|7|

Vorwort

 

In Jahre 1956 habe ich unter dem Titel „Recht und Institution” (Glaube und Forschung Heft 9, Luther Verlag, Witten/Ruhr) auftragsgemäß über die Arbeit einer Studienkommission von Juristen und Theologen berichtet, die in der Evangelischen Forschungsakademie Christophorusstift in Hemer/Westfalen im Jahre 1955 zusammengetreten war. Sie verstand sich — nach dem Untertitel der Schrift — als „Fortsetzung des Göttinger Gesprächs von 1949 über die christliche Begründung des Rechts”. Sie war aber zugleich durch Fragestellungen veranlaßt worden, welche in der gesetzespolitischen Arbeit der Eherechtskommission (heute Familienrechtskommission) der Evangelischen Kirche in Deutschland hervorgetreten waren. Hier ging es um das Problem der Institution. Die so entstandene „Institutionskommission” (IK) hat dann, ab 1957 im Verbande der Evangelischen Studiengemeinschaft (Heidelberg), in jährlichen Sitzungen bis 1963 ihre Arbeit fortgesetzt.

Von den in der Berichtsschrift genannten Teilnehmern sind Prof. D. Schumann und Staatssekretär Bleibtreu verstorben. Prof. Gloege, Pfarrer Dr. Mumm, Prof. D. Schrey sind im weiteren Verlauf aus der Arbeit ausgeschieden. Dagegen sind hinzugetreten Prof. Dr. W.D. Marsch (Wuppertal), Kirchenrat Dr. jur. R.P. Calliess (Saarbrücken) und Prof. D. Dr. Ludwig Raiser (Tübingen), ferner als Mitglieder des Stiftskollegiums Prof. Dr. Georg Picht und Prof. Dr. Heinz Eduard Tödt. Dr. Greiffenhagen (Wilhelmshaven) verdankte die Kommission ein soziologisches Referat. In der Zeitschrift „Kerygma und Dogma” (Jg. 3, 1957, S. 61 ff.) habe ich einen Bericht veröffentlicht, der die Begegnung von Rechtswissenschaft und Theologie in Deutschland seit 1945 zum Gegenstand hat und in Teil III auch das Institutionengespräch behandelt.

Die Kommission ist 1963 übereingekommen, ihre Arbeiten vorläufig

|8|

zu beenden, ohne daß ein einverständliches, in Thesen formulierbares Endergebnis erziel worden wäre. Die Kommission hat das Kollegium der Evangelischen Studiengemeinschaft beauftragt, in einem Berichtsband den wesentlichen Ertrag dieser langjährigen gemeinsamen Bemühungen der wissenschaftlichen und kirchlichen Öffentlichkeit vorzulegen. Diese Aufgabe konnte nicht durch Veröffentlichung sämtlicher Referate und der in den ersten Jahren jeweils am Ende der Sitzung formulierten Thesen geschehen, da beides zu stark auf den jeweiligen Gesprächsstand abgestellt war. Vielmehr hat es Kirchenrat Dr. Calliess übernommen, aus dem Gesamtmaterial einen systematischen Bericht herzustellen, der zugleich in Umrissen dem Leser die fortschreitende Gedankenentwicklung deutlich macht. Von den Referaten beschränken wir uns auf den Abdruck desjenigen von Prof. D. Dr. Rudolf Smend „Das Problem der Institutionen und der Staat” (vorabgedruckt in der Zeitschrift für evangelische Ethik 1962, S. 65 ff.) und dasjenige von Prof. D. Ernst Wolf (Göttingen) „Zum Normcharakter der Institutionen”. Das Thema dieses Referates bezeichnet zugleich den offenen Punkt, an dem die Diskussion schließlich abgebrochen worden ist. Hier wurden in Referaten von Prof. D. Dr. Raiser und dem Unterzeichneten gegensätzliche Grundkonzeptionen vertreten. Der Austrag dieses rechtsdogmatischen und rechtsphilosophischen Gegensatzes hat sich über die Kommissionsberatungen hinaus fortgesetzt, so daß es nicht mehr angezeigt erschien, die zum Verhältnis von Institution und Norm beiderseits in der Kommission gehaltenen Referate an dieser Stelle wiederzugeben. Anstelle dessen werden vielmehr drei nachträglich entstandene Abhandlungen dargeboten, die sich freilich im Zusammenhang der Thematik der Kommission verstehen und bewegen. Nachdem in der ersten Folge ein Teil eines auf die Ehe als Institution bezogenen Referates abgedruckt wurde, nimmt die erste dieser nachträglichen Arbeiten dieses Modellproblem erläuternd wieder auf. Die zweite stellt sich einer Kritik, die auf dem Gebiete des Familienrechts insbesondere von Prof. Dr. jur. Ernst Wolf (Marburg) vertreten worden ist (vorabgedruckt in: Zeitwende 1969, S. 227-243). Die dritte ist ein Korreferat zu einem Vortrag von Prof. D. Ernst Wolf, der den Ertrag dieser Gesamtarbeit darzubieten unternimmt und demnächst in der Festschrift für Prof. D. Künneth-Erlangen erscheinen wird.

Die Herausgabe dieses Berichtsbandes ist um so mehr geboten, als der Inhalt der ersten, knappen Veröffentlichung von 1955/56 (und zudem bruchstückhafte, einzelnen Gelehrten bekanntgewordene

|9|

Kommissionsmaterialien) zu vielfachen Mißverständnissen und Fehldeutungen Veranlassung gegeben haben, denen ohne eine zusammenhängende Darstellung und authentische Interpretation nicht mit Erfolgt begegnet werden kann.

Kommission und Stiftskollegium übergeben diese Gesamtdarstellung auch in ihrer unabgeschlossenen Form der Öffentlichkeit in dem lebhaften Wunsche nach einer offenen Diskussion, welche der Tragweite und Lebensbedeutung der hier verhandelten Fragen entspricht.

Heidelberg, im Jahre 1969

Dr. jur. Hans Dombois