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Zusammenfassung

 

Der Dienst der Frau in der Kirche

 

I

1. Zum richtingen Verständnis der Stellung der Frau im N.T. ist im ersten Kapitel eine Untersuchung angestellt worden über ihre Stellung im A.T., unter den Römern, in der griechisch-hellenistischen Kulturwelt und im zeitgenössischen Judentum.

2. Im Vergleich hiermit bedeutet Jesu Anerkennung der Frau ein völliger Umsturz, weil er sie als eine gleichwertige Persönlichkeit neben dem Manne anerkennt. Nach dem ersten Pfingsttag, als Männer und Frauen den Geist empfangen, beteiligen letztere sich aktiv an den Diensten der Gemeinde. Die Paulusbriefe bestätigen dies: Frauen treten als Prophetinnen auf, beten vor in der Gemeinde, dienen in der Arbeit der Barmherzigkeit, unterrichten, usw., was prinzipiell fundiert wird (Gal 328).
Nur was die verheiratete Frau anbetrifft sieht Paulus sich genötigt eine Beschränkung aufzuerlegen. Der von Gott in die Ehe gesetzten Ordnung wegen, die von der Frau hupotagè (Unterordnung) ihrem Manne gegenüber fragt, weist er in 1 Kor 1434f ihre Beteiligung an der Diskussion in der Gemeindeversammlung zurück, während 1 Tim 211ff ihr das didaskein (unterrichten) nicht erlaubt, weil hierdurch in den damaligen Verhältnissen, diese Unterordnung gefährdet worden wäre. Demgegenüber steht jedoch wieder, daß Frauen auch Dienste verrichteten, als diese mehr geordnet wurden (Rom 161f; 1 Tim 311, 59f).

3. Auch in der Alten Kirche nahm die Frau anfangs noch eine hervorragende Stellung ein: bei der Wortverkündigung in der Mission, in der Gemeinde als Lehrerin und Prophetin. Vielleicht hat sie sogar die Sakramente gespendet. Daneben kommen die Dienste der Witwen und Diakonissen vor. Letztere haben im Osten eine weitaus größere Rolle gespielt als im Westen, obwohl sie hier jahrhundertelang bekannt geblieben sind. Schließlich werden sie aber durch hierarchisch-sakerdotale Einflüsse, die mit einem wachsend denigrierenden Urteil über das weibliche Geschlecht zusammenhängen aus dem offiziellen Dienst der Kirche verdrängt.

4. Die Reformation hat der Frau ihre dem Manne gleichwertige Stellung im Dienst der Kirche nicht wiedergegeben, wenn auch Luther und Calvin hiermit bescheidene Versuche gemacht haben. Auch spätere Versuche haben kein bleibendes Ergebnis abgeworfen. In außerkirchlichen Strömungen und Sekten nimmt die Frau eine viel bedeutendere Stellung ein.

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5. Jetzt ist das Problem vom Dienste der Frau ziemlich überall an der Tagesordnung. Die von Fliedner wieder eingesetzten „Diakonissen”, suchen ein Band mit der Kirche, während in den meisten Ländern über die Zulassung der Frau zu allen „Aemtern” diskutiert wird, was in einigen Kirchen schon geschehen ist.

 

II

1. Die Bedenken gegen den Dienst der Frau gründen hauptsächlich auf den Charakter des „Amtes” in der Kirche. Wenn wir aber das Neue Testament zu Rate ziehen, so stellt sich heraus, daß das einzige, was Menschen in der Kirche tun können, „Dienen” ist, da jede form des alttestamentlichen leitourgia (kultischer Priesterdienst) mit Jesu Christo vollendet ist. Alle Dienste, die in der Gemeinde verrichtet werden, gründen sich auf ein „Charisma”, von dem Christus (der Geist) eine große Mannigfaltigkeit ausgeteilt hat. Die Kirche lebt nämlich als der Leib Christi und jedes Glied hat darin eine bestimmte Funktion, wofür es zuerst solche ein „Charisma” erhielt. Zwischen den Diensten ist dann auch kein einziger qualitativer Unterschied und dieser entsteht auch nicht, wenn einige dieser Dienste um der Ordnung in der Gemeinde willen, z.B. durch eine Wahl öffentlich anerkannt werden. Um diese „Aemter” zu nennen und sie von den andern Diensten prinzipiell zu unterscheiden, ist falsch. Auch wenn der Ausübung bestimmter „Charismata” Beschränkungen auferlegt werden (1 Kor 1427ff) ist es wichtig, daß im Neuen Testament der Frau kein einziges „Charisma” prinzipiell abgesprochen wird.

2. Mit den Verwachsungen dieser Angaben im römisch-katholischen Klerusbegriff hat Calvin nicht radikal genug gebrochen, dadurch daß er die „Aemter” auf 4 (oder 3) beschränkte und diese auch zu viel von den einem jeden übertragenen Diensten isolierte, so daß sie im Ganzen der Gemeinde zu selbständig wurden. Daß er hierbei den Einfluß von den Zeitverhältnissen und von den Anforderungen der Praxis in Genf erfahren hat, geht deutlich hervor. Die Folgen waren, daß in den presbyterial verfaßten Kirchen zu viel institutionellen Elemente hineingedrungen sind auf Kosten der organischen Funktionierung der Kirche als Leib Christi, was u.a. zum Ausdruck gelangt in einer starken Beschränkung der Anzahl von „Aemtern”, die außerdem noch von dem „allgemeinen Priestertum” losgelöst sind und deren „Dienst”-charakter gefährdet wird, auch weil sie alle an der „Regierung” beteiligt sind, während die andern Dienste etwa als „ordines minores” umschrieben werden.

3. Auch durch die moderne Frauenbewegung entdeckt die Kirche jetzt wieder, welche bedeutende „Charismata” der Frau gegeben sind, welche nur zum großen Schaden unbenutzt bleiben können. Auch für die gigantische Aufgabe, die die Kirche in der modernen Welt hat, darf sie vertrauen, daß

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es ihr an keinem „Charisma” mangelt (1 Kor 17). Eine gründliche Revision des „Amtsbegriffes” wird aber nötig sein um all diese „Charismata” funktionieren lassen zu können, wobei auch die der Frau der Möglichkeit zur vollen Entfaltung haben müssen. Als ein Zeichen, daß die Kirche die von Gott eingesetzte „hupotagè” respektiert, könnte sie z.B. der verheirateten Frau die öffentliche Predigung verweigern. Weitere Beschränkungen dürfen ihr nicht auferlegt werden, weil weder die Art der „Regierung” in der Kirche — die mehr den Charakter einer „Leitung” hat — weder psychologische, physiologische, praktische oder ökumenische Ansichten dazu genügende Argumente liefern.