2. Das Wesen des Staates

Es darf wohl als rätselhaft bezeichnet werden, daß in der Exegese der doch wahrhaftig zu allen Zeiten viel beachteten Stelle, Röm. 13, 1-7, nachdem eine von Irenaeus13)


13) Adv. o. h. V. 24, 1.

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erwähnte alte Auslegung sich offenbar nicht durchgesetzt hatte, erst in den letzten Jahren wieder mit Nachdruck14) auf den doch von jeher offenkundigen Sachverhalt aufmerksam gemacht worden ist, daß das Wort ἐξουσίαι, das Paulus dort in v 1 und ebenso in Tit. 3, 1, das aber gelegentlich (12, 11) auch Lukas zur Bezeichnung der politischen Obrigkeit verwendet, überall da, wo es im Neuen Testament sonst im Pluralis (oder im Singularis mit πᾶσα) auftritt (1. Kor. 15, 24; Kol. 1, 16; 2, 10, 15; Eph. 1, 21; 3, 10; 6, 12; 1. Petr. 3, 22) zweifellos eine Gruppe von den für das biblische Welt- und Menschenbild so bezeichnenden Engelmächten meint. ἐξουσίαι sind wie ἀρχαί oder ἄρχοντες, δυνάμεις, θρόνοι, κυριότητες, ἄγγελοι usf. und von diesen allen begrifflich wohl schwer zu unterscheiden (wahrscheinlich mit ihnen unter dem Gattungsbegriff ἄγγελοι zusammenzufassen): geschöpfliche, aber unsichtbar-geistig-himmlische Mächte, die in und über der sonstigen Schöpfung eine gewisse Selbständigkeit und in dieser Selbständigkeit auch eine gewisse überlegene Würde, Aufgabe und Funktion haben, einen gewissen realen Einfluß ausüben. Die von G. Dehn gebotenen Nachweisungen verstärken die zunächst aus dem Sprachgebrauch sich ergebende hohe Wahrscheinlichkeit, daß die neutestamentliche Gemeinde, wenn sie über den Staat, den Καῖσαρ oder βασιλεύς und seine Vertreter und deren Tätigkeit nachdachte, das Bild einer solchen in ihm repräsentierten und wirksamen Engelmacht vor Augen hatte. Der Begriff ἐξουσία im Singularis ist uns ja bereits begegnet als Bezeichnung der dem Pilatus gegebenen Möglichkeit, Jesus frei zu sprechen oder zu kreuzigen. Ebenso der Begriff ἄρχοντες, bei dem man 1. Kor. 2, 8 sicher an den Staat und — eben an eine Engelmacht zu denken hat 15). Was bedeutet das? Man hat mit Recht hervorgehoben 16), daß damit erklärt ist, wieso der Staat aus dem durch Gottes Willen und Anordnung eingesetzten Schützer des Rechtes von Röm. 13 zu dem vom Drachen ermächtigten, den Cäsarenkult fordernden,


14) Ist H. Schlier, Mächte und Gewalten im Neuen Testament, Theol. Bl. 1930, Sp. 292 der erste gewesen, der es aussprach? G. Dehn hat jedenfalls das Verdienst, die Sache zum ersten Mal breit entwickelt zu haben.
15) Und nach Röm. 8, 39 (οῦτε τις κτίσις ἑτέρα) können wir auch bei der Bezeichnung des Staates als einer ἀνθρωπίνη κτίσις 1. Petr. 2, 13 von diesem Bereich nicht allzu weit entfernt sein.
16) Vgl. G. Dehn, a.a.O. S. 108.

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die Heiligen bekriegenden, Gott lästernden, die ganze Welt erobernden Tier aus dem Abgrund von Apc. 1317) werden kann. Eine Engelmacht kann eben verwildern, entarten, sich verkehren und so zur Dämonenmacht werden. Der Jesus kreuzigende Pilatus-Staat ist das offenbar geworden. Die Warnung vor der bei solcher Dämonisierung der Engelmächte möglich werdenden Täuschung der Christen, vor einer θρησκεία τῶν ἀγγέλων (Kol. 2, 18), der Aufruf zu den nicht mit Fleisch und Blut, sondern mit den Mächten, den Gewalten, den κοσμοκράτορες der Finsternis auszufechtenden Ringkampf (Eph. 6, 12), aber auch der Trost, daß sie uns von der Liebe Christi nicht trennen können (Röm. 8, 38f.)18) und der Ausblick auf ihre endliche „Aufhebung” durch Christus in seiner Parusie (1. Kor. 15, 24), das Alles kann sich mehr oder weniger direkt auch auf die politischen Dämonen und Dämonien beziehen.

Aber gerade die zuletzt genannte Stelle mahnt zur Vorsicht. Mit der Feststellung der Diastase zwischen Christus und dem Staat dürfte nicht einmal im Blick auf das „Tier aus dem Abgrund” das letzte Wort gesagt sein. Ich halte es für bedenklich, das καταργεῖν 1. Kor. 15, 24 mit „vernichten” zu übersetzen, so gewiß es diesen Sinn an andern Stellen tatsächlich hat. Denn unmittelbar nachher, v 25, heißt es: „Er muß herrschen, bis daß er alle Feinde unter seine Füße lege”, das heißt aber: souverän über sie verfüge. Das ist auch das Bild von Phil. 2, 9f.: „Darum hat Gott ihn erhöht und ihm den Namen gegeben, der über alle Namen ist, damit in dem Namen Jesu sich beugen solle jedes Knie derer, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind” — von Eph. 1, 21: „Er hat ihn zu seiner Rechten gesetzt im Himmel über alle Herrschaft und Macht und Kraft ...” — von 1. Petr. 3, 22: „Der zur Rechten Gottes ist, nachdem er in den Himmel gefahren und ihm die Engel und Mächte und Kräfte unterworfen sind.” Das ist auch das Bild der besonders drastischen Stelle Kol. 2, 15: „Nachdem Gott die Herrschaften und Gewalten entwaffnet, führte er sie öffentlich zur Schau und machte sie zu einem Triumph in Christus.” Nicht vernichtet, sondern zum Dienst und zur Verherrlichung


17) Vgl. dazu H. Schlier, Vom Antichrist, Theol. Aufs. 1936, S. 110f.
18) Ich wundere mich, daß G. Dehn, a.a.O. S. 101 das Gegenteil behauptet.

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Christi und durch ihn Gottes gezwungen zu werden, ist danach die in Christi Auferstehung und Parusie sichtbar werdende Bestimmung der störrischen Engelmächte. Dem entspricht aber auch der Anfang und die Mitte ihrer Geschichte. Ich sehe nicht recht ein, wie man von ihnen19) ohne weiteres sagen kann, sie seien „die Welt, die von sich selbst als von einem anderen gelebt, lebendig ist” und als solche „die Antipoden der Schöpfung und ihre Verkehrung”: „In ihnen steht die einsame Welt auf”. Nach Kol. 1, 15f. steht es doch vielmehr so, daß sie im Sohne Gottes als dem Ebenbild des unsichtbaren Gottes durch ihn und auf ihn erschaffen worden sind, und nach Kol. 2, 10 so, daß sie in ihm ihr Haupt haben. Sie gehören also von Haus aus gerade nicht sich selber. Sie stehen von Haus aus zu Jesu Christi Verfügung. Sein Werk gilt auch ihnen: Er ist „erschienen den Engeln” (1. Tim. 3, 16). Die Heidenpredigt des Paulus hat zur Folge, daß ihnen διὰ τῆς ἐκκλησίας, durch die Existenz der Kirche „die mannigfaltige Weisheit Gottes” kundgegeben wird (Eph. 3, 10)20). Mit der Gemeinde gelüstet es auch sie, hineinzuschauen in das künftig zu offenbarende Geheimnis der σωτηρία (1. Petr. 1, 12). Und sie assistieren nicht nur als Zuschauer: auch für sie steht in Kraft die in der Kreuzigung Christi vollzogene Friedensstiftung (Kol. 1, 20) und ἀνακεφαλαίωσις (Eph. 1, 10), die ja an beiden Stellen auf die Erde und auf den Himmel bezogen wird. Man bemerke wohl: von einer Rechtfertigung der Dämonen und Dämonien ist nicht die Rede, wie denn die ganze Funktion Christi den Engelmächten gegenüber mit der Rechtfertigung direkt nichts zu tun hat. Wohl aber scheint sie Einiges mit dem Recht zu tun zu haben. Denn davon ist allerdings die Rede, daß in Christus auch die Engelmächte, soweit sie dessen bedürfen, zur Ordnung gerufen, in ihre ursprüngliche Ordnung gebracht sind, so daß alle weitere Rebellion in diesem Bereich grundsätzlich nur noch ihrer Schöpfung in Christus entsprechend, innerhalb dieser Ordnung, nur noch in Form eines widerwilligen Dienstes am Reiche Christi, geschehen kann, bis auch diese Rebellion innerhalb der Grenzen des Reiches Christi in dessen Auferstehung und Parusie gebrochen ist. Ein Herausbrechen, ein Entrinnen der Engelmächte


19) Mit H. Schlier, Mächte und Gewalten, a.a.O. Sp. 291.
20) Wahrscheinlich dürfte auch Kol. 1, 26 hierher gehören.

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aus dieser ihre ursprünglichen und endlichen Ordnung gibt es schon jetzt, in der von seiner Auferstehung und Parusie umklammerten Zeit, nicht mehr.

Was folgt daraus, wenn das Alles auch auf die politische Engelsmacht anzuwenden ist? Offenbar dies: daß diese Macht, daß der Staat als solcher ursprünglich und endlich zu Jesus Christus gehört, daß er in seiner relativ selbständigen Substanz, Würde, Funktion und Zielsetzung der Person und dem Werk Jesu Christi und also der in ihm geschehenen Rechtfertigung des Sünders zu dienen hat. Dämonisieren kann ere sich wohl und das Neue Testament macht kein Hehl daraus, daß die Gemeinde es jederzeit mit dem dämonisierten Staat zu tun haben kann und tatsächlich zu tun hat. Die Dämonisierung des Staates wird freilich auch unter diesem Gesichtspunkt weniger, wie man gewöhnlich betont, in einer illegitimen Verselbständigung als gerade in dem Verlust seiner legitimen, relativen Selbständigkeit, in einem Verzicht auf seine eigentliche Substanz, Würde, Funktion und Zielsetzung bestehen, neben dem dann der Cäsaren-Kult, der Staats-Mythus und dergleichen mehr Folgeerscheinungen sind. Es kann aber aus dem, was dieser dämonisierte Staat will und versucht, u.a.U. nichts werden: er wird zähneknirschend dennoch und gerade da dienen, wo er herrschen, da bauen, wo er zerstören, da Gottes Gerechtigkeit bezeugen, wo er menschliche Ungerechtigkeit offenbaren möchte. Und wohlverstanden: die Dämonisierung des Staates kann auch unterbleiben21). Es ist im Neuen Testament nicht an dem, daß der Staat sich sozusagen naturnotwendig früher oder später, so oder so, als das Tier aus dem Abgrund gebärden müßte. Wie sollte er das müssen, da doch auch er in Christus durch ihn und zu ihn geschaffen, da auch ihm durch die Kirche die mannigfaltige Weisheit Gottes kundgetan ist? Von seinem eigenen Ursprung her und in seiner konkreten Begegnung


21) Die politischen Erfahrungen der letzten Jahrzehnte haben die neutestamentliche Exegese in dieser Sache vielfach zu einem gewissen Pessimismus angeleitet, der sich den wirklichen Sachverhalten gegenüber m.E. nicht halten läßt. Der Staat von Apc. 13 ist wie H. Schlier, Die Beurteilung des Staates a.a.O. S. 329, sehr richtig sagt, „der Grenzfall des möglichen Staates”. Also gerade nicht die Regel! G. Kittel möge dem entnehmen, daß die angelologische Auslegung der ἐξουσίαι mit einer „dämonistischen” bzw. „antistaatlichen” durchaus nicht, wie er (S. 662, 675, 680) anzunehmen scheint, identisch ist.

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mit Christus und seiner Kirche könnte er ja auch — nicht etwa selber Kirche sein, wohl aber (seiner Substanz, Würde, Funktion und Zielsetzung entsprechend und also sich selber treu, statt sich selber preisgebend!) Recht sprechen und das Recht schützen und damit dann sicher — gewollt oder ungewollt, sehr indirekt aber tatsächlich — der Botschaft von der Rechtfertigung freie, gesicherte Bahn geben. Man kann es gerade im Lichte der neutestamentlichen Engellehre unmöglich von sich weisen, auch damit zu rechnen, daß der Staat seine der Wahrheit gegenüber neutralen Existenz faktisch auch darin betätigen kann, daß er der Kirche gerade als echter und rechter Staat den Dienst leistet, den er ihr leisten kann: daß er ihr echte und rechte Freiheit gibt, „daß wir ein ruhiges und stilles Leben führen können in aller Frömmigkeit und Ehrbarkeit” (1. Tim. 2, 2). Kann er der realen Unterordnung, in der er existiert, nicht entrinnen, wenn er zum Unrechtsstaat und zum Verfolger der Kirche wird, so kann er doch in derselben realen Unterordnung auch als Rechtsstaat sein wahres Gesicht — in praxi wird das wohl bedeuten: wenigstens einen Teil seines wahren Gesichtes — zeigen, wie er es etwa dem Paulus der Apostelgeschichte gegenüber weithin getan zu haben scheint22). Es würde also von der Kirche her wirklich keinen Sinn haben, zu tun, als befände sie sich dem Staat und den Staaten gegenüber in einer Nacht, in der alle Katzen grau sind. Es geht vielmehr auch in den der Kirche gegenüberstehenden Staaten dauernd um Entscheidungen und darum auch um Unterschiede zwischen Staat und Staat, zwischen dem Staat gestern und dem Staat heute, die als solche zu beachten sind. Daß es in der Gemeinde nach 1. Kor. 12, 10 unter anderen Gaben auch die zur διακρίσις πνευμάτων gibt, das würde, wenn unter diesen πνεύματα wieder die Engelmächte zu verstehen sein sollten, von da aus auch eine in Predigt, Unterweisung und Seelsorge wohl zu beachtende politische Relevanz bekommen können.


22) Wenn die bisher übliche Deutung des κατέχον bzw. κατέχων 2. Thess. 2, 6f. auf die dem Hereinbruch des Antichrist entgegenwirkende Funktion des römischen Staates, nicht „leider” durch O. Cullmann (Le caractère eschatologique du devoir missionaire et de la conscience apostolique de St.-Paul, in: Recherches théologiques (Strasbourg 1936 S. 26-61) stark erschüttert wäre, würde hier auch dieser Stelle zu gedenken sein.

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Ein entscheidender exegetischer Gewinn dieser ganzen Überlegung dürfte schließlich der sein, daß es in Röm. 13 von da aus nicht mehr zweifelhaft sein kann: Der Gott, von dem her die Obrigkeit ist, von dem jede faktisch bestehende Obrigkeit eingesetzt ist (v 1), dessen Anordnung sich der widersetzen würde, der jener widerstünde (v 2), dessen διάκονος sie heißt (v 4) und dessen λειτουργοί ihre Vertreter sind (v 6) — dieser Gott kann nicht losgelöst von der Person und dem Werk Christi, er kann gerade nicht im Allgemeinen als Schöpfer- und Regierergott verstanden werden, wie es mit der üblichen Auslegung die Reformatoren, aber auch die neueren Ausleger bis und mit Schlier und Dehn getan haben. Wir befinden uns, wenn das Neue Testament vom Staate redet, auch von dieser Seite gesehen grundsätzlich im christologischen Bereich: auf einer anderen Ebene, als wenn es von der Kirche redet, aber in eigentümliche Parallele und Beziehung zu den Aussagen über die Kirche in einem und demselben, dem christologischen Bereich. Es genügt darum nicht23) festzustellen, daß mit dem ὑπὸ θεοῦ die Vorstellung eines Ursprungs des Staates aus der Natur, dem Schicksal, der Geschichte, aus einem Vertrag, aus dem Wesen der Gesellschaft und dergleichen abgelehnt und daß mit dieser seiner Begründung der Staat zugleich an seine Grenze erinnert werde. Daß Beides mit dem ὑπὸ θεοῦ geschieht, ist wohl richtig; es muß aber hinzugefügt werden, daß Paulus bei dieser Begründung und Begrenzung des Staates bestimmt nicht in die Leere eines allgemeinen Gottesbegriffs, sondern dorthin geblickt und gewiesen hat, wo alle Engelmächte ihren Grund und ihre Grenze haben und also auf „das Ebenbild des unsichtbaren Gottes”, der als solcher auch „der Erstgeborene aller Kreatur” ist (Kol. 1, 15). Man braucht bloß zu sehen, daß es für Paulus im Umkreis dieses Zentrums und also innerhalb des christologischen Bereichs — wenn auch außerhalb der Sphäre, für die das Wort Rechtfertigung bezeichnend sein mag — verkörpert in der Engelwelt noch eine andere sozusagen sekundär-christologische, die Kirche mit dem Kosmos verbindende Sphäre gegeben hat, in der ihm die Notwendigkeit und Wirklichkeit der menschlichen Rechtfertigung und Rechtspflege offenbar


23) Mit H. Schlier, Die Beurteilung des Staates, a.a.O. S. 323.

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vor anderem wichtig gewesen ist — um einzusehen, daß wir es auch in Röm. 13 nicht mit einem unbestimmten, sondern mit einem bestimmten Gebrauch des Namens Gottes zu tun haben. Die Einsetzung und Funktion des Staates und vor allem das von den Christen ihm gegenüber geforderte Verhalten verliert dann die gewisse Zufälligkeit, die dem allem nach der bisher üblichen Auslegung eigen ist. Man wird dann auch nicht genötigt sein, die 1. Petr. 2, 13 ausdrücklich gegebene Begründung des geforderten Verhaltens: διὰ τὸν κύριον24) auf Gott im Unterschied zu Jesus Christus zu beziehen, wo doch bei der Verwendung ähnlicher Formeln in den Haustafeln des Kolosser- und Epheserbriefes nach dem ausdrücklichen Zeugnis von Kol. 3, 24; Eph. 5, 20; 6, 6 kein anderer Kyrios als eben Jesus Christus gemeint ist. Ὑποτασσόμενοι ἀλλήλοις ἐν φόβῳ Χριστοῦ (Eph. 5, 21). Die Furcht vor Christus, d.h. die schuldige Rücksicht auf ihn als den, der nach Kol. 4, 1; Eph. 6, 9 der Herr aller kreatürlichen Herren ist und der als solcher durch ein entgegengesetztes Verhalten verunehrt und erzürnt würde — sie ist es offenbar, die nach 1. Petr. 2, 13f. nun auch den Imperativ: ὑποτάγητε ... βασιλεῖ begründen soll. Und in dieselbe Richtung wird man zu denken haben, wenn Röm. 13, 5 von dem gleichen ὑποτάσσεσθαι gefordert wird, daß es nicht nur aus Angst vor dem Zorn der Obrigkeit, sondern διὰ τὴν συνείδησιν stattfinden solle. Συνείδησις heißt Mit-Wissen. Mit wem der Mensch was „mit-weiß”, das kann im Neuen Testament keine offene Frage sein. Schlatter hat συνείδησις θεοῦ 1. Petr. 2, 19 geradezu mit „Gottesgewißheit” übersetzt. Sicher ist, daß die Röm. 13, 5 gebrauchte Formel 1. Kor. 10, 25, 27, wo sie auch vorkommt, nicht auf eine dem Menschen im Allgemeinen, sondern auf eine dem Christen als solchen übergeordnete Norm hinweißt, aus deren Erkenntnis das bestimmte, geforderte Verhalten zu folgen hätte. Das christliche Wisse, Gewißsein und Gewissen bezw. die in ihm erkannte Norm verlangt nach 1. Kor. 10 nicht, daß die Christen auf dem Fleischmarkt oder beim Gastmahl nach der Herkunft des ihnen vorgesetzten Fleisches fragen. Das christliche Gewissen verlangt aber nach Röm. 13, daß sie sich der Obrigkeit unterordnen. Offenbar darum, weil wir es in ihrer Herrschaft indirekt, aber real mit der Herrschaft Jesu Christi zu tun haben.


24) Mit G. Dehn, a.a.O. S. 99.