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Anmerkungen zu Kapitel I

1 Es geht mir hier nur um den Wortgebrauch. Kanonisch heißt verschiedenes: mit einem Wertakzent ist es das Rechte und als recht auch Anerkannte. Ohne Wertakzent bezeichnet es einfach das der Kirche Eigentümliche, insbesondere das ihr eigentümliche Recht. Kanonistisch hat nicht den negativen Akzent des „-Ismus”, des Mißbrauchs und der Übertreibung, sondern ist eine einfache Adjektivbildung, etwa in „kanonistische Wissenschaft” = Wissenschaft von den Kanones.

2 Wolfram von den Steinen, Der Kosmos des Mittelalters, S. 195 ff.

3 Über die Perioden der Kirchenrechtsbildung vgl. Kap. XIV/XV.

4 Auch Erik Wolf sieht die Problematik des Begriffs „Kirchenrecht” und nennt deshalb sein Lehrbuch „Ordnung der Kirche — Lehr- und Handbuch des Kirchenrechts auf ökumenischer Basis”. Er will freilich mit dem Begriff „Ordnung” den Rechtsbegriff nicht in das Unverbindliche, Neutrale ziehen. Sein Werk gründet „in einem Glauben, der Recht bezeugt und Recht verkündigt”. (Vorwort, S. XVII/XVIII).

5 So findet man bei Kahl, dem führenden und repräsentativen Kirchenrechtslehrer um die Jahrhundertwende in seinem „Lehrsystem des Kirchenrechts und der Kirchenpolitik” (1894) als ersten Abschnitt des allgemeinen Teils:
I. Elemente des Begriffs: 1. Recht ... 2. Kirche
II. Merkmale des Begriffs: 1. Recht und Kirche ... 2. Kirchenrecht
III. Differenzierung des Begriffs.
Er sagt (§ 1 S. 1): „Es ist das Eigentümliche der Kirchenrechtswissenschaft, daß sie zwei nach Ursprung und Endzweck verschiedenartige Lebensordnungen durchschneidet und verbindet, und hiernach auch den Kreisen zwei im übrigen geschiedenen Wissensgebiete zugehörig ist, der Jurisprudenz und der Theologie”.
Bei Friedberg, Lehrbuch des katholischen und evangelischen Kirchenrechts, 5. Auflage 1903, finden wir zunächst die Abschnitte „Die Kirche und die Kirchen” (§ 1) und sodann „Kirchenrecht” (§ 2).

6 Rudolf Smend hat in seiner Abhandlung „Glaubensfreiheit als innerkirchliches Grundrecht” — Festschrift für Herbert Kraus, S. 211 ff, — diesen Zug des liberalen Staatskirchenrechts und der Staatskirchenherrschaft mit Beispielen aus Bremen und der Schweiz drastisch belegt.

7 a.a.O. S. 3

8 Beintker, Horst, Die Christenheit und das Recht bei Adolf Schlatter unter besonderer Berücksichtigung des Kirchenrechts — Theologische Arbeiten hgg. v. Hans Urnen, Bd. 4, Bln 1957, insbes. S. 213, 221 ff.

9 a.a.O. S. 218

10 Erdmann Schott, Die ekklesiologische Begründung des ev. Kirchenrechts im Lichte der Zwei-Reiche-Lehre (ZsystTh. 22. Jg. 1953, S. 336 ff.)

11 so Beintker a.a.O. S. 211

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12 Wie sich die Anschauungen in der wissenschaftlichen Literatur unter der Erfahrung der Geschichte ändern und wie diese Erfahrung sich wieder verflüchtigt, zeigen die folgenden Zitate:

„Ob man die weithin herrschende (?), von Holstein freilich nicht geteilte und m.E. anfechtbare Doktrin, daß es Kirchenrecht überhaupt nur als vom Staat der Kirche gesetztes bzw. überlassenes gibt, für richtig hält oder nicht — es gibt Kirchenrecht auf jeden Fall immer nur in Verbindung mit und in Ergänzung zu einem Staatsrecht, und infolgedessen ist jedes konkrete Kirchenrecht stets auf seine staatsrechtlichen Bezüge und Bestandteile zu untersuchen”. (Hans Frhr. von Soden, D. Verfassungen d. deutschen ev. Landeskirchen von 1919 — 1933, Theol. Rundschau, S. 367)
„... daß gemäß der lutherischen Verhältnisbestimmung beider Regimente kirchliches Recht nicht erst dann entsteht, wenn das weltliche Recht die Ordnung der Kirche als Rechtsordnung anerkannt.” (Edmund Schlink, Theologie der luth. Bekenntnisschriften, 1940, S. 342 Anm.)

v. Soden läßt die Grundsatzfrage unentschieden und zieht sich auf die gerade nun nicht durchgängig zutreffende historische Verknüpfung beider Rechtssphären zurück. Wenn es nicht vor dem Jahre 313 schon eine konkrete Kirchenverfassung gegeben hätte, hätte auch Konstantin kein Reichsconzil von Nicaea 325 zusammenbringen können. Schlink formuliert ohne Umschwelle eine im Kirchenkampf wiedergewonnene Erkenntnis, die Beintker etwa ebensoviel Jahre später schon wieder verleugnet.

13 „Beide, Stahl und Puchta, wenden sich gegen Richard Rothe und die von ihm innerhalb der Kirche besonders wirksam vertretene Lehre Hegels und seiner Schule, wonach der Staat Quell allen Rechts auch in der Kirche sei.” (Maurer, Pfarrerrecht und Bekenntnis, S. 12).
Wenn heute die Bestreitung eines eigenständigen Kirchenrechts wieder auftaucht, so ist dies weder ein Neuhegelianismus noch in der Hauptsache ein theologiegeschichtliches Erbe. Diese Meinung würde jeden Vater akzeptieren, der sie legitimiert, weil die theologische Verdammnis des Rechtes aus der falschen Gleichung Recht = Gesetz vorweg feststeht. Am krassesten, ja fanatisch formuliert ist dieser Gedanke bei Carl Schneider, „Geistesgeschichte des antiken Christentums” II, S. 236 f. (Organisation und Recht). Dieser Zweck heiligt die Ideen.

14 „Kirchenrecht und Kirchengewalt”, S. 2.

15 H. Barion, Rudolph Sohm, (Recht und Staat, Nr. 81) Tübingen 1931, S. 13. Die katholische Kirchenrechtslehre ist an diesem Satz natürlich nur insoweit interessiert, als sie mit dem Nebeneinander verschiedener Kirchengemeinschaften und ihren Rechtstheorien vergleichend auseinandersetzen muß. Ihre eigene Begründung ist eine rein historisch-deduktive. Der formale Charakter dieser Theorie wird damit sichtbar.

16 Principia iuris canonici, Göttingen 1802, I, § 7

17 a.a.O. S. 69

18 Hans v. Campenhausen, Die Begründung kirchlicher Entscheidungen

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beim Apostel Paulus, Sitzungsbericht der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Phil.-Hist. Klasse 1957 (2); E. Käsemann, Sätze des heiligen Rechts im NT, New Test. Studies, 1954/55, S. 248 ff.; R. Bultmann, Theol. d. NT., insbes. S. 444 ff.

19 Dieter Stoodt, Rudolf Sohm, Wesen und Grenze seiner theologischen Position, dargestellt an seiner neutestamentlichen Exegese und an seinem Lutherverständnis, Gött. Diss. 1959, S. 11
„Schon Linton hatte das Problem scharf erfaßt. ,Wenn erwiesen ist, daß die Urkirche Recht im demokratischen Vereinssinn nicht gekannt hat, ist damit noch nicht erwiesen, daß sie überhaupt kein Recht gekannt hat.’ (194). Er hätte freilich noch weiter gehen können. Denn von der religionsgeschichtlichen Seite her war Sohm damals bereits im Ansatz aus dem Sattel gehoben. E. Peterson hatte das sog. Akklamationsrecht aus kaiserlichen und Konzilsakten sowie aus volkstümlichen hellenistischen Erzählungen erhoben und auch für das N.T. nachgewiesen. Indem nun in der Akklamation das Pneuma manifest wird, war bewiesen, daß Recht und Geist zusammengehören, folglich die Distanzierung, die S. mit seiner ganzen Epoche voraussetzte, nicht das letzte Wort sein konnte."

20 „Es liegt ... alles daran, sich klarzumachen, daß sowohl die Ablehnung des Kirchenrechtes bei Sohm wie seine Verteidigung durch seinen Gegner auf idealistischen Voraussetzungen beruhen, die schon lange vor Sohm wirksam waren, die aber heute grundsätzlich überwunden sind. Wer sich heute auf sie beruft, um ein kirchliches Recht ... abzulehnen,  soll wissen, daß er — auch geistesgeschichtlich, nicht nur theologisch betrachtet — auf verlorenen Posten kämpft. Nicht daß wir ein solches Recht bekommen,  steht heute zur Frage: seine Existenz ist ... mit dem Walten des Wortes und des darin wirksamen, die Kirche als Liebesgemeinschaft stiftenden und erhaltenden Geistes gegeben. Wird dieser Zusammenhang theologisch oder praktisch geleugnet, nun, dann bekommen wir doch ein Kirchenrecht, aber dieses trägt dann ein kirchenfremdes, säkulares Gepräge.” (Maurer, Pfarrerrecht, S. 28)

21 S. 452, Ziff. 208

22S. 453.

23 vgl. Kap. II

24 so insbesondere Bultmann a.a.O.

25 Skandalon, insbes. S. 112

26 ders. Grundlegung und Grenzen des kanonischen Rechts, 1946

27 a.a.O. S. 15

28 Martin Heckel, Staat und Kirche nach den Lehren der evangelischen Juristen Deutschlands in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, ZdSav. St. f. Rgesch., Kan. Abt. XLII (1956), S. 117 ff., 136 ff.

29 Abendmahl und Kirchengemeinschaft in der alten Kirche, hauptsächlich des Ostens, S. 12, 174.

30 Siegfried Grundmann: Der lutherische Weltbund, Köln — Graz 1957

31 a) Initia juris ecclesiastici Protestantium — Abhandlungen der Bayr.

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Akademie d. Wiss., Hist. Klasse, Neue Folge, Heft 5, München 1950
b) Lex charitatis — eine juristische Untersuchung über das Recht in der Theologie Martin Luthers, München 1953, ebda Neue Folge Heft 36, insbes. S. 68 und 168.

32 Kirchliche Dogmatik IV, 2 § 67, auch als gesonderte Schrift unter dem gleichen Titel erschienen (München 1955)

33 Die nachfolgenden Ausführungen sind z.T. einem im Michaelisheft 1956 der Zeitschrift „Quatember” veröffentlichten Aufsatz „Um die Ordnung der Gemeinde” entnommen.

34 ebd. S. 35

35 ebd. S. 39

36 ebd. S. 40/41

37 ebd. S. 11

38 Jene radikale Bestreitung des Kirchenrechts finden wir heute unter den Theologen von Namen und Rang, welche einen eigenen systematischen Entwurf vertreten, in der Tat allein bei Emil Brunner. Das ist schon in seiner Schrift „Das Mißverständnis der Kirche” (1951) hervorgetreten und wird jetzt in Band III seiner Dogmatik (Die Lehre von der Kirche, vom Glauben und von der Vollendung (1960) umfassender begründet. Während die meisten protestantischen Kritiker des Kirchenrechts ein gebrochenes Verhältnis zum Recht haben, welches sich in der Unklarheit und Unschlüssigkeit ihres Rechtsbegriffs ausdrückt, ist Brunner von entschiedener Konsequenz. Er ist insofern ein singulare tantum. Es ist nicht ohne Reiz, auf so engem Raume, zwischen Basel und Zürich, so gegensätzliche Haltungen entstehen zu sehen: die strenge Striktheit der Kirchenrechtsforderung Barts — calvinischer Herkunft und den spiritualistischen Humanismus Brunners zwinglianischer Observanz.
Beachtlicherweise setzt er nicht beim Rechtsbegriff ein, sondern bei den Sakramenten. Vorweg ist freilich gesagt, daß das Neue Testament keine einheitliche Lehre von der Kirche kenne, sondern nur den Dissensus zwischen einer, auf die judenchristlichen und nachpaulinischen Quellen sich stützende „katholischen”, und einer auf den echten Begriff des Paulus sich berufenden „reformatorischen” Lehre (S. 65). Von da aus stellt er sich noch einmal — für seinen „echten paulinischen” Kirchenbegriff — also nicht für das gespaltene N.T. schlechthin — auf die inzwischen von allen übrigen Theologen wie Juristen verworfenen Satz Sohms. Ihn beschwert also nicht die inzwischen deutlich gewordene geistesgeschichtliche Bedingtheit Sohns. Ja er ist ein Ultrasohmianer, dessen Zustimmung Sohm selbst verwundern und befremden würde. Wie so viele Theologen, die jenen Satz allein zitieren, interessiert ihn nicht die Fülle, Komplexität und geschichtliche Problematik in den Werken Sohns, der für so weite Strecken des altkirchlichen Sakramentsrechts immer noch ein hohes Maß der Übereinstimmung mit dem Recht der Urkirche feststellt.
Für Brunner ist das sakramentale Verständnis des Abendmahls das proton pseudos, welches die ganze Geschichte der Kirche verderbt hat. Und die nicht zu leugnenden „Anklänge” an sakramentales Denken bei Paulus selbst stammen „wohl” aus Einwirkungen seiner hellenistischen Umwelt in sein eigenes vollkommen nicht-sakramentales, „personales"

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Denken. Diese Sicht der Kirchen- und Kirchenrechtsgeschichte ist bedingt und wird erkauft um den Preis eines geschichtsphilosophischen Schemas der radikalen Pseudomorphose in statu nascendi, eines Abfallmythus auf Grund einer Spaltung des neutestamentlichen Kanons. Als analogon zu einer spekulativen Ekklesiologie tritt im Antitypus die geschichtliche Kirche, wie sie sich eh und je verstand, als negativer Mythus hervor. Auch die Reformatoren haben sich dieser Mißbildung immer nur partiell entzogen. Auch die Formel des Luthertums „Wort und Sakrament” erweist sich als Irrtum. Aber wir dürfen hoffen, daß im Querschnitt der Wahrheitselemente der bedeutenden theologischen Entwürfe der Gegenwart die Theologen als Pioniere im „Unterwegs” uns doch noch zu einem festen Boden des rechten Glaubens verhelfen.
Dieser radikalen Kritik entspricht keine ebenso radikale Kritik der eigenen Verständnisweisen. „Mit Brot und Wein sagte Jesus etwas, unterstrich er das, was er in seinen Worten sagte, und der orientalische Mensch hatte keine Mühe, solche Gebärdensprache zu verstehen”. Um das zu verstehen, brauch man freilich kein symbolgewohnter Orientale zu sein — das versteht selbst noch der symbolungewohnte Zürcherbürger. Es ist genau so viel, wie der moderne Zwinglianismus an noëtischem Verständnis noch zuläßt. Die Paradoxie, daß Jesus Wein und Brot als sein Fleisch und Blut bezeichnen kann, ist in ein plattes Verständigungsmittel aufgehoben. Wie dann, wenn diese Orientalen gar nicht so symbolistisch dachten, sondern vom ersten Tage an unter diesem Geschehen sehr viel mehr und anderes verstanden, als Brunner ihnen zubilligen will? Richtet sich alles nach der Form der Apperzeption? Die Antithesen im Sakramentsverständnis (nicht im späteren dogmatischen Sakramentsbegriff, um den es hier nicht gehen kann) sind sämtlich erst historisch entstanden und dem N.T. fremd. Die Antithese zwischen dem Sakrament der Institution Kirche und dem Gemeinschaftsmahl der ekklesia setzt eine Spaltung zwischen Autorität und Gemeinschaft voraus, die sich zeitlich genau nachweisen läßt. Die Wendung gegen das „magische” Geschehen mit Brot und Wein setzt die erst im 13. Jahrhundert von der römischen Kirche angenommene Transsubstantiationslehre voraus, welche den altkatholischen Kirchen wie der lutherischen fremd ist.
Es ist dies alles eine konsequente Eintragung einer bestimmten, geschichtlichen Kontroversen verhafteten und über sie nicht hinausgelangenden Theologie in eine gänzlich fremde Welt, von der eben nur soviel auf- und angenommen wird, als sich dem Verständnis von 1960 anpaßt, ohne ein geschichtliches Anderssein auch nur als bloße Möglichkeit in Rechnung zu ziehen. Aber was Schleiermacher und Haarlack vor Religionsphänomenologie und Wissenssoziologie allenfalls noch durften, und was als unmöglich heute am Tage liegt, das darf eben darum der Autor von 1960 nicht mehr.
Brunner ist in seinen früheren rechtstheologischen Werken sozial-ethischer Richtung mit Rechtsbegriffen und Rechtsstrukturen säuberlicher verfahren als die meisten seiner Fachkollegen. Aber eine Interpretation

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des Rechtsbegriffs der Institution, dieses traditionellen Schreckbilds, hat er dennoch nicht für erforderlich gehalten — der Glaube ist eben existenzieller, schneidet mehr ins Fleisch als die ethische Forderung. So erscheint ganz selbstverständlich die Antithese von Person und Institution — Soziologen, Juristen und  Theologen haben sich also vergeblich um dieses Phänomen bemüht.
Methodologisch ist Brunner in interessanter Weise doppeldeutig. Auf der einen Seite konstatiert er im N.T. selbst jene zwei unvereinbare Kirchenbegriffe, so daß die Kirchengeschichte die Verwirklichung und das Ringen dieser beiden Begriffe miteinander darstellt. Andererseits sieht er die Strukturelemente des Kirchenaufbaus im Vollzug des zum Sakrament gewordenen Abendmahls, in der Antiposition von Austeilen und Empfangen, also in den Formbildungskräften des Vollzugs. Hier sieht er die Verbindung von Sakrament und dem, was er unter Institution versteht. Auf diese Weise ist Brunner auf weiter Strecken ein unfreiwilliger Kronzeuge für Barths These — wenigstens methodologisch. Die Problematik dieser Verständnisweisen kommt freilich nicht zu Bewußtsein, ebenso wenig, wie die von Schlink erhobenen Fragen der Aussagestruktur, auf die später noch einzugehen ist. So verdeckt die Kritik der Kirchen- und Theologiegeschichte gerade die eigentümlichen Beschwernisse dieser Geschichte, der Zugehörigkeit des Evangeliums und des N.T. zu einer uns nicht einfach selbstverständlich präsenten und zugänglichen geistigen und sozialen Welt und den sich daraus ergebenden Fragen.

39 vgl. hierzu Werner Elert, a.a.O. S. 6

40 IV, 2 767

41 781 - I

42 KD IV, 2, 722

43 Die liturgische Bewegung verdankt Brunner die zusammenhängende und bedeutende Formulierung einer Gottesdienstlehre, deren Erkenntnisse in dieser Tiefe und Weite auf dem Felde weder der konfessionellen noch der dialektischen noch der liberalen Theologie erwachsen wären, und zugleich die gewonnenen liturgischen Erfahrungen in glücklicher Weise einbegreifen.

44 Es ist bezeichnend, daß die protestantische naturrechtliche Kirchenrechtstheorie von Boehmer jr. durch die Übernahme des Zweckgedankens formal denselben Weg geht wie die katholische Lehre.

45 Barth a.a.O. Abschn. IV

46 Auch Maurer (Pfarrerrecht S. 56) sagt mit Recht „Freilich leidet Wolffs Darstellung an einer einseitigen Aktualisierung des Bekenntnisses, an der Verdächtigung, eine Kirche, die ihren Bekenntnisstand ernst nimmt, also auf dem Bekenntnis steht, „ruhe” auf ihm, beschränke sich auf „rechtliche Sicherung und Bewahrung”. Auch wer der Zulänglichkeit der geschichtlichen Bekenntnisformulierungen sehr viel kritischer gegenübersteht als Maurer, wird doch sagen müssen, daß aus dieser aktualistich-radikalen Entscheidungsleidenschaft keine dem Bekenntnis gleichwertigen Entscheidungen hervorgehen. Wenn selbst die Intention einer

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(geschichtlich revisiblen) Dauer preisgegeben wird, verliert die Entscheidung an der Substanz selbst — das kann man durch die Radikalität der Forderung nicht wettmachen, wie es unbewußt, aber zwangsläufig geschieht. Der Aktualismus gewinnt sehr schnell ideologische Struktur, in der an kaum noch einsichtigen Entscheidungsfragen Leben und Tod aufgegangen werden.

47 s. Kap. XVI

48 Ordnung der Kirche, Teil IV, Vorabdruck aus Band II, Teil IV in Theol. LitZ. 1960, Sp. 641 ff.

49 Band I, S. 151 ff.

50 a.a.O. Sp. 648

51 Vorwort S. XVII, Einleitung Teil II § 4-6: Dialektische Funktion des Kirchenrechts, Kirchenrecht als Ordnung des Paradox, Kirchenrecht ist paradoxe Ordnung.

52 a.a.O. S. 8

53 a.a.O. S. 22

54 a.a.O. S. 16, 17

55 a.a.O. S. 29

56 a.a.O. S. 29

57 a.a.O. S. XVII

58 a.a.O. S. 151

59 vgl. Schluß zu Kap. VI, 4. Der während des Drucks erschienene Teil II konnte (abgesehen vom Vorabdruck) nur noch zum Teil verwertet werden.

60 1957, S. 188 ff.

61 J. Heckel, Lex Charitatis, S. 20

62 vgl. Kap. XVI/4

63 Z. f. ev. KR. 4 (1955) S. 225 ff.

64 1958, insbes. S. 146 ff, 179 ff

65 Verfassungsorthodoxie geht in allen Kirchengemeinschaften vor der Lehrorthodoxie, auch in der negativen Richtung. Die Form ist so lebensmächtig, daß auch bei theoretischer Entwertung ihre Wahrung der Lehre existenziell vorangestellt wird. Es dauert sehr lange, bis einer noch so handgreiflichen Irrlehre widersprochen wird: eine auch nur scheinbare Wandlung der Lebensform ruft sofort Widerstand hervor.

66 Hans Frh. v. Campenhausen, Kirchliches Amt und geistliche Vollmacht in den ersten drei Jahrhunderten, 1953

67 S. 1 ff

68 vgl. die Kritik von Bösl in Hist. Z. 182, S. 567 ff., 573

69 Wilhelm Maurer, Bekenntnis und Sakrament, S. VI

70 S. 570

71 Ev. Theologie Jgg. 7, 1947/48, S. 313 ff

72 ebd. S. 314

73 Man denk an den Rat der Reichsstadt Biberach, der seine Gesandten anwies, auf alle Fälle der Haltung des Bürgermeisters Besserer von Ulm zu folgen, sei es, daß dieser lutherisch, sei es, daß dieser katholisch auf dem Reichstag stimme.

74 vgl. hierüber im einzelnen Kap. XVIII.

75 Holstein, Grundlagen S. 205 ff., s. auch oben S. 8

76 Die traditionelle lutherische Verwechslung von guter Regierung und guter Verwaltung, die den Zusammenbruch der Monarchie wesentlich mit bedingt hat, hat auch dazu beigetragen, der Täuschung über diese Lage noch eine gewisse Dauer zu verleihen.

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Das Konsistorium war die Rechtsform, in welcher der Fürstenstaat die übernommene Aufgabe der Fürsorge und Verwaltung für die Kirche wahrnahm. In ihm (wie in den sich gleichzeitig bildenden weltlichen Verwaltungskörpern) wurde nicht bürokratisch im Rechtssinne, d.h. auf autoritative Anordnung des Leiters, sondern kollegial und justizförmig beraten und entschieden. Unter der Voraussetzung jener Übernahme war diese Form sachgemäß und in ihrer Sachlichkeit nicht die schlechteste. Aber einen geistlichen Charakter konnte dieser Beschlußkörper als solcher nicht haben und ausbilden, sondern nur das persönliche Engagement seiner einzelnen Mitglieder wünschen und voraussetzen. Dieses Konsistorialwesen war subjektlos — bis auf den Summepiskopus, dessen Autorität es trug. Es gehört freilich zu dem Bilde der lutherischen Reformation in Deutschland, daß kaum eines von den großen Fürstenhäusern, die diese Bewegung geschützt haben, dem lutherischen Bekenntnis treugeblieben sind. Sachsen wurde katholisch, Brandenburg, Hessen(Kassel), Pfalz und Anhalt reformiert, Hannover fast 150 Jahre mit England verbunden und „defensor fidei anglicanae”. Für die gute Hälfte der deutschen Lutheraner wurde diese Fürsorge von Fürsten wahrgenommen, welche dem zu schützenden Bekenntnis nicht angehörten: episcopi und praecipua membra ecclesiae — ohne Kirchengemeinschaft!

77 Herbert Wehrhahn, Der Stand des Methodenproblems in der ev. Kirchenrechtslehre, Z. f. ev. Kirchenrecht 1, S. 55 ff, hierzu Dombois a.a.O. S. 377 ff.
ders. Kirchenrecht und Kirchengewalt, Tübingen 1956
ders. Die Grundlagenproblematik des deutschen ev. Kirchenrechts 1933—1945, Theol. Rundschau 1950, 69, 112; 1951, 221 ff.

78 Z. f. ev. KR VII, 1, S. 40 ff. (1959)

79 Daß Wehrhahn dabei in Konflikt mit der von Törnvall vertretenen lutherischen Lehre kommt, wonach Kirchenregiment und Kirchenordnung dem weltlichen Regiment und der Justitia civilis zugehöre, liegt freilich nicht an Widersprüchen bei Wehrhahn allein, sondern auch an der Unhaltbarkeit dieser Lehre, die nur im historischen Zusammenhang dargetan werden kann.
vgl. Z. d. Savignystiftung f. Rechtsgesch., kan. Abt. 74/1957, S. 496 ff.