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Kapitel IX

Der Ausgang des tranzendentalen Kirchenrechts

Die hier vorgetragene Deutung des lateinischen Kirchenrechts des zweiten Jahrtausends als transzendentalen Rechtes ist neu.

Sie ist eine Theorie der Konfessionsbildung, welche nur durch den Vergleich und die Interpretation der institutionellen Fortbildungen gewonnen werden konnte. Die Kirchengeschichte als Dogmengeschichte gibt die Einsicht in diese Strukturzusammenhänge für sich allein nicht her. Diese Erkenntnis besitzt über ihren inhaltlichen Ertrag hinaus methodische Bedeutung.

Rudolf Sohm hat, wie dargelegt, nachgewiesen, daß die Verfassung der alten Kirche Ausgang des ersten Jahrtausends durch die Einführung des Satzes vom Widerspruch zum Einsturz gebracht worden ist. Die Dogmengeschichte, die Ideengeschichte und auch die Kirchenkritik haben seit langen Jahren übereingestimmt, daß schon in der patristischen Theologie in bedeutendem Maße die Tradition der griechischen Metaphysik in das christliche Denken eingedrungen ist. In dieselbe Richtung weist auch die Untersuchung von Edmund Schlink über die Veränderung der Struktur der dogmatischen Aussage. Wenn aber erst Ausgang des Jahrtausends das Verfassungsrecht geendet hat, in dem der Satz vom Widerspruch ausgeschlossen war, so ist offenbar die Kirche imstande gewesen, Grundsätze und Methoden der Entscheidung und Ordnung festzuhalten, die durch jenen Satz nicht bestimmt und auch durch die Umbildung der Form dogmatischer Aussage nicht außer Kraft gesetzt worden sind. Daraus ergibt sich aber zunächst, daß der Stellenwert jener von der Metaphysikkritik betroffenen dogmatischen Aussagen nicht derjenige gewesen sein kann, dem man ihm bisher beigemessen hat. Diese Bedeutung kann vor allem nicht eine umfassende gewesen sein; denn diese Form der Dogmen- und Lehrbildung stand innerhalb eines Rahmens von Maximen, welche durch andere Grundsätze bestimmt waren.

Die institutionellen Formen sind insbesondere keine bloßen Epiphänomene der Lehre in dem Sinne, daß man den Lehrbestand nur zu ermitteln braucht, um gleichzeitig auch Grund und Gehalt der institutionellen Formen zureichend verstehen und auslegen zu können. Im Gegenteil, diese institutionellen Formen zeigen eine Eigenständigkeit gegenüber den lehrmäßigen Aussagen.

Erst die Erhellung der institutionellen Formen, welche im Bereich der Kirche die liturgischen Strukturen immer mit umschlossen haben, bietet die Möglichkeit, auch den Stellenwert der lehrmäßigen Aussagen und deren sachliche Begrenzung zutreffend zu erfassen.

Man kann dieses Verhältnis sowohl mehr im Sinne der Verbindung

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und Verwiesenheit als auch im Sinne der Trennung verstehen und auslegen. Es ist nicht entscheidend zu versuchen, ob das Eine oder das Andere als das Wesentliche vorzustellen ist. Im Gegenteil, es würde die hier vertretene Erkenntnis in ihrer Bedeutung herabsetzen, wenn man versuchte, den Zusammenhang wie die Unterschiedenheit einseitig aufzulösen.

Diese institutionellen Formen stehen sozusagen reichsunmittelbar zu fundamentalen Voraussetzungen, von denen auch die doctrina abhängt. Aber beide sind nicht aufeinander zu reduzieren. Sie können auch in wesentlich verschiedenen geistigen Strukturen aufgebaut sein. Soweit aber die doctrina sich als Ableitung und lehrmäßige Darstellung institutioneller Formen darstellt, ist sie vermöge ihres deduktiv-normativen Charakters außerstande, Postulat und Wirklichkeit, Schein und Sein zu unterscheiden. Sie hat auf alle Fälle nur eine partikulare und begrenzte Stellung und Funktion innerhalb dieses Gesamtgeschehens. Liturgischer Vollzug, Recht und Lehre liegen ineinander. Diese Erkenntnis berührt sich mit dem in Kapitel I über den Systemzwang der Kirchenrechtskritik Gesagten. Wenn also eine im höchsten Maße rational durchgebildete Doktrin als solche die institutionellen Formen weder hervorbringt, noch zu erkennen ist, daß sie durch diese Bildungen selbst in ihrer Bedeutung begrenzt wird, so ist sie — modern gesprochen — über ihre eigenen Grenzen nicht aufgeklärt.

Nun könnte man folgern, daß durch den Einbruch des Satzes vom Widerspruch und die Zerstörung der alten Kirchenverfassung durch entsprechende Axiome nunmehr gerade das eingetreten sei, was schon die Kritik der Dogmengeschichte für die alte Kirche angenommen hat, die Durchsetzung des Grundsatzes vom Widerspruch und die generelle Rezeption der Strukturen der griechischen Metaphysik. Folgen wir aber den weiteren Erkenntnissen, die in der These von der transzendentalen Begründung des konfessionellen Kirchenrechts der lateinischen Kirche des zweiten Jahrtausends formuliert worden sind, so kann man auch diese Annahme nicht aufrecht erhalten. Denn auch hier sind die institutionellen Formen auf jene Axiomatik nicht reduzierbar. Generell können sie weder als Epiphänomene noch durch die These sinnwidriger Verselbständigung zulänglich verstanden werden.

Wenn in der realistischen, nominalistischen und altprotestantischen Orthodoxie die Lehre der Kirche in hohem Maße rationalisiert worden ist, so haben doch die geschichtlichen Konfessionen in ihren transzendentalen Grundlagen ein aliud als unabweisbare Stiftung und Vollmacht, als Selbstmächtigkeit des lebendigen Wortes Gottes, als Prädestination in einer Weise festgehalten und vollstreckt, welche weder der Souveränität Gottes über die Geschichte noch seinem personalen Wirken in der Geschichte entgegensteht. Es ist dabei ein tragischer Vorgang, daß der Kampf gegen inadäquate Satzwahrheiten nicht nur erneut analoge Systeme hervorgebracht, sondern vor allem die Auflösung der produktiven

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Komplexität von Gottesdienst, Recht und Lehre weiter vorgetrieben hat, statt sie zurechtzubringen.

Auch das zweite Jahrtausend bildet eine Einheit in der zugrundliegenden geistigen Struktur. Aber diese entlässt aus sich Gestaltungen von relativ großer, jedoch bezüglicher Geschlossenheit und Stringent. Es gibt hier also weder eine zufällige Pluralität noch eine solche, die man auf verschiedene biblische Wurzeln schlüssig zurückführen kann. Diese Pluralität geht aus den immanenten Problemen und ihrer Lösung in der Geschichte selbst hervor. Der vermeintliche Regreß ad fontes ist daher Progreß, die Reformation Transformation. Diese Formen lassen sich daher auch nicht vermehren. Es sind „große theologische Formeln” in articulo mortis entstanden, indem Existenz, Glaube und Kirche in einem in Frage standen, — und darum sind sich auch unmittelbar institutionell — ob man es will und sieht oder nicht.

Diese hier versuchte verbindende Erklärung sehr unterschiedlicher und gemeinhin als unvereinbar verstandener Bildungen setzt einen sachlichen und zeitlichen Abstand voraus. Wie man mit einem gewissen, unbestritten gebliebenen Recht vom „nachkonfessionellen Zeitalter” gesprochen hat, so kann man die These begründen, daß das transzendentale Kirchenrecht im Begriffe ist, zu enden. Dies erst gibt uns den Abstand, um es als Ganzes und zugleich in seiner ganzen geschichtlichen Größe ins Auge zu fassen. Sohm hat mit Aufdeckung des Systemzusammenhangs des altkatholischen Kirchenrechts zugleich die Momente und Merkmale seiner Auflösung gezeigt. So ist auch heute möglich und notwendig, die Gründe zu benennen und die Symptome zu belegen, aus denen sich die Auflösung des transzendentalen Kirchenrechts ergibt und an denen sie sich ablesen last. Es macht dort wie hier die Größe des Gegenstandes und der sie tragenden Bewegung aus, daß nicht der böse Unverstand der widerständigen Welt, sondern eigene, innere Gründe sie an ihr Ende geführt haben.

Wenn jede der großen Konfessionen jene Denkform mit eigenen Inhalten ausgefüllt hat, so muß auch eine jede von ihnen damit enden, daß diese Ladung ihre Sprengkraft einbüßt.

Für den lateinischen Katholizismus habe ich diese Veränderung schon in meinem Beitrag zu dem Konzilswerk von Hampe109 durch den Hinweis angedeutet, daß das Zweite Vatikanische Konzil entgegen der bisherigen konziliaren Praxis, insbesondere von Trient und des Vaticanums I, durchgängig auf jede Anathematisierung verzichtet hat. Daß dem positiv formulierten Dogma nicht mehr eine negativ ausschließende Umkehrung entsprach, zeigt nicht das Ende der Dogmenbildung, sondern die Veränderung seiner geistigen und damit auch rechtlichen Form. Die Judiziabilität ist qualitativ verändert und quantitativ wesentlich eingeschränkt. Auf der Liquidität zahlloser gegenständlich begrenzter Entscheidungen de fite et moribus beruhte aber bisher evident das Gesamtsystem. Der scherzhaft Johannes XXIII. nachgesagte Ausspruch, er werde sich hüten,

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von der päpstlichen Unfehlbarkeit Gebrauch zu machen, bezeichnet weit weniger seine subjektive Einstellung als vielmehr jene objektive Lage, ja ist sogar ohne diese ziemlich belanglos. Denn ohnehin bezweifelt niemand seine persönliche Demut und Anspruchslosigkeit.

In dem Maße, in dem die dogmatische Judiziabilität sich von innen her selbst einschränkt, — und diesem Sachzwang ist das Konzil gefolgt, ihm hat es unausdrücklich Ausdruck verliehen — fehlt ein tragendes Element des jurisdiktionellen Gesamtsystems in seiner ehedem höchst wirksamen Stringent. Eben deswegen und nicht primär durch die Einwirkung zeitgemäßer Tendenzen ist heute der Klerus nicht mehr wie früher die acies ordinata — dies empfindet jeder einzelne katholische Priester. Deswegen bleibt diese Kirche immer noch ein großes Gemeinwesen mit einer weitreichenden Leitungsverantwortung. Aber es verändert seine geistige Struktur in einer Weise, die hier nicht vorgreifend erwogen werden soll.

Auf der lutherischen Seite wurden diese Fragen durch einen bedeutenden Theologen zu Ende gebracht, der — gewiß nicht zufällig — die hermeneutische Problematik souverän auf den Punkt zugespitzt hat, von dem aus die These von der perspicuitas der Schrift gegenstandslos wird.110 Wie schon an anderer Stelle gesagt, wird dadurch der Selbstmächtigkeit des Wortes Gottes nicht abgebrochen. Es wird nur aufgedeckt, daß die Instituitonalisierbarkeit jenes Wortverständnisses eine historisch begrenzte und bedingte war. Der Versuch, dem Institutionsproblem durch die äußerste Beschränkung auf das bloße „Daß” des ministerium sine nomine zu entgehen, war immer ein Wagnis, und dieses Wagnis ist jetzt zu Ende. Das Endergebnis der Theologie Bultmanns war nicht die Erneuerung, sondern das methodische Ende der kerygmatische Theologie. Bultmann war wie sein philosophischer Gewährsmann Heidegger tendenziell — dieser gegenständlich nicht völlig — an Grundsatzfragen des Rechtes uninteressiert, so sehr, daß er sich der Analogien und Affinitäten zu bestimmten rechtsphilosophischen Konzeptionen und Konsequenzen nicht einmal bewußt wurde. Man kann Philosophie nicht ohne Rechtsphilosophie haben: entwickelt man sie nicht selbst, so bekommt man sie, samt den religionsphilosophischen Prämissen und Implikationen. Wie die Disziplin des Klerus, so hat sich der Stellenwert der lutherischen Predigt, ohne sie aufzuheben, verändert. Was dem lateinischen Klerus der personale und dogmatische Gehorsam, ist dem lutherischen Prediger der Schriftgehorsam — beides aber fordert eine bündige Klarheit.

Im reformierten Bereich hat Karl Barth für die Entschärfung gesorgt. So wenig er die apokatástasis pánton lehren und sich damit als heterodox erweisen wollte, so sehr hat er sich doch ihr angenähert — ganz allgemein ist längst die anspornende Schärfe des Erwählungsgedankens gewichen. Diese Lehre ist sicher nicht so glatt, wie sie vulgo erscheint und wie sie C.F. Meyer im Gedicht plastisch schildert — trotzdem trifft der Dichter hier ihre stählerne Klarheit.111 Dieser Rückläufigkeit entspricht es aber,

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wenn in dem Text der Leuenberger Konkordie auch nicht mehr ein einziger wesentlicher locus und terminus reformierter Theologie positiv erscheint: höflich hat allein die Kirche von Schottland angefragt, ob man nicht dasselbe, nämlich die Rechtfertigungslehre, nebenher terminologisch auch mit etwas anderen Begriffen ausdrücken könne.

Überall dort, wo, und jemehr das lateinische Christentum auf das Prinzip der Entscheidung zulief, schlug es sozusagen um und mit ihm die kirchenrechtlichen Fortbildungen und Folgerungen. Die Dezision bezeichnet ein formgeschichtliches Ende — das hat sich Pius IX. sicherlich nicht träumen lassen. Aber auch bei Bultmann ist das „Daß” der Entscheidung das letzte Wort. Was hier zu Ende geht, ist in etwa und mit Vorbehalt gesagt, eine Art theologischer Rationalismus. Darunter verstehe ich zunächst die Annahme, daß für die zentralen und primären Probleme der Theologie im Großen gesehen Denk- und Ausdrucksmittel zur Verfügung stehen. Erst in neuerer Zeit ist selbst auf der begriffsfreudigen katholischen Seite der Gedanke der relativen Inadäquatheit dogmatischer Begriffe wieder stärker ins Bewußtsein getreten. Damit hängt zugleich zweitens zusammen die Annahme, daß die systematische Theologie auch imstande ist, die Primärprobleme wenigstens thematisch und in folgerichtiger Anordnung zu erfassen, so wie etwa das Augsburgische Bekenntnis mit den Artikeln de Deo beginnt und systematisch fortfährt.

Jetzt hat sich gezeigt, daß dem allen tiefer liegende, radikale Voraussetzungen zugrunde liegen. Im Bilde gesprochen: aus dem Krater der theologischen Existenz selbst ergießt sich die feurige Lava mit unwiderstehlicher Folgerichtigkeit. Auf den erstarrten neuen Formationen und verwitternden Hängen siedeln sich dann die Völker mit ihren Häusern und Gärten wieder an. Diese Kraft erklärt die Folgerichtigkeit der Durchsetzung und die Unwiderstehlichkeit der Wirkung, die es nicht erlaubt, Verfremdungen oder Ablenkungen der Ursprungsrichtung anzunehmen oder als wesentlich in Anschlag zu bringen. Dieses Geschehen in seinem inneren Gefälle reißt alle Beteiligten mit sich, wenn sie nicht ausbrechen und sich dem Wirkungsbereich entziehen. Die europäischen Ursprungskirchen der reformatorischen Konfessionen haben sich in der Leuenberger Konkordie über ihre kirchentrennenden Unterschiede positiv verständigt. Es kann — mit dem Gutachten der theologischen Kommission der traditionsreichen Züricher Kirche — bezweifelt werden, ob man hier den Ursprungstexten und Bekenntnissen, ihren fundamentalen Intentionen und Antrieben gerecht geworden ist, sie sachgerecht dargelegt hat.112 Man gleicht Folgerungen gegeneinander aus, ohne die Voraussetzungen und Grundlagen aufgedeckt zu haben. So gesehen wäre dieser Akt nicht eine Bereinigung zeitbedingter Gegensätze und Mißverständnisse, sondern ein Zeichen, daß die transzendentalen Voraussetzungen ihre Tragkraft verloren haben. Auf diesen Tatbestand aber wird im Rückgriff auf eine vergangene Kontroverslage nicht reflektiert.

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Für unseren Zusammenhang sind die knappen Aussagen über das Amt wesentlich signifikanter als die übrigen Lock. Hier heißt es in der Endfassung (nach Übergehen des Gegenstandes im Vorentwurf):113

„In Verkündigung, Taufe und Abendmahl ist Jesus Christus durch den Heiligen Geist gegenwärtig. So wird den Menschen die Rechtfertigung in Christus zuteil, und so sammelt der Herr seine Gemeinde. Er wirkt dabei in vielfältigen Ämtern und Diensten und im Zeugnis aller Glieder seiner Gemeinde.”

In dieser Faktizität haben die Reformatoren gewiß nicht geredet. Sie haben vielmehr beiderseits das Amt der Kirche als essentiell und divini iuris gelehrt, mit den bereits dargetanen charakteristischen Varianten. Der Übergang vom Recht auf das Faktum, von der Institution nicht auf das Ereignis, sondern auf die Vorfindlichkeit ist ein Reflex einer weitverbreiteten, nirgends kritisch erörterten Bewegung, welche vom verfaßten Gemeinwesen auf die unverantwortliche Tatsächlichkeit der Gesellschaft übergeht. Dies wäre der konstantinische Bund der Moderne. Ist aber das ministerium der Kirche als apostolischer eingestiftet, so hat es gleich der ecclesia perpetuo mansura Dauer, in welcher Form es auch tradiert wird, und muß immer erneuert werden. Durch diese grundsätzliche Position haben die Reformatoren ohne formelle Tradition und Sukzession die geschichtliche Kontinuität der Kirche bewußt gewahrt. Die bloße Tatsächlichkeit jener Aussage dagegen löst diesen Zusammenhang und läßt es offen, die Kirche jeweils funktional zu reproduzieren. An die Stelle einer Spannung, die sich genötigt sieht, auch das jeweils Andere nicht zu verlieren, tritt die Mehrdeutigkeit, aus der jede Position das ihr Genehme entnehmen kann, zugleich das Gegenteil dulden muß. Auch dies deutet auf den Verlust der Stringent der Prämissen hin. Die Bedeutung dieses Symptoms ist jedoch nicht ins Bewußtsein getreten. Es ermöglicht, die Kirche in unverdiente und unvereinbare, aber auch unabgegrenzte Richtungen und Gruppen nach subjektiver Willkür auseinandertreten zu lassen. Die Geschichte der Kirche würde in einem Chaos von Sekten enden.

Darin liegt zugleich die Verheißung und begründete Erwartung, daß die eigene innere Bewegung der Kirche sich selbst nach vorwärts transzendieren wird. Eine so umfassende, so außerordentliche und so geschichtsmächtige Bewegung wie der christliche Glaube wird sich am Ende einer gewaltigen Umbildung nicht ohne Anstrengung des Begriffs in neuer, und notwendig auch institutioneller Gestalt darstellen.

Wenn man aus jenem Gebirge heraustritt, eröffnen sich unbekannte Landschaften, die fruchtbar gemacht und bebaut werden müssen, mit nicht geringerer Mühe als zu irgendeiner Zeit zuvor. Eine große theologische Formel, um ein Stichwort aufzunehmen, wird nicht erdacht, sondern aus geistlicher Erfahrung notvoll geboren werden, aber die große Potenz auslösen, die schon in der antizipatorischen Überlegenheit des Evangeliums unerschöpflich, unüberbietbar enthalten ist.

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An dieser Stelle geht es noch nicht um Folgerungen, Möglichkeiten, Ansätze, Fluchtlinien und Aufgaben einer in Umrissen sich ankündigenden, nicht einfach vorwegzunehmenden Zukunft. Hier geht es zunächst nur darum, die Dinge an ihr Ende zu bringen und sich dessen bewußt zu werden.