|25|

 

II.
Die Begrenzung und Ergänzung des Stiftungsbegriffes durch das Neue Testament.

 

Wir haben zu zeigen versucht, welche inhaltliche Fülle dem theologischen Begriff der Stiftung Gottes in seiner Anwendung auf die Kirche vom Neuen Testament her zuströmt. Jedoch empfängt der Begriff der Stiftung von diesem nun zugleich seine Begrenzung und Ergänzung. Denn er vermag, für sich genommen, keinesfalls die Fülle des göttlichen Mysteriums der Kirche auszudrücken. Das Neue Testament selber weist uns durch den lebendigen Wechsel seiner Redeweise und Ausdrücke für die Kirche (Gemeinde, Volk Gottes, Herde, Pflanzung, Tempel und Haus Gottes, königliches Priestertum, die Heiligen, die Erwählten, die Gerufenen usf.) selber darauf hin, daß ein einzelner Begriff den Reichtum des in der Kirche dem Glauben sichtbar werdenden Offenbarungs- und Heilshandelns Gottes niemals voll auszusagen vermag. Wir haben auf solche Begrenzungen und Ergänzungen im Vorhergehenden schon öfters hingewiesen. Es ist unsere abschließende Aufgabe, die vierfache Begrenzung klarzustellen, der der Stiftungsbegriff vom Zeugnis des Neuen Testaments her unterzogen werden muß.

 

1. Die eschatologische Begrenzung.

 

Die Kirche ist eine eschatologische Wirklichkeit, ein eschatologisches Ereignis. Sie kann nur von dem übergeordneten Begriffe der kommenden Gottesherrschaft her recht verstanden werden. Denn sie ist ja die Gemeinde der Endzeit, die gerufen und gesammelt wird im Anbruch der Gottesherrschaft. Alle Gaben und Kräfte des Heils, die in der Kirche lebendig sind und sie erfüllen, sind Kräfte des neuen kommenden Aion, der messianischen Zeit: der heilige Geist, die Liebe, der Friede, die Gerechtigkeit, die Freude und die Fülle der Charismen. Kirche ist die Gegenwart der eschatologischen Heilsgüter in der Gemeinde der Glaubenden, Hoffenden, Liebenden.

Nun hat man gegenübergestellt: die Kirche ist nicht Anstalt, sondern eschatologisches Ereignis, sie ist nicht Stiftung, sondern Gemeinschaft lebender Menschen, Gemeinde. Anstalt und Stiftung sind, so sagt man, auf die Vergangenheit bezogene Begriffe. Die

|26|

Gemeinde aber sie Gegenwart, die sich von der Zukunft (Gottes) bestimmen lasse. „Sie ,geht aus’ von einem Faktum der Vergangenheit: dem Leben und Sterben Jesu Christi. Aber nicht so, als ob sie ,von da an’ bestünde, sondern nur, sofern dieses Faktum uns heute ruft und verpflichtet.”22) Die Kirche ist nicht ein Etwas; es kann über die Kirche nicht in ihrem An-sich-sein gesprochen werden, man kann nur in eigener Existenz von ihr leben und zeugen.23)

Damit sind wir in der Tat darauf verweisen, daß
1. die Stiftung der Kirche niemals als bloß historisches Ereignis gefaßt werden darf,
2. die Kirche, indem wir sie Stiftung nennen, niemals als bloße Institution zu verstehen ist, die nun objektiv besteht, in ihrer Geschichte und in ihrer Ordnung wie ein bloßes Gegenüber zu den Einzelnen mit ihrer gegenwärtigen Entscheidung und ihrem personhaften Leben, etwa nach Analogie der Gründung und des Bestehens eines Staates, einer Korporation, eines Rechtsinstituts.

Vielmehr geschieht, wie wir sahen, die Stiftung der Kirche durch das Herbekommen der Gottesherrschaft, durch einen Akt der Dynamis Gottes selber, im Handeln seines Christus. Diese Dynamik des eschatologischen Geschehens, das Menschen zur Entscheidung fordert, ist zu wahren gegenüber einem Institutionalismus, der die Kirche entweder völlig säkularisiert oder zur Anstalt heiligen Rechtes, gesetzlicher Kultus- und Moralordnung macht und sie damit entweder ins Heidentum oder ins Judentum zurückstößt.

Doch ist auf der anderen Seite ebnesosehr festzuhalten, und dies wird von der neuesten Existenztheologie der Kirche gern übersehen: es gibt eine heils-geschichtliche Kontinuität des die Kirche leitenden göttlichen Handelns, es gibt eine Überlieferung der Kirche (traditio) in Glauben, Gottesdienst und Lehre, nicht nur das heute so betonte „Je und Je” gegenwärtigere Glaubensentscheidung. Das Heute der Kirche lebt vom Glauben der Väter, es gibt die successio fidei! Oder was wäre unsere neue Theologie ohne Luther, Kierkegaard und Blumhardt? Die Gründung der Kirche ist ein eschatologischer Akt, der in die Geschichte eingreift, nicht ein zeitlich-historischer aus den Kräften der Weltgeschichte. Aber deswegen ist der Stiftungsbegriff nicht zu verwerfen. Die Kirche ist gewiß nicht „in Kultus noch Tradition begründet”,24) sondern allein in dem göttlichen Willen zur Heilsverwirklichung inmitten dieser Welt, doch eben dies Geschehen schafft Kultus und Tradition der Kirche, und


[34] 22) D. Faulhaber a.a.O. S. 63.
23) Ebenda.
24) D. Faulhaber a.a.O. S. 63.

|27|

schon ein Paulus gründet seine Gemeinden auf das, was er „empfangen” hat (1. Kor. 15, 3 vgl. 11, 23; Röm. 6, 17; Phil. 4, 9). Die „objektive”, geschichtliche Form, die die Kirche hiermit gewinnt, ist gar kein Widerspruch zu ihrem eschatologischen Charakter, vielmehr die notwendige Folge daraus, daß die göttliche Offenbarung Geschichte wird und Menschengeschlechter zu Dienst und Antwort bringt. Darum lebt die Kirche viel tiefer geschichtlich — von außen her gesehen und zum Entsetzen vieler, so „traditionsgebunden”, so „altertümlich”, so wenig gegenwartsgemäß —, weil sie von Gottes Rede mit und Gottes Handeln mit den Vätern weiß und nicht vergessen kann noch darf, was sie, wahrlich nicht nur von einem Geschlecht der Menschen zu neuem menschlichen Geschlecht, überkommen hat.

 

2. Die christologische Begrenzung.

 

Wird der Stiftungsbegriff für sich allein genommen, so bringt er nicht genügend die Einheit der Kirche mit dem Stifterwillen zum Ausdruck. In der Tat, die Kirche ist nicht ein „Etwas”, und das, was sie den Menschen gibt, sind auch nicht Güter, Gegebenheiten, die man abstrakt, in ihrem An-sich-sein haben könnte. Christus selber ist das Heil, der Weg, die Wahrheit und das Leben, das durch die Kirche vermittelt wird. Er ist in der Kirche gegenwärtig zu jeder Stunde, in Wort und Sakrament. „Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende” (Matth. 28, 20).

Vor allem aber ist hier der σῶμα-Gedanke zur Geltung zu bringen. Die Kirche ist der Leib Christi, und Christus ihr Haupt. Die Kirche kann so wenig von Christus getrennt werden, daß sie vielmehr sein πλήρωμα ist, seine „Fülle”, in der er erst ganz und vollständig das wird, was er sein will und sein muß (Eph. 1, 23). Der Erstgeborene ist nicht ohne die vielen Brüder zu denken, der himmlische Mensch nicht ohne die himmlischen Menschen (Röm. 8, 29; 1. Kor. 15, 48-49). Als der Erstgeborene von den Toten ist Christus das Haupt des Leibes, der Kirche (Kol. 1, 18). Christus ist das wahre und eigentliche Sein der Kirche. Von dem Haupte her hat sie ihr Leben, ihr Wachstum, ihre Kraft (Eph. 4, 16). Mit dem Bilde des Leibes und des Hauptes ist ein doppeltes Verhältnis zwischen Christus und der Kirche ausgedrückt: das der Einheit, aber auch das der Herrschaft. „Er ist die κεφαλή, die in der Kirche ihren Leib hat, die also in der Kirche irdisch-leiblich gegenwärtig ist. Und die Kirche ist das σῶμα, das in Christus sein Haupt hat, das also in Christus himmlisch

|28|

gegenwärtig ist. . . . Die Kirche ist der irdisch-gegenwärtigen Leib des himmlisch-gegenwärtigen Hauptes.”25) Die Herrschaft Christi über die Kirche ist seine Einheit mit dieser, und die Einheit der Kirche mit Christus kann nur bestehen, solange er als der Herr der Kirche anerkannt und geglaubt ist. So ist jede Selbständigkeit der Kirche gegenüber Christus, jede Loslösbarkeit der Kirche von Christus ausgeschlossen. Die Kirche ist die Wiederholung der Fleischwerdung des Wortes Gottes in Christus. Sie empfängt von ihm ihre ganze Existenz.26) Das ist ihre Einheit mit ihm. Aus dieser Einheit der Kirche mit Christus stammt die Einheit und Ganzheit, die Reife und Vollkommenheit, zu der die Kirche in sich selber heranwächst (Eph. 4; 1. Kor. 12). Das ist der sachgemäße Sinn des Satzes, daß man die Kirche nicht als ein „Etwas” für sich betrachten kann. Wir haben die Kirche nur in Christus, aber auch Christus nur in dieser Kirche. So sind hier, unvergleichbar mit geschichtlichen Gründern und Gründungen, Stiftung und Stifter eins. Darum muß aber auch neben den Satz von der Kirche als göttlicher Stiftung alsbald der Satz von der Kirche als dem Leibe Christi treten.

 

3. Die pneumatologische Begrenzung.

 

Die Einheit der Kirche mit ihrem Haupte muß des weiteren so gefaßt werden, daß von der Kirche als Werk und Wirkungsstätte des heiligen Geistes gesprochen wird. Die Kirche kann vollständig nur als Werk der göttlichen Dreieinigkeit begriffen werden. Der Geist Gottes, der zugleich der Geist des Herrn ist, regiert und belebt sie. „Gott kommt in der Kirche zur Wirklichkeit in der Seinsweise des heiligen Geistes. Die Kirche lebt von der Offenbarung Gottes als heiliger Geist.”27) Der Geist setzt das Werk Christi fort, indem er die Jüngerschaft lehrt und sie an das Wort Jesu erinnert (Joh. 14, 26; 15, 26; 16, 8 ff.). Mit dem Empfang des Geistes beginnt die neue Sendung und wird die Vollmacht zur Sündenvergebung geschenkt (Joh. 20, 22-23). Mit der Geistesausgießung beginnt die Aktion der Kirche, die missionarische Verkündigung des Gekreuzigten und Auferstandenen, des erhöhten Kyrios an die Welt (Apg. 2). In einem Geiste sind die Christen zu dem einen Leibe getauft worden (1. Kor. 12, 13). Der Geist ist also die Einheit der Kirche, im Geist geschieht ihre Leibwerdung. In der Gemeinde als Gottes Tempel wohnt Gottes Geist (1. Kor. 3, 16). Kirche sind die Menschen, die durch den Geist leben (Gal. 5, 25), die nach dem Geiste wandeln (Röm. 8, 4). Der Geist


[34] 25) H. Schlier, κεφαλή bei Kittel, Theol. Wörterbuch zum NT. III, S. 679.
26) K. Barth a.a.O. S. 235, 236.
27) D. Faulhaber a.a.O. S. 61.

|29|

bringt in der Gemeinde die Fülle der Gnadengaben hervor (1. Kor. 12, 4 ff.).

Wieder ist damit die Brücke geschlagen vom Einst zum Jetzt, vom geschichtlichen Stiftungsakt zur Kirche als Gegenwart. Jesus ist als der Herr des Geistes Gegenwart (2. Kor. 3, 18). Der Herr ist der Geist — und nicht bloß ein geschichtlicher Stifter (2. Kor. 3, 17). Der Geist vollbringt die Verwandlung der Christen in die neue Existenz, in das Bild des Herrn, in die himmlische Herrlichkeit des Reiches Gottes (2. Kor. 3, 18). Dann aber ist die Kirche als Menschengemeinschaft von ihrem geschichtlichen Stifter nicht geschichtlich geschieden, obwohl sie eine irdische Geschichte hat, die sie zeitlich von ihm trennt. Und zweitens: die Kirche, die ihr Wesen hat in dem die Gemeinschaft der Kinder Gottes schaffenden Walten des Geistes, steht jenseits aller bloßen Gesetzesordnung. Der Geist ist die Freiheit der Kirche, ist ihr göttliches, nicht zeitliches Heute. Nicht Institutionen, Verfassungen, Rechtssätze erhalten die Kirche, sondern der heilige Geist. Einen Gegensatz von Geist und Amt stellen wir damit nicht auf; denn der heilige Geist ist es ja gerade, der den Ämtern der Kirche das Leben und die Vollmacht gibt, auch den Ämtern, die der Ordnung und Verwaltung der Gemeinde im äußeren Sinne dienen. Der Geist begründet das Amt, er ist es ja, der Einheit und Gliederung in der Gemeinde stiftet und damit ihre Ordnung vollbringt als die höhere Ordnung der Liebe und des Friedens, in der das Gesetz erfüllt wird und es des geschriebenen und verbrieften Rechtes nicht bedarf, weil die rechte Ordnung in der Freiwilligkeit des Dienstes gehalten wird.28)

 

4. Die personalistische Begrenzung.

 

Emil Brunner hat in seiner neuesten Schrift „Wahrheit und Begegnung”29) den Kampf gegen den „Objektivismus” alter und neuer Art in der Kirche eröffnet, welcher dreifacher Art sei: ein Objektivismus des Amtes, der Lehre, des Sakramentes. Er sieht den Objektivismus als die eigentliche kirchliche Gefahr; denn er bedeutet das Verständnis der Kirche als Institution, die Überschätzung des formulierten Dogmas und Bekenntnisses, das Begreifen der Kirche von Amt, Lehre, Sakrament her statt , wie es sich gehört, von der communio sanctorum, der Gemeinschaft der Gläubigen her.30) „Dadurch wird der Personalbegriff der Kirche — der der einzige neutestamentliche ist — durch den objektiven Anstaltsbegriff verdunkelt.”31) Die Objektivierung der Kirche ist ihr Unheil und bedingte ihren


[34] 28) Vgl. hierzu meinen demnächst im „Archiv für evangel. Kirchenrecht” erscheinenden Aufsatz „Geist, Recht und Amt in der Urkirche”.
29) Berlin 1938, bes. S. 128 ff.
30) Brunner a.a.O. S. 28.
31) Brunner a.a.O. S. 153.

|30|

Verfall, dessen Wurzeln Brunner, was die evangelische Kirche anbelangt, schon bei Melanchthon und in der Augustana findet. Mit seinen geschichtlichen Angaben und Betrachtungen haben wir uns hier nicht auseinanderzusetzen. Sachlich it zu sagen, daß E. Brunner auf eine Gefahr hinweist, die zweifellos nicht nur theoretisch gegeben ist. Dennoch scheint er uns wesentliche Tatbestände, zumal im neutestamentlichen Kirchenbegriff, zu übersehen. Auch wir haben gesagt: das Haus Gottes ist Gottes Volk, die Stiftung Kirche ist eine Personengemeinschaft, nämlich der Gerechtfertigten, Heiligen, Gottgeliebten, nicht eine Art Kultus-Staat, nicht ein Rechtsinstitut. Die Objektivität der Kirche ist die der Herrschaft und des Gebietens Gottes selber, der Unaufhebbarkeit seines Heilswillens, seiner Gnade, seines Wortes, und der geschichtlichen Mittel und Handlungen wie Amt, Verkündigung und Sakrament, durch die jene dem Menschen zukommen und in unserer Mitte geschichtlich verwirklicht werden. Das Objektive meint die Tat Gottes, nicht ein „Etwas”, freilich eine Tat, die Ordnungen und Ämter, ja, objektive Formen und Ordnungen schafft wie die Heilige Schrift und die Bekenntnisse, auf die wir verpflichtet werden, das Amt, das die Versöhnung predigt, das Sakrament mit diesen Einsetzungsworten und Elementen und keinen anderen. Amt, Sakrament und Lehre sind überhaupt gar keine Gegensätze zur Gemeinde der Gläubigen! Wie sollte ohne diese heilsamen und uns bindenden, eben darin objektiven Veranstaltungen Gottes überhaupt eine Gemeinde der Gläubigen zustande kommen können? Der heilige Geist kommt nicht jenseits dieser Ordnungen, um eine Gemeinde zu schaffen, sondern durch sie. Ohne Zweifel ist Gottes Wort mehr als die Lehre der Kirche, es ist Gottes schaffende Offenbarung, es ist der Sohn (Joh. 1, 1 ff.; Apok. 19, 13); die Lehre aber ist Zeugnis von diesem Handeln Gottes, von seinem Sohne. Und wenn Lehre Zeugnis ist, so ist doch Zeugnis und Verkündigung mehr als Lehre, so gewiß, die Brunner selber sieht, Verkündigung Lehre aus sich entbindet; und das κηρύσσειν des Neuen Testaments ist immer auch ein διδάσκειν.

Das Denken des Neuen Testaments steht, wie hinsichtlich des Offenbarungs- und Glaubensbegriffes, jenseits des Gegensatzes von Objektivem und Subjektivem auch in der Lehre von der Kirche. Dennoch bedarf es der Begriffe, wie etwa des Begriffes der Stiftung, des gesetzten Amtes, die das göttliche Handeln als eines kennzeichnen, das in der Kirche uns vorgegebene und bindende Wirklichkeiten schafft, die unserem Menschenwillen unabänderlich

|31|

gegenüberstehen, unserer Sündhaftigkeit und Vergänglichkeit gegenüberstehen als ein „objectum”, uns entgegen Geworfenes und so uns Begegnendes, in göttlicher Unerschütterlichkeit, als der Felsen, das Fundament, auf dem die Kirche gegründet. Mit diesen Worten (Matth. 16, 18; 1. Kor. 3, 11-12; Eph. 2, 20) redet das Neue Testament wahrlich selber streng „objektiv”, ohne darum in irgendeine Form von innerweltlichem Objektivismus, von gegenständlich-dinglichem Denken abzugleiten. Das „Gegenüber”, das extra nos des göttlichen Handelns, des Wortes, des Amtes, des Sakraments, des mandatum Christi ist das Objektive. In diesem Sinne werden wir des Begriffes des Objektiven in der Kirchenlehre nicht entraten können.32) Wenn Brunner sagt, die Bibel denke das Verhältnis von Schöpfer und Geschöpf, gnädigem Gott und glaubendem Menschen im Sinne der „personalen Korrespondenz”,33) so ist dies zweifellos richtig und sinnvoll und auch sonst schon in der neueren Theologie energisch betont worden. Jedoch, genau so wie der Begriff des Objektiven, bedarf auch der des Personalen vom Neuen Testament her der Reinigung, Zurechtstellung und besonderen Erfüllung. Im eigentlichen und strengen Sinne ist ja nur Gott Person; wie sind nur ein durch die Sünde gebrochener Abglanz dieses Personseins, und werden in einem neuen, wenngleich wiederum mit Gott nicht vergleichbaren Sinne neue Person durch die Verwandlung in das Bild Christi und die Einsetzung in die Kindschaft und Freiheit, die uns zum Dienst in der Liebe fähig machen. Gott schafft uns als Personen und nimmt uns als solche in Anspruch, indem er mit uns redet. Unser Vor-Gott-Gestellt-sein ist unsere Personhaftigkeit. Damit ist aber der Begriff des Personhaften ebensosehr aus der Weltsphäre herausgegriffen wie das mit dem Begriff des Objektiven in seiner Anwendung auf die Kirche als göttliche Stiftung geschehen muß und hier geschehen sollte.

So ist die Kirche als objektive Stiftung, als „Anstalt” oder Veranstaltung Gottes zum Heil gerade personale Gemeinschaft mit Gott und personale Gemeinschaft der Glaubenden und Liebenden, und als diese wiederum, weil so von Gott gesetzt und geschaffen, — nicht im Gegensatz dazu — Stiftung und Veranstaltung Gottes.34) Der heilige Geist Gottes baut den Tempel Gottes. Damit ist es das Geheimnis der Kirche, jenseits aller irdischen Personengemeinschaft und aller irdisch-objektiven Institutionen zu stehen. Das sind innerweltliche Gegensätze, die das göttliche Mysterium der Kirche35) nicht treffen.


[34] 32) Das zeigt mit Recht K. Barths Dogmatik I/2.
33) a.a.O. S. 49.
34) Vgl. Th. Harnack a.a.O. S. 5 f.
35) Vgl. hierüber Weiteres bei W. Stählin, Vom göttlichen Geheimnis, Kassel 1936, bes. S. 81 ff.

|32|

Denn sie ist der Leib, die irdische Gestalt des Gottmenschen Jesus Christus. Sie ist das unerschütterliche Werk des heiligen Geistes, aus welchem sie sich neu erbaut, wenn sie, menschlich gesehen, der völligen Zerstörung anheimgefallen zu sein scheint.