|97|

 

IV.

Über den Sinn der Gnade

 

Es gibt ein Shakespeare-Drama, dessen Gegenstand die Gnade ist: „Maß für Maß1).”

Nach der Vorlage, die Shakespeare für die Ausgestaltung der Handlung benutzt hat — einer italienischen Novelle — erneuert des Kaisers Statthalter in Innsbruck alte, längst vergessene sittenstrenge Gesetze und läßt sie in unnachsichtiger Härte durchfuhren. Eines der ersten Opfer seiner Strenge ist ein junger Edelmann, dessen schöne Schwester, Exitia, für ihren Bruder um Gnade fleht. Der Statthalter, der sich in sie verliebt, verführt sie durch das doppelte Versprechen der Ehe und der Freigabe ihres Bruders zu demselben Vergehen, wegen dessen er den Bruder verurteilt hat. Gleichwohl gibt er nach der Liebesnacht den Befehl, den Gefangenen hinzurichten, und läßt der Exitia die Leiche des Bruders in ihr Haus schicken. Der Kaiser verurteilt den Statthalter, Exitia zu heiraten, um ihn dann enthaupten zu lassen. Auf ihre Fürbitte wird ihm das Leben geschenkt, und sie behält ihn zum Gatten.

Das Motiv findet sich ähnlich bei Luther am Schlüsse der Schrift „Von weltlicher Obrigkeit, wie weit man ihr Gehorsam schuldig sei”: „Man sagt von Herzog Karl von Burgund eine solche Geschichte, daß ein Edelmann seinen Feind fing. Da kam die Frau des Gefangenen, ihren Mann zu lösen; aber der Edelmann verhieß ihr den Mann zu geben, sofern sie bei ihm schlafen wollte. Das Weib war fromm, hätte


1) Josef Kohler hat in seinem Buche über „Shakespeare vor dem Forum der Jurisprudenz” (1893) diese Einsicht ausgesprochen, ohne sie freilich auszuführen. Wenn seine Hamlet-Deutung einmal eine bewunderungswürdige Ausnahme genannt worden ist, die sich von der Fülle der Shakespearemißverständnisse abhebe, so gilt dieses Wort nicht minder für „Maß für Maß”.

|98|

doch gern ihren Mann erlöst; geht hin und fragt ihren Mann, ob sie es tun sollte, daß sie ihn erlöste. Der Mann wäre gern los gewesen und erlaubte es der Frau. Da nun aber der Edelmann die Frau beschlafen hatte, ließ er des andern Tags ihrem Mann den Kopf abschlagen und gab ihn der Frau tot. Das klagte sie alles dem Herzog Karl. Der forderte den Edelmann und gebot ihm, daß er die Frau müßte zur Ehe nehmen. Da nun der Brauttag aus war, ließ er dem Mann den Kopf abschlagen und setzte die Frau in sein Gut und machte sie wieder zu Ehren und strafte also die Untugend recht fürstlich.” —

Luther preist dieses Urteil, es ist für ihn „aus freier Vernunft über aller Bücher Recht gesprungen, so fein, daß es jedermann billigen muß und bei sich selbst findet im Herzen geschrieben, daß also Recht sei”. — Sinn der Fabel in dieser Form kann in der Tat nur sein, ganz schlicht den Sieg der wahren Gerechtigkeit zu feiern, die aus dem arbiträren Spruch hoher fürstlicher Richterweisheit fließt. Das Problem der Gnade ist nirgends angelegt. Shakespeare stellt es, indem er das Thema in wenigen Strichen variiert und die Figuren des Spiels aus bloßen Statisten der Handlung umprägt zu Charakteren, die nicht ein Individuelles, sondern ewig gültige Formen menschlichen Seins zum Ausdruck bringen.

Die menschliche Überlegenheit, die praktische Menschenkenntnis und die reife Regierungskunst des Herzogs in Shakespeares Stück spricht aus allem, was er sagt und tut. Sein Plan, die angesichts der wachsenden sittlichen Verwilderung notwendig gewordene schärfere Handhabung der Gesetze nicht selbst einzuleiten, sondern sie dem Angelo als Statthalter zu überlassen, zeugt von einem tiefen Wissen über die inneren Voraussetzungen des Befehlens und Gehorchens. Die praktische Durchführung des Planes stellt seine Menschenkenntnis unter Beweis. Die Auswahl Angelos verbürgt den von ihm erstrebten Zweck ohne daß es eines besonderen Auftrags bedarf: „So schärft nun oder mildert die Gesetze, wie’s Eure Einsicht heischt” (I, 1). Die Bestellung des Escalus, des erfahrenen, aber nicht mit Initiative und Selbstvertrauen ausgestatteten Bürokraten bekundet, daß sich der Herzog darüber klar ist, daß es ohnehin eines Elements der Mäßigung bedarf. So wird Escalus dem

|99|

Angelo an zweiter Stelle beigegeben, diesem aber „Tod und Begnad’gung”, die Fülle der Herrschaftsgewalt, übertragen. Ohne Aufsehen geht der Herzog außer Landes, noch im Scheiden einen Beweis seines überlegenen Herrschertums gebend:

„ . . . Lieb ich gleich das Volk,
Wünscht’ ich doch nicht, zur Schau mich ihm zu stellen,
Ob wohl gemeint, doch mundet mir nicht wohl
Sein lauter Ruf, sein ungestümes Jauchzen;
Noch scheint mir der ein Mann von reifem Urteil,
Der sich daran erfreut . . .”

Angelo ist, wenn nicht die differenzierteste, so doch die schwierigste, komplizierteste, die stärksten Spannungen in sich vereinigende Erscheinung des Spiels. Die psychologisierende Deutung, die das Drama in widerstreitende Seelenkämpfe auflöst und in allem anderen Merkstoff, Medium des Bühnengeschehens, sieht, in dem sich diese Kräfte brechen, verlegt die dramatische Problematik in die Sphäre der „Innerlichkeit”. Der äußere Ablauf, die Tat, ihr Gelingen oder Mißlingen, wird belanglos, das Problem ist „die Seele, die des Verbrechens, des Mords, ja des Verrats schuldig werden kann, ohne von innen der Würde, von außen der Gnade ledig zu werden”1). Angelo erscheint in dieser Sicht als Achse des Spiels, er verkörpert den Versuchungszustand, der Herzog die Lebensreife und das Todeswissen, Isabella die jeder edlen Versuchung mitgeborene Läuterung.

Indessen ist es ein grundlegendes Mißverständnis, in Shakespeare den Dichter der Innerlichkeit zu sehen, die Unergründlichkeit seiner Charaktere, das eigentümlich flutend Undurchsichtige seiner Darstellung psychologisch, als Widerstreit gegeneinander und durcheinander wogender seelischer Kräfte zu deuten.

Freilich bedurfte es der Auseinanderlegung der seelischen Struktur des Angelo. Aber die seelischen Vorgänge sind eingespannt in den Ablauf des dramatischen Gesamtgeschehens, innerhalb dessen die äußeren Ereignisse und Fakten, die von den Schwärmern der Innerlichkeit als


1) Diese bezeichnenden Formulierungen der psychologisierenden Shakespeare-Deutung bei Gundolf: „Shakespeare II. Bd., 1928, S. 156, 158, 177.”

|100|

bloßes Medium des Bühnengeschehens abgetan werden, von nicht minder maßgeblicher Bedeutung sind. Es ist nicht nur eine Korrektur von Schönheitsfehlern, wenn Shakespeare die durch das Dunkel der Nacht gedeckte Täuschung des Angelo durch den Eintritt seiner früheren Verlobten Mariana an Stelle der Isabella einfügt, und wenn die Hinrichtung des Claudio durch die Vorschiebung eines anderen Gefangenen hinausgeschoben und verhindert wird.

Aus Angelo spricht die gesetzesstrenge Gerechtigkeit, die sich zum letzten absoluten Maßstab alles Irdischen setzt. Es ist der eifernde Gerechtigkeitssinn des asketischen Tugendfanatikers, der sich selbst bis zur Abtötung seiner Triebe bezwungen hat und mit diesem Maßstab das Leben zur „Tugend” zwingen zu können glaubt. So kennt ihn der Herzog „als einen Mann von strenger Zucht und Keuschheit” (I, 4):

„Lord Angelo ist scharf und streng,
Vor Lästrung auf der Hut, gesteht sich kaum,
Blut fließ’ in seinen Adern, und sein Hunger
Sei mehr nach Brot als Stein . . .”

So spricht auch Escalus ihn an, indem er für Claudio bittet, mit der Wendung: „Ich weiß von Euch, Ihr seid sehr streng in Tugend.” Und Angelo selbst antwortet ihm auf die Mahnung, „ob . . . Ihr nicht selbst wohl mochtet irren in diesem Punkt . . . und dem Gesetz verfallen”, mit der Überheblichkeit des Erwählungsbewußtseins:

„Ein andres ist, versucht sein, Escalus,
Ein andres, fallen . . .” (II, 1).

Diesem Gerechtigkeitseifer tritt Isabella entgegen mit der Bitte um Gnade für ihren Bruder. In der ersten Begegnung zwischen Angelo und Isabella wird das Wesen der Gnade in wunderbarer Deutlichkeit entfaltet. Hier zeigt sich auch sofort, daß es sich für Shakespeare nicht um den dem modernen Rechtsbewußtsein allzu naheliegenden Konflikt zwischen formeller Gesetzesstrenge und materieller Gerechtigkeit handelt. Nicht um ein billiges Urteil, sondern um Gnade fleht Isabella. Für die Schuld des Claudio gibt es zwar Milderungsgründe, daß er indessen schuldig ist, wird von niemandem bezweifelt. „O gerecht, doch streng!”

|101|

urteilt Isabella selbst. Nicht die formelle, gesetzesstrenge Gerechtigkeit, sondern die eifernde Gerechtigkeit ohne Gnade ist es, die in Angelo verkörpert ist, die in der Übertretung des Gesetzes nicht die Verletzung einer weltlichen Ordnung, sondern einen Sündenfall sieht. Ihr gelten Isabellas Worte:

„. . . Seid gewiß,
Kein Attribut, das Mächtige verherrlicht,
Nicht Königskrone, Schwert des Reichsverwesers,
Des Marschalls Stab, des Richters Amtsgewand,
Keins schmückt sie alle halb mit solchem Glanz,
Als Gnade tut . . .”

Die fürstliche Gnade, die hier beschworen wird, ist nicht die göttliche Gnade; aber sie steht mit dieser in engem Zusammenhang, so wie Gott und König im Zusammenhang einer metaphysischen Analogie stehen.

„Ach! Alle Seelen waren einst verfallen,
Und Er, dem Fug und Macht zur Strafe war,
Fand noch Vermittlung. Wie erging es Euch,
Wollt Er, das allerhöchste Recht, Euch richten
So wie Ihr seid? O, das erwäget, Herr,
Und Gnade wird entschweben Euren Lippen
Mit Kindes Unschuld.”

Gleichsam durch einen metaphysischen Schluß a majori ad minus wird die fürstliche Gnade aus der Barmherzigkeit Gottes gefolgert: „wenn Gott selbst nach dem Sündenfall den Menschen in seiner unendlichen Güte aufhob, wie könnt Ihr dem, der nur die weltliche Ordnung übertreten hat, diese Gnade versagen!”

Die verabsolutierte Gerechtigkeit, die Angelo vertritt, ist wider die Natur. Escalus spürt, daß der weitabgewandte Eiferer „muß durch Tugend fallen”, „den stürzt ein einz’ger Fehltritt in das Grab”. Es bedarf nur der ersten starken Versuchung, und die Scheinwelt der Tugend, die Angelo sich errichtet hat, stürzt zusammen und schlägt in das Gegenteil um. Nunmehr bedarf es freilich der stärksten Mittel der Ausmalung

|102|

der seelischen Kämpfe, in die sich Angelo verstrickt. Denn jetzt kommt alles darauf an, daß er nicht einfach schlechthin als Bösewicht erscheint, womit der Sinnzusammenhang zerstört wäre. Auch in seinem Fall bleibt Angelo seinem Wesen treu. Auch hier bleibt alles überscharf reflektiert. In völliger Klarheit ist er sich seiner Schändlichkeit bewußt, und je weniger er selbst seiner Tat froh werden, je weniger er sie vergessend auskosten kann, desto hemmungsloser gibt er sich ihr hin: „Und nun, entzügelt, nehmt den Lauf, ihr Sinne.” Puritanische Strenge und macchiavellistische Bedenkenlosigkeit liegen unmittelbar nebeneinander. An die Stelle des Erwählungsbewußtseins ist das Gefühl rettungsloser Verworfenheit getreten:

„Ach, wenn uns erst erlosch der Gnade Licht,
Nichts geht dann recht, wir wollen, wollen nicht!” (IV, 4.)

Die Entlarvung durch den Herzog vernichtet ihn. „Unmittelbarer Spruch und schneller Tod”, das ist alles, was er noch begehrt. Doch des Herzogs Gnade hebt ihn auf und verklärt mit ihrem Glänze die Auflösung der Verwirrungen.

Wohl ist auch Angelo schuldig geworden. Aber nicht zuletzt ist er ein Opfer der Versuchung, die ihm der Herzog bereitet hat. Zwar gelten für ihn Isabellas Worte:

„Claudio ward sein Recht,
Weil er den Fehl beging, für den er starb.
Doch Angelo,
Sein Tun kam nicht dem sünd’gen Vorsatz gleich
Und muß begraben ruhn als eitler Vorsatz,
Der starb entstehend. Gedanken sind nicht Taten,
Vorsätze nur Gedanken.”

Darin kommt Shakespeares Überzeugung zum Ausdruck, daß es dem Wesen der irdischen Ordnung nicht entspricht, den bloßen Vorsatz, die Gesinnung, die sich nicht in einer äußeren Tat objektiviert, den untauglichen Versuch zu strafen. — Aber auch in diesem äußeren objektiven Sinne ist Angelo schuldig geworden: wenn auch nicht der Schändung der Isabella, wenn auch die Hinrichtung des Claudio unterblieb, die

|103|

Majestät seines Amtes hat er aufs schmählichste verletzt. Daß er dabei der Versuchung des Herzogs erlegen ist, kann ihn nicht rechtfertigen, läßt ihn aber der Gnade teilhaftig werden. Denn es ist der Sinn der Gnade, daß sie den Schuldigen, der aus der Schwäche des menschlichen Willens schuldig wurde und den die Berufung auf diese Schwäche nicht rechtfertigen und entschuldigen kann, dennoch vor der gerechten Strafe bewahrt. Nicht, weil wir ja „alle Verbrecher sind”, wie auf der Bühne eines dekadenten Kulturbolschewismus proklamiert wurde1); sondern weil wir Menschen sind, die sich nicht anmaßen sollen, ihre weltliche Ordnung für unverbrüchlicher zu halten, als Gott die seinige.

Nur reifes Herrschertum kennt Gnade. In den Worten, die der Herzog dem Claudio im Gefängnis sagt, um ihn auf den Tod vorzubereiten, in denen er ihm die Nichtigkeit des Lebens vorführt, spricht die um Tod und Leben wissende Weisheit eines bis zum letzten ausgereiften Menschentums. Er erkennt die Anmaßung, die in Angelos Richtertum liegt, das „mit des Himmels Schwert” straft:

„Wem Gott vertraut des Himmels Schwert,
Muß heilig sein und ernst bewährt.”

Angelos puritanischer Radikalismus kann keine Gnade kennen. Wenn er auf Isabellas Flehen: „Zeigt dennoch Mitleid!” — entgegnet: „Das tu ich nur, zeig ich Gerechtigkeit”, so spricht aus ihm die gleiche Stimme, die am 3. Juni 1791 durch den Mund des Abgeordneten Villeneuve in der Französischen Konstituante proklamiert: „La clémence d’une nation est d’être juste2)!” In diesem Geiste wird durch den Code pénale von 1791 das Begnadigungsrecht abgeschafft.

„Maß für Maß” gehört zu dem Tiefsten, was über die Gnade gesagt worden ist. Hier wie in jener berühmten Stelle im „Kaufmann von Venedig” spricht Shakespeare jene Erkenntnis voll höchster Lebensweisheit aus, daß die Ordnung der Welt nicht bestehen kann, wenn nicht neben der Gerechtigkeit die Gnade steht:


1) Ferdinand Brückner: „Verbrecher.”
2) Arch. parl. XXVI p. 734; s. oben S. 32 f.

|104|

„Die Art der Gnade weiß von keinem Zwang.
Sie träufelt wie des Himmels milder Regen
Zum Boden nieder. Sie ist zwie-gesegnet:
Sie segnet den, der gibt, und den, der nimmt.
Am mächtigsten im Mächtigen, ziert sie
Den Fürsten auf dem Throne mehr als die Krone.
Das Zepter zeigt die weltliche Gewalt,
Das Attribut der Würd’ und Majestät,
Worin die Furcht und Scheu der Könige sitzt,
Doch Gnad’ ist über die Zeptermacht,
Sie schlug den Thron auf in der Könige Herz,
Sie ist ein Attribut der Gottheit selbst,
Und irdische Macht kommt göttlicher am nächsten,
Wenn Gnade bei dem Recht steht . . .”

In der Folgezeit geht der Zusammenhang von Herrschaft und Gnade, der auf einer tiefen Einsicht in das Wesen der Welt und die Natur des Menschen beruht, verloren. Naturrecht und Aufklärung bis zu Kant und Humboldt haben die fürstliche Gnadengewalt bekämpft. Im neunzehnten Jahrhundert wird die Gnade mit der aequitas verwechselt. Am Ende wird sie zum Instrument der humanitären Auflösung des Strafrechts.

Der echte Sinn der Gnade kommt im neunzehnten Jahrhundert, soviel ich sehe, nur noch in Kleists „Prinzen von Homburg” und in Hegels Rechtsphilosophie zum Ausdruck. Bei beiden ist die Gnade jener eigentümlich „preußischen” Staats- und Rechtsphilosophie zugeordnet, die ihnen gemeinsam ist und die eine Überzeugung von der radikalen Verworfenheit der menschlichen Natur mit einer höchsten Achtung der „moralischen Subjektivität” des Menschen, dem intensiven Bewußtsein der Existenz einer besonderen Menschenwürde, in einer Staats- und Rechtsauffassung von höchstem Rang und besonderer Vornehmheit verbindet.

Hegels Deutung der Gnade ist nur im Zusammenhang seiner straf-rechtlichen Schuldlehre verständlich. Diese hält grundsätzlich nicht an

|105|

der archaischen Idee der Tatschuld fest1), sondern bestimmt die Schuld als „Willensschuld”, darin dem Denkgesetz jeder idealistischen Philosophie folgend.

Eine ausgeführte Willenslehre ist im allgemeinen erst einer späteren Stufe der Rechtsentwicklung eigentümlich. Das ältere griechische Strafrecht abstrahiert vom Willen und stellt auf das äußere Geschehen ab2). Das Prinzip der Erfolgshaftung ist tief in sakralen Vorstellungen verwurzelt und zerfallt mit diesen. Es ruht auf einem Schicksalsglauben, der das menschliche Los in der Götter Hand beschlossen sieht, die ohne Rücksicht auf Schuld und Verdienst Glück wie Unglück verhängen. Das ältere Mordrecht trifft keine Unterscheidung zwischen Mord und unvorsätzlicher Tötung. Die Ödipus-Tragödie beruht auf dieser Gleichsetzung. Dem entspricht es, daß auch die kultische Reinigung des Täters nichts mit dem ethischen Schuldbegriff zu tun hat, der Befleckte nicht unrein im Sinne einer sittlichen Verfehlung ist, sondern dem Angriff der Dämonen, besonders der chthonischen Mächte, ausgesetzt ist. Der Gegensatz von Gesinnung und äußerem Geschehen, sittlicher und kultischer Reinheit, absichtlicher und ungewollter Tat beschäftigt die griechische Aufklärungsphilosophie: Antiphon überwindet in seinen Kausalitätstheorien die Gleichsetzung von Kausalität und Schuld; bei Platon ist die Entwicklung zum ethisierten Willensschuldbegriff prinzipiell vollzogen: Zweckstrafe, Verbindung von General- und Spezialprävention, unbestimmte Verurteilung des Täters bis zur Besserung und Einteilung der Unrechtshandlungen nach der Gesinnung des Täters


1) „Das heroische Selbstbewußtsein (wie in den Tragödien der Alten, Oedipus u.s.f.) ist in seiner Gediegenheit noch nicht zur Reflexion des Unterschieds von Tat und Haltung, der äußerlichen Begebenheit und dem Vorsatze und Wissen der Umstände sowie zur Zersplitterung der Folgen fortgegangen, sondern übernimmt die Schuld im ganzen Umfange der Tat.” (§ 118.) „Ich bin aber nur, was in Beziehung auf meine Freiheit ist, und die Tat ist nur Schuld meines Willens, insofern ich darum weiß. Oedipus, der seinen Vater erschlagen, ohne es zu wissen, ist nicht als Vatermörder anzuklagen; aber in den alten Gesetzgebungen hat man auf das Subjektive, auf die Zurechnung nicht soviel Wert gelegt als heute. Darum entstanden bei den Alten die Asyle, damit der der Rache Entfliehende geschützt und aufgenommen werde.” (Zusatz Nr. 74 zu § 117.)
2) Vgl. zum folgenden das ausgezeichnete Buch von Maschke, Die Willenslehre im griechischen Recht, 1926.

|106|

charakterisieren seine Strafrechtstheorie1). Auch im germanischen Strafrecht gilt als Grundprinzip: „Die Tat tötet den Mann.” Der Satz: „Man kann falschen Mut nicht sehen, wo die Tat nicht dabei ist” zeigt dabei, daß das ursprünglich sakral verwurzelte Erfolgsprinzip in gewissem Umfang zugleich einer tiefen und richtigen Einsicht in die notwendige Wesensstruktur der Ordnungsregeln menschlicher Gemeinschaft entspricht und daher in diesem Umfang auch einen spezifischen rationalen Sinn hat. Besonders unter dem Einfluß des römischen und kanonischen Rechts gewinnt die Idee der Willensschuld dem Erfolgsprinzip gegenüber an Boden, ohne es zu verdrängen. Die Postglossatoren definieren die Schuld als „Willensfehler2)”.

Für Hegel kann die Tat nur als Schuld des Willens zugerechnet werden. (Die von ihm gebrauchten Begriffe weichen von dem modernen Wortgebrauch vielfach ab.) Die Tat setzt eine Veränderung an einem vorliegenden Dasein, einem vorausgesetzten äußerlichen Gegenstand mit mannigfaltigen Umständen. Sie ist das, was man im modernen Sinne eine „natürliche Handlung” nennt. Die „Handlung” im Hegelschen Sinne ist demgegenüber ein engerer juristischer Wertbegriff: „Das Recht des Willens aber ist, in seiner Tat nur dies als seine Handlung anzuerkennen, und nur an dem schuld zu haben, was er von ihren Voraussetzungen in seinem Zwecke weiß, was davon in seinem Vorsatze lag3).” Dieser Handlungsbegriff schließt bereits die gesamte strafrechtliche Zurechnung in sich ein. In diesem Sinne formulieren die Hegelianer Abegg, Berner und Köstlin: „Zurechnung ist das Urteil, daß die Tat eine Handlung sei4).” Während in der modernen Terminologie „Zurechenbarkeit” mit „Vorwerfbarkeit” und „Schuldhaftigkeit” gleichgesetzt zu werden pflegt5), unterscheidet Hegel zwischen Zurechenbarkeit und Schuld. Der Ausdruck „Schuld” wird in einem älteren Sinne


1) Maschke sagt von ihm, daß er fast als „der unsichtbare Schutzpatron der inter-nationalen kriminalistischen Vereinigung” erscheine. S. 116 ff.
2) Engelmann, Die Schuldlehre der Postglossatoren und ihre Fortentwicklung, 1895, S. 21.
3) § 117.
4) Mezger, Strafrecht, 2. Aufl., 1933, S. 102.
5) Mezger, S. 89.

|107|

gebraucht, indem er sich fast mit „Kausalität” im modernen Sinne deckt. Der Wille hat „schuld” an einer Tat, „insofern in dem veränderten Dasein das abstrakte Prädikat des Meinigen liegt.” „Eine Begebenheit, ein hervorgegangener Zustand ist eine konkrete äußerliche Wirklichkeit, die deswegen unbestimmbar viele Umstände an ihr hat. Jedes einzelne Moment, das sich als Bedingung, Grund, Ursache eines solchen Umstandes zeigt und somit das Seinige beigetragen hat, kann angesehen werden, daß er schuld daran sei oder wenigstens schuld daran habe1)”. In der Schuld liegt daher „nur noch die ganz äußerliche Beurteilung, ob ich etwas getan habe oder nicht, und daß ich schuld an etwas bin, macht noch nicht, daß mir die Sache imputiert werden könne2)”. „Zurechenbarkeit” ist also ein Mehr gegenüber der „Schuld”. Zugerechnet werden kann nur die Schuld des Willens, nur das, „was in meinem Vorsatz gelegen hat, und beim Verbrechen kommt es vornehmlich darauf an3)”. Die Zurechenbarkeit besagt noch nichts über die Frage der Vorwerfbarkeit der Handlung, d.h. ihrer moralischen oder rechtlichen Bewertung; sie sagt nur „ob ein Geschehen Tat eines Subjekts sei4)”.

Nachdem Hegel durch diese stark subjektive Bestimmung der Zurechenbarkeit den Umkreis der strafrechtlichen Haftung anscheinend sehr eng gezogen hat, erweitert er ihn doch im einzelnen wieder durch die nähere Bestimmung der Verantwortlichkeit der Rechtsperson. Zunächst gibt es eine sachliche Sphäre von Dingen, für die ich als Eigentümer verantwortlich bin5). Die Zuordnung einer solchen sachlichen Herrschaftssphäre an eine verantwortliche Rechtsperson ist eine


1) § 115.
2) Zusatz 73 zu § 115.
3) Ebd.
4) Larenz, Hegels Zurechnungslehre und der Begriff der objektiven Zurechnung, 1927, S. 51, der dieses die „objektive Zurechnung” nennt.
5) „Meine eigene Tat ist es zwar nicht, wenn Dinge, deren Eigentümer ich bin, und die als äußerliche in mannigfaltigem Zusammenhange stehen und wirken (wie es auch mit mir selbst als mechanischem Körper oder als Lebendigem der Fall sein kann), anderen dadurch Schaden verursachen. Dieser fällt mir aber mehr oder weniger zur Last, weil jene Dinge überhaupt die meinigen, jedoch auch nach ihrer eigentümlichen Natur nur mehr oder weniger meiner Herrschaft, Aufmerksamkeit u.s.f. unterworfen sind.” (116.)

|108|

Rechtsfigur, die uns etwa in der polizeirechtlichen Zustandshaftung oder in der zivilrechtlichen Tierhalterhaftung auch im modernen Recht begegnet und als „Gefährdungshaftung” bezeichnet zu werden pflegt. Eine strafrechtliche Kausalhaftung läßt sich nach den oben ausgeführten Grundsätzen Hegels wohl auch für diesen Fall eines selbständig handelnden „Organon” nicht rechtfertigen1). Dagegen gibt er eine deutliche Begründung der Haftung für den qualifizierten Erfolg. Der Grundsatz, bei den Handlungen die Konsequenzen zu verachten, und der andere, die Handlungen aus den Folgen zu beurteilen, sind für ihn „beides gleich abstrakter Verstand”. Es gibt notwendige Folgen —„die Gestalt, die den Zweck der Handlung zur Seele hat” — und zufällige. Das Recht des Willens ist es zwar, sich nur die ersteren zuzurechnen, weil nur sie in seinem Vorsatz liegen. Aber: „Die Entwicklung des Widerspruchs, den die Notwendigkeit des Endlichen enthält, ist im Dasein eben das Umschlagen von Notwendigkeit in Zufälligkeit und umgekehrt. Handeln heißt daher nach dieser Seite, sich diesem Gesetze preisgeben.” Aus dieser Preisgabe des Handelnden folgt, „daß es dem Verbrecher, wenn seine Handlung weniger schlimme Folgen hat, zugute kommt, sowie die gute Handlung es sich muß gefallen lassen, keine oder weniger Folgen gehabt zu haben, und daß dem Verbrechen, aus dem sich die Folgen vollständiger entwickelt haben, diese zur Last fallen2)”.

In dieser Rechtfertigung der besonderen Haftung für das qualifizierte Erfolgsdelikt liegt bereits eine starke Korrektur des Prinzips der alleinigen Zurechenbarkeit der Willensschuld zugunsten des Erfolgsprinzips. Eine zweite, sehr wichtige Erweiterung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit liegt in Hegels Lehre von der Zurechnungsfähigkeit.


1) Über die Bedeutung und Behandlung des „organon” im attischen Mordrecht vgl. Maschke, S. 63 ff. Die Annahme einer selbständigen Kausalität des Werkzeugs ist dort das Mittel, die Zurechnung Her fahrlässig-zufälligen Tat auszuschließen.
2) § 118. Im § 119 spricht Hegel ausdrücklich vom „dolus indirectus”. Zus. 76 zu § 119 führt diesen Gedanken aus. Nach Larenz, S. 55, sind die Folgen der Handlung dieser insoweit zuzurechnen, als sie durch ihren Zweck beherrscht werden. Dabei soll es nicht darauf ankommen, ob der Täter die Folgen einzeln vorausgesehen habe; er müsse nur die „allgemeine Natur der Tat” kennen.

|109|

Er geht davon aus, daß es das Recht des subjektiven Willens sei, daß das, was er als gültig anerkennen soll, von ihm als gut eingesehen werde. Daß das Individuum zu jenem Recht seiner Einsicht komme, gehört jedoch der noch moralischen Sphäre an. Wer in der Wirklichkeit handeln will, hat sich damit dem Recht der Objektivität unterworfen. Daher hat im Staate, als der Objektivität des Vernunftbegriffes, die gerichtliche Zurechnung nicht bei dem stehenzubleiben, was einer seiner Vernunft gemäß hält, was nach seiner subjektiven Einsicht recht oder unrecht, gut oder böse sei. Sondern in diesem objektiven Felde gilt nur das Recht der Einsicht als Einsicht in das Gesetzliche oder Ungesetzliche, d.h. in das geltende Recht. Dieses Recht des Subjekts, die Handlung in der Bestimmung des Gesetzlichen oder Ungesetzlichen zu kennen, hat „bei Kindern, Blödsinnigen, Verrückten die Folge, auch nach dieser Seite die Zurechnungsfähigkeit zu vermindern oder aufzuheben1)”. Diese Fälle begrenzen jedoch den Umkreis der Unzurechnungsfähigkeit. Nur solche entschiedenen Zustände heben den Charakter des Denkens und der Willensfreiheit auf und lassen es zu, den Handelnden nicht nach der Ehre, ein Denkendes und ein Wille zu sein, zu nehmen2). Nicht ausgeschlossen ist dagegen die Zurechnungsfähigkeit bei Affektbestimmtheit, Trunkenheit und bestimmten anderen vorübergehenden nicht konstitutionellen Bewußtseinsstörungen: „Verblendung des Augenblicks aber, Gereiztheit der Leidenschaft, Betrunkenheit, überhaupt was man die Stärke sinnlicher Triebfedern nennt (insofern das, was ein Notrecht begründet, ausgeschlossen ist), zu Gründen in der Zurechnung und der Bestimmung des Verbrechens selbst und seiner Strafbarkeit zu machen, und solche Umstände anzusehen, als ob durch sie die Schuld des Verbrechers hinweggenommen werde, heißt ihn gleichfalls nicht nach dem Rechte und der Ehre des Menschen behandeln, als dessen Natur eben dies ist, wesentlich ein Allgemeines, nicht ein Abstrakt-Augenblickliches und Vereinzeltes des Wissens zu sein3).” Darüber hinaus wird das Zurechnungserfordernis der Einsicht in das Gesetzliche oder Ungesetzliche


1) § 132.
2) § 120.
3) § 132.

|110|

des Handelns weiterhin eingeschränkt durch eine abstrakt-generelle Bestimmung dieser Einsicht: „Daß der Verbrecher im Augenblick seiner Handlung sich das Unrecht und die Strafbarkeit derselben deutlich müsse vorgestellt haben, um ihm als Verbrechen zugerechnet werden zu können, — diese Forderung, die ihm das Recht seiner moralischen Subjektivität zu bewahren scheint, spricht ihm vielmehr die innewohnende intelligente Natur ab, die in ihrer tätigen Gegenwärtigkeit nicht an die Wolfisch-psychologische Gestalt von deutlichen Vorstellungen gebunden und nur im Falle des Wahnsinns so verrückt ist, um von dem Wissen und Tun einzelner Dinge getrennt zu sein1).”

An diese letzteren Bemerkungen nun knüpft Hegel den Gedanken, auf den es für diese Untersuchungen wesentlich ankommt. In jenen Fällen nämlich, in denen sich die Würde des Rechts und die Ehre des einzelnen Rechtsgenossen in der strengen Verantwortlichkeit dieser Zurechnungslehre bewährt, die „ohne Ansehen der Person” alle Rücksichten auf die Individualität des Täters beiseite setzt und menschliche Schwäche und persönliche Not unbeachtet läßt, — in jenen Fällen nimmt Hegel eine besondere Disposition der Rechtsentscheidung für die Wirksamkeit der Gnade an: „Die Sphäre, wo jene Umstände als Milderungsgründe der Strafe in Betracht kommen, ist eine andere als die des Rechts, die der Gnade2).”

Dieser Gedanke — der nicht einen Begnadigungsgrund, eine justa causa aggratiandi3) bezeichnet, sondern nur einen Fall angibt, in dem die Anlage des Rechts auf seine Aufhebung in der Gnade hin besonders klar zutage tritt — liegt im tieferen Verstände auch Kleists „Prinzen von Homburg” zugrunde. Es ist dieses nicht nur das Drama des Gesetzes, seiner Strenge und Unerbittlichkeit, die den Staat vom Herrscher bis zum letzten Untertan ergreift, sondern es zeigt zugleich, daß hinter dieser Verbindlichkeit des Gesetzes und ohne sie zu beeinträchtigen eine Sphäre der Gnade besteht, die auch hier wirksam wird in einem Falle, in dem das Recht ohne Rücksicht auf menschliche Verstrickung und Versuchung das Urteil gesprochen hat.


1) § 132.
2) Schlußsatz zu § 132.
3) S. oben S. 82.

|111|

In schroffer Absetzung von dem Glanz des Sieges, der Glückhaftigkeit des Tages und der sympathischen Gestalt des jugendlich-heroischen Prinzen wird die Strenge des preußischen Gesetzesbegriffes von dem Kurfürsten entwickelt:

„. . . Der Sieg ist glänzend dieses Tages,
Und vor dem Altar morgen dank’ ich Gott.
Doch war’ er zehnmal größer, das entschuldigt
Den nicht, durch den der Zufall mir ihn schenkt:
Mehr Schlachten noch, als die, hab’ ich zu kämpfen
Und will, daß dem Gesetz Gehorsam sei.”

Das Urteil des Kriegsgerichts über den Prinzen von Homburg, der durch seinen befehlswidrigen Angriff zwar einen glänzenden Teilerfolg errungen, jedoch zugleich den umfassenden Plan des Kurfürsten vereitelt hat, ist paradigmatisch für den Sinn jedes Strafurteils, wie er sich aus dem preußischen Staatsbegriff ergibt: daß dem Gesetz Gehorsam werde, daß im Staate nicht die Willkür, sondern die Satzung herrsche. Dieses Urteil kann aus Sicherungs-, Besserungs- oder Abschreckungsgründen nicht gerechtfertigt werden1). Es ist eine Herstellung der verletzten Ordnung und Würde des Staates. Wie bei jedem Strafrecht, das der Strafe den Charakter der Sühne zuerkennt, muß hier die Strafe an den objektiven äußeren Erfolg der Tat anknüpfen. Nicht nur, weil es an einer rechtsbrecherischen Gesinnung des Prinzen fehlt, sondern auch deswegen, weil im Grunde auch die Sühne ein äußerer Akt ist, der im ursprünglichen kultischen Sinne frei ist von moralischen, gesinnungsbezogenen Elementen2) und weil im Grunde nur eine Tat, nicht eine Gesinnung „gesühnt" werden kann.

Der „Prinz von Homburg” als Drama des „Gesetzes”, und zwar des preußischen Gesetzes, kulminiert in dem unvergleichlichen Dialog


1) Hegel, § 99: „Durch jene oberflächlichen Gesichtspunkte (der Abschreckung, Besserung usw.) aber wird die objektive Betrachtung der Gerechtigkeit, welche der erste und substantielle Gesichtspunkt bei dem Verbrechen ist, beiseite gestellt, und es folgt von selbst, daß der moralische Gesichtspunkt, die subjektive Seite des Verbrechens, vermischt mit trivialen psychologischen Vorstellungen von den Reizen und der Stärke sinnlicher Triebfedern gegen die Vernunft . . . zum Wesentlichen wird . .”
2) S. oben S. 105.

|112|

zwischen dein Kurfürsten und dem Obristen Kottwitz, der zugleich eine eigentümliche Polarität der preußischen Staatsidee offenbart. Die Worte des Kurfürsten:

„Den Sieg nicht mag ich, der, ein Kind des Zufalls,
Mir von der Bank fällt; das Gesetz will ich,
Die Mutter meiner Krone, aufrechthalten,
Die ein Geschlecht von Siegen mir erzeugt!”

verkünden jene eigentümliche unpersönliche Strenge, die dem Prinzen „antik” vorkommt und in der ein kalvinistischer Einschlag unverkennbar ist. Kottwitz denkt lutherischer, seine Staatsauffassung ist konkreter, persönlicher, der Herrscher ist ihm „lebendes Gesetz”:

„Herr, das Gesetz, das höchste, oberste,
Das wirken soll, in deiner Feldherrn Brust,
Das ist der Buchstab deines Willens nicht;
Das ist das Vaterland, das ist die Krone,
Das bist du selber, dessen Haupt sie trägt.”

Aber auch in dieser Problematik erschöpft sich der dramatische Konflikt nicht. Die endgültige Auflösung, die weder mit der Behauptung noch mit der Hinrichtung des Prinzen endet, wäre von hier aus unbegreiflich. Sie kann nur von der Gnade her verstanden werden.

Von der Begnadigung ist im Ablauf der Handlung mehrfach die Rede. Der Prinz erwartet anfänglich, der Kurfürst werde ihm sagen, „Gefehlt hast du, . . . ich aber schenke dir die Freiheit wieder”. Natalie sieht in der Begnadigung des Prinzen die Herstellung der wahren Ordnung — die allerdings nicht eine Ordnung des Rechts sein kann —:

„Vielmehr, was du im Lager auferzogen,
Unordnung nennst, die Tat, den Spruch der Richter,
In diesem Fall, willkürlich zu zerreißen,
Erscheint mir als die schönste Ordnung erst . . .”

Der Kurfürst selbst erklärt sich ihr gegenüber bereit, ihn sofort zu begnadigen, „wenn er den Spruch für ungerecht kann halten”. Diese Bedingung ist es, die den Prinzen zur Besinnung bringt:

„Schuld ruht, bedeutende, mir auf der Brust,
Wie ich es wohl erkenne; kann er mir

|113|

Vergeben nur, wenn ich mit ihm drum streite —
So mag ich nichts von seiner Gnade wissen.”

Nun, nachdem er auf die Begnadigung verzichtet hat und von dem Sinn und der Notwendigkeit des über ihn verhängten Urteils zutiefst überzeugt ist, wird ihm die kurfürstliche Gnade erst recht und aus freiem innersten Antrieb des Kurfürsten heraus zuteil.

Keiner von diesen wechselnden Gesichtspunkten, in deren Begleitung die Begnadigung auftritt, kann dogmatisiert werden. Ihre Verschiedenartigkeit ist nur Ausdruck der Tatsache, daß die Gnade letztlich grundlos waltet. Das Verhalten des Kurfürsten insbesondere läßt erkennen, daß er die Begnadigung nicht an den Gesinnungswandel des Prinzen knüpft.

Die anscheinend am Rande liegenden, idyllischen Anfangsszenen erweisen sich nun als von entscheidender und maßgeblicher Bedeutung für den dramatischen Aufbau. Das tritt in dem Auftritt, der die Auseinandersetzung zwischen dem Kurfürsten und dem Grafen Hohenzollern bringt, klar zutage. Hohenzollern gibt eine psychologische Erklärung für das Verhalten des Prinzen. Der Kurfürst spürt sofort, daß in dieser Erklärung eine Rechtfertigung liegen soll. Er führt die von Hohenzollern angedeutete Konsequenz aus:

„Hätt’ ich mit dieses jungen Träumers Zustand
Zweideutig nicht gescherzt, so blieb er schuldlos:
Bei der Parol’ wäre er nicht zerstreut,
Nicht widerspenstig in der Schlacht gewesen.”

In der psychologisch-kausalen Schuldtheorie Hohenzollerns sieht der Kurfürst eine Ungeheuerlichkeit: „Tor, der bu bist, Blödsinniger!” Auch logisch führt er sie ad absurdum:

„. . . Hättest du
Nicht in den Garten mich herabgerufen,
So hätt’ ich, einem Trieb der Neugier folgend,
Mit diesem Träumer harmlos nicht gescherzt.
Mithin behaupt’ ich ganz mit gleichem Recht:
Der sein Versehn veranlaßt hat, warst du!”

|114|

AII dieser Situation entfaltet sich die Problematik des Verhältnisses von Gesetz und Gnade zueinander: die Würde des Gesetzes und sein eigentümliches Pathos liegt darin, daß es das Individuell-Menschliche, Leidenschaft und Versuchung, Not und Verstrickung, unberücksichtigt läßt. Aus der kausalwissenschaftlichen Erklärung der Tat einen Entschuldigungsgrund zu machen, ist eine im Grunde destruktive Tendenz der Auflösung des Strafrechts überhaupt. Wohl aber machen alle diese Umstände den Täter in besonderem Maße für die Gnade empfänglich. Nur von hier aus kann die endgültige Auflösung des dramatischen Konflikts in der Begnadigung des Prinzen verstanden werden.

Diese Verknüpfung der Gnade mit der Person des Begnadigten kann freilich, wenn sie nicht dem tiefsten Sinn der Gnade als einer letztlich grundlosen Entscheidung widerstreiten soll, keinen Grund, sondern nur einen Anlaß der Begnadigung bilden. Der Gnadenerweis kann durch den Anblick dieser Momente persönlicher schicksalhafter Verkettung, die zu der Tat geführt haben, ausgelöst werden. Aber er kann durch sie nicht begründet werden. Jede Bezugnahme des Gnadenerweises auf jene Momente würde in das weite Feld der Billigkeitserwägungen hineinführen, in dem allein Verdienst und Schuld abgewogen werden können. Deshalb tritt das Wesen der Gnade besonders klar zutage, wo sie nicht durch diese in der Person des zu Begnadigenden liegenden Umstände, sondern durch äußere Ereignisse und Tatsachen veranlaßt ist, die in keinerlei näherem Zusammenhang zu dem Täter stehen. Von den Anfängen bis in die Gegenwart wurde ein Anlaß zur Begnadigung vorzüglich in einem glückhaften öffentlichen Ereignis gefunden. Zwischen Glückhaftigkeit und Gnade besteht ein innerer Zusammenhang, der sowohl in dem deutschen Wort „Begnadung” wie in dem Begriff des Charisma mitklingt. Ein glückhafter Herrscher gilt als begnadet. Ein glückliches Ereignis wird als ein unverdientes Geschenk der göttlichen Gnade empfunden, dessen auch derjenige teilhaftig werden soll, der aus der öffentlichen Gemeinschaft ausgeschlossen ist und der daher teilnahmslos daran vorübergehen würde. — Diese besonders charakteristischen Anlässe, die zur Gnadenerweisung führen, zeigen deutlich, daß das Begnadigungsrecht ohne eine letzte metaphysische Ableitung

|115|

der Herrschaftsordnung nicht zu verstehen ist. Die völlige Entleerung und Entstellung des Gnadenrechts in der späteren Demokratie ist nur die Konsequenz einer Staatsphilosophie, die auf der Grundlage eines radikalen Immanenz-Denkens eine Pseudoherrschaft aus dem Mandat des Volkes herleitet. So wenig die Gnadenerweisung ihren Grund in der Persönlichkeit oder in der rechtlichen Situation des Täters findet, so wenig kann sie von seinem Konsens abhängig sein. Die Gnade bedarf keiner vertragsähnlichen Willensübereinstimmung der Beteiligten. Sie ist darum kein rein einseitiges Vorgehen; die erforderliche Übereinstimmung liegt nur in einer tieferen Sphäre als der des Willens: sie liegt darin, daß echte Gnade nur von einer legitimen Autorität und Obrigkeit ausgehen kann. Die Begnadigung, die durch einen Tyrannen ausgesprochen wird, vermag den Betroffenen mehr zu beugen, als die härteste Strafe.

Die neuzeitliche Strafrechtsentwicklung, wie sie in den Reformbestrebungen der Nachkriegszeit einen gewissen Abschluß fand, hat jene Fälle, die für Hegel besonders charakteristischer Anlaß einer Gnadenerweisung sind, auf ein anderes Gebiet verlagert. Diese Entwicklung hat unter der Parole: „Nicht die Tat, sondern der Täter” gestanden, die wiederum überboten wurde durch ein neues Wort: „Nicht der Täter, sondern der Mensch!1)” Das Bild des Menschen im Recht war bestimmt durch eine naturalistisch-soziologische Auffassung: der Täter wurde biologisch als Komplex ererbter Anlagen und erworbener Anpassungen, soziologisch als Produkt einer gesellschaftlichen Klassenlage, eines bestimmten sozialen Milieus ursächlich erklärt. Der sozial- und naturwissenschaftliche Determinismus kannte keinen verantwortlichen Rechtsgenossen, sondern nur das natürlich und sozial bedingte Gesellschaftsglied: „An die Stelle der Idee des frei wollenden Verbrechers, dessen Ehre die Strafe ist, setzte er die Vorstellung vom zwanghaft handelnden Triebtäter2).” Abbau des Strafrechts, Ersetzung der Kriminalpolitik durch Sozialpolitik waren die Forderungen, die sich hieraus ergaben. „Strafrecht” im eigentlichen Sinne galt nur noch für eine ökonomisch privilegierte Oberschicht der bürgerlichen Gesellschaft, die


1) Radbruch, Einführung in die Rechtswissenschaft, 7. und 8. Aufl., 1929, S. 107.
2) E. Wolf, Krisis und Neubau der Strafrechtsreform, 1933, S. 13 ff., 18 ff.

|116|

dem gesetzgeberischen Leitbild des tätigen und interessierten, sozial eingestellten Staatsbürgers entsprach und der in Strafverfahren und Strafvollzug mit weitgehenden rechtsstaatlichen Garantien ausgestattet wurde. Daneben mußte ein ,,neuer Typus des Untertanen, der im Strafrecht ausschließlich als Objekt wohlfahrtspflegerischer Maßnahmen des Staates erscheint”, entstehen, ein „Rechtsgenosse zweiter Klasse”, der einer strafrechtlichen Verantwortung nicht für würdig erachtet wird: Triebtäter und Berufsverbrecher, für die Anstalts- oder Sicherungsverwahrung vorgesehen war, dann aber auch alle Psychopathen, gemindert Zurechnungsfähige und Geistesschwache, endlich die große Gruppe derer, für die man den allgemeinen Entschuldigungsgrund der Nichtzumutbarkeit pflichtmäßigen Handelns schaffen wollte1), d.h. ganz allgemein der großen Masse der den modernen Lebensanforderungen gegenüber biologisch oder sozial mangelhaft ausgestatteten Volksgenossen. In dieser Unterscheidungstendenz erwies sich die Reformbewegung als vollendeter Ausdruck eines bürgerlich-kapitalistischen Klassenstaates.

In der Konsequenz dieser Auffassung lag es, daß alle jene Umstände wie Affektbestimmtheit, Trunkenheit und dergleichen, die von dem weit-gespannten Verantwortlichkeitsbegriff der Hegelschen Schuldlehre nicht berücksichtigt wurden und daher nach der erfolgten Verurteilung einen Gnadenerweis veranlassen konnten, nunmehr in den Bereich der strafrechtlichen Beurteilung selbst einbezogen wurden: der Verbrecher verlangt die Berücksichtigung dieser Zusammenhänge als sein Recht. Unter diesen Voraussetzungen kommt es im Strafverfahren zu jener grauenhaften Situation, daß die schwere erbliche Minderwertigkeit des Angeklagten in seiner Gegenwart „zu seinen Gunsten” angeführt wird2).


1) Wolf, S. 20 f.
2) Vgl. den wichtigen Aufsatz von A.E. Günther, Liberales oder autoritäres Strafrecht? in der Sammlung „Was wir vom Nationalsozialismus erwarten”, 1932: „Die Selbstherrlichkeit des modernen Individuums erträgt indessen die Gnade so wenig wie die Schwere des Gesetzes. Darum soll, anstatt daß der einzelne sich der Gnade beugt, die Berücksichtigung der individuellen Verstrickung bereits in die Rechtsnorm aufgenommen werden; der Straffällige verlangt die gnadenweise Milderung der Strafe als sein Recht. Ob moralistisch als „soziale Schuld”, materialistisch als kausale „Erklärung” des Verbrechers aus Milieu und Veranlagung, ob sentimental als humanitäres Mitgefühl mit allen menschlichen Schwächen, überall ist die Gnade, ➝

|117|

In der gleichen Linie der strafrechtlichen Entwicklung lag die Unverantwortlichkeit des in der Trunkenheit handelnden Täters, gegen die sich eine gesunde Abwehrtendenz der Rechtsprechung half, indem sie die Anwendbarkeit des § 51 StGB, durch den Hilfsbegriff der „Angetrunkenheit” zurückdrängte1). Im Grunde handelt es sich hier um zwangsläufige Konsequenzen eines Täterstrafrechts2), das mit dem Anspruch auftritt, der Richter könne und solle ein Urteil über die Gesamtpersönlichkeit des Täters abgeben. Die praktische Folge dieses Anspruchs war zunächst die Auslieferung des Richters an die Sachverständigen und die Preisgabe des strafrechtlichen Urteils zugunsten eines zwischen vielen widerstreitenden medizinischen und psychologischen Theorien optierenden Gutachtens. Mit Recht richtet sich die Aufmerksamkeit der Strafrechtstheorie heute darauf, diese Konsequenzen von dem beabsichtigten neuen „Willensstrafrecht3)” durch eine „bewußteVerengung des Blickfeldes” abzuwehren4). Der aussichtsreichste Versuch in dieser Richtung bleibt bisher Erik Wolfs normative Täterlehre, die „ohne dem Psychologismus und Soziologismus zu verfallen, aber auch ohne Verflüchtigung im reinen Logizismus das Wesentliche des Täters als einer Seinsweise des Menschen im Recht” zu entwickeln sucht, indem sie „Typen der Täterschaftsmäßigkeit” herausarbeitet, die Arten des Verfalls der Rechtsperson bezeichnen5).


➝ deren wir bedürftig sind, säkularisiert und damit aus ihrem Sinnzusammenhang gelöst. Die Gnade hat ihre notwendige Entsprechung in der Unterwerfung des Begnadigten unter die Macht, die Gnade zu spenden vermag. Das moderne Individuum indessen pocht zu stolz auf seine Menschenwürde, um sich der Gnade zu unterwerfen, auf die Beeinträchtigung seiner Willensfreiheit wie auf ein Recht . . . Nicht daß der Verbrecher die Ausreden kennenlernt, er lebe im Kriege mit einer ungerechten Gesellschaftsordnung oder er sei das Opfer eines Milieus und seiner Veranlagung, ist dabei das bedenkliche — wiewohl diese Vorstellungen die Widerstandskraft gegen verbrecherische Neigungen zu lähmen geeignet sind —, sondern daß das Rechtsgefühl des Volkes durch die Illusion verwirrt wird, daß Menschenwürde mit Unverantwortlichkeit vereinbar sei.”
1) H. v. Weber, Zum Aufbau des Strafrechtssystems, 1935, S. 21.
2) Charakteristischerweise wird in der Strafrechtstheorie der Postglossatoren eine weitgehende Aufhebung der Schuldfähigkeit bei Trunkenheit und Affekt angenommen. Vgl. Engelmann, S. 30 ff.
3) Freisler, Willensstrafrecht; Versuch und Vollendung. Das kommende deutsche Strafrecht, herausg. v. Reichsjustizminister Dr. Gürtner, 1934.
4) Dahm, Gemeinschaft und Strafrecht, 1935, S. 12.
5) E. Wolf, Vom Wesen des Täters, Recht und Staat, Nr. 87, 1932.

|118|

Nur die Wiederherstellung einer echten strafrechtlichen Verantwortlichkeit, die den Täter nicht als natürliches Individuum, als einen kausal determinierten Komplex biologisch-sozialer Anlagen und Anpassungen beurteilt werden, sondern bewußt ausschließlich in seiner rechtlichen Personstruktur erscheinen läßt1), überläßt auch der Gnadenerweisung jene Sphäre, in der sich das Wesen der Gnade in seinem eigentlichsten Sinne entfalten kann. Jene allumfassende Berücksichtigung der Gesamtpersönlichkeit des Täters, die die immanenten Grenzen des Rechts und des richterlichen Urteils überschreitet, kann im Gnadenerweis einen Ausdruck finden, für den es freilich wesentlich ist, daß er nicht die Form des richterlichen Urteils annimmt, daß er nicht aus rationalen, überprüfbaren Gründen gerechtfertigt wird und daß er ausgeht von der Überlegenheit und Autorität der obersten Herrschaftsspitze.

Es würde über menschliches Vermögen hinausgehen, ein abschließendes Urteil über das innerste Wesen eines Menschen abgeben zu wollen; es würde des unverzichtbaren Mindestmaßes an Achtung der Menschenwürde ermangeln, wollte man es in seiner Abgründigkeit auf rationale Formeln zu bringen suchen und diese „zugunsten” des Belasteten anführen; und es würde dem Wesen und der Gestalt des Richters nicht entsprechen, wenn man von ihm jenen Ausspruch der göttlichen Aufhebung der Gerechtigkeit in der Gnade erwarten wollte; denn dem Richtertum ist die Gerechtigkeit zugeordnet, wie dem Herrschertum die Gnade.

Shakespeares „Maß für Maß” und Kleists „Prinz von Homburg” lassen erkennen, daß dieser Zusammenhang von Herrschaft und Gnade im abendländischen Kulturbewußtsein einen autochthonen, von seinen historischen Ursprüngen abgelösten Sinngehalt erlangt hat. Die Gnade kann nicht in ihrem geistigen Bedeutungsinhalt auf eines ihrer geistes-geschichtlichen Elemente reduziert werden. Sie ist weder ein „humanitärer”,


1) In den Verhandlungen der Strafrechtskommission kam dieser Gesichtspunkt besonders deutlich zum Ausdruck in der Formulierung eines Zwischenvorschlags: „Der geistig, seelisch oder im Willen Schwache wird grundsätzlich nicht mit der Verteidigung gehört, daß seine Schwäche ihm rechtmäßiges Handeln erschwert habe . . .” Freisler, a.a.O., S. 45.

|119|

noch ein „christlicher” oder „germanischer” Gedanke. Sie ist daher auch nicht an die soziologischen und politischen Voraussetzungen des antiken Herrscherkults, des germanischen Gefolgschaftswesens oder des mittelalterlichen Gottesgnadentums gebunden. Griechische Philanthropie und römische clementia, antike Humanität und germanische Hulde, christliche Gnade und Barmherzigkeit sind in diesem Bedeutungsinhalt der Gnade aufbewahrt. In ihrer Umbildung zu einem umfassenden eigenen Gnadenbegriff, der zugleich Ausdruck einer lebendigen und verpflichtenden herrscherlichen Gesinnung geworden ist, erweist sich die innere Mächtigkeit der abendländischen Geschichte und Kultur.