis der Quantenmechanik zur Philosophie Kants” 5. 83 ff., insbes. 5. 92 u. 97.

86 Vgl. den oben zit. Aufsatz C.F. v. Weizsäckers a.a.O. S. 90 ff. und ferner den Vortrag W. Heisenbergs „Prinzipielle Fragen der modernen Physik” in „Wandlungen in den Grundlagen der Naturwissenschaft” S. 38 ff.

87 Vgl. C.F. v. Weizsäcker a.a.O. S. 93.

88 Der abschließenden Stellungnahme vorgreifend soll schon hier betont werden, daß sich die erkenntnistheoretische Kritik am Naturrechtsgedanken sinnvoll nur gegen die Behauptung einer zeitlos gültigen Wahrheit richten kann, also gegen die Vorstellung, es wäre der Lebensaufgabe argumentierend beizukommen. So wenig als irgendein Argument den Zweifel ausschließt, so wenig kann es der Wahrheitsfrage gegenüber überhaupt ein gesichertes Wissen (securitas) geben. Die Möglichkeit von Gewißheit (certitudo) aber kann nicht bestritten werden. Denn sie ist ein faktischer Zustand unseres Bewußtseins, der sich jeweils da ein stellt, wo wir Erkenntnisinhalte unangezweifelt gelten lassen.

89 N. Hartmann „Ethik” S. 580 ff.

90 Coing meint („Grundsätze” S. 41): „keine äußere Ordnung kann die Entwicklung innerlicher, sittlicher Werte verhindern . . . aber sie kann sie hemmen, indem sie ihre Äußerungen, ihre notwendigen Wirkungen nach außen unterdrückt”. Die fundamentale Unterscheidung zwischen Personhaftigkeit und empirischem Sein wird somit offenbar als Unterscheidung zwischen dem „inneren Wert” des Menschen und seiner Wirksamkeit nach außen mißverstanden und führt so zu mancherlei Unklarheiten.

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91 Vgl. hierzu N. Hartmann „Ethik” S. 581 ff.: Handlungsfreiheit ist gegeben, „wenn ein Mensch tun kann, was er will”. Mit der rechtlichen Freiheit hat sie nichts zu tun, denn „man darf vieles tun, was man nicht kann, und umgekehrt”.

92 „Ob der Wille nach erfolgter Entscheidung die Macht zur Tat hat, und ob er damit Erlaubtes oder Unerlaubtes tut, das ist beides gleichgültig für die Frage, ob er in seiner Entscheidung selbst frei oder unfrei war. Es leuchtet ein, daß Handlungsfreiheit ebenso indifferent zur Willensfreiheit steht wie rechtliche Freiheit.” N. Hartmann „Ethik” S. 582.

93 Coing „Grundsätze” S. 40 ff.: „Dem Menschen muß gerechterweise gegeben werden, was ihm als Person zukommt.” Daraus ergebe sich als „grundsätzliche Anforderung an die Sozialordnung”: „wo sie über sein Tun billigend oder mißbilligend urteilt, insbesondere also im Strafrecht, muß sie an seinen sittlichen Willen anknüpfen; sie darf nicht tadeln oder strafen, wo dieser nicht mehr besteht, wo kein Willensentschluß mehr feststellbar ist”.

94 Als Voraussetzungen für das Gegebensein strafrechtlicher Verantwortlichkeit wären zunächst zu nennen: die konkreten Grenzen des rechtlich Erlaubten müssen bewußt und gewollt überschritten worden oder ihre Verletzung bei pflichtgemäßem Verhalten vermeidbar gewesen sein. Ferner muß im konkreten Fall Handlungsfreiheit gegeben gewesen sein.

95 Die Ausdrücke stammen von N. Hartmann, vgl. „Ethik” S. 582 ff.

96 So in den Notstandsfällen der §§ 52; 33, III und 34 StGB, im Falle fahrlässiger Normverletzung und ferner bei den Unterlassungsdelikten im Falle der Pflichten- oder Interessenkollision.

97 In den Fällen des § 51, I u. II StGB und des § 3 RJGG einerseits und den Fällen der Rechtsblindheit andererseits.

98 Hierher gehören der bekannte Satz „tout comprendre c’est tout pardonner” sowie andererseits etwa die Straftheorien Lombrosos.

99 Coing verkennt das Wesen der sittlichen Freiheit und vereinfacht daher das Problem in einer ihn zu Kurzschlüssen veranlassenden Weise. Er könnte sonst nicht so unbedenklich sagen: „Die sittliche Natur der Person erkennt das Recht dadurch an, daß es den Menschen als frei handelndes Wesen behandelt. Daher kann, wo es auf sein Handeln ankommt, nur die erkennbar freie, aber zurechenbare Tat entscheidend sein.” „Grundsätze” S. 64 (Sperrungen vom Verfasser).

100 „Die Verbände dienen der Verwirklichung bestimmter Werte . . . Diese Tatsache prägt sich in der Gestaltung dieser Verbände notwendig aus: anders muß eine religiöse Gemeinschaft, anders eine Forschungsstätte . . . organisiert sein. Die Werte, denen sie dienen, sind es also, auf denen die Eigengesetzlichkeit beruht, die wir in ihrem Wesen finden . . . Sie sind institutionsbegründende Werte.” Vgl. „Grundsätze” S. 45 ff.

101 „Grundsätze” S. 46.

102 Vgl. „Grundsätze” S. 113, inbes. auch S. 115 ff.

103 Vgl. hierzu auch „Grundsätze” S. 33: „mit jeder Generation kommt auch eine neue Sicht der Werte herauf.”

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104 Vgl. hierzu N. Hartmann „Ethik” S. 44: „Es gibt also ein andauerndes Sichherausarbeiten neuer ethischer Wertgehalte. Das ist keine Umwertung der Werte, wohl aber eine Umwertung des Lebens. Die Werte selbst verschieben sich nicht in der Revolution des Ethos. Ihr Wesen ist überzeitlich und übergeschichtlich. Aber das Wertbewußtsein verschiebt sich” (Sperrungen vom Verfasser).
Vgl. ferner S. 142 „Tatsache ist, daß wir immer nur begrenzte Ausschnitte aus dem Wertreich übersehen, für seinen übrigen Umfang aber wertblind sind.”

105 Vgl. die eingehendere, aber durchaus entsprechende Argumentation N. Hartmanns in „Ethik” S. 47 u. S. 109 ff., insbes. S. 112.

106 Das ist nur eine spekulative Forderung des klassischen „Weltbildes”, wie es z.B. von Laplace dargestellt wird.

107 Hierzu sei eine anschauliche Bemerkung H. Blühers (in „Traktat über die Heilkunde” S. 63) wiedergegeben: Die Ausdrücke „Metaphysik und Ethik” (Wahrheit u. Sittlichkeit) seien ein ἓν διὰ δυοῖν — so wie etwa „Grund und Boden”, „Kind und Kegel”. So wenig man sagen könne, „ich kaufe Ihnen den Grund ab, den Boden können Sie behalten”, so wenig könne man sagen, „wir wollen eine Ethik oder Metaphysik” (oder: wir wollen nach sittlichen Inhalten suchen, ohne nach ihrer unbedingten Geltung oder Wahrheit zu fragen).

108 Indem Kant die nichtempirischen Elemente der Erfahrung ins Auge faßte und sie zum Angelpunkt seiner Untersuchung machte, hatte er die berühmte „kopernikanische Wendung” des Erkenntnisproblems herbeigeführt, nachdem sich die realistischen und sensualistischen Theorien ihren eigenen Schwierigkeiten gegenüber als nicht mehr gewachsen gezeigt hatten und damit die Versuche, die Erfahrung durch ihr Objekt (die Dinge) oder durch ihr Medium (die Empfindung) eindeutig zu erklären, gescheitert waren.

109 Vgl. hierzu C.F. v. Weizsäckers mehrfach zit. Untersuchung über „Das Verhältnis der Quantenmechanik zur Philosophie Kants” a.a.O. S. 103 ff. sowie seine als Manuskript gedr. Vorlesung „Der begriffliche Aufbau der theoret. Physik” S. 65 ff.

110 Vgl. die Ausführungen oben S. 53 ff., hierzu insbes. Anm. 56.

111 Vgl. M. Scheler „Der Formalismus in der Ethik und die materiale Wertethik”, inbes. S. 245 ff. und N. Hartmann „Ethik” S. 52 ff. Zu dessen Kritik an Kant hinsichtlich des Verhältnisses der Begriffe formal-material, a priori-a posteriori vgl. inbes. a.a.O. S. 93 ff.

112 Vgl. N. Hartmann „Ethik” S. 54.

113 Vgl. „Ethik” S. 50 ff.

114 Vgl. hierzu den Abschnitt „Gewissen und ethisches Wertapriori” in „Ethik” S. 120 ff.

115 Nichts anderes ist etwa mit der Bemerkung H. Blühers gemeint, „die Ethik sei die einzige Stelle in der Natur, an der die Vernunft konkret wird” („Die Achse der Natur” S. 209). Vgl. hierzu ferner die vorläufigen Ausführungen oben S. 56.

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116 „Hier ist für die ethische Forschung auf kein Faktum zu rechnen, aus dessen bloßer Analyse die sittlichen Prinzipien sichtbar gemacht werden könnten.” N. Hartmann „Ethik” S. 53.

117 Das kommt bei Hartmann nirgends deutlich zum Ausdruck, wenngleich er auch nicht das Gegenteil behauptet. Würde er dies ausdrücklich zugestehen, so würde ihm schon von da aus die Möglichkeit genommen sein, von der Feststellung der Apriorität bestimmter Werterkenntnisse auf die Absolutheit der Werte zu schließen. Ob es sich übrigens mit den „formalen” Apriori theoretischer Erkenntnis grundsätzlich anders als mit den „materialen” Apriori praktischer Erkenntnis verhält, muß hier dahingestellt bleiben. Hierzu wird wiederum auf die Untersuchung C.F. v. Weizsäckers a.a.O. S. 111 ff. verwiesen.

118 Daß Gewißheit eben nicht auf der Anerkennung eines streng Allgemeingültigen (weil schlüssig Bewiesenen) beruhen kann, sondern viel mehr — wie C.F. v. Weizsäcker sagt — in der Überwindung des im Zweifel liegenden Mißtrauens begründet ist, darauf soll hier vorwegnehmend hingewiesen werden.

119 „Ethik” S. 114.

120 Sie besteht nach Hartmanns Meinung eben in einer Verkennung der objektiven Sachverhalte. Als Beispiel führt er etwa die menschlichen Ressentimenterscheinungen an.

121 Eine Frage, die Kant mit der sog. „transzendentalen Reduktion” im positiven Sinne zu entscheiden gesucht hat.

122 „Ethik” S. 114; vgl. ferner ebenda S. 140: „A priori können auch Vorurteile, willkürliche Annahmen, Vorstellungen und Gefühlseinstellungen sein.”

123 „Ethik” S. 114.

124 Vgl. hierzu „Ethik” S. 45 ff., 115-120.

125 „Ethik” S. 115.

126 „Ethik” S. 133.

127 „Ethik” S. 44.

128 Daß es Hartmann darum geht, eben diese Form der Skepsis zu entkräften, zeigt unter anderem folgende Stelle: „Der Verdacht, unter dem die Werte stehen, ist der der Subjektivität . . . Besteht aber der Wertcharakter an allem Beurteilten nur im menschlichen Bewußtsein, so ist es naheliegend, daß er auch nur „für” das menschliche Bewußtsein besteht. Sind Werte relativ auf das Subjektiv, so ist auch ihre Seinsweise eine relative, und sie bleiben anschaubar als eine Funktion der Wertung des Subjekts. Damit ist dann aber dem Nietzscheschen Wertrelativismus die Tür geöffnet.” „Ethik” S. 125.

129 Die im übrigen einen Mißbrauch des Wortes „Schein” darstellt. Denn dieser Ausdruck kann korrekt nur da verwandt werden, wo es sinnvoll bleibt, im Gegensatz zum Schein von Erscheinung zu sprechen.

130 Die Grenzen dieses relativen Gebrauchs sind die des praktischen Realismus, der das objektive Vorhandensein der Dinge (bzw. der Werte)

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und dementsprechend die Objektivierbarkeit unserer Aussagen über sie nur praktisch oder methodisch voraussetzt, aber nicht prinzipiell behauptet.

131 Eben dies folgt aus der Tatsache, daß das Apriorische an aller Erkenntnis Anteil hat: insofern als Erkenntnis a priori die Vorbedingung der Möglichkeit von Erfahrung ist, ist sie eine Erkenntnis von den notwendigen Erscheinungsweisen, in denen uns ihre Gegenstände jeweils gegeben werden. Da nun alle Erkenntnis auf apriorischer Erkenntnis beruht (indem diese als eine „Funktion” des Subjekts in sie eingeht), kann sich Erkenntnis niemals auf Ansichseiendes, sondern nur auf Gegebenes, also nur auf die Erscheinung von Gegenständen beziehen.

132 Vgl. „Ethik” S. 649.

133 „In welchem Sinne läßt sich, ungeachtet ihrer erwiesenen Apriorität, an ihrer Absolutheit zweifeln? Gibt es . . . eine Relativität auf das Subjekt, die ihre Selbständigkeit in Frage stellt?” „Ethik” S. 128.

134 Vgl. hierzu im einzelnen „Ethik” S. 128-132.

135 „Der Wert bleibt so unberührt durch die Wertschau, wie nur je ein Erkenntnisgegenstand durch das Erkanntwerden.” „Ethik” S. 135. Zum Vorhergehenden vgl. ebenda S. 133 ff.

136 „Werterkenntnis ist echte Seinserkenntnis. Sie steht in dieser Hinsicht durchaus auf einer Linie mit jeder Art theoretischer Erkenntnis. Ihr Gegenstand ist dem Subjekt gegenüber ein ebenso Selbständiges, wie Raumverhältnisse für geometrische Erkenntnis und Dinge für Dingerkenntnis.” „Das Erfassen der Werte ist ein ebenso transzendenter Akt wie jeder echte Erkenntnisakt . . .” „Ethik” S. 134 ff.

137 Daß Hartmann hinsichtlich der Werte nicht ein reales, sondern ein ideales Ansichsein annimmt (vgl. insbes. a.a.O. S. 136 ff.), macht für die hier behandelten Grundfragen keinen Unterschied. Hartmann betont selbst die Parallelität der Probleme.

138 „Ethik” S. 648.

139 Hartmann gebraucht diesen Ausdruck a.a.O. S. 649. Als ein besonders gewichtiges Indiz sieht Hartmann u.a. die Tatsache an, daß das erkennende Bewußtsein die Gegenstände der Erkenntnis als ansichseiende „meine”. Wende man ein, „das ,Meinen’ sei doch ein schwaches Zeugnis, der Träumende, der Getäuschte, der Irrende ,meine’ doch auch seinen Gegenstand als ansichseienden”, so sei zu antworten: „es gibt ein Erwachen aus dem Traum, wie aus Irrtum und Täuschung, aber es gibt kein Erwachen aus logischer und mathematischer Einsicht” (a.a.O. S. 138). Indessen: wer irrt, weiß nicht, daß er irrt.

140 „Ethik” S. 139.

141 Dieser Ausdruck ist hier insofern ungenau, als es bei den Werten — wie schon gesagt wurde — nicht um reales, sondern um ideales Ansichsein geht. Gleichwohl ist dieser terminus auch hier eindeutig verwendbar. Zum Erweis dessen, daß der mit diesem Begriff bezeichnete Standpunkt von Hartmann der Sache nach vertreten wird, sei eine Stelle wiedergegeben, die geradezu als eine Definition eben dieses Standpunktes angesehen werden könnte: „Nicht jeder ist fähig . . ., den Sachverhalt zu sehen, wie er ist. Nichtsdestoweniger besteht die Allgemeinheit,

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Notwendigkeit und Objektivität des Urteils in der Idee zu Recht. Denn diese Allgemeinheit bedeutet gar nicht, daß ein jeder der fraglichen Werteinsicht fähig ist. Sie bedeutet nur, daß, wer ihrer fähig ist . . . ., notwendig so und nicht anders empfinden und moralisch urteilen muß. In diesem Sinne . . . ist das moralische Werturteil und das hinter ihm stehende moralische Wertgefühl ein streng allgemeines, notwendiges und objektives. In diesem Sinne also ist der im Werturteil sich aussprechende Wert ein vom Subjekt des Urteilenden Unabhängiges.” „Ethik” S. 140 (Sperrungen vom Verfasser).

142 Vgl. „Naturrecht als Problem der Juristen” S. 11 ff. Ebenda: „Die Erklärung, die etwa N. Hartmann mit Bezug auf die Ethik abgegeben hat, daß nämlich das Dasein der sittlichen Werte letzten Endes rätselhaft für uns sei (vgl. hierzu „Ethik” S. 151 ff.), wird das menschliche Fragen nicht abschneiden. Die Frage ist da, und ihre Berechtigung und Notwendigkeit läßt sich nicht bestreiten. Aber sie läßt sich von der Jurisprudenz her, auch von der Naturrechtsjurisprudenz nicht beantworten. Vom phänomenologisch verstandenen Naturrecht her läßt sich — anders als im Thomismus — keine metaphysische Bedeutung für das Naturrecht in Anspruch nehmen ... Wenn der Thomismus — hierin der Stoa folgend — dem Naturrecht eine metaphysische und theologische Bedeutsamkeit zuerkennt, so müssen und können wir mit der Möglichkeit rechnen, daß diese Zuweisung vorschnell erfolgt ist. Es will mir deshalb scheinen, daß die Auffassung der modernen Wissenschaft in einem sehr viel größeren Maße bereit ist, sich von der Theologie sagen zu lassen, was das Naturrecht letztlich bedeutet.”

143 A.a.O. S. 13 führt Coing hierzu u.a. aus: „Es zeigt sich, daß wir — auch mit Hilfe des Naturrechts — wohl entscheiden können, ob A. seinen Vertrag mit B. erfüllt hat oder nicht, und wir können gegebenenfalls gegen A. Sanktionen aussprechen; aber können wir die Ungerechtigkeit ausgleichen, die darin liegt, daß B. reich geboren und A. arm ist?” Abgesehen davon, daß hier sehr unbedenklich Gerechtigkeit mit materieller Gleichheit ineinsgesetzt zu werden scheint, wird offenbar von Coing die Frage nach den Grenzen „naturrechtlicher Gerechtigkeit” mit der Unzulänglichkeit menschlicher Mittel in bezug auf die praktische Verwirklichung von Gerechtigkeitsidealen in unmittelbare Verbindung gebracht. Die betr. Stelle ist zumindest ganz mißverständlich. — Im Zusammenhang solcher Überlegungen wird allerdings die ernst zu nehmende, im Rahmen dieser Arbeit jedoch nicht weiter zu verfolgende Frage angerührt, ob denn die innerste Gespanntheit und Zwielichtigkeit menschlicher Existenz (der auch das Recht unterworfen ist, weshalb menschliches Recht immer zugleich auch potentielles Unrecht ist) im Räume eben dieser endlichen Existenz überhaupt gelöst werden kann. Ist aber diese Frage gemeint, so ist sie jedenfalls nicht erst jenseits des Problems eines angeblich „wissenschaftlich aufweisbaren Naturrechts” anzutreffen. Mit ihr wird der Kern des sogenannten Rechtfertigungsproblems angerührt, das sich etwa bei der Frage nach der Möglichkeit staatlichen Strafens ganz unmittelbar aufdrängt: wie ist zu begründen, daß trotz des „Unrechts” im „Recht” gestraft werden darf und soll?

144 A.a.O. S. 14.

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Schlußbetrachtung

1 Den gleichen Einwendungen unterliegt bei konsequenter Anwendung dieser Feststellung auch diejenige Auffassung, nach der es zwar nicht im „axiologischen Kerngebiet”, wohl aber im „ontologischen Randgebiet” des Rechts allgemeingültig feststellbare und vom Gesetzgeber zwingend zu beachtende „essentielle Sachverhalte” geben soll. So meint etwa neuerdings H. Welzel: „Unabhängig vom Streit und den Zweifeln über die materialen Wertfragen bestehen bestimmte ontologische Grundgegebenheiten, an die jede denkbare Wertung gebunden ist und die darum jeder Wertung feste Grenzen setzen” („Naturrecht und materiale Gerechtigkeit” S. 197 — eine sehr umfassende, aber erst nach Abschluß dieser Arbeit veröffentlichte Darstellung des Problems und daher hier nur am Rande erwähnt). Der Hinweis Welzels ist darum um nichts weniger beachtlich, eben weil die von ihm festgestellten „ontologischen Grundgegebenheiten” zwar mit faktischer, nicht aber mit strenger oder zwingender Verbindlichkeit unseren Wertungen vorgegeben sind. Auch die Fallgesetze etwa „gelten” ja nur im Erfahrungsbereich der sog. Klassischen Physik.

2 Dabei ist das begriffliche Kriterium praktischer Apriori jeweils ihr kategorisches Gebotensein. Es wurde oben ausgeführt, daß der kategorische Imperativ selbst nicht die Eigenschaft eines praktischen Apriori besitzt, aus dem die materialen Handlungsprinzipien herausinterpretiert werden könnten. Das kategorische Gebotensein ist vielmehr nur die Weise des Gegebenseins praktischer Apriori.

3 Vgl. insbes. „Zum Aufbau der theoret. Physik” Teil I, A.

4 Vgl. C.F. v. Weizsäcker a.a.O. S. 19.

5 Wenn weiter oben auf den Relationscharakter aller Erkenntnis hingewiesen wurde und damit zugleich auch auf die Tatsache, daß das, was wir jeweils an apriorischer oder aposteriorischer Erkenntnis haben, von der Struktur und der Haltung unseres Bewußtseins abhängig ist, so ist nunmehr ergänzend zu sagen: „die Bedeutung der Einstellung des Glaubens für das Bewußtsein beruht nicht darauf, daß der Glaube Unbewiesenes für wahr hält, sondern darauf, daß er durch das Wegräumen des im Zweifel liegenden Mißtrauens die Voraussetzung dafür schafft, daß uns gewisse, nicht leicht zugängliche Sachverhalte ,gegeben werden’ können.” C.F. v. Weizsäcker in „Das Verhältnis der Quantenmechanik zur Philosophie Kants” S. 120.

6 A.a.O. S. 46.

7 Vgl. wiederum C.F. v. Weizsäcker a.a.O. S. 120 ff.: „Jede Stufe kann durch das charakterisiert werden, was auf ihr notwendig und allgemein gilt, durch ihr Apriori im psychologisch absoluten Sinne. Wenn durch den Übergang zur nächsten Stufe dieses Apriori als solches aufgelöst wird, so wird es damit doch nicht als Erkenntnis entwertet; es wird zu einer speziellen wissenschaftlichen Einsicht mit einem angebbaren Geltungsgrund und angebbaren Geltungsgrenzen... Der Übergang von einer Stufe in die nächste, obwohl durch Argumente veranlaßt, kann nicht logisch erzwungen werden . . . Die frühere kennt die geistigen Phänomene nicht, die der späteren gegeben sind . . . Die spätere Stufe ihrerseits enthält die Fundamentalsätze der früheren unter ihren empirischen Urteilen.” Hier wird also nicht behauptet, daß es nur „historisch

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bedingtes Meinen” und kein Wissen gebe, wenngleich zugestanden wird, „daß uns die Wahrheit faktisch immer nur in der Form gegeben ist, welche der Bewußtseinszustand unserer Epoche zuläßt, und daß nicht einmal die Möglichkeit besteht, über die dadurch gesetzten Grenzen hinaus zu spekulieren” (a.a.O. S. 118).

8 Die nominalistische oder voluntaristische Linie der Philosophie, die sich im Historismus und Positivismus wie auch im Existentialismus fortsetzte, kann in diesem Zusammenhang als die jedem Orientierungsversuch an einem spekulativ zu gewinnenden Allgemeinen grundsätzlich entgegengesetzte Linie außer Betracht bleiben.

9 Wie sehr der hier gemeinte Offenbarungsbegriff das Zentrum christlichen Bekenntnisses berührt, mag hier durch den Hinweis auf den im vollen Wortsinne zu verstehenden Begriff der „Inkarnation” nur eben angedeutet werden.

10 Genauer: einer Rechtfertigung menschlichen Handelns und menschlicher Machtausübung, indem und soweit sie in den Stand des Rechts gesetzt werden.