|7|

 

Vorwort

 

Die in diesem Bande zusammengefaßten Abhandlungen stammen aus den unorthodoxen Fragestellungen eines Laientheologen, der als sogenannter „Berufslaie” in den Dienst der Kirche getreten ist und deshalb in den Fragen von Theologie und Kirche von innen her mitzudenken versucht, sie jedenfalls den „Fachleuten” nicht allein überläßt. Sie verknüpfen überall Theologie und Rechtswissenschaft. Die langjährigen gemeinsamen Bemühungen eines nicht kleinen Kreises von Theologen und Juristen um die theologische Begründung des Rechts entstanden zunächst aus einer ethischen Fragestellung. Nicht ich allein, sondern auch andere Juristen, wie etwa Johannes Heckel ✝, der Interpret der Rechtslehre Luthers, sind seither in zunehmenden Maße auf die im Neuen Testament und der Dogmatik eingeschlossenen Elemente und Probleme des Rechts gestoßen. Im Großen und Ganzen hat die akademische Theologie diese Fragestellung in ihre Arbeit nicht aufgenommen. Andererseits habe ich von jeher empfunden, daß die Verkündigung und Lehre der Kirche in ihrer Ausrichtung und Begrifflichkeit mir wesentlich erscheinende Dimensionen und Perspektiven der biblischen Texte gerade nicht „zur Sprache brachte”. Was zu diesen stillschweigenden Ausschlüssen geführt hat, wurde mir ebenso interessant wie die ausdrücklichen Aussagen. Der geistige Wettbewerb der Wissenschaft verbürgt die Prüfung dieser Frage jedenfalls nicht.

Die erste Abhandlung, die zugleich das Thema des ganzen Bandes bezeichnet, untersucht die Frage, was die verbindlichen Lebensformen unter Menschen und ihre geschichtlichen Wandlungen für Verständnis und Ausrichtung des Evangeliums zu bedeuten haben. Dem schließt sich eine kritische Erwägung der sozialen Struktur und Stellung der wissenschaftlichen Theologie an, die, in steigendem Maße als Problem empfunden, gleichwohl aber nicht offen erörtert wird. Die weiteren Arbeiten umkreisen das gleiche Generalthema; auf sie konnte an vielen Stellen der Hauptarbeit zum besseren Verständnis Bezug genommen werden, auch wenn sie im Einzelnen nicht gegeneinander ausgeglichen sind. Die beiden Arbeiten zur Rechtfertigungslehre sind auf Fortsetzungen angelegt, von denen

|8|

eine Studie über die Satisfaktionslehre des Anselm von Canterbury zunächst in der gleichen Zeitschrift erscheinen soll, und daher hier nicht aufgenommen werden konnte.

Für kritische Durchsicht und verständnisvolle Beratung habe ich bewährten Freunden in ungewöhnlichem Maße zu danken.

In einer Zeit, da die Kirche sich von neuem an den Anspruch der Welt zu verlieren droht, schien mir eine Besinnung dieser Art besonders dringlich. Qui tacit consentire videtur.

Der Verlag hat meinem Wunsche Rechnung getragen, um der besseren Verständlichkeit willen in gewissen Fällen von der Duden-Rechtschreibung abzuweichen.

 

Heidelberg, im Sommer 1967

Hans Dombois